Jaeger, Lorenz
- Dates of Life
- 1892 – 1975
- Place of birth
- Halle an der Saale
- Place of death
- Paderborn
- Occupation
- Erzbischof von Paderborn ; Erzbischof ; Katholischer Theologe ; Kardinal
- Religious Denomination
- römisch-katholisch
- Authority Data
- GND: 118711334 | OGND | VIAF: 85168316
- Alternate Names
-
- Jaeger, Friedrich Heinrich Lorenz / seit 1965 Kardinal
- Jaeger, Lorenz
- Jaeger, Friedrich Heinrich Lorenz / seit 1965 Kardinal
- Jäger, Lorenz
- Jaeger, Friedrich Heinrich Lorenz / seit 1965 Cardinal
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Jaeger, Friedrich Heinrich Lorenz (seit 1965 Kardinal)
1892 – 1975
Erzbischof von Paderborn
Lorenz Jaeger war in seinem über 30jährigem Episkopat seit 1941 mit zwei kirchenfeindlichen Regimen, dem Nationalsozialismus und der DDR-Regierung (im Ostteil der Diözese), konfrontiert. Kritisch begleitete er den Aufbau der Bundesrepublik, für die er nur in der „Rechristianisierung“ eine Zukunft sah. Jaeger begrüßte das II. Vatikanische Konzil (1962–1965) grundsätzlich, warnte aber in der Nachkonzilszeit, dass aufgrund zu vieler Reformen große Schwierigkeiten auf die Kirche zukommen würden.
Dates of Life
Geboren am 23. September 1892 in Halle an der Saale Gestorben am 1. April 1975 in Paderborn Grabstätte Bischofsgruft im Dom in Paderborn Konfession römisch-katholisch -
Author
→Georg Pahlke (Warburg)
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Citation
Pahlke, Georg, „Jaeger, Lorenz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118711334.html#dbocontent
Kindheit und Jugend
Jaeger wuchs in einer gemischt-konfessionellen Familie in Halle an der Saale auf und besuchte das evangelische Gymnasium der Franckenschen Stiftungen, das er 1904 nach dem Tod des Vaters aus finanziellen Gründen verließ. Auf Vermittlung der Olper Franziskanerinnen übersiedelte die Familie nach Olpe (Sauerland), wo Jaeger die Rektoratsschule besuchte, ehe er 1909 in das Gymnasium und Konvikt in Wipperfürth (Bergisches Land) wechselte. Nach dem Abitur 1913 studierte er Katholische Theologie in Paderborn, seit dem Sommersemester 1914 an der Universität München. Im Oktober 1914 als Soldat eingezogen und als Offiziersanwärter an der Westfront in Frankreich eingesetzt, geriet Jaeger 1918 in britische Kriegsgefangenschaft.
Nach seiner Rückkehr 1919 setzte er Anfang 1920 sein Theologiestudium in Münster und Paderborn fort, trat Ostern 1921 in das Priesterseminar in Paderborn ein und wurde hier am 1. April 1921 von Bischof Caspar Klein (1865–1941) zum Priester geweiht. Seine erste Seelsorgerstelle erhielt er in Oebisfelde, einer Diasporagemeinde im Ostteil des Bistums Paderborn (Kommissariat Magdeburg).
Geistlicher Studienrat – Militärpfarrer – Bischof
Seit 1926 unterrichtete Jaeger Religion an der Oberrealschule im westfälischen Herne und absolvierte parallel ein Lehramtsstudium an der Universität Münster, das er 1928 mit dem Staatsexamen für die Fächer Katholische Religion, Geschichte und Hebraistik abschloss. 1933 zum Studienrat ernannt und an das Hindenburg-Realgymnasium in Dortmund versetzt, übernahm er 1934 die Leitung der Fachschaft Katholische Religion am dortigen Bezirksseminar und wurde Mitglied der Pädagogischen Prüfungskommission beim Prüfungsamt Münster. Von diesen Aufgaben wurde er 1938 aus politischen Gründen suspendiert. Neben seiner Lehrtätigkeit engagierte er sich als Jugendseelsorger und Gaukaplan im katholischen Schülerbund Neudeutschland.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs meldete sich Jaeger als Feldgeistlicher, wurde im Mai 1940 als Divisionspfarrer einberufen und in Stettin (heute Szczecin, Polen), seit 1941 in Amiens (Département Somme, Frankreich) eingesetzt. Am 29. Mai 1941 wählte ihn das Paderborner Metropolitankapitel überraschend – vermutlich wegen seiner guten Verbindungen zur Wehrmacht, die ihn zu einem für das NS-Regime akzeptablen Kandidaten machten – zum Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Klein; die Bischofsweihe folgte am 19. Oktober 1941.
Jaegers zeitlebens gepflegter soldatischer Habitus ging mit einer Vorliebe für militärische und soldatische Metaphern in Predigten, Hirtenbriefen und Katechesen einher und war gepaart mit Antikommunismus und Antibolschewismus. Seit Mitte der 1960er Jahre wurde Jaeger in kirchenkritischen Kreisen und Presseorganen immer wieder vorgeworfen, eine Affinität zur NS-Ideologie gehabt zu haben. Über seinen Tod hinaus führte das zu Auseinandersetzungen um seine Person.
