Vollmar, Georg von
- Lebensdaten
- 1850 – 1922
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Urfeld/ Walchensee
- Beruf/Funktion
- Politiker ; bayerischer Offizier ; Landesvorsitzender der SPD in Bayern ; Schriftsteller
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118770209 | OGND | VIAF: 74649097
- Namensvarianten
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- Vollmar, Georg Heinrich von
- Vollmar auf Veltheim, Georg Heinrich von
- Vollmar, Georg Karl Josef Heinrich Ritter von
- Surtur (Pseudonym)
- Filodem (Pseudonym)
- Vollmar, Georg von
- Vollmar, Georg Heinrich von
- Vollmar auf Veltheim, Georg Heinrich von
- Vollmar, Georg Karl Josef Heinrich Ritter von
- Surtur (Pseudonym)
- surtur
- Filodem (Pseudonym)
- filodem
- Vollmar
- Vollmar v.
- Vollmar, Georg
- Vollmar, Georg Karl Josef Heinrich von
- Vollmar, Georg Carl Josef Heinrich Ritter von
- vollmar, georg karl josef heinrich ritther von
- Vollmar, Georg Carl Josef Heinrich von
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Vollmar auf Veltheim, Georg Karl Josef Heinrich Ritter von (Pseudonym Surtur, Filodem)
Politiker, * 7.3.1850 München, † 30.6.1922 Urfeld/ Walchensee, ⚰ München, Waldfriedhof. (katholisch)
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Genealogie
V Anton (1824–68), kfl. bayer. Geh. Sekr. im Kultusmin., S d. Karl (1785–1860), aus Sulzbach (Oberpfalz), bayer. Rat, Geh. Sekr. im Handelsmin., u. d. Anna Dietrich (1791–1873), aus Mannheim;
M Caroline (1824–1903), aus Miesbach (Oberbayern), T d. →Georg Loibl, bayer. Rentbeamter, u. d. Rosine Zimmermann;
Ur-Gvv →Peter Joseph (Vollmajer) (1742 / 56?–1847, Reichsadel u. Rr. 1790 mit Prädikat „v. Veltheim“), Wirkl. Rat, Geh. Sekr. d. Frhr. v. Castell in M., Grenzhauptmautner, Oberumgelder, Lechbauinsp. in Friedberg, Gen.auditor, 1781 Mitgl. d. Münchner Loge „St. Theodor vom guten Rat“, 1784 Meister (s. H. Schüttler, Die Mitgll. d. Illuminatenordens 1776–87, 1991);
Ur-Gr-Ov →Josef Heinrich (1754–1847, Reichsadel u. Rr. 1790 mit Prädikat „v. Veltheim“), kfl. bayer. Hofkammerrat, Mautkommissär in Sulzbach, Hofkriegsjustizrat, Gen.auditor;
Ov →Josef (1817–93), bayer. Oberst, Ov →Friedrich (1819–76), Buchhalter b. d. bayer. Staatsschuldentilgungskommission, Tante-v Karoline (1821–99, ⚭ Karl Rr. v. Brodesser, 1794 / 95–1876, bayer. Personaladel, bayer. FZM, Insp. d. Artillerie u. d. Trains, s. ADB 47);
– 1) Dresden 1878 ⚮ 1882 →Louise Nissel (Nißl) (* 1853, kath., ⚭ 1883 Richard Busch, Schriftst.), Schriftst., Schausp. in Lübeck, Kissingen, Würzburg, am Hoftheater in M. u. in San Francisco (Kalifornien) (s. Lex. dt. Frauen d. Feder, hg. v. S. Pataky, 1898; Lex. d. Frau, 1953), 2) München 1885 Julia (1849–1923), aus Göteborg, T d. →Victor Kjellberg (1814–75), Untern. (s. Svenskt biografiskt lexikon), u. d. Augusta Wilhelmina Paulin (1821–84);
1 S (früh †). -
Biographie
V. besuchte seit 1859 das Benediktiner-Gymnasium St. Stephan in Augsburg und trat 1865 in die bayer. Armee ein. Als Leutnant nahm er 1866 am Dt. Krieg teil, quittierte aber 1867 den Militärdienst aus Protest gegen seine Verwendung bei der Infanterie. 1868 meldete er sich als Freiwilliger für die Armee des Papstes, kehrte jedoch Ende desselben Jahres, enttäuscht über die Rückständigkeit des Kirchenstaates, nach Bayern zurück und wurde Beamter der Bayer. Verkehrsanstalten. Während des Dt.-Franz. Krieges wurde V. 1871 verwundet, als Invalide pensioniert und blieb zeitlebens schwer gehbehindert.
Seit 1872 arbeitete V., der sich seit Ende der 1860er Jahre der Sozialdemokratie angenähert hatte, als Korrespondent für die „Süddeutsche Post“ und die „Frankfurter Zeitung“, 1877 übernahm er die Redaktion der sozialdemokratischen „Dresdner Volkszeitung“. 1878 wurde er zu einer zehnmonatigen Haftstrafe wegen Majestätsbeleidigung verurteilt, die er in Zwickau verbüßte. 1879 verlegte V. seinen Wohnsitz nach Zürich, um die Redaktion des in der Schweiz gedruckten und nach Deutschland eingeschmuggelten Zentralorgans „Der Sozialdemokrat“ zu übernehmen. Sein radikaler Standpunkt und damit auch der Tenor des „Sozialdemokrat“ kollidierten mit dem Legalitätskurs der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, was V. Ende 1880 veranlaßte, die Redaktion niederzulegen und nach Paris überzusiedeln, wo er sein in Zürich begonnenes staatswissenschaftliches Universitätsstudium fortsetzte.
