Hartmann, Eduard von
- Lebensdaten
- 1842 – 1906
- Geburtsort
- Berlin
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Philosoph ; Offizier
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118546252 | OGND | VIAF: 29566115
- Namensvarianten
-
- Hartmann, Karl Robert Eduard von
- Hartmann, Eduard von
- Hartmann, Karl Robert Eduard von
- Gartman, Ė.
- Gartman, Ė. F.
- Gartman, Ėduard fon
- Gartman, Karl
- Hartmann, E. v.
- Hartmann, Eduard
- Hartmann, Eduardo von
- Hartmann, Karl Rob. Eduard von
- Hartmann, Karl Robert Eduard
- Müller, F. A.
- Robert, Carl
- Robert, Karl
- Von Hartman, Karl Robert Eduard
- Von Hartmann, Eduard
- Hartmann, Carl Robert Eduard von
- Gartman, Carl
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- Hartmann, Carl Robert Eduard
- Von Hartman, Carl Robert Eduard
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Hartmann, Karl Robert Eduard von
Philosoph, * 23.2.1842 Berlin, † 5.6.1906 Berlin. (evangelisch)
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Genealogie
V Robert (preuß. Adel 1862, 1802-76), preuß. Gen.-Major (s. Priesdorff VII, S. 99, P), S d. Daniel, preuß. Justizkommissar in Fraustadt, dann Kriminalrat in Glogau, u. d. Christiane George;
M Johanna (1804–80), T d. Stabschirurgen Joh. Carl Heinr. Dohse in B. u. d. Maria Cath. Runge;
⚭ 1) Charlottenburg 1872 →Agnes (1844–77), T d. Obersten Taubert, 2) Bremen 1878 →Alma (1854–1931), Dr. h. c., phil. Schriftstellerin, T d. →Ferd. Lorenz (1820–84), Großkaufm. u. Konsul in Bremen, u. d. Clara Brück;
1 T aus 1), 1 S, 3 T aus 2). -
Biographie
H. besuchte das Friedrich-Werdersche-Gymnasium in Berlin, das er als bester Schüler absolvierte. Aus eigenem Entschluß trat er 1858 in das Garde-Artillerie-Regiment in Berlin ein. Als nach einer Quetschung der Kniescheibe nach zweijähriger Behandlung keine Hoffnung auf Wiederherstellung mehr bestand, schied er 1865 als Premierlieutenant aus. In den letzten Jahren hatte er sich zunächst in der Malerei und Musik versucht, mußte aber erkennen, daß ihm „der Funke des schöpferischen Genies fehle“. Er widmete sich sich daraufhin dem privaten Studium der Philosophie, insbesondere der Werke Schopenhauers, Hegels und →Schellings, und begann Ende 1864 mit der Niederschrift der „Philosophie des Unbewußten“ – die weniger für eine Veröffentlichung bestimmt, sondern als „Selbstgespräch geschrieben (ist), um dem eigenen metaphysischen Bedürfniss Genüge zu thun“. Ihr Erscheinen im November 1868 machte ihn über Nacht bekannt und erregte großes Aufsehen. Nicht zuletzt wegen der heftigen Auseinandersetzungen um den darin vertretenen Pessimismus, den H.s erste Frau in zwei unter ihrem Mädchennamen veröffentlichten Schriften verteidigte, erlebte dieses Jugendwerk innerhalb von zehn Jahren acht Auflagen. Angebotene Professuren in Leipzig, Göttingen und Berlin schlug er aus, teils um seine geistige Unabhängigkeit zu wahren, teils wegen seines Knieleidens, das ihn nach einem neuen Sturz und drei vergeblichen Operationen zwang, nur noch liegend zu arbeiten. Die drei systematischen Werke seiner 2. Schaffensperiode (1878–87) zur Ethik, Religionsphilosophie und Ästhetik fanden in der Fachwelt keine oder nur geringe Beachtung; noch immer galt H. als „Modephilosoph“ (Fr. von Bodenstedt). Ähnlich erging es seinen philosophiegeschichtlichen, politischen und sozialen Arbeiten der 3. Periode, die er vor allem zwischen 1887 und 1895 verfaßte. Ein Wandel bahnte sich erst mit dem Erscheinen seines bedeutendsten Werkes an, der „Kategorienlehre“ (1896), die die 4. Periode seines Schaffens einleitete und den Abschluß seines Systems brachte. Durch fortgesetztes Studium der positiven Wissenschaften war H. nicht nur in der Lage, deren Ergebnisse zu überschauen, sondern sie selbst zum größten Teil fachmännisch zu beherrschen. Davon legen die Spätwerke „Moderne Psychologie“ (1901), „Die Weltanschauung der modernen Physik“ (1902) und „Das Problem des Lebens“ (1906) ein beredtes Zeugnis ab. H. hat wiederholt gewünscht, seinen philosophischen Standpunkt nicht nach seinem Jugendwerk, sondern in erster Linie nach der „Kategorienlehre“ und dem „Grundproblem der Erkenntnistheorie“ (1889, ²1924) und in zweiter Linie nach seinen ethischen, religionsphilosophischen und ästhetischen Werken zu beurteilen, das heißt nach seinem transzendentalen Realismus. Er sieht in der logischen