Eine politische Herausforderung stellte für Jaeger die deutsche Teilung dar, da der Ostteil seiner Diözese im Gebiet der DDR lag. Seit 1953 wurde ihm der Zugang zum Kommissariat Magdeburg von den DDR-Behörden verwehrt, wo ihn sein früherer Generalvikar, der 1952 zum Weihbischof geweihte Friedrich Maria Rintelen (1899–1988), vertrat.
Ökumeniker – Konzilsteilnehmer – Reformskeptiker
Jaeger galt als „Ökumene-Bischof“. Er war Leiter des Ökumene-Referats der Bischofskonferenz (seit 1943) und Initiator (1946) des nach ihm und dem evangelischen Landesbischof Wilhelm Stählin (1883–1975) benannten „Jaeger-Stählin-Kreises“, eines regelmäßigen Treffens evangelischer und katholischer Theologen. 1957 gründete er in Paderborn das Johann-Adam-Möhler-Institut für Konfessions- und Diasporakunde (heute Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik) und war seit 1960 Mitglied des vatikanischen Sekretariats zur Förderung der Einheit der Christen. Auf dem II. Vatikanischen Konzil (1962–1965) war er maßgeblich an der Erarbeitung des Ökumenismus-Dekrets beteiligt. 1965 wurde er von Papst Paul VI. (1897–1978) in das Kardinalskollegium aufgenommen.
Jaegers Ökumenekonzeption blieb auf eine „Rückkehr-Ökumene“ ausgerichtet, die auf eine Wiedervereinigung der christlichen Kirchen im Schoß der katholischen Kirche zielte. Deshalb zeigte sich Jaeger in der pastoralen Praxis seines Bistums, etwa in Bezug auf sog. Mischehen oder Interkommunion, zögerlich bis ablehnend und warnte vor „Interkonfessionalität“ im Zuge nachkonziliarer Reformen.
Jaegers konservative Grundhaltung prägte auch sein Gesellschafts-, Kirchen- und Frauenbild. Gegen alle Säkularisierungstendenzen blieb er überzeugt, dass Deutschland bzw. die Bundesrepublik nur durch eine „Rechristianisierung“ mit einer starken Präsenz der (katholischen) Kirche eine Zukunft habe. Trotzdem favorisierte er die Gründung der CDU als (überkonfessioneller) christlicher Partei gegenüber dem katholischen Zentrum. Solange die katholische Führungsrolle nicht infrage gestellt wurde, war er bereit, mit nichtkirchlichen gesellschaftlichen Organisationen zu kooperieren. Kompromisslos gab er sich in der Bildungspolitik, als es um die Konfessionalität von Volksschulen und Pädagogischen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen ging.
Nachkonziliare Entwicklungen waren mit Jaegers Kirchenbild nicht vereinbar. Liturgische Experimente, Kritik am priesterlichen Zölibat und der katholischen Sexualmoral, die Amtsniederlegungen vieler Priester, häufig wegen Schwierigkeiten mit der zölibatären Lebensform, der Ruf nach demokratischen Strukturen in der Kirche und die „moderne“ Theologie lehnte er ab und bemängelte, dass die „Pillenenzyklika“ Humanae Vitae Papst Pauls VI. nicht auf innerkirchliches Verständnis gestoßen sei. Allerdings blieb er aus Sorge um daraus resultierende Spaltungen in Gemeinden und Priesterschaft trotz aller Vorbehalte für „progressive“ Gruppierungen unter Priestern und Laien gesprächsbereit.
Wie die meisten Bischofskollegen geriet Jaeger nach 2010 im Zusammenhang mit dem Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche postum in die Kritik. Seit 2020 wird eine kirchenhistorische Studie zu seiner Amtszeit erarbeitet. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass Jaegers Sorge im Einklang mit dem damals geltenden Kirchenrecht v. a. den Tätern und dem Ansehen der Kirche galt, während er den Opfern keinerlei Beachtung schenkte.
1916/17 | Eisernes Kreuz II. und I. Klasse |
1918 | Ritterkreuz mit Schwertern des Hausordens der Hohenzollern |
1947 | Dr. theol. h. c., Universität Münster |
1949 | Großprior des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem |
1950 | Großkreuz des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem |
1955 | Ehrenbürger der Stadt Olpe |
1956 | Ehrenbürger der Stadt Paderborn |
1956 | Päpstlicher Thronassistent |
1958 | Ehrendomherr der Kathedrale von Le Mans (Département Sarthe, Frankreich) |
1960 | Mitglied des Vatikanischen Sekretariats zur Förderung der Einheit der Christen |
1962 | Ehrendomherr der Kathedrale von Amiens (Département Somme, Frankreich) |
1962 | Ehrenbürger der Stadt Werl (Westfalen) |
1969 | Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1965 | Mitglied des Kardinalskollegiums |
1967 | Kardinal-Jaeger-Haus der Katholischen Akademie Schwerte |
1969 | Staatsorden Stern von Jordanien |
1995 | Kardinal-Jaeger-Haus der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius, Oschersleben bei Magdeburg |
Lorenz-Jaeger-Haus der katholischen Kirchengemeinde St. Martinus, Olpe (2023 umbenannt) | |
Lorenz-Jaeger- bzw. Kardinal-Jaeger-Straßen, Paderborn, Werl, Arnsberg, Marsberg, Wenden, Delbrück (alle Westfalen) |
Nachlass:
Erzbischöfliches Archiv, Paderborn.
