Löwenstein, Karl
- Lebensdaten
- 1891 – 1973
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Heidelberg
- Beruf/Funktion
- Jurist ; Politologe
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 101916957 | OGND | VIAF: 69010839
- Namensvarianten
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- Löwenstein, Karl
- Loewenstein, Karl
- Löwenstein, Karl
- Löwenstein, Carl
- Loewenstein, Carl
- Löwenstein, Carl
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Löwenstein, Karl
Jurist, * 9.11.1891 München, † 10.7.1973 Heidelberg. (israelitisch)
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Genealogie
V →Otto (1859–1935), Fabrikbes. in M., S d. →Leopold (1832–1902), Rechtsanwalt u. Justizprokurator in Stuttgart, u. d. Elise Lebrecht;
M Mathilde (1867–1946), T d. Kaufm. Oppenheimer in M. u. d. Charlotte Billmann;
⚭ 1933 Piroska Rona (* 1900) aus Sajószentpeter (Ungarn); kinderlos. -
Biographie
L. studierte seit 1910 Jurisprudenz in Paris, Heidelberg, Berlin und München, wo er 1914 zum Dr. iur. promovierte. Nach Kriegsteilnahme 1914-17 war er bis 1919 für die Preiskontrollbehörde in Bayern tätig. 1919-33 praktizierte er als Anwalt in München und war dort außerdem seit 1931 Privatdozent an der Universität. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung emigrierte er 1933 in die USA, lehrte 1934-36 Recht und Politische Wissenschaft an der Yale University in New Haven/Conn. und anschließend bis 1961 am Amherst College in Amherst/Mass. 1942-44 war L. Berater des amerikan. Generalstaatsanwalts. 1945 kehrte er als juristischer Berater der amerikan. Militärregierung nach Deutschland zurück. 1956/57 wirkte er in München wiederum als Universitätslehrer. Nach seiner Emeritierung war er|an zahlreichen Universitäten in aller Welt (u. a. Berlin, Freiburg i. Br., Basel, Yale, Kyoto, Mexico City) als Gastprofessor tätig.
In L.s Forschungswerk sind die prägenden Einflüsse Max Webers und seiner sozialwissenschaftlichen Fragestellung nicht zu verkennen. Im Mittelpunkt seines Interesses steht das vergleichende Verfassungsrecht, dem er eine Vielzahl von originellen historischen und systematischen Beiträgen mit der großen „Verfassungslehre“ (1959, ³1975, engl. 1957) als Zusammenfassung widmete. Schwerpunkte seiner Untersuchungen waren die Verfassungs- und Parlamentarismusforschung und die Beschäftigung mit dem plebiszitären Führerstaat. L.s Unterscheidung von konstitutionellen und autokratischen Staaten ist grundlegend für das Gesamtwerk wie generell für alle Versuche, die Risiken eines materiellen Gerechtigkeits- bzw. Naturrechtsdenkens sowie eines formalen Normativismus oder Dezisionismus zu meiden und in die Staats- und Verfassungslehre Wertorientierungen einzubeziehen. Der konstitutionelle Staat ist auf Machtkontrolle und die Vermeidung von Machtmißbrauch angelegt. Im autokratischen Staat, der in Gestalt des autoritären (absoluten) oder des totalitären Staates erscheint, ist das Verhältnis zwischen Recht und Macht unproblematisch, da beide miteinander identifiziert werden. Im konstitutionellen Staat dagegen wird ihr Verhältnis problematisiert, und daraus ergibt sich seine Struktur. Die Unterscheidung zwischen dem konstitutionellen und dem autokratischen Staat zeigt, daß L. die Regierungs- und Verfassungssysteme nicht nur nach empirischen, sondern auch nach Wertgesichtspunkten typisiert.
L. war ein unvergleichlicher Verfassungskomparatist und der wohl beste deutsche Kenner des ausländischen Verfassungsrechts seit Gneist, Hatschek und Jellinek (v. Beyme). Seine Studien insbesondere zur engl. Verfassungsgeschichte und Verfassungsstruktur haben bis heute nicht an Lebendigkeit und Plausibilität verloren. Mit Akribie behandelt er auch den ungewöhnlichen Einzelfall. Seine staatsrechtliche Abhandlung über die Verfassungswirren in Andorra ist eine Meisterleistung, die wie „im Mikroskop“ den morphologischen Zusammenhang sichtbar macht. L. arbeitet mit den Instrumenten des Historikers, des Politologen, des Soziologen wie des Staats- und Verfassungsrechtlers. Er drückt sich leicht verständlich aus, seine Begriffe sind jedoch sorgfältig gewählt und von hohem Informationswert. Mustergültig entfaltet er etwa die Dialektik von Institution und Ideologie. Sein Werk übersteigt die Deskription. Die Sorge des Humanisten L. gilt den Risiken der Massengesellschaft und dem Schatten Leviathans. – Von L.s Forschungen sind vielfältige Anregungen für die politische Praxis ausgegangen. Nach 1945 hat seine Lehre vor allem die Parlamentarismusdebatte in Deutschland nachhaltig beeinflußt.
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Werke
Weitere W u. a. Volk u. Parlament nach d. Staatsauffassung d. franz. Nationalverslg. v. 1789, 1922;
Die brit. Parlaments wählen im Nov. 1922, 1923;
Erscheinungsformen d. Vfg.änderung, 1931;
Eine Vfg. im Mikroskop, Staatstheoret. Betrachtungen zu d. Vfg.wirren in Andorra, in: Zs. f. öff. Recht 14, 1934, S. 417-44;
Hitler's Germany, 1939, ⁴1944;
Brazil under Vargas, 1942;
Vom Wesen d. amerikan. Vfg., 1950;
Die Monarchie im modernen Staat, 1952;
Political Power and the Governmental Process, 1957;
Vfg.recht u. Vfg.-praxis in d. Vereinigten Staaten, 1959;
Über Wesen, Technik u. Grenzen d. Vfg.änderung, 1961;
Btrr. z. Staatssoziol., 1961 (W-Verz.);
Max Webers staatspol. Auffassungen in d. Sicht unserer Zeit, 1965;
Staatsrecht u. Staatspraxis v. Großbritannien, 2 Bde., 1967;
The Governance of Rome, 2 Bde., 1972;
Kooptation u. Zuwahl, Über d. autonome Bildung privilegierter Gruppen, 1973. -
Literatur
H. S. Commager u. a. (Hrsg.), Festschr. f. K. L., 1971 (W-Verz., P);
K. v. Beyme, in: Archiv d. öff. Rechts 98, 1973, S. 167-69;
F. Hermens, in: Zs. f. Pol. NF 21, 1974, S. 1-3;
P. Schneider, in: Juristenztg. 1974, S. 409 f.;
E. Fraenkel, Geleitwort, in: K. L., Btrr. z. Staatssoz., s. W, S. IX-XVI;
BHdE II. -
Autor/in
Peter Schneider -
Zitierweise
Schneider, Peter, "Löwenstein, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 103-104 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101916957.html#ndbcontent