Lampert von Hersfeld
- Lebensdaten
- vor 1028 – 1081 oder 1082
- Sterbeort
- Hasungen Kreis Wolfhagen
- Beruf/Funktion
- Geschichtsschreiber ; Chronist ; Abt
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 10095135X | OGND | VIAF: 311428416
- Namensvarianten
-
- Lampert von Aschaffenburg
- Lambert von Aschaffenburg
- Lambert von Hersfeld
- Lampert von Hersfeld
- Lampert von Aschaffenburg
- Lambert von Aschaffenburg
- Lambert von Hersfeld
- Lampert, Hasungen, Abt
- Lambert, Hersfeldensis
- Lambert, a Hersfeld
- Lambert, von Aschaffenburg
- Lambert, von Hersfeld
- Lambertus, Aschaffenburgensis
- Lambertus, Aschafnaburgensis
- Lambertus, Haserensis
- Lambertus, Hersfeldensis
- Lambertus, Schaffnaburgensis
- Lambertus, Schafnaburgensis
- Lambertus, von Hersfeld
- Lampert, von Hersfeld, Hasungen, Abt
- Lampertus, Hersfeldensis
- Lampertus, Monachus Hersfeldensis
- Landebertus, Schafnaburgensis
- Lantpertus, Schafnaburgensis
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Lampert von Hersfeld (von Aschaffenburg)
Geschichtsschreiber, * vor 1028, † vermutlich zwischen 1081/82 Hasungen Kreis Wolfhagen.
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Genealogie
Aus einer nicht unbegüterten, viell. sogar adeligen Fam., die vermutl. in Franken ansässig war.
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Biographie
An der Domschule zu Bamberg wurde L. zum Geistlichen erzogen. Die Schule stand unter der Leitung Annos, des nachmaligen Erzbischofs von Köln, dem L. zeit seines Lebens ein verehrungsvolles Andenken bewahrte. Zu seinen Studiengenossen dürfte auch Meinhard von Bamberg gehört haben. Von L.s fortdauernder Verbundenheit mit Bamberg legen die zahlreichen Nachrichten über Bamberger Ereignisse in seinen „Annalen“ ein beredtes Zeugnis ab. Am 15.3.1058 trat er, bekehrt durch den beispielhaften Lebenswandel des Abtes →Meginher († 1059), in das Kloster Hersfeld¶ ein, um nicht – wie er selbst bekannte – auf Gottes Weg die Last weltlichen Besitzes schleppen zu müssen. Noch im Herbst desselben Jahres empfing er durch EB Liutpold von Mainz in Aschaffenburg die Priesterweihe. Von der religiösen Begeisterung angesteckt, welche noch vor Beginn der Kreuzzüge weite Kreise erfaßte, begab er sich unmittelbar darauf – ohne zuvor die Erlaubnis seines Abtes eingeholt zu haben – auf eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, von der er erst übers Jahr (17.9.1059) zurückkehrte. In Hersfeld scheint L. eine Zeitlang die Klosterschule geleitet zu haben. Sowohl der Mönch Eckebert, der im|Auftrage des Hersfelder Abtes Hartwig eine Vita des hl. Haimerad von Hasungen schrieb, wie der anonyme Hersfelder Verfasser des „Liber de unitate ecclesiae conservanda“ dürften seine Schüler gewesen sein. 1071 unternahm L. eine Informationsreise nach Saalfeld und Siegburg, um die dort von Anno eingeführten neuen Gewohnheiten kennenzulernen. Bei aller Sympathie für die reformerischen Absichten des Kölner Erzbischofs sprach er sich jedoch für ein Festhalten an den altbewährten Grundsätzen des benediktinischen Mönchtums aus. Gegen Ende seines Lebens wirkte L. – wohl im Auftrage EB Siegfrieds von Mainz – bei der Umwandlung des Hasunger Stiftes in ein Kloster mit, dessen erster Abt er 1081 wurde. Noch vor dem Einzug der Hirsauer (1082), unter denen eine Hinwendung zu cluniazensischen Gewohnheiten erfolgte, scheint er hier gestorben zu sein.
