Reinecke, Paul
- Lebensdaten
- 1872 – 1958
- Geburtsort
- Berlin
- Sterbeort
- Herrsching/Ammersee
- Beruf/Funktion
- Prähistoriker ; Prähistoriker ; Archäologe
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118788221 | OGND | VIAF: 8183755
- Namensvarianten
-
- Reinecke, Paul
- Reinecke, Paul Heinrich Adalbert
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Reinecke, Paul Heinrich Adalbert
Prähistoriker,* 25.9.1872 Berlin, † 12.5.1958 Herrsching/Ammersee. (evangelisch)
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Genealogie
V →Karl Wilhelm (1833–84), aus B., Kaufm.;
M Lydia Therese Adelheid Lucht (1843–1914);
⚭ 1) 1899 (⚮ 1911) →Lydia Horn (* 1879), aus Triest, Malerin, 2) München 1916 Frieda, T d. Tuchmachers Lischka aus Karlswald (Sudetenland);
1 S aus 1). -
Biographie
Nach der Reifeprüfung am Friedrich-Werderschen Gymnasium 1892 studierte R., da die Prähistorie in Deutschland seinerzeit noch kein Studienfach war, zunächst „Medizin und allgemeine Naturwissenschaften“. Rudolf Virchow (1821–1903) hatte dabei in Berlin auch „Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte“ integriert. Den einzigen Lehrstuhl für diese Fachrichtung hatte damals Johannes Ranke (1836–1916) in München inne. Hier setzte R. 1895 seine Studien fort und forschte dabei in der 1885 von diesem gegründeten „Prähistorischen Staatssammlung“. Rankes naturwissenschaftlicher Methodik wollte R. sich jedoch nicht anschließen, vielmehr faszinierte ihn der Archäologe →Adolf Furtwängler (1853–1907), der in der historischen Einordnung und Deutung der Funde und Monumente des griech.-röm. Altertums führend war. Unter dessen Einfluß publizierte er noch als Student viel beachtete Aufsätze u. a. zu skythischen Altertümern. Nach der Promotion 1897 aufgrund einer von Ranke verlangten Dissertation über die „Rassenskelette“ aus Afrika in der Anthropologischen Staatssammlung unternahm R. Studienreisen nach Ungarn und den südl. Gebieten der Donaumonarchie und ging noch im selben Jahr, von Furtwängler empfohlen, als Direktorialassistent an das Röm.-German. Zentralmuseum in Mainz. Hier leitete er in den elf Jahren seines Wirkens eine neue Epoche der dt. Vor- und Frühgeschichtsforschung ein. Mehr als 100 Aufsätze zu allen Perioden der Vorzeit vom Neolithikum bis ins Frühmittelalter stellten ihn bald in die erste Reihe der europ. Prähistoriker. Er schuf u. a. ein bis heute tragfähiges chronologisches System für die vorgeschichtlichen Metallzeiten der „Zone nordwärts der Alpen“, das im 5. Band des Sammelwerkes „Altertümer unserer heidnischen Vorzeit“ an Hand von 17 Tafeln erläutert wird. Grundlegend für die Archäologie der Kelten in Mitteleuropa wurde seine Abhandlung „Zur Kenntnis der La Tène-Denkmäler der Zone nordwärