Brandt, Karl
Brandt, Karl Franz Friedrich
1904 – 1948
Reichskommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen, Mediziner
- Lebensdaten
- 1904 – 1948
- Geburtsort
- Mühlhausen (Elsass, heute Mulhouse, Frankreich)
- Sterbeort
- Landsberg am Lech
- Beruf/Funktion
- Reichskommissar für das Sanitäts- und Gesundheitswesen ; Mediziner ; Arzt
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118659839 | OGND | VIAF: 8181132
- Namensvarianten
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- Brandt, Karl Franz Friedrich
- Brandt, Karl
- Brandt, Karl Franz Friedrich
- Brandt, Carl
- Brandt, K.
- Brandt, Carl Franz Friedrich
- mehr
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- Isis Bibliography of the History of Science [1975-]
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
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Karl Brandt war seit 1934 Begleitarzt Adolf Hitlers (1889–1945) und durchlief im „Dritten Reich“ eine steile Karriere bis hin zur Position des Reichskommissars für das Sanitäts- und Gesundheitswesen, dem hierarchisch höchsten Mediziner des NS-Regimes. Er war mit Philipp Bouhler (1899–1945) verantwortlich für die seit 1939/40 durchgeführten systematischen Krankentötungen („Euthanasie“) und involviert in die Planung und Durchführung von erzwungenen Experimenten an Menschen in Konzentrationslagern.
Lebensdaten
Geboren am 8. Januar 1904 in Mühlhausen (Elsass, heute Mulhouse, Frankreich) Gestorben am 2. Juni 1948 (hingerichtet) in Landsberg am Lech Grabstätte in Landsberg am Lech Konfession evangelisch -
Lebenslauf
8. Januar 1904 - Mühlhausen (Elsass, heute Mulhouse, Frankreich) -
Genealogie
Vater Karl Julius Brandt geb. 1877 Polizeibeamter in Mühlhausen (Elsass, heute Mulhouse, Frankreich); nach Kriegsgefangenschaft seit 1921 in Chemnitz Großvater väterlicherseits Wilhelm Peter Julius Brandt 1838–1933 Kreisregierungsrat in Straßburg (Elsass, heute Strasbourg, Frankreich) Großmutter väterlicherseits Katharina Emilie Elisabeth Brandt, geb. Grandpair 1849–1914 Mutter Catharina Emilie Elisabeth Brandt, geb. Lehnebach geb. 1879 Großvater mütterlicherseits Karl Bernhard Lehnebach 1847–1901 Kreisarzt Großmutter mütterlicherseits Maria Luise Lehnebach, geb. Werner 1849–1888 Heirat 17.3.1934 in Berlin Ehefrau Käthchen Wilhelmine Jettchen Anna (Anni) Brandt , geb. Rehborn, 1904–1986 Schwimmsportlerin, deutsche Meisterin u. a. im 100-m-Rückenschwimmen 1923–1925 und 1927–1929; Schwimmlehrerin Schwiegervater Julius Rehborn geb. 1869 Bademeister Schwiegermutter Anna Rehborn, geb. Voss geb. 1872 Sohn Karl Adolf Brandt geb. 1935 Chirurg in Duisburg Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Brandt, Karl (1904 – 1948)
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Vater
Karl Julius Brandt
geb. 1877
Polizeibeamter in Mühlhausen (Elsass, heute Mulhouse, Frankreich); nach Kriegsgefangenschaft seit 1921 in Chemnitz
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Großvater väterlicherseits
Wilhelm Peter Julius Brandt
1838–1933
Kreisregierungsrat in Straßburg (Elsass, heute Strasbourg, Frankreich)
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Großmutter väterlicherseits
Katharina Brandt
1849–1914
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Mutter
Catharina Emilie Elisabeth Brandt
geb. 1879
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Großvater mütterlicherseits
Karl Bernhard Lehnebach
1847–1901
Kreisarzt
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Großmutter mütterlicherseits
Maria Luise Lehnebach
1849–1888
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Heirat
in
Berlin
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Ehefrau
Käthchen Wilhelmine Jettchen Anna (Anni) Brandt
1904–1986
Schwimmsportlerin, deutsche Meisterin u.·a. im 100-m-Rückenschwimmen 1923–1925 und 1927–1929; Schwimmlehrerin
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Biografie
Brandt zog mit seinen Eltern nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Wiedereingliederung des Elsass in den französischen Staat nach Thüringen, dann nach Dresden und legte hier 1923 das Abitur ab. Anschließend studierte er bis 1928 Medizin an den Universitäten in Jena, Freiburg im Breisgau, München und Berlin. 1929 wurde er bei Carl Noeggerath (1876–1952) an der Universität Freiburg im Breisgau zum Dr. med. promoviert. Von 1928 bis 1933 absolvierte er eine Ausbildung zum Facharzt für Chirurgie am Krankenhaus Bergmannsheil in Bochum unter Professor Georg Magnus (1883–1942). Als Magnus an die Charité in Berlin berufen wurde, folgte Brandt ihm als Assistent; 1934 wurde er zum Oberarzt ernannt, 1940 zum Professor.
