Jodl, Friedrich
- Lebensdaten
- 1849 – 1914
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Wien
- Beruf/Funktion
- Philosoph ; Professor der Philosophie
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 119305429 | OGND | VIAF: 27140188
- Namensvarianten
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- Jodl, Friedrich
- Iodlʹ, F.
- Jodl, Fridrih
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Jodl, Friedrich
Professor der Philosophie, * 23.8.1849 München, † 26.1.1914 Wien, ⚰ Wien, Friedhof Döbling. (katholisch)
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Genealogie
V Johann Baptist († 1873), Finanzrat in d. Regierung v. Oberbayern, S e. bayer. Hofbaukondukteurs, aus alter Tegernseer Bauernfam.;
M Therese (1824–66, ev.), T d. Dr. med. →Friedrich Handschuch (1790–1862), bayer. Gen.stabsarzt, Reformator d. Mil.sanitätswesens (s. Schärl), u. d. Karoline Freiin v. Münster;
Tante-v Therese, Erzieherin d. jüngeren Kinder d. Hzg. Maximilian in Bayern;
- ⚭ Tölz 1882 Margarete, T d. Dr. →Carl Förster († 1905), Kunstexperte u. Kunstschriftsteller (s. BJ X, Tl., L); kinderlos;
N →Alfred (s. 1). -
Biographie
J. wuchs hauptsächlich in München in einem durch engere Verbindungen zum Hofe und zur führenden Beamten- und Bürgerschicht bestimmten Elternhause auf. Durch den Maler Heinrich Bürkel, der im gleichen Hause wohnte, kam J. schon früh mit der bildenden Kunst in Berührung; seine eigene musische Begabung lag jedoch hauptsächlich auf dem Gebiet der Musik. J. studierte nach Abschluß der Gymnasialzeit von 1867 an in München Geschichte und insbesondere Philosophie (bei K. Prantl, M. Carrière und Johs. Huber). Er verfaßte 1870 die Preisschrift „Kritische Darstellung der philosophischen Lehren David Humes“ und promovierte mit diesem Thema 1872 zum Dr. phil. J. hatte 1873-76 eine Dozentur für Universalgeschichte an der Kriegsakademie in München inne, habilitierte sich dort 1880 in Philosophie und wurde 1885 als o. Professor an die Deutsche Univ. Prag berufen (Dekan 1890/91). Als Kollege von Th. Gomperz sowie E. Mach (den er von Prag her kannte und schätzte) übernahm er 1896 einen Lehrstuhl an der Univ. Wien (1906/07 Dekan der phil. Fakultät) und erhielt 1901 außerdem an der TH Wien die Dozentur für Ästhetik. J. war Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Wien.
Eine lebenslange Freundschaft verband J. mit dem Rechtshistoriker Karl v. Amira. Für J. war die Prager Zeit die fruchtbarste; in sie fällt der Abschluß seiner „Geschichte der Ethik in der neueren Philosophie“ (2 Bde., 1882–89, ³1920/22, russ. 1890) sowie das „Lehrbuch der Psychologie“ (1896, ⁶1924), viel gelesene, wiederholt aufgelegte Standardwerke mit nachhaltigem Einfluß auf die wissenschaftliche Diskussion. J. lehrte einen an Feuerbach, aber auch an Mill und Comte orientierten Positivismus, dem er allerdings durch Aufnahme des kantischen Kritizismus eine stark ethische Prägung verlieh. Überhaupt galt sein Hauptaugenmerk der theoretischen Ausarbeitung und praktischen Kultur einer von allen äußeren, insbes. religiösen Ansprüchen freien Ethik. Durch sein entschiedenes Eintreten für die Freiheit der Wissenschaft wurde J. in Wien zu einem der profiliertesten liberalen Professoren und zum Sprecher gegen Ultramontanismus und alle Versuche, Schule, Universität und öffentliches Leben zu konfessionalisieren. Neben der Lehrtätigkeit an der Universität und später auch an der Technischen Hochschule widmete er sich insbesondere der Volksbildung und -aufklärung durch Übernahme der Leitung des „Wiener Volksbildungsvereines“ sowie des „Zentralverbandes der deutsch-österr. Volksbildungsvereine“ 1898-1910 (ab 1910 Ehrenpräsident) als Nachfolger des Historikers v. Arneth|und durch eine rege öffentliche Vortragstätigkeit. Das letzte Jahrzehnt seines Wirkens galt in der Wissenschaft hauptsächlich der Herausgabe der Werke von Ludwig Feuerbach und dessen Biographie sowie der Überarbeitung seiner „Ethik“ und „Psychologie“. Durch sein Testament vollzog J. so etwas wie einen postumen Austritt aus der röm.-kath. Kirche.
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Werke
u. a. Leben u. Philos. David Humes, 1872;
Die Kulturgesch.schreibung, 1878;
Volkswirtsch.-lehre u. Ethik, 1886 (russ. 1895);
F. W. J. Schelling, in: ADB 31;
Rel., Moral u. Schule, 1892;
Ludwig Feuerbach, 1904;
Wissen u. Rel., 1909;
Aus d. Werkstatt d. Philos., 1911;
Der Monismus u. d. Kulturprobleme, 1911;
Vom Lebenswege, ges. Vorträge u. Aufsätze, hrsg. v. W. Börner, 2 Bde., 1916. -
Hrsg.: Feuerbachs Werke, 10 Bde., 1903-11 (mit W. Bolin). -
Verz. bearb. v. W. Schmied-Kowarzik, in: Archiv f. Gesch. d. Philos. 27, 1914. -
Literatur
W. Börner, F. J., e. Studie, Mit e. Charakteristik F. J.s als Anhang v. H. Spitzer, 1911;
A. v. Meinong, in: Alm. d. Ak. d. Wiss. Wien 64, 1914 (P);
F. J., s. Leben u. Wirken, dargest. n. Tagebüchern u. Briefen v. Margarete Jodl, 1920 (P);
C. Siegel, in: NÖB II (W, L, P);
DBJ I (Tl., L). -
Porträts
Gem. v. A. Groll, 1906/07;
Porträtbüste v. H. Mauer, 1924 (Wien, Univ.). -
Autor/in
Hans Brockard -
Zitierweise
Brockard, Hans, "Jodl, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 450-451 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119305429.html#ndbcontent