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Westfalen, Münster. (zur Tätigkeit als Geistlicher Studienrat)
Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau. (zur Tätigkeit als Wehrmachtsseelsorger)
Bundesarchiv, Koblenz. (zur Bischofsernennung; SD- u. Gestapoberichte betr. Jaeger)
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Rheinland, Duisburg. (SD- u. Gestapoberichte betr. Jaeger)
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abt. Ostwestfalen-Lippe, Detmold. (SD- u. Gestapoberichte betr. Jaeger)
Bundesarchiv, Potsdam. (zum Kommissariat Magdeburg)
Das ökumenische Konzil, die Kirche und die Christenheit. Erbe und Auftrag, 1960.
Das Konzilsdekret „Über den Ökumenismus“. Sein Werden, sein Inhalt und seine Bedeutung. Lateinischer und deutscher Text mit Kommentar, 1965, 21968.
Einheit und Gemeinschaft. Stellungnahmen zu Fragen der christlichen Einheit, 1972.
Monografien und Sammelbände:
Heribert Gruß, Erzbischof Lorenz Jaeger als Kirchenführer im Dritten Reich. Tatsachen – Dokumente – Entwicklungen – Kontext – Probleme, 1995.
Wolfgang Stüken, Hirten unter Hitler. Die Rolle der Paderborner Erzbischöfe Caspar Klein und Lorenz Jaeger in der NS-Zeit, 1999.
Nicole Priesching/Gisela Fleckenstein (Hg.), Lorenz Jaeger als Theologe, 2019.
Nicole Priesching/Arnold Otto (Hg.), Lorenz Jaeger als Ökumeniker, 2020.
Josef Meyer zu Schlochtern/Johannes W. Vutz (Hg.), Lorenz Jaeger. Ein Erzbischof in der Zeit des Nationalsozialismus, 2020.
Nicole Priesching/Christian Kasprowski (Hg.), Lorenz Jaeger als Kirchenpolitiker, 2021.
Nicole Priesching/Georg Pahlke (Hg.), Lorenz Jaeger als Seelsorger, 2022.
Nicole Priesching/Markus Leniger (Hg.), Lorenz Jaeger als Person, 2024.
Aufsätze und Beiträge:
Albert Brandenburg, Kardinal Jaeger und das Möhler-Institut, in: Paul-Werner Scheele (Hg.), Paderbornensis Ecclesia. Beiträge zur Geschichte des Erzbistums Paderborn (Festschrift für Lorenz Jaeger zum 80. Geburtstag am 23. September 1972), 1972, S. 781–797.
Hans Jürgen Brandt/ Karl Hengst, Die Bischöfe und Erzbischöfe von Paderborn, 1984, S. 341–349.
Harald Wagner, Art. „Lorenz Jaeger“, in: Traugott Bautz (Hg.), Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 2, 1990, Sp. 1435 f.
Heribert Gruß, Erzbischof Lorenz Jaeger im Spiegel sicherheitspolitischer Berichte, in: Ulrich Wagener (Hg.), Das Erzbistum Paderborn in der Zeit des Nationalsozialismus. Beiträge zur regionalen Kirchengeschichte 1933–1945, 1993, S. 13–44.
Heinrich Schoppmeyer, Lorenz Jaeger (1892–1975), in: Friedrich Gerhard Hohmann (Hg.), Westfälische Lebensbilder, Bd. 17, 2005, S. 185–202.
zwei Gemälde (Öl/Leinwand) v. Josef Hunstiger (1889–1960), 1944 u. 1953, Bronzekopf v. Heinrich Gerhard Bücker (1922–2008), 1975/76 u. Büste v. Hubert Hartmann (1915–2006), ca. 1970 (alles Diözesanmuseum Paderborn; Zweitguss der Büste, Katholische Akademie Schwerte (d. Komturei des Ritterordens vom Heiligen Grab)
Gemälde (Öl/Leinwand) v. Bernhard Terhorst (1893–1986), 1959, Paderborn, Kapitelsaal.
Gemälde (Öl/Leinwand) v. Josef Hunstiger (1889–1960), vor 1960, Leokonvikt/Erzbischöfliches Priesterseminar, Paderborn.
Gedenkmünze der Darlehenskasse im Erzbistum Paderborn (heute: Bank für Kirche und Caritas eG), 1976.
Grabplatte (Halbrelief) v. Heinrich Gerhard Bücker (1922–2008), 1976, Bischofsgruft im Paderborner Dom.
Büste v. Hubert Hartmann (1915–2006), 1977, Katholische Landvolkshochschule Hardehausen, Warburg.