Obwohl es außer entsprechenden Behauptungen Brandts während des Nürnberger Ärzteprozesses 1946/47 keine Belege gibt, findet sich in Teilen der Sekundärliteratur die Annahme, dass Brandt Anfang der 1930er Jahre Kontakt mit dem Missionsarzt Albert Schweitzer (1875–1965) hatte und geplant habe, als Mitarbeiter an dessen Urwaldlazarett in Lambarene (Französisch-Äquatorialafrika, heute Lambaréné, Gabun) tätig zu werden.
Über seine Verlobte Anna Rehborn (1904–1986), eine von Adolf Hitler (1889–1945) bewunderte deutsche Leistungsschwimmerin, lernte Brandt 1932 Hitler kennen. Im März 1932 trat Brandt in die NSDAP ein, im Februar 1933 in die SA. Im Juni 1934 wurde er zum Begleitarzt Hitlers ernannt, um ihn bei allen Ausflügen und Reisen zu begleiten. Im Juli 1934 trat Brandt in die SS über, in der er im April 1944 als SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS seinen höchsten Rang erreichte.
In einem auf den 1. September 1939 zurückdatierten Schreiben Hitlers wurde Brandt gemeinsam mit dem Leiter der „Kanzlei des Führers“, Philipp Bouhler (1899–1945), beauftragt, ausgewählten Ärzten die Möglichkeit zu geben, „unheilbar Kranken“ den „Gnadentod […] zu gewähren“. Dieses Schreiben war Ausdruck der zuvor eingeleiteten Planung und Organisation für eine systematische Vernichtung von „lebensunwertem Leben“ und diente gegenüber dem beteiligten Personal als Rechtfertigung für die Zulässigkeit der Tötungen. Deren Umsetzung erfolgte für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsene in verschiedenen Organisationsformen, wobei Brandt mit der „Kanzlei des Führers“ die Verantwortung für die oberste Aufsicht hatte, auch wenn konkrete Entscheidungen teils auf lokaler Ebene erfolgten.
Im Juli 1942 ernannte Hitler Brandt zum Bevollmächtigten für das Sanitäts- und Gesundheitswesen, im September 1943 zum Generalkommissar und im August 1944 zum Reichskommissar, verbunden mit der Aufwertung seiner Dienststelle zu einer Obersten Reichsbehörde. Brandt war damit berechtigt, allen anderen Dienststellen des Staats, der Partei und der Wehrmacht, die sich mit Fragen des Sanitäts- und Gesundheitswesens befassten, Weisungen zu erteilen.
Nach Beginn der Bombardierung Deutschlands durch die Alliierten war Brandt seit Herbst 1941 für Planung und Bau von „Krankenhaus-Sonderanlagen“ in der Peripherie gefährdeter Großstädte verantwortlich, um zusätzliche Krankenhauskapazitäten zu schaffen. Seit Juni 1943 veranlasste er die Räumung sämtlicher Heil- und Pflegeanstalten der besonders gefährdeten Gebiete und die Verlegung der Patientinnen und Patienten in andere Anstalten, wo ein großer Teil der Betroffenen getötet wurde („Aktion Brandt“).
Brandt hatte während des Zweiten Weltkriegs eine erhebliche Mitverantwortung für erzwungene medizinische Forschungen an Menschen, z. B. für Sulfonamid-Experimente an Häftlingen des Konzentrationslagers Ravensbrück (1942/43), für Hepatitis-Experimente im Konzentrationslager Sachsenhausen (1943) und für Versuche mit chemischen Kampfstoffen im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof (1942–1944).
