Mischnick, Wolfgang
- Lebensdaten
- 1921–2002
- Geburtsort
- Dresden-Neustadt
- Sterbeort
- Bad Soden (Hessen)
- Beruf/Funktion
- Geschäftsführer ; Parlamentarier ; Bundesminister ; Journalist ; Politiker ; Versicherungsmakler
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118582739 | OGND | VIAF: 110636202
- Namensvarianten
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- Mischnick, Wolfgang
- Mischnick, Wolfgang Friedrich Adolf
- Mischnick, Wolfgang Friedrich Adolph
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- Erich Mende (1916–1998)
- Hans-Dietrich Genscher (1927–2016)
- Helmut Kohl (1930–2017)
- Helmut Schmidt (1918–2015)
- Herbert Wehner (1906–1990)
- Hermann Otto Solms (geb. 1940)
- Konrad Adenauers (1876–1967)
- Manfred Gerlach (1928–2011)
- Otto Graf Lambsdorff (1926–2009)
- Walter Scheel (1919–2016)
- Willy Brandt (1913–1992)
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Mischnick, Wolfgang
1921 – 2002
Geschäftsführer, Parlamentarier, Bundesminister
Wolfgang Mischnick gehörte zu jenen aus der SBZ bzw. DDR vertriebenen Liberalen, die den Kurs der FDP zwischen 1968 und 1990 stark prägten. Zunächst Jugend-, dann Sozialpolitiker, wurde er Minister im letzten Kabinett Konrad Adenauers (1876–1967). Nach seinem Amtsverzicht aus Parteiräson 1963 fand Mischnick seit 1968 in der Führung der FDP-Bundestagsfraktion seine politische Lebensaufgabe.
Lebensdaten
Geboren am 29. September 1921 in Dresden-Neustadt Gestorben am 6. Oktober 2002 in Bad Soden (Hessen) Grabstätte Friedhof Frankfurter Str. in Kronberg im Taunus Konfession evangelisch-lutherisch -
Autor/in
→Jürgen Frölich (Bonn)
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Zitierweise
Frölich, Jürgen, „Mischnick, Wolfgang“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118582739.html#dbocontent
Mischnick stammte aus einem eher konservativen kleinbürgerlichen Milieu in Dresden-Neustadt. Sein Wunsch, ein Ingenieur-Studium zu beginnen, blieb unerfüllt wegen seiner Einberufung zum Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg, den er – mehrfach verwundet – fast von Beginn bis zum Ende mitmachte. Im Sommer 1945 trat er in Dresden der Liberal-demokratischen Partei (LDPD) bei, machte als Jugendpolitiker rasch Karriere, geriet aber in Konflikt mit der SED und der Besatzungsmacht. Vor politischen Repressalien floh er im April 1948 in den Westen, nahm am FDP-Gründungsparteitag 1948 teil, wurde über die Stationen hessischer Landesvorstand und Landtag 1957 Bundestagsabgeordneter und bei der Neuauflage der CDU-FDP-Koalition 1961 Bundesminister im letzten Kabinett Konrad Adenauers (1876–1967), wo er das Ministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte leitete. Den Ministerposten gab er bereits 1963 beim Kanzlerwechsel zugunsten des FDP-Vorsitzenden Erich Mende (1916–1998) auf und konnte so nur wenig eigene Akzente setzen; die von ihm mitgetragene und in der Regierungserklärung angekündigte Gleichstellung der SBZ-/DDR-Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten kam erst 1965 zustande.
