Vatter, Ernst
- Lebensdaten
- 1888 – 1948
- Geburtsort
- Wiesbaden
- Sterbeort
- Limache (Chile)
- Beruf/Funktion
- Ethnologe
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 129463558 | OGND | VIAF: 88066840
- Namensvarianten
-
- Vatter, Ernst Wilhelm
- Vatter, Ernst
- Vatter, Ernst Wilhelm
- Vatther, Ernst
- Vatther, Ernst Wilhelm
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Vatter, Ernst Wilhelm
|Ethnologe, * 30.7.1888 Wiesbaden, † 22.4.1948 Limache (Chile). (evangelisch)
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Genealogie
V →Ernst Karl, Kaufm.;
M N. N.;
⚭ 1) 1920 ⚮ 1927 →Marie Louise Altheim, Photogr., 2) Hanna Hirsch (jüd.);
2 K aus 1), 3 K aus 2). -
Biographie
V., der in Frankfurt/M. aufwuchs, studierte nach dem Abitur 1907–11 Geographie in Heidelberg und Marburg; 1912 wurde er mit einer Arbeit über Tripolitanien bei →Otto Krümmel (1854–1912) und →Alfred Rühl (1882–1935) zum Dr. phil. promoviert. Bereits hier zeigte sich, daß er v. a. an ethnologischen Fragen interessiert war. 1913 erhielt er eine Anstellung als wissenschaftliche Hilfskraft am Frankfurter Völkermuseum; 1919 wurde er als wissenschaftlicher Assistent fest angestellt und im selben Jahr zum stellvertretenden Leiter des Museums ernannt. Er habilitierte sich 1923 mit einer Schrift über den austral. Totemismus, zu der Zeit ein Hauptthema in der Ethnologie. Damit und mit einem kleinen Band über Rassenkunde beteiligte sich V. an der Diskussion über theoretische Fragen seines Fachs. Mit der Habilitation wurde er zum Privatdozenten für Ethnologie an der Univ. Frankfurt ernannt.
V.s Museumsarbeit regte besonders sein Interesse an der Kunst in außereurop. Gesellschaften an. Sein Buch „Religiöse Plastik der Naturvölker“ (1926) war wegweisend; für die|Kunstethnologie ist es aus historischen Gründen heute noch ein bedeutendes Werk. Es erschien ein Jahr vor →Franz Boas’ „Primitive Art“ und ist einer der ersten Versuche, die Rolle des Künstlers in außereurop. Dorfgesellschaften zu analysieren. V. betonte, daß künstlerisches Schaffen nur aus dem sozialen und religiösen Zusammenhang der Gemeinschaft zu verstehen sei und sich die individuelle Kreativität des Künstlers nur innerhalb des vorgegebenen Rahmens entwickeln könne. Damit gab er der ethnologischen Feldforschung Vorrang.
Gemeinsam mit seiner zweiten Frau bereiste V. von Nov. 1928 bis Juni 1929 die Kleinen Sunda-Inseln von Ostflores bis Alor und veröffentlichte 1932 den ersten ethnographischen Überblick zu dieser Region. Die vor Ort zusammengetragene und außergewöhnlich gut dokumentierte Sammlung von mehr als 1100 Objekten reflektiert das Leben in Ostindonesien im frühen 20. Jh. (heute im Weltkulturen Mus, Frankfurt/M.).
Nach seiner Rückkehr aus Indonesien arbeitete V. als Museumsethnologe, Lehrer und Wissenschaftler; 1934 erschien ein Aufsatz über die geschnitzten Schlangendrachenfiguren von Alor im „Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst“ (Bd. 9, S. 119–48), der damals renommiertesten Zeitschrift für Kunstethnologie. Nach der Ernennung des Kulturhistorikers →Leo Frobenius zum Direktor des Museums 1934, mit dessen akademischen und politischen Ansichten V. seit etlichen Jahren nicht einverstanden war, bat er um Versetzung. Im Febr. 1935 begann er seine Arbeit in der Stadtbibliothek. Seiner jüd. Frau wegen verlor V. im Juni 1937 die Lehrerlaubnis an der Univ. Frankfurt; zwei Monate später wurde er „wegen jüdischer Versippung“ entlassen. Im Sommer 1939 emigrierte er mit seiner Familie nach Chile, wo er an einem Herzinfarkt starb.
V.s besondere Begabung lag im Aufzeichnen ethnographischer Begebenheiten. Doch war er nicht nur ein guter ethnologischer Beobachter, sondern auch ein bedeutender Kunstethnologe, dessen Beiträge noch heute lesenswert sind.
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Werke
W Tripolitanien, Grundzüge zu e. Landeskde., 1912 (Diss.);
Der austral. Totemismus, 1925 (Habil.schr.);
Ein bemaltes Büffelfell u. andere seltene amerik. Ethnographica im Städt. Völkermus. zu Frankfurt/M., in: FS z. Feier d. 25j. Bestehens d. Frankfurter Ges. f. Anthropol., Ethnol. u. Urgesch., 1925, S. 75–112;
Die Rassen u. Völker d. Erde, 1927;
Historienmalerei u. herald. Bilderschr. d. nordamerik. Präriestämme, Btrr. zu e. ethnograph. u. stilist. Analyse, in: IPEK, Jb. f. prähist. u. ethnograph. Kunst 3, 1927, S. 46–81;
Ata Kiwan, Unbek. Bergvölker im trop. Holland, 1932, indones. 1984. -
Literatur
L R. Barnes, The Present through the Past, The E. V. Collection in Frankfurt am Main, in: R. Schefold u. H. F. Vermeulen (Hg.), Treasure Hunting? Collectors and Collections of Indonesian Artefacts, 2003, S. 261–78;
dies., Ostindonesien im 20. Jh., Auf d. Spuren d. Slg. E. V., 2004;
Frankfurter Wissenschaftler zw. 1933 u. 1945, hg. v. J. Kobes u. J. O. Hesse, 2008, bes. S. 93. -
Autor/in
Ruth Barnes -
Zitierweise
Barnes, Ruth, "Vatter, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 723-724 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129463558.html#ndbcontent