Voit, Carl von
- Lebensdaten
- 1831 – 1908
- Geburtsort
- Amberg
- Sterbeort
- München
- Beruf/Funktion
- Physiologe ; Arzt
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 117487457 | OGND | VIAF: 25381365
- Namensvarianten
-
- Voit, Karl Michael von
- Voit, Karl Michael
- Voit, Carl von
- Voit, Karl Michael von
- Voit, Karl Michael
- Voit, C. von
- Voit, Carl
- Voit, Karl von
- Voit, Carl Michael von
- Voit, Carl Michael
- Voit, Karl
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Personen in der NDB Genealogie
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- NDB 19 (1999), S. 450 in Artikel Oertel, Max Joseph (Oertel, Max Joseph)
- NDB 20 (2001), S. 272 in Artikel Pettenkofer, Max (Pettenkofer, Max Josef von)
- NDB 22 (2005), S. 158 in Artikel Rubner, Max (Rubner, Max)
- NDB 25 (2013), S. 489 in Artikel Straub, Walther
- NDB 25 (2013), S. 785 in Artikel Tappeiner Edler von Tappein, Hermann (Tappeiner Edler von Tappein, Anton Josef Franz Xaver Hermann)
- NDB 27 (2020), S. 74* (Voit,Richard Jakob August von)
- NDB 27 (2020), S. 76* (Voit, Karl Michael von)
Orte
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Voit, Karl (auch: Carl) Michael von (bayerischer Personaladel)
Physiologe, * 31.10.1831 Amberg, † 31. 1. 1908 München, ⚰ München, Alter Südfriedhof. (evangelisch)
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Genealogie
V →August (s. 1);
M Mathilde Burgett;
seit 1846 Stief-M Ottilie v. Hößlin;
⚭ Laura (1831–1910), T d. →Eduard Friedrich Balthasar v. Hößlin (1789–1862, s. Gen. 1);
S →Fritz (Friedrich) (1863–1939, ⚭ Auguste Steinheil, 1868–1939, T d. →Adolph Steinheil, 1832–93, Ing., Optiker, Instrumentenbauer, Untern. in M., s. NDB 25), 1903 o. Prof. d. Inneren Med., Kinderheilkde. u. Pharmakol. in Erlangen, 1906 o. Prof. d. Inneren Med. in Basel, 1907 in Gießen u. Dir. d. Med. Klinik (s. Rhdb.; Fischer; Erlanger Professoren II);
E →Kurt (1895–1978, ⚭ Hildegard Griesbauer, * 1924), Prof. f. Innere Med. in Mainz, 1959 / 60 Rektor, 1962 Mitgl. d. Leopoldina, Ehrenmitgl. d. Dt. Ges. f. Innere Med. u. d. Dt. Ges. f. Rheumatol. (s. C. Overzier, in: Dt. Med. Wschr. 103, 1978, S. 2082; B. Knick, in: Med. Welt 30, 1979, S. 634; Die Med. Fak. d. Univ. Gießen, hg. v. S. Oehler-Klein, 2007). -
Biographie
V. wuchs seit 1840 in München auf und begann hier 1848 das Studium der Medizin. 1851 studierte er in Würzburg bei →Johann Joseph v. Scherer (1814–69) und 1855 in Göttingen bei →Friedrich Wöhler (1800–82) Chemie. Nach dem Abschluß des Studiums arbeitete er seit 1854 als Assistent von →Theodor Ludwig Wilhelm Bischoff (1807–82) am Physiologischen Institut in München und habilitierte sich 1856 mit einer Arbeit über die Resorption von Quecksilber. V.s prägende Lehrer und Kollegen waren →Justus v. Liebig (1803– 73) und →Max v. Pettenkofer (1818–1901). 1859 wurde V. zum ao. und 1863 zum o. Professor für Physiologie an der Univ. München sowie zum Vorstand des Physiologischen Instituts ernannt. Diese Positionen behielt er bis zum Lebensende und begründete innerhalb von drei Jahrzehnten eine einflußreiche Schule der Stoffwechselforschung auf der Grundlage präziser Methodik und Analytik. Die Physiologen →Max Rubner (1854–1932) und →Otto Frank (1865–1944) sowie der Internist →Friedrich v. Müller (1858–1941) gehörten zu seinen bedeutendsten Schülern.