Für den Amtsverzicht wurde Mischnick mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitz entschädigt. Seit 1968 bildete der nunmehrige Fraktionsvorsitzende Mischnick mit Walter Scheel (1919–2016) und Hans-Dietrich Genscher (1927–2016) die neue Führungstrias der FDP, die den Kurs der Partei neu ausrichtete. Als ausgewiesener Sozialpolitiker, der 1963 einen Reformvorschlag zur Liberalisierung und Ausweitung des Rentensystems mit einer Dreigliederung aus Grundrente, zeitlich befristeter Pflichtversicherung und freiwilliger Vorsorge vorgelegt hatte, und als Befürworter eines konstruktiven Dialogs mit den Staaten des Warschauer Paktes fand er ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie sinnvoll. Als dieses – in der FDP nicht unumstritten – nach der Wahl 1969 in Form des Kabinetts von Willy Brandt (1913–1992) zustande kam, suchte Mischnick die Mehrheit dafür in der FDP-Fraktion zu wahren, die aufgrund von Austritten bei beiden Koalitionsfraktionen gefährdet war. In den drei Wahlen seit 1972 erreichte die sozial-liberale Koalition jeweils eine parlamentarische Mehrheit, die durch die gute Zusammenarbeit Mischnicks mit dem ebenfalls aus Dresden stammenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner (1906–1990) fast reibungslos funktionierte.
Mischnick stellte eigene Ambitionen hinter die Loyalität zu den FDP-Vorsitzenden Scheel und dann Genscher zurück, auch in der Koalitionskrise von 1981/82. Eigentlich kein Anhänger eines Koalitionswechsels, sicherte er die v. a. von Otto Graf Lambsdorff (1926–2009) und Genscher betriebene Neuausrichtung in der Fraktion ab, u. a. mit einer vielbeachteten Bundestags-Rede aus Anlass des Konstruktiven Misstrauensvotums am 1.10.1982, als mit mehrheitlicher Unterstützung der FDP-Fraktion Helmut Kohl (1930–2017) zum Nachfolger des Kanzlers Helmut Schmidt (1918–2015) gewählt wurde.
Während der CDU-FDP-Koalition behielt Mischnick seine Funktion bei und wollte sich zu Ende der 1980er Jahre aus der Politik zurückziehen, nachdem er 1987 den Vorsitz der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung übernommen hatte. Mit der Wiedervereinigung wurde Mischnick jedoch erneut und verstärkt in der Deutschlandpolitik, seit den 1960er Jahren einer seiner politischen Schwerpunkte, tätig. Er war mit Dresden eng verbunden geblieben, versuchte v. a. die Verbindungen zur LDPD aufrecht zu erhalten und zu intensivieren, was mithilfe seiner innerparteilich nicht unumstrittenen Kontakte zum LDPD-Vorsitzenden Manfred Gerlach (1928–2011) gelang; so war Mischnick 1987 Ehrengast beim LDPD-Parteitag. Als sich die Liberaldemokraten Ende 1989 aus dem SED-Herrschaftssystem lösten, war Mischnick der Moderator, der eine gemeinsame Liste der verschiedenen liberalen Gruppen zur Volkskammerwahl im März 1990 und dann die Vereinigung von West- und Ost-Liberalen anbahnte, die noch vor der staatlichen Vereinigung im August 1990 vollzogen wurde. Bei der anschließenden ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl war er, der häufig die Liste der hessischen FDP angeführt hatte, Spitzenkandidat der sächsischen FDP und erzielte in Dresden mehr Erst- als Zweitstimmen. Ein letztes Mal zog Mischnick in den Bundestag ein, gab aber den Fraktionsvorsitz an Hermann Otto Solms (geb. 1940) ab. 1994 schied er als Parlamentarier endgültig aus und verzichtete ein Jahr später auch auf den Vorsitz der Friedrich-Naumann-Stiftung. Diese hatte in seiner Amtszeit v. a. die Chance zur Expansion ihrer Auslandsarbeit in Osteuropa genutzt, aber auch im Inland durch die Errichtung neuer Bildungsstätten stark expandiert.
Mischnick erreichte auch Popularität als demonstrativer Fußballfan von Eintracht Frankfurt, wo er von 1975 bis 1990 im Verwaltungsrat saß. Die Sportförderung gehörte zu seinen parlamentarischen Schwerpunkten. Er engagierte sich auch – als Betroffener – für den Asthmatiker-Bund und nach der Wende für die Karl-May-Gesellschaft.
