Stoecker, Adolf
- Dates of Life
- 1835 – 1909
- Place of birth
- Halberstadt
- Place of death
- Gries bei Bozen
- Occupation
- evangelischer Theologe ; Hofprediger ; Pfarrer ; Domprediger ; Politiker ; Abgeordneter
- Religious Denomination
- evangelisch
- Authority Data
- GND: 118618393 | OGND | VIAF: 77108854
- Alternate Names
-
- Stoecker, Christian Adolf
- Stoecker, Adolf
- Stoecker, Christian Adolf
- Stöcker, A.
- Stöcker, Adolf
- Stoecker, Adolph
- Stoecker, Christian Adolph
- Stöcker, Adolph
Linked Services
- LeMO - Lebendiges Museum Online [1998]
- * Neue Deutsche Biographie (NDB) [2013] Autor/in: Christophersen, Alf (2013)
- * Filmportal [2010-]
- Magdeburger Biografisches Lexikon [2002-2007]
- * Westfälische Geschichte [1996-]
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- I. Singer (Hg.): Jewish Encyclopedia. 1901-1906 [1901-1906]
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- correspSearch - Verzeichnisse von Briefeditionen durchsuchen [2014-]
- Personendaten-Repositorium der BBAW [2007-2014]
- Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert
- Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- * Nachlassdatenbank beim Bundesarchiv
- Personenliste "Simplicissimus" 1896 bis 1944 (Online-Edition)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- Nordrhein-Westfälische Bibliographie (NWBib)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Personen in der Judaica-Sammlung der Universitätsbibliothek Frankfurt/Main
- Sächsische Bibliographie
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Relations
- NDB 10 (1974), S. 725* (Kähler, Martin)
- NDB 13 (1982), S. 411 (Lagarde, Paul de)
- NDB 16 (1990), S. 39 (Mann, Heinrich)
- NDB 18 (1997), S. 582* (Mumm, Reinhard)
- NDB 23 (2007), S. 539 in Artikel Schreiner, Helmuth (Schreiner, Helmuth Moritz)
- NDB 24 (2010), S. 135 in Artikel Seeberg, Reinhold
- NDB 24 (2010), S. 463 in Artikel Singer, Paul
- NDB 26 (2016), S. 391 in Artikel Treitschke, Heinrich (Treitschke Heinrich Gotthard von)
- NDB 26 (2016), S. 730 in Artikel Veidt, Karl (Veidt, Karl Daniel)
- NDB 27 (2020), S. 210 ( Wagner, Adolph Heinrich Gotthilf)
- NDB 27 (2020), S. (Waldersee, Alfred Heinrich Karl Ludwig)
- NDB 27 (2020), S. 504 (Weber, Friedrich Wilhelm Karl Ludwig)
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Stoecker, Christian Adolf
evangelischer Theologe, * 11.12. 1835 Halberstadt, † 7. 2. 1909 Gries bei Bozen, ⚰ Berlin, Dreifaltigkeitsfriedhof II.
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Genealogy
V Christian (1806–73), Schmied, dann Wachtmeister b. d. Halberstadter Kürassieren, Gefängnisinsp., S e. Tagelöhners;
M Eleonore Auguste Specht (1811–82), T e. Schneiders;
2 B, 1 Schw; – ⚭ 1867 Anna (1842–1910, s. W), T d. Joachim Gotthilf Krüger (1801–68), Stadtrat u. KR in Brandenburg, u. d. Wilhelmine Tuchen (1812–47); kinderlos;
N u. Adoptiv-S Hermann Stöcker (1871–97;
N d. Ehefrau u. Pflege-T Elisabeth Kähler (1890–1967, ⚭ Reinhard Mumm, 1873–1932, Pol., s. NDB 18; W), T d. Ernst Kähler (1842–1903), Sup. in Neuteich b. Danzig, u. d. Pauline Wilhelmine Krüger (1847–1901. -
Biography
Nach dem Abitur am Domgymnasium in Halberstadt studierte S. Theologie seit 1853 in Halle, später in Berlin. Von →August Tholuck (1799–1877) und →Karl Immanuel Nitzsch (1787–1868) erhielt er auf den Gebieten Mission und Homiletik prägende Anregungen, die pietistische, erweckungs- und vermittlungstheologische Elemente kombinierten. Seine theol. Examina legte S. 1858 (Berlin) und 1859 (Marburg) ab. Als Hauslehrer in der Neumark und beim Grafen Lambsdorff im kurländ. Rinseln erwarb er erste Berufserfahrungen. 1862 absolvierte S. sein Oberlehrerexamen, wurde ordiniert und übernahm 1863 eine Landpfarrstelle in Seggerde (Kr. Gardelegen). 1866 wechselte er nach Hamersleben (Magdeburger Börde). 1871 wurde S. Divisionspfarrer in Metz. Auf die „Reichsgründung“ und „Kaiserproklamation“ reagierte der glühende Kaiserverehrer enthusiastisch.