Inspiriert von →Liebigs Arbeiten über „Tierchemie“ und dessen Hypothesen zum Eiweißstoffwechsel, gelang V. durch kontrollierte Versuchsbedingungen der Nachweis, daß Stickstoff als Eiweißabbauprodukt (Harnstoff) von Fleischnahrung fast vollständig über Niere und Darm ausgeschieden wird. V. und →Bischoff untersuchten die quantitative Harnstoffbildung beim Hund unter verschiedenen Bedingungen (Ernährung, Bewegung). Ihre 1860 publizierten Ergebnisse zeigten, daß Eiweißaufnahme und -verbrauch mit einer ausgeglichenen Stickstoffbilanz assoziiert werden können. Dies widerlegte →Liebigs Theorie über den Verbrauch von Nahrungseiweiß durch Muskelarbeit. V.s Forschung galt nun dem Gesamtumsatz von Nahrungsmitteln beim tierischen Organismus. Um auch gasförmige Stoffwechselprodukte beurteilen zu können, wurde ein von →Pettenkofer konstruierter „Respirationsapparat“ benutzt, ein abgedichteter Raum zur Messung ein- und austretender Gase. Die 1866 veröffentlichten Versuchsergebnisse bestätigten den balancierten Stickstoffmetabolismus bei Mensch und Tier. Erstmals wurde auch der Stoffwechsel bei Gesunden und Kranken (Diabetes, Leukämie) untersucht. V. fand Hinweise darauf, daß die Fettsynthese eher durch Eiweißabbauprodukte als durch Kohlenhydrate induziert wird. Zu den Gegnern von V.s Ernährungstheorien gehörten →Liebig, →Eduard Pflüger (1829–1910) und →Felix Hoppe-Seyler (1825–95). Dennoch war V.s quantitative Stoffwechsellehre seit 1880 als physiologisches Basiswissen anerkannt.
Zudem befaßte sich V. mit praktischen Fragen, z. B. nach einer „genügend und richtigen“ Kost, einem möglichen „Eiweißminimum“, dem Nutzen von Diäten und Volksküchen sowie der Ernährung in Waisenhäusern und Gefängnissen. Er nannte 1877 erstmals ein „Kostmaß“ mit Anteilen der wichtigsten Nährstoffe: 118 g Eiweiß, 56 g Fett und 165 g Kohlenhydrate täglich, bei einem Körpergewicht von 70 kg und mäßiger Muskelaktivität. Ernährungsreformer und Verfechter des Vegetarismus opponierten gegen dieses wissenschaftliche „Eiweißdogma“, das bis heute umstritten ist.
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Auszeichnungen
|Mitgl. d. Bayer. Ak d. Wiss. (ao. 1865, o. 1870, Sekr. d. math.-physikal. Kl. 1884) u. d. Leopoldina (1875);
korr. Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1898);
Bayer. Maximiliansorden f. Wiss. u. Kunst (1883);
Obermed.rat;
GR;
Rr. d. Verdienstordens d. bayer. Krone (vermutl. 1890). -
Werke
|Beitr. z. Kreislauf d. Stickstoffs im thier. Organismus, 1854 (Diss.);
Unterss. über d. Einfluss d. Kochsalzes, d. Kaffees u. d. Muskelbewegungen auf d. Stoffwechsel, 1860;
Die Gesetze d. Ernährung d. Fleischfressers durch neue Unterss. festgestellt, 1860 (mit T. L. W. Bischoff);
Unters. über d. Respiration, in: Ann. d. Chemie u. Pharmacie, Suppl. 2, 1862 / 63, S. 52–70 (mit M. Pettenkofer);
Über d. Producte d. Respiration d. Hundes b. Fleischnahrung u. über d. Gleichung d. Einnahmen u. Ausgg. d. Körpers dabei, ebd., S. 361–77;
Unters. d. Kost in|einigen öff. Anstalten, 1877;
Physiol. d. allg. Stoffwechsels u. d. Ernährung, in: L. Hermann (Hg.), Hdb. d. Physiol., Bd. 6 / I, 1881, S. 1–575;
– Hg. Zs. f. Biol., 1865–1907. -
Literatur
|M. Cremer, in: Münchner Med. Wschr. 55, 1908, S. 1437–42;
O. Krummbacher, ebd. 78, 1931, S. 1915–17;
A. Durig, in: Wiener Klin. Wschr. 21, 1908, S. 261 f.;
H. Boruttau, in: Dt. Med. Wschr. 34, 1908, S. 340 f. (P);
U. Heyll, Der „Kampf ums Eiweißminimum“, ebd. 132, 2007, S. 2768–73 (P);
F. Müller, in: Med. Klinik 4, 1908, S. 337–39 (P);
O. Frank, in: Zs. f. Biol. 51, 1908, S. I–XXIV;
G. Lusk, Ann. of Medical Hist. III (New Ser.), 1931, S. 583–94 (P);
K. E. Rothschuh, Gesch. d. Physiol., 1953, S. 181 f. (P);
E. Heischkel-Artelt, C. v. V. als Begründer d. modernen Ernährungslehre, in: Ernährungs-Umschau 10, 1963, S. 232–34;
Pagel (P);
BLÄ;
Complete DSB;
– Nachlaß: Bayer. Staatsbibl., München. -
Autor/in
Eberhard J. Wormer -
Zitierweise
Wormer, Eberhard J., "Voit, Carl von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 76-77 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117487457.html#ndbcontent