Durch Brandts raschen Aufstieg im engsten Kreis um Hitler entstanden Rivalitäten und Konflikte, die in eine Gegnerschaft insbesondere zu Martin Bormann (1900–1945) und Joseph Goebbels (1897–1945) mündeten. Am 16. April 1945 wurde Brandt wegen des Vorwurfs, Kontakt zu den US-Truppen gesucht zu haben, auf Anordnung von Hitler durch Mitglieder der SS verhaftet, am nächsten Tag erfolgte vor einem Standesgericht die Verurteilung zum Tod. Die Vollstreckung wurde mehrfach verschoben, am 3. Mai kam es auf Veranlassung von Rüstungsminister Albert Speer (1905–1981) zur Freilassung.
Am 23. Mai 1945 von britischen Truppen in Flensburg verhaftet, war Brandt als ranghöchster Mediziner in der Endphase des Nationalsozialismus Hauptangeklagter bei dem von der US-amerikanischen Militärbehörde seit Dezember 1946 durchgeführten Nürnberger Ärzteprozess. Im Lauf des Verfahrens zeigte er kein Bedauern, sondern stilisierte sich zu einem Idealisten, dem es nur um das Wohl des deutschen „Volkskörpers“ gegangen sei. Am 20. August 1947 wurde er zum Tod durch Erhängen verurteilt und am 2. Juni erfolgte die Vollstreckung des Urteils.
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Auszeichnungen
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Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, u. a. R 43 II, 1226; R 43 II, 745; R 1501, 3809–3811; R 1501, 5 576 u. NS 751, 227.
Hamburger Staatsarchiv, Abt. 631a/79, Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Anklage Heyde, Bohne und Hefelmann.
Archiv der Humboldt Universität zu Berlin, Personalakte Karl Brandt.
Staatsarchiv Nürnberg, Nürnberger Prozesse, KV-Prozesse, Fall 1/KV-Anklage u. Vernehmungen B 154. (u. .a. SS-Personalakte Brandt)
Gedruckte Quellen:
Trials of War Criminals before the Nuernberg Military Tribunals under Control Council Law No. 10, 1. u. 2. The Medical Case, Nuernberg, October 1946–April 1949, 1950.
Alexander Mitscherlich/Fred Mielke (Hg.), Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses, 1960.
Klaus Dörner/Angelika Ebbinghaus/Karsten Linne (Hg.), Der Nürnberger Ärzteprozess 1946/47. Wortprotokolle, Anklage- und Verteidigungsmaterial, Quellen zum Umfeld und Erschließungsband, 2000.
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Werke
Karl Franz Friedrich Brandt, Angeborener Verschluss der Gallenausfuhrgänge, 1929. (Diss. med.)
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Literatur
Michael Kater, Doctor Leonardo Conti and his Nemesis. The Failure of Centralized Medicine in the Third Reich, in: Central European History 18 (1985), S. 299–325.
Wolfgang U. Eckart, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Prof. Dr. med. Karl Brandt, in: Gert R. Ueberschär (Hg.), Hitlers militärische Elite, Bd. 2, 1998, S. 12–19.
Heinz Faulstich, Hungersterben in der Psychiatrie 1914–1949. Mit einer Topographie der NS-Psychiatrie, 1998.
Winfried Süß, Der „Volkskörper“ im Krieg. Gesundheitspolitik, Gesundheitsverhältnisse und Krankenmord im nationalsozialistischen Deutschland 1939–1945, 2003.
Matthias Meusch, Art. „Brandt, Karl“, in: Werner Gerabek/Bernhard Haage/Gundolf Keil/Wolfgang Wegner (Hg.), Enzyklopädie Medizingeschichte, 2005, S. 204 f.
Ulf Schmidt, Karl Brandt. The Nazi Doctor. Medicine and Power in the Third Reich, 2007, dt. 2009. (P)
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografien, 1933–1947, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek, München.
Fotografien, 1938–1947, Digitale Bildarchiv des Bundesarchivs. (weiterführende Informationen)
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Autor/in
→Volker Roelcke (Gießen)
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Zitierweise
Roelcke, Volker, „Brandt, Karl“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118659839.html#dbocontent