1874 ging S. nach Berlin, um dort – protegiert von Ks. Wilhelm I. – vierter, 1880 dritter und 1883 zweiter Hof- und Domprediger zu werden. Mit großem Engagement kritisierte der national-patriotische S. seine Kirche scharf: So sah er im Preuß. Zivilstandsgesetz 1874 und im Reichspersonenstandsgesetz 1875, die Eheschließung, Todesfälle und Taufen an das Standesamt banden, den Niedergang der Staatskirche begründet. Nachdrücklich vertrat S. ein volkskirchliches Konzept, in dem er starke Ordnungsstrukturen verankert wissen wollte. Der Kirche wies er eine herausragende, v. a. sozialpolitische Funktion zu. Dabei nahm er Impulse der Inneren Mission →Johann Hinrich Wicherns (1808–81) auf, forderte aber einen politischen Gestaltungsauftrag ein, der über die engeren Kirchengrenzen hinausging. 1877 wurde S. Leiter der Berliner Stadtmission und war Gründungsmitglied des „Central-Vereins für Socialreform auf religiöser und konstitutionellmonarchischer Grundlage“.
In die praktische Politik übertrug S. seine Ideen seit 1878 mit der gegen die Sozialdemokratie ausgerichteten und Mißstände des|Kapitalismus anprangernden antiliberalen „Christlich-Sozialen Arbeiterpartei“, die jedoch erfolglos blieb und 1881 in „Christlich-Soziale Partei“ umbenannt wurde, um den Kreis möglicher Unterstützer ins bürgerliche Spektrum hinein zu erweitern. Mit zunehmender Schärfe entwickelte sich S. zum antisemitischen Propagandisten, der gegen das Judentum als vermeintlichem Feind der Gesellschaft und Quelle wirtschaftlicher Depression agitierte und um die Sympathien des kleinen und mittleren Bürgertums buhlte. S. pflegte Kontakte zur Antisemitenliga Wilhelm Marrs (1819–1904) und nutzte den „Treitschke-“ bzw. „Berliner Antisemitismusstreit“ (1879–81) zur Profilierung. 1879 wurde er Mitglied der Generalsynode der ev. Landeskirche Preußens, wo er allerdings langfristig an Einfluß verlor und 1891 aus dem Vorstand ausschied.
Als Mitglied des Preuß. Abgeordnetenhauses (1879–98) verband sich S. mit der dt.konservativen Fraktion. 1881–93 und 1898–1908 war der Bismarck-Kritiker auch Reichstagsmitglied. Als sich die dt.konservative Partei 1892 neu ausrichtete, gestaltete S. den Charakter des nach einer Berliner Brauerei benannten „Tivoli-Programms“ in seinen antisozialdemokratischen und antisemitischen Zügen maßgeblich mit. 1890 legte S. nach langjährigen Querelen, die sich v. a. aus dem politischen Engagement und seiner antisemitischen Propaganda ergaben, das Amt als Hofprediger unfreiwillig nieder und initiierte mit →Adolph Wagner (1835–1917) und Ludwig Weber (1846–1922) den „Ev.-sozialen Kongreß“, an dem Persönlichkeiten wie →Otto Baumgarten, →Adolf Harnack, →Friedrich Naumann, →Ernst Troeltsch und →Martin Rade mitwirkten. Auch dort eskalierten die Konflikte mit dem antiliberalen S., so daß dieser 1897 mit Weber die „Freie Kirchlich-soziale Konferenz“ gründete, die eine reformkonservative Programmatik erhielt.
S.s Aufbruchspathos und sein sozialpolitischer Umgestaltungswille lassen sich in der Formulierung „christlich-sozial“ bündeln – sie wurde ebenso zu seinem Markenzeichen wie der radikale Antisemitismus. In seinem Bemühen um eine Rechristianisierung der Gesellschaft, gerade der städtischen Bevölkerung, und um sozialpolitischen Ausgleich verfolgte S. einen scharfen, antidemokratischen Spaltungskurs. S.s Kapitalismusskepsis, seine Ablehnung von Liberalismus und Sozialdemokratie und der von ihm konsequent vertretene Antisemitismus fanden im Kontext nationalsozialistischer Ideologiebildung Resonanz. Der spätere Präsident des „Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands“ Walter Frank nahm S. als „Vorläufer Hitlers“ in Anspruch, der Theologe Paul Le Seur stilisierte ihn als „Propheten des Dritten Reiches“.