1881 für den sächs. Wahlkreis Mittweida erstmals in den Reichstag gewählt, kehrte V. 1882 nach Deutschland zurück. Auf eine Wiederaufstellung in Sachsen, wo er 1883– 89 auch dem Landtag angehörte, verzichtete V., um sich ganz auf die politische Arbeit in Bayern zu konzentrieren. 1884–87 und 1890–1918 vertrat er den Wahlkreis München II im Reichstag. 1886 wurde er im Freiberger Geheimbundprozeß zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Zunehmend wandelte er sich vom Radikalen zum Reformisten: Seine Reden auf zwei Kundgebungen in München im Juni 1891 (Eldorado-Reden), in denen er eine aktive Reformpolitik und eine Zusammenarbeit mit progressiven Kräften außerhalb der SPD forderte, stießen auf massive Kritik von →August Bebel (1840–1913), die in einer Resolution auf dem Parteitag in Erfurt 1891 bestätigt wurde. Die heftigen Differenzen mit der Parteiführung in Berlin – u. a. 1903 im sog. Revisionismusstreit – überstand V. wegen seiner Position als unumstrittener Führer der bayer. Sozialdemokratie. 1893 zog er als einer von fünf SPD-Abgeordneten in den Bayer. Landtag ein und übernahm den Fraktionsvorsitz, 1894 wurde er zum Vorsitzenden des 1892 gegründeten Landesverbandes der SPD in Bayern gewählt. Unter seiner Führung steuerte die Bayern-SPD einen betont gemäßigten Kurs und stimmte 1894 dem Landesetat zu, ein von der Reichspartei heftig kritisierter Tabubruch. Bis 1914 gewann die bayer. SPD durch wechselnde Wahlbündnisse und durch ihre kontinuierliche Forderung nach einem demokratischeren Wahlrecht, das 1907 eingeführt wurde, stetig an Einfluß: Bei den Landtagswahlen 1912 erhielt sie 30 Mandate. V. war es gelungen, die SPD in dem weitgehend agrarisch geprägten Bayern auch in der Landbevölkerung zu verankern. Das maßgeblich von ihm initiierte Agrarprogramm der SPD war allerdings auf dem Parteitag in Breslau 1895 am Widerstand des marxistischen Parteiflügels gescheitert.
1903 erlitt V. infolge eines Eisenbahnunfalls eine dauerhafte Gesundheitsschädigung, die sich stetig verschlechterte. 1911 hielt er seine letzte Rede im Reichstag, 1914 im Bayer. Landtag. Seit Juli 1914 lebte er auf seinem Landsitz Soiensaß und versuchte, über zahlreiche Briefe Einfluß auf die Politik der Reichswie der bayer. SPD zu nehmen. Vehement unterstützte er nach Ausbruch des 1. Weltkriegs die Burgfriedenspolitik der Parteimehrheit. Ende Aug. 1918 legte er sein Reichstags- und Landtagsmandat sowie den Parteivorsitz der bayer. SPD nieder. Die revolutionären Umwälzungen in Bayern 1918 / 19, die ihn befremdeten, nahm V. nur noch als Beobachter wahr.
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Werke
|Der isolirte socialist. Staat, Eine socialökonom. Stud., 1869;
Waldverwüstung u. Überschwemmung, Ein Kap. d. Grund- u. Bodenfrage, 1877;
Der gegenwärtige Stand d. Waldschutzfrage, 1880;
Aufhebung d. Socialistengesetzes, Ein Wort z. Taktik d. dt. Socialdemokratie 1882 (Ps. Surtur);
Über d. nächsten Aufgaben d. dt. Socialdemokratie, 1891;
Über Staatssocialismus, 1892;
Bauernfrage u. Socialdemokratie in Bayern 1893–1896, 1896;
Reden u. Schrr. z. Reformpol., ausgew. u. eingel. v. W. Albrecht, 1977;
zahlr. Vortrr. u. Reden in Broschürenform;
zahlr. Ztg.artikel in d. dt. u. internat. Presse (teils anonym, teils unter Ps.);
– Nachlaß: Internat. Inst. f. Soz.gesch. (IISG), Amsterdam. -
Literatur
|P. Kampffmeyer, G. v. V., 1930 (P);
R. Jansen, G. v. V., Eine pol. Biogr., 1958 (P);
H. Hirschfelder, Die bayer. Soz.demokratie 1864–1914, 1979;
K. H. Pohl, Die Münchener Arb.bewegung, 1992;
A. Saenger, in: DBJ IV, S. 276–29;
Biogr. Lex. Sozialismus;
RThdb (P);
– zur Fam.: Geneal. Tb. d. Adeligen Häuser 19, 1894, S. 478–81. -
Porträts
|Zahlr. Photogrr. in Archiven (BA Koblenz, Archiv d. soz. Demokratie, Bonn, IISG, Amsterdam).
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Autor/in
Bernd Braun -
Zitierweise
Braun, Bernd, "Vollmar, Georg von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 99-100 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770209.html#ndbcontent