Nötigung, die Wandlungen des Bewußtseinsinhalts als Wirkungen transzendentrealer Dinge an sich zu denken, und im voluntativen Element der Empfindung als etwas von mir nicht Gewolltem das Urphänomen eines transzendentalen Kategoriengebrauchs, der den transzendentalen Gebrauch aller übrigen Denkformen nach sich zieht. Gelingt mit Hilfe der Kausalitätskategorie der Schritt von der erkenntnistheoretisch-immanenten Sphäre des Bewußtseins in die erkenntnistheoretisch-transzendente Sphäre des Dinges an sich, so fordern auch die Veränderungen am Ding an sich, wie sie sich in den verschiedenen Bewußtseinsaffizierungen zeigen, ein Beharrliches; das Existierende an ihm, das der Wirkung zugrundeliegt, ein Subsistierendes; ihr Dasein eine daseiende Substanz. Damit überschreiten wir die Sphäre des Dinges an sich, denn die Substanz als absolute Einheit und Einfachheit liegt in der metaphysischen Sphäre. Sie ist das Absolute, aus dessen Tätigkeit die beiden Sphären als Erscheinungen hervorgehen. Dieses Absolute ist untrennbare Einheit von Wille und Vernunft (Idee), es „west“ im ursprünglichen Zustande. Nur vom Willen, dem aktiven Prinzip, kann der Anstoß zum „wirklichen“, in Erscheinung tretenden Wesen kommen. Dieser Übergang wird von der Idee als Widerspruch und nichtseinsollend bestimmt. Selbst ohne Macht, bedient sich die Idee der Blindheit des Wollens und gibt dem Willen, an dessen Fortdauer das „Daß“ der Welt liegt, solche Inhalte (das „Was“), daß der Wille „in der Individuation in einen Konflikt mit sich selbst gerät, dessen Resultat das Bewußtsein“ ist. Im Bewußtsein ist die untrennbare Einheit von Wille und Vorstellung aufgehoben und damit die Möglichkeit einer Emanzipation des Intellektes vom Willen gegeben. Das vom Unbewußten geschaffene Bewußtsein bringt als Mittel zur Vollendung seiner Selbstaufhebung die Kulturerscheinungen hervor: Religion, Sittlichkeit und Kunst.
Daß dieses System ohne größeren Einfluß auf die Philosophie des 20. Jahrhunderts blieb, mag daran liegen, daß H. trotz aller Kraft der logischen Organisation großer Stoffmassen kein unmittelbares, originäres Verhältnis zur Welt hatte. Am stärksten wirkte die Philosophie H.s auf die Spätlehre Max Schelers ein.
-
Werke
Weitere W u. a. Ausgew. Werke, 6 Bde., 1885-87;
Ausgew. Werke, 9 Bde., 1886–90. - Philos. d. Unbewußten, 2 Bde., 1869, 121923 (Überss.: russ. 1873 u. 1875, franz. 1877, schwed. 1877 u. 1878, engl. 1884 u. 1931);
Die Selbstzersetzung d. Christentums u. d. Rel. d. Zukunft, 1874, ³1888 (franz. 1876, ⁶1903, engl. 1880 f. u. 1886);
Wahrheit u. Irrtum d. Darwinismus, 1875 (franz. 1877, ³1880, span. 1879);
Ges. Stud. u. Aufsätze, 1876, ³1888 (engl. 1895);
Phänomenol. d. sittl. Bewußtseins, 1879, ³1924;
Das rel. Bewußtsein d. Menschheit im Stufengang seiner Entwicklung, 1882, ³1906;
Die Rel. d. Geistes, 1882, ³1907;
Die dt. Ästhetik seit Kant, 1886;
Philos. d. Schönen, 1887, ²1924;
|Kategorienlehre, 3 Bde., 1896, ²1923;
Ethische Stud., 1898;
Gesch. d. Metaphysik, 2 Bde., 1899 f.;
Die moderne Psychol., 1901;
Die Weltanschauung d. modernen Physik, 1902, ²1909;
Das Problem d. Lebens, 1906, ²1925;
System d. Philos. im Grundriß, 8 Bde., 1906–09. - G. J. P. J. Bollands Briefwechsel mit E. v. H., 1937. - Alma v. Hartmann, Chronolog. Übersicht d. Schrr. v. E. v. H., in: Kantstud. 17, 1912, S. 501-20. -
Literatur
A. Drews, E. v. H.s phil. System im Grundriß, 1903;
ders., Das Lebenswerk E. v. H.s, 1907 (P);
Th. Kappstein, E. v. H., 1907 (P);
K. O. Petraschek, Die Logik d. Unbewußten, 2 Bde., 1926;
W. v. Schnehen, E. v. H., 1929 (P);
W. Rauschenberger, E. v. H., in: Jb. d. Schopenhauer-Ges. 29, 1942, S. 23-77 (mit Ahnentafel);
B. Bavink, E. v. H. u. d. moderne Naturphilos., in: Bll. f. dt. Philos. 16, 1942/43, S. 162-66;
W. Hartmann, Die Philos. Max Schelers in ihren Beziehungen zu E. v. H., 1956;
H. Neubach, E. v. H.s Bedeutung f. d. Entwicklung d. dt.-poln. Verhältnisses, in: Zs. f. Ostforschung 13, 1964, S. 106-59;
Ziegenfuß;
Ueberweg;
W. Wiora, in: MGG V, Sp. 1755-57 (W, L, P). -
H. Stäglich, Verz. d. E. v. H. - Lit., 1932. - Zu Alma v. H.:
Nekr. z. Kürschners Lit.-Kal. 1901–35, 1936 (W). -
Autor/in
Wilfried Hartmann -
Zitierweise
Hartmann, Wilfried, "Hartmann, Eduard von" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 738-740 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546252.html#ndbcontent