1968 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1973 | Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1974 | Großes Goldenes Ehrenzeichen der Republik Österreich |
1975 | Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen |
1990 | Hessischer Verdienstorden |
2001 | Reinhold-Maier-Medaille der Reinhold-Maier-Stiftung und der FDP Baden-Württemberg |
2002 | Sächsischer Verdienstorden |
Nachlass:
Archiv des Liberalismus, Gummersbach, A 24 f, A 38–41, A 47.
Bundesarchiv, Koblenz, B 150. (Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte)
Gedruckte Quellen:
Gedanken zur Neugestaltung der Altersvorsorge von Wolfgang Mischnick „Mischnick-Plan“ (Vorgetragen auf dem FDP-Bundesparteitag in München vom 1.-3. Juli 1963). (Onlineressource)
Udo Wengst (Bearb.), FDP-Bundesvorstand. Die Liberalen unter dem Vorsitz von Thomas Dehler und Reinhold Maier. Sitzungsprotokolle 1954–1960, 1991.
Reinhard Schiffers (Bearb.), FDP-Bundesvorstand. Die Liberalen unter dem Vorsitz von Erich Mende. Sitzungsprotokolle 1960–1967, 1993.
Volker Stalmann (Bearb.), Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Protokolle 1949–1969, 2 Bde., 2016.
Gesellschafts- und Sozialpolitik. Selbstbestimmung, Mitbestimmung, Solidarität, in: Hans-Dietrich Genscher (Hg.), Liberale in der Verantwortung, 1976, S. 29–43.
Bundestagsreden und Zeitdokumente, 61981.
Wolfgang Mischnick (Hg.), Verantwortung für die Freiheit. 40 Jahre F.D.P., 1989.
Von Dresden nach Bonn. Erlebnisse – jetzt aufgeschrieben, 1991. (P)
Erinnerungen an Wilhelm Külz, 1995.
Die deutschlandpolitischen Aktivitäten der FDP 1945–1970. Autobiographische Reflexionen, in: Reinhard Hübsch/Jürgen Frölich (Hg.), Deutsch-deutscher Liberalismus im Kalten Krieg. Zur Deutschlandpolitik der Liberalen 1945–1970, 1997, S. 88–103.
Ludwig Luckemeyer, Wolfgang Mischnick und die FDP Hessen, 1971.
Horst Dahlmeyer, Typisch Mischnick. Ein schlagkräftiger Liberaler, 41986. (P)
Johannes Volmert, Politikerrede als kommunikatives Handlungsspiel. Ein integriertes Modell zur semantisch-pragmatischen Beschreibung öffentlicher Rede, 1989.
Wolfgang Staudte, Liberale in Hessen seit 1945, 1996.
Jürgen Frölich, (K)Ein besonderer liberaler Weg zur Annäherung zwischen beiden deutschen Staaten? Die Kontakte zwischen FDP und LDPD in den 1970er und 1980er Jahren, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 20 (2008), S. 199–212.
Sven Prietzel, Leidenschaftlich pragmatisch für Deutschland. Wolfgang Mischnick und der Liberalismus während der deutschen Teilung, 2015.
Lexikonartikel:
Art. "Mischnick, Wolfgang", in: Jochen Lengemann, Das Hessen-Parlament. Biographisches Handbuch des Beratenden Landesausschusses, der Verfassungsberatenden Landesversammlung Großhessens und des Hessischen Landtages 1.–11. Wahlperiode, 1986, S. 335 f.
Hermann Groß, Art. „Mischnick, Wolfgang“, in: Udo Kempf/Hans-Georg Merz (Hg.), Kanzler und Minister 1949 – 1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen, 2001, S. 485–489.
Jürgen Frölich, Art. „Wolfgang Mischnick“, in: Rudolf Vierhaus/Ludolf Herbst (Hg.), Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002, Bd. 1, 2002, S. 568 f. (L)
Fotografien, 1961–1992, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.