Hofmann, Werner
- Lebensdaten
- 1922 – 1969
- Geburtsort
- Meiningen
- Sterbeort
- Marburg/Lahn
- Beruf/Funktion
- Soziologe ; Nationalökonom ; Volkswirt
- Konfession
- konfessionslos
- Normdaten
- GND: 119083388 | OGND | VIAF: 20482534
- Namensvarianten
-
- Hofmann, Werner
- Hofmann, W.
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Hofmann, Werner
Soziologe, Nationalökonom, * 27.7.1922 Meiningen, † 9.11.1969 Marburg/Lahn. (bekenntnislos)
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Genealogie
V Rudolf (1879–1945), Bankdir., S d. Rechtsanwalts Joseph u. d. Mathilde Strupp;
M →Franziska (1892–1969), Malerin, T d. Versicherungsdir. Heinr. Ulrich (1849–1927) u. d. Magdalene Meister;
Ur-Gvv →Gustav Strupp (1851–1918), Bankier, GKR, Gründer d. Bank f. Thüringen;
⚭ Leipzig 1950 Martha Elisabeth Richter (* 1919);
2 S. -
Biographie
Seine Schulzeit verbrachte H. in München, wo er 1940 das Abitur ablegte. Aus „rassischen“ Gründen am Studium zunächst gehindert, besuchte er 1940-43 eine Sprachenschule und kam dann bis zum Kriegsende in ein Zwangsarbeitslager, wo er in der Rüstungsindustrie zu arbeiten hatte. Nach dem Krieg studierte er in München Nationalökonomie, Soziologie und Sozialgeschichte, hielt sich etwa 2 Jahre in der damaligen sowjetischen Besatzungszone auf, um dann wieder nach München zurückzukehren. Hier promovierte er 1953 bei →Adolf Weber, dessen Privatassistent er bis 1955 war. Nach kurzer Assistentenzeit in Wilhelmshaven an der Hochschule für Sozialwissenschaften habilitierte er sich dort 1958 für Nationalökonomie. Bis 1964 war er dann Privatdozent in Wilhelmshaven und Göttingen. 1964 wurde H. außerplanmäßiger Professor, und die venia legendi wurde auf Soziologie ausgeweitet. 1966 erhielt er den 2. Lehrstuhl für Soziologie in Marburg, wo er bis zu seinem Tode lehrte.
H. konzentrierte seine wissenschaftliche Arbeit auf 3 Gebiete: Analyse der Sowjetischen Wirtschaft und Gesellschaft, Entwicklung der ökonomischen und sozialen Theorien und Analyse der Entwicklungstendenzen des Spätkapitalismus. Beeinflußt von den Traditionen der deutschen Staatswissenschaft und Sozialökonomie und dem Denken von →Karl Marx, sah er ökonomische Tatsachen und Zusammenhänge immer auch als soziale, das heißt historisch entstandene und veränderbare. In seinem Hauptwerk „Die Arbeitsverfassung der Sowjetunion“ (1956, Teil davon als Habilitationsschrift) untersuchte er die Probleme der Arbeitsdisziplin, des Erziehungssystems, der Mobilität und der wirtschaftlichen Leitungsfunktionen in der Sowjetgesellschaft während der forcierten Industrialisierung. – In seinen Arbeiten über die Theoriegeschichte der Sozialwissenschaften suchte er, längst vergessene, doch relevante Frageansätze und Problemlösungsversuche für den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erfahrungsstand neu fruchtbar zu machen. Er war der Überzeugung, daß die Kenntnis der Ideen der sozialen Emanzipationsbewegung und ihrer Verbindung mit der jeweiligen historischen Realität vor falschen theoretischen und praktischen Einschätzungen bewahren könne. Seine Vorstellungen von den Aufgaben einer kritischen Sozialwissenschaft präzisierte H. in dem Buch „Gesellschaftslehre als Ordnungsmacht“ (1961); hierin erörterte er systematisch und historisch die Probleme, die im sogenannten Werturteilsstreit aufgetaucht waren, stellte von neuem die Frage nach dem gesellschaftlichen Bezug der Sozialwissenschaften und nach der Begründbarkeit von Werturteilen. – Schon in seiner Dissertation „Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung“ (1954) kritisierte H. die gerade entwickelten makroökonomischen Regulierungsmodelle für die spätkapitalistische Wirtschaft als sachlich unstimmig und letztlich unwirksam, da sie|von falschen Annahmen über die sozialökonomischen Gegebenheiten ausgingen. In kleineren Arbeiten, „Europamarkt und Wettbewerb“ (1959) und „Die säkulare Inflation“ (1962) analysierte er die Internationalisierung des Kapitals, die planmäßige Aufteilung der Märkte zwischen weltumspannenden Konzernen und die Spezialisierung der Produktion sowie die Tendenz zu säkular ansteigenden Preisen, welche er auf oligopolistische Marktstrukturen zurückführte.
Vor allem in seinen letzten Lebensjahren entfaltete H. auch eine vielfältige politische Aktivität. Er engagierte sich im Kampf gegen die Notstandsgesetzgebung, rief den „Bund Demokratischer Wissenschaftler“ ins Leben und war die treibende Kraft im „Aktionsbündnis für demokratischen Fortschritt“ (ADF), als dessen hessischer Spitzenkandidat er bei den Bundestagswahlen 1969 auftrat. Was er für richtig und notwendig hielt, verfolgte H. energisch und mit großer Konsequenz. Durch die Verbindung von wissenschaftlicher Korrektheit, persönlichem Mut und politischem Gestaltungswillen verkörperte er einen unter deutschen Intellektuellen seltenen Typ.
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Werke
Weitere W u. a. Wohin steuert d. Sowjetwirtsch.? Zur Deutung d. Sowjetges. v. heute, 1955;
Ideengesch. d. soz. Bewegung im 19. u. 20. Jh., 1962, ³1970 (span., ital. u. Japan. Übers.);
Soz.ökonom. Stud.-Texte I: Wert- u. Preislehre, 1964, II: Einkommenstheorie. Vom Merkantilismus b. z. Gegenwart, 1965, III: Theorie u. Wirtsch.-entwicklung, Vom Merkantilismus b. z. Gegenwart, 1966;
Stalinismus u. Antikommunismus, Zur Soziol. d. Ost-West-Konflikts, 1967;
Univ., Ideol., Ges., Btrr. z. Wiss.soziol., 1968;
Grundelemente d. Wirtsch.ges., Ein Leitfaden f. Lehrende, 1969;
Abschied v. Bürgertum, Vorträge u. Essays, 1970. -
Literatur
W. Bongard, Wer heute Wirtschaft lehrt, 1969.
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Autor/in
Dieter Boris -
Zitierweise
Boris, Dieter, "Hofmann, Werner" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 461-462 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119083388.html#ndbcontent