In seinen Werken, der Lebensbeschreibung des Hersfelder Klostergründers Lul (1073), einer nur fragmentarisch überlieferten Geschichte des Klosters Hersfeld¶ (1074/76) und vor allem in den „Annalen“ – ein weiteres zeitgeschichtliches Werk in Hexametern ist nicht erhalten –, verband er stilistische Meisterschaft mit einem ausgeprägten Sinn für dramatische Wirkung. Seine „Annalen“ stellen die wichtigste Quelle für die Geschichte →Heinrichs IV. bis zur Wahl des Gegenkönigs Rudolf im März 1077 und den beginnenden Investiturstreit dar. Das durch sie vermittelte negative Bild dieses Saliers, wie es insbesondere in der Darstellung der Ereignisse von Canossa zum Ausdruck kommt, hat das historische Bewußtsein der Nachwelt bis in unsere Tage geprägt. Dennoch war L. keineswegs ein Gregorianer. Seine Leitbilder entstammten vielmehr noch jener durch die Einheit von regnum und sacerdotium gekennzeichneten Epoche, die mit dem Tode Heinrichs III. zu Ende gegangen war. Seine antikönigliche Haltung, die einer die begrenzten Hersfelder Belange stets verallgemeinernden „mönchischen“ Betrachtungsweise entsprang, traf sich mit der der fürstlichen Opposition, als deren Sprachrohr er betrachtet werden darf. Die Tragweite der die Zeitgenossen bewegenden politischen und geistigen Auseinandersetzungen dagegen blieb außerhalb seines Gesichtskreises. Trotz dieser Einschränkungen ist L. nicht jener notorische Lügner gewesen, den die quellenkritische Forschung des 19. Jh. in ihm hat sehen wollen. Seine Zeitkritik, insbesondere seine Vorbehalte gegenüber der Person →Heinrichs IV., waren vielmehr bestimmt von der durchaus ernst zu nehmenden Sorge um den Bestand von Reich und Kirche.
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Werke
Krit. Ed. d. erhaltenen Werke (Annales, Vita Lulli, Libellus de institutione Hersveldensis ecclesiae) v. O. Holder-Egger, Opera (MGH SS rer. Germ., 1894, Nachdr. 1956);
Editio princeps der Annalen u. d. T. Historiae Germanorum v. K. Kurrer, 1525;
Ausg. mit dt. Übers. v. A. Schmidt, erl. v. W. D. Fritz, in: Ausgew. Qu. z. dt. Gesch. d. MA, Frhr. vom Stein-Gedächtnisausg. 13, 1957. -
Literatur
ADB 17;
DW10, Abschn. 201/55;
L. v. Ranke, Zur Kritik fränk.-dt. Reichsannalisten: Über d. Ann. d. L. v. H., in: Abhh. d. Ak. Berlin, phil.-hist. Kl., 1854, S. 436-58, wieder in: ders., Sämtl. Werke 51/52, 1888, S. 125-49;
O. Holder-Egger, Über d. Vita Lulli u. ihren Verfasser, in: NA 9, 1884, S. 283-320;
ders., Stud. z. L. v. H., ebd. 19, 1894, S. 141-213, 369-430, 507-74;
Jbb. d. Dt. Gesch., Heinrich IV. u. Heinrich V., Bd. 1-2, bes. 2, S. 785 ff. mit d. Exkursen S. 791 ff. u. 857 ff.;
C. Erdmann, Stud. z. Brieflit. Dtld.s im 11. Jh., 1938, S. 113 ff.;
E. E. Stengel, L. v. H. d. erste Abt v. Hasungen, in: Festschr. f. Th. Mayer II, 1955, S. 245-58, wieder in: ders., Abhh. u. Unterss. z. ma. Gesch., 1960, S. 342-59;
J. Semmler, L. v. H. u. Giselbert v. Hasungen, in: StMBO 67, 1956, S. 261-76;
T. Struve, L. v. H., Persönlichkeit u. Weltbild e. Gesch.schreibers am Beginn d. Investiturstreits, in: Hess. Jb. f. Landesgesch. 19, 1969, S. 1-123, 20, 1970, S. 32-142 (L);
ders., Zur Gesch. d. Hersfelder Klosterschule im MA, in: DA 27, 1971, S. 530-43;
U. Hoffmann, König, Adel u. Reich im Urteil fränk. u. dt. Historiker, Diss. Freiburg/Br. 1968, S. 110-61;
E. Müller-Mertens, Regnum Teutonicum, 1970, S. 225-55;
W. Eggert, Lampertus scriptor callidissimus, in: Jb. f. d. Gesch. d. Feudalismus 1, 1977, S. 89-120;
Manitius III;
Vf.-Lex. d. MA V;
Wattenbach-Holtzmann II, III. -
Autor/in
Tilman Struve -
Zitierweise
Struve, Tilman, "Lampert von Hersfeld" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 461-462 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd10095135X.html#ndbcontent
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Lambert von Hersfeld
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Biographie
