Schmalenbach, Eugen
- Lebensdaten
- 1873 – 1955
- Geburtsort
- Schmalenbach/Halver (Westfalen)
- Sterbeort
- Köln
- Beruf/Funktion
- Betriebswirt ; Wirtschaftswissenschaftler
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118608452 | OGND | VIAF: 54941121
- Namensvarianten
-
- Schmalenbach, Johann Wilhelm Eugen
- Schmalenbach, Eugen
- Schmalenbach, Johann Wilhelm Eugen
- Schmalenbach, E.
- Schmalenbach, Eugenio
- Shumârenbahna, E.
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Schmalenbach, Johann Wilhelm Eugen
Betriebswirt, * 20.8.1873 Schmalenbach/Halver (Westfalen), † 20.2.1955 Köln. (evangelisch)
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Genealogie
V →Friedrich (1847–1906), aus S., Eisenwarenfabr. in Darmstadt;
M Emma Halverscheid (* 1851), aus Carthausen (Westfalen);
B →Herman (1885–1950, ⚭ Sala Müntz, 1885–1942, aus Lodz), aus Breckerfed (Westfalen), wurde 1909 b. Rudolf Eucken aufgrund d. Diss. „Das Seiende als Objekt d. Metaphysik, Erster Teil e. Erkenntnistheorie d. Metaphysik“ promoviert, 1923 ao. Prof. d. Philos. in Göttingen, seit 1931 o. Prof. in Basel, Vf. v. „Leibniz“, 1921, Nachdr. 1973, Hg. v. dessen „Ausgew. phil. Schrr.“ (s.W, L);
– ⚭ 1901 Marianne Sachs (1874–1956, jüd.), aus Leipzig;
1 S →Fritz (1909–84, ⚭ Susi Bing, * 1905, jüd., Dr. phil.), Kunsthist., emigrierte 1934 in d. Schweiz, unterrichtete 1934-45 in Basel, 1950-56 Kurator am Kunstmus. in Bern, 1956-74 Dir. d. Mus. f. Kunst- u. Kulturgesch. in Lübeck, Hon.prof. an d. Univ. Kiel (s. BHdE II; Metzler, Kunsthist. Lex.), 1 T Marianne (1902–41, ⚭ 1) Antonius Gf. v. Spee, 1899–1972, 2] Desirée Huberta v. Baehr, * 1916);
N →Werner (* 1920), aus Göttingen, Kunsthist. -
Biographie
Nach vorzeitigem Abgang vom Gymnasium Elberfeld aus Geldnot des Vaters begann S. eine Schlosserlehre, wurde seit 1891 kaufmännisch ausgebildet und arbeitete seit 1894 – mit Unterbrechung durch den einjährigen Militärdienst 1896 – in der väterlichen Unternehmung. Er studierte (ohne Abitur) 1898-1900 an der neu errichteten Handelshochschule Leipzig. 1901 dort Bibliothekar und Assistent bei →Karl Bücher, habilitierte S. sich 1903 gegen dessen Wunsch ohne Promotion an der Handelshochschule Köln mit einer nicht mehr auffindbaren Arbeit „Die buchhaltungstechnische Darstellung der Betriebsgebarung“, aus der später seine Verrechnungspreislehre hervorging. 1905 initiierte er die Gründung des „Verbandes dt. Diplomkaufleute“ (VDDK). Seit 1906 war er in Köln o. Professor der Privatwirtschaftslehre (seit 1913 speziell für Revisions- und Treuhandwesen), 1919-26 Direktor des neugeschaffenen „Betriebswirtschaftlichen Seminars“, 1926-33 des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsprüfung (Dekan 1920/21, 1924/25). 1914 zum Kriegsdienst einberufen, wurde er 1916 von der weiteren Dienstpflicht befreit. Neben seiner Forschungstätigkeit arbeitete S. in der Praxis als Bilanzprüfer und Unternehmer (Schmalenbach GmbH, Halver, gegr. 1912; AR-Vors. d. Treuhand-Ges., Köln, 1911–33) sowie als Gutachter in der Weimarer Republik (u. a. 1919 Mitgl. d. Reichswirtsch.rats, 1924 Sachverständiger d. Dt. Reichsbahnges., 1928 Leiter d. Kommissionen z. Erstellung e. Braunkohle- u. Steinkohlegutachtens). Mehrere Rufe an dt. u. europ. Universitäten lehnte er ab. 1933 kam er durch Antrag auf Emeritierung seiner Zwangsemeritierung zuvor. Wegen der drohenden Deportation seiner jüd. Frau mußte sich das Ehepaar Ende Sept. 1944 bis April 1945 im Haus von S.s früherem Assistenten Ludwig Feist in Bonn verstecken. 1945-47 lehrte S. wieder an der Univ. Köln, bis 1950 leitete er das Seminar für Betriebsorganisation.