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Awards
A Dr. theol. h. c. (Greifswald 1902);
preuß. Roter Adler-Orden 3. Kl. mit Schwertern. -
Works
u. a. Das moderne Judenthum in Dtld., bes. in Berlin, 1880, ⁵1880;
Christlich-Sozial, Reden u.Aufss., 1885, ²1890;
Den Armen wird d. Evangelium gepredigt, 1886, ⁵1900;
Die soz. u. kirchl. Nottände in d. gr. Städten, 1888;
Dreizehn J. Hofprediger u. Politiker, 1890, ⁶1895;
Die Bibel u. d. soz.Frage, 1891;
Innere Mission u. soz. Frage, 1891;
Das dt. Volk im Kampf mit seinem Verderben, 1891;
Wach'auf Ev. Volk!, Aufss. über Kirche u. Kirchenpol., [1893];
Kann e. Christ Soz.demokrat sein?, 1894;
Die Rechte u. Pflichten d. Frau in d. kirchl. u. bürgerl. Gde., 1903;
Reden u. Aufss., Mit e. biogr. Einl., hg. v. R. Seeberg, 1913;
Brautbriefe, Adolf u. Anna Stoecker, hg. v. D. v. Oertzen, 1913;
Reden im RT, Amtl. Wortlaut, hg. v. R. Mumm, 1914;
– Teilnachlaß:
Geh. StA Preuß. Kulturbes. -
Literature
D. v. Oertzen, A. S., Lb. u. Zeitgesch., 2 Bde., 1910, ²1911 (P);
M. Braun, A. S., 1912 (P);
W. Frank, Hofprediger A. S. u. d. christl.-soz. Bewegung, 1928, ²1935 (P);
P. Le Seur, A. S., der Prophet d. Dritten Reiches, 1933;
F. Brunstäd, A. S., Wille u. Schicksal, 1935;
E. Bunke, A. S., Ein dt. Prophet, 1938;
R. Stupperich, A. S.s Anfänge, in: HZ 202, 1966, S. 309–32;
K. Kupisch, A. S., Hofprediger u. Volkstribun, 1970;
G. Brakelmann u. a., Protestantismus u. Pol., Werk u. Wirkung A. S.s, 1982;
H. Engelmann, Kirche am Abgrund, A. S. u. seine antijüd. Bewegung, 1984;
M. Greschat, in: ders. (Hg.), Gestalten d. KGesch. 9/2, 1985, S. 261–77;
ders., Die Nachwirkungen d. S.schen Antisemitismus in d. Weimarer Rep., in: ders., Protestanten in d. Zeit, Kirche u. Ges. in Dtld. v. Ks.reich bis z. Gegenwart, hg. v. J.-C. Kaiser, 1994, S. 67–98;
G. Brakelmann u. M. Rosowski (Hg.), Antisemitismus, Von rel. Judenfeindschaft z. Rassenideol., 1989, S. 27–51;
S. A. Kaehler, Briefe 1900–1963, hg. V. W. Bußmann u. G. Grüntal, 1993;
G. Koch, A. S. 1835–1909, 1993;
M. Imhof, „Einen besseren als S. finden wir nicht“, Diskursanalyt. Stud. z. christl.-soz. Agitation im dt. Ks.reich, 1996;
S. Samerski (Hg.), Wilhelm II. u. d. Rel., Facetten e. Persönlichkeit u. ihres Umfelds, 2001;
G. Brakelmann, Leben u. Wirken A. S.s im Kontext seiner Zeit, 2004;
ders., Texte d. Parteipolitikers u. d. Kirchenmannes, 2004;
BJ 14, S. 327–36 u. Tl.;
Berlin. Lb. V, S. 231–47 (P);
Biogr. Hdb. Preuß. Abg.haus I;
Magdeburger Biogr. Lex. (P);
Berliner Biogr. Lex.;
RGG1–4;
LThK³;
BBKL X (W, L);
TRE;
Enc. Jud. 1971;
Ev. Soz.lex., ⁷1980;
Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
Biogr. Lex. Sozialpolitik. -
Author
Alf Christophersen -
Citation
Christophersen, Alf, "Stoecker, Adolf" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 377-378 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118618393.html#ndbcontent