Lambert von Hersfeld, früher gewöhnlich in Folge einer falschen Lesart von Aschaffenburg genannt, einer der bedeutendsten Geschichtschreiber des Mittelalters, war vermuthlich ein Thüringer, doch ist nicht einmal sein Name ganz gesichert. Er scheint seine Bildung nicht im Kloster gewonnen und als begüterter Weltgeistlicher gelebt zu haben, bis er schon in reiferen Jahren am 15. März 1058 in Hersfeld Mönch wurde. Im Herbst desselben Jahres weihte ihn der Erzbischof von Mainz in Aschaffenburg zum Priester. Da ergriff ihn die damals so mächtige Sehnsucht nach dem hl. Lande; er schloß sich, einer Pilgerfahrt an und kehrte 1059 noch eben früh genug heim, um von seinem Abte Meginher vor dessen Tod Verzeihung zu erhalten. Weiter erfahren wir nur, daß er 1071 vom Abt Ruthard ausgesandt wurde, um die neue strengere Zucht kennen zu lernen, welche durch Erzbischof Anno in Siegburg und Saatfeld eingeführt war. Er fand die alte Regel Benedicts vollkommen ausreichend, wenn sie nur wirklich beobachtet werde. Um das Jahr 1074 schrieb er eine Geschichte des Klosters Hersfeld¶, voll Bitterkeit über die Schädigung desselben durch Heinrichs IV. Kriegsvolk und die schlechte Zucht am Hofe seit Anno's Entfernung. Hiervon sind leider nur Fragmente erhalten. Schon vorher hat er, wie er selbst berichtet, ein Epos über die Geschichte seiner Zeit verfaßt, von dem wir sonst nichts wissen; eine Vermuthung Giesebrechts, daß es das „Carmen de bello Saxonico“ sei, von dem damals noch sehr eifrig kaiserlich gesinnten L. verfaßt, hat wenig Anklang gefunden. Sein Hauptwerk aber ist seine Chronik in annalistischer Form von Erschaffung der Welt bis 1077. Der Anfang ist ein ganz dürftiger Auszug der Hersfelder Annalen, von 1040 an finden wir selbständige Mittheilungen und vorzüglich von 1069 an wird die Darstellung ausführlich. Er schildert die Regierung Heinrichs IV. bis zur Wahl des Gegenkönigs Rudolf in so geläuterter Sprache und mit so vornehm ruhiger Weise, daß er den Eindruck vollkommen sicherer Kenntniß und voller Unparteilichkeit macht, um so mehr, da er nicht etwa gleichzeitig mit den Begebenheiten schreibt, sondern in zusammenfassendem Rückblick auf einen abgeschlossenen Zeitraum. Deshalb ist er auch lange Zeit für die Auffassung Heinrichs IV. maßgebend gewesen, bis namentlich L. Ranke gewichtige Bedenken dagegen geltend machte. Seitdem ist er vielfach bis zum Uebermaß getadelt worden; es ist ihm absichtliche Entstellung schuldgegeben, gewiß mit Unrecht. Aber allerdings theilte er die Auffassung der sächsischen und thüringischen Gegner Heinrichs und erhielt von ihnen seine Nachrichten; obgleich nicht eigentlich Anhänger der gregorianischen Richtung theilt er doch die kirchliche Auffassung und steht in dem Kampfe der beiden Gewalten auf päpstlicher Seite. In die Geheimnisse der Führer war er nicht eingeweiht und die Politik des Hofes ihm fremd und unbekannt. Auch in Bezug auf andere Thatsachen ist er keineswegs zuverlässig, und weit mehr als auf Erforschung derselben ist seine Bemühung auf eine seiner klassischen Vorbilder nicht unwürdige Form gerichtet gewesen. In dieser Beziehung hat er viel geleistet, aber auch sachlich verdanken wir viele Nachrichten ihm allein; nur ist allerdings bei Benutzung derselben größere Vorsicht nothwendig, als man früher für geboten hielt. Jetzt hat Holder-Egger auch in der Vita Lulli ein Werk Lambert's erkannt.
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Literatur
Ed. princ. 1525, 1533 zuerst unter Lamberts Namen. Ausgabe von Hesse, Mon. Germ. SS. III u. V, vereinigt in der Octavausg. 1843, 1874. Uebersetzt von Buchholz 1819, von Hesse 1855, 1883. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsqu. (4. Ausg.), II. 78—87. Giesebrecht, Kaiserzeit (4. Aufl.), III. 1030—32.
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Autor/in
Wattenbach. -
Zitierweise
Wattenbach, Wilhelm, "Lampert von Hersfeld" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 548 unter Lambert von Hersfeld [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd10095135X.html#adbcontent