S.s Forschungen bestimmten bis nach 1960 stark die wissenschaftliche Diskussion zum Rechnungswesen in Deutschland, namentlich seine „Dynamische Bilanzauffassung“. S. zielte darauf ab, die innerbetriebliche Wirtschaftlichkeit zu verbessern und der Bilanzierung einen „gemeinwirtschaftlichen“ Bezug zu geben. Diese Absicht entstand erst nach dem Ende des 1. Weltkriegs als Nachhall der Angriffe von volkswirtschaftlicher Seite gegen die als Unternehmerwissenschaft betrachtete und als „Profitlehre“ verdächtigte Privatwirtschaftslehre. Der gesellschaftspolitisch neutrale Begriff „Betriebswirtschaftslehre“ wurde 1919 zunächst für S.s Lehrstuhl in Köln eingeführt. Vorschläge zu gemeinwirtschaftlichen Handlungsempfehlungen sprach S. erstmals aus in den Erstauflagen seiner „Grundlagen dynamischer Bilanzlehre“ (1919, weitere Aufll. u. d. T.: Dynamische Bilanz, 131962) und seiner „Selbstkostenrechnung“ (²1925 u. d. T.: Grundlagen d. Selbstkostenrechnung u. Preispol., ⁸1963 u. d. T.: Kostenrechnung u. Preispol.), beide 1919 zunächst als Aufsatz erschienen in der von ihm 1906 begründeten „Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung“ (ZfhF, seit 1963 Schmalenbachs Zs. f. betriebswirtschaftl. Forsch., ZfbF). Die auf Kontrolle der innerbetrieblichen Wirtschaftlichkeit gerichteten Arbeiten S.s gewannen zwischen 1923 und 1930 einen bestimmenden Platz in der fachwissenschaftlichen Erörterung und im Bewußtsein der Praxis. Für die Bilanz wurde jedoch die Vorherrschaft des Ziels „Kontrolle der Betriebsgebarung“ eingeschränkt durch Ernst Walb (ZfhF 1926), Max Lion (Zs. f. Betriebswirtsch. 1928) und →Wilhelm Rieger (Einf. in d. Betriebswirtsch.lehre, 1928). Dennoch beeinflußte S. die Bilanzsteuerrechtsprechung bis nach 1960. Mit seinen Empfehlungen zur Preispolitik betrat S. wissenschaftliches Neuland für die Betriebswirtschaftslehre, da die Praxis der Kostenrechnung vor und um|1900 die Preiskalkulation als Zweck nicht kannte. Eine vielbeachtete Leistung gelang S. zum Problem Geldentwertung und Bilanzierung („Goldmarkbilanz“, 1922) sowie, für die damalige Praxis besonders wichtig, „Der Kontenrahmen“ (1929, ⁶1939, russ. 1928; Japan. 1953). Hauptsächlich akademisch erörtert wurde „Die Betriebswirtschaftslehre an der Schwelle der neuen Wirtschaftsverfassung“ (in: ZfhF 1928) sowie ein Abgesang auf die Marktwirtschaft „Der Freien Wirtschaft zum Gedächtnis“ (1949). S. erwarb über seinen akademischen Schülerkreis (Ernst Walb, Theodor Beste, Karl Hax, Hans Münstermann) und im skandinav. Bereich (durch →Walter Mahlberg u. Albert ter Vehn) sowie über zahlreiche in der Praxis v. a. als Wirtschaftsprüfer tätige Schüler den Ruf als bedeutendste Persönlichkeit der ersten Generation der akademischen Betriebswirtschaftslehre.
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Auszeichnungen
Dr. rer. pol. h. c. (Köln 1919, Freiburg 1923);
Ehrenbürger (1923) u. Ehrensenator (1930) d. Handelshochschule Leipzig;
Ehrenmitgl. d. VDDK (1924);
Dr. oec. h. c. (Handelshochschule Nürnberg 1932);
„Schmalenbach-Vereinigung“ (1932, seit 1951 „Schmalenbach-Ges. z. Förderung d. betriebswirtschaftl. Forsch. u. Praxis e.V.“, seit 1998 „Schmalenbach-Ges. f. Betriebswirtsch. e.V.“);
Ehrenmitgl. (1932) u. Ehrenpräs. (1946) d. Schmalenbach-Vereinigung;
Dr.-Ing. E. h. (TH Karlsruhe, TH Berlin-Charlottenburg 1948);
Dr. oec. sci. h. c. (Kobe, Japan, 1953);
Ehrensenator d. Univ. Köln (1953);
Ehrenmitgl. d. Verbandes d. Hochschullehrer f. Betriebswirtsch. (1949, Ehrenvors. 1953);
Gr. BVK (1953);
Schmalenbach-Preis (seit 1988). -
Werke
Weitere W Buchführung u. Kalkulation im Fabrikgeschäft, in: Dt. Metall-Ind -Ztg. 15, 1899, S. 98 f., 106-72 (Neudr. 1928);
Finanzierungen T. 1: Die Beteiligungsfinanzierung, 1915, ⁷1949, ⁹1966, T. 2: Die Aktienges., 1915, ⁷1950;
Gutachten über Ersparnismöglichkeiten in d. Produktion u. im Absatz ostelb. u. mitteldt. Braunkohlenbriketts, Dem Reichswirtsch.min. erstattet (mit A. Brecht u. F. Baade), 1928;
Gutachten über d. gegenwärtige Lage d. Rhein.-Westfäl. Steinkohlebergbaus, Dem Reichswirtsch.min. erstattet (mit F. Baade u. a.), 1928;
Die Aufstellung v. Finanzplänen, 1931, ³1939;
Pretiale Wirtsch.lenkung, I: Die optimale Geltungszahl, 1947, II: Pretiale Lenkung d. Betriebes 1949;
– zu Herman:
On society and experience, hg. u. übers. v. G. Lüschen u. G. P. Stone, 1977 (W-Verz.). -
Literatur
Schmalenbach-Vereinigung (Hg.), E. S., Ernste u. heitere Geburtstagsgespräche z. 20. August 1948, 1948;
D. A. R. Forrester, S. and after, 1977;
M. Kruk, E. Potthof u. G. Sieben, E. S., 1984;
E. Potthoff u. G. Sieben, in: Betriebswirte in Köln, hg. v. F.-W. Henning, 1988, S. 3-31 (W. P);
M. Schweitzer, in: BHdwE (W, L);
D. Schneider, Betriebswirtsch.lehre, IV: Gesch. d. Wirtsch.wiss., 2001, S. 195-240, 916-1017;
Rhdb. (P);
Munzinger;
– zu Herman:
Schweizer Lex. -
Autor/in
Dieter Schneider -
Zitierweise
Schneider, Dieter, "Schmalenbach, Eugen" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 118-119 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118608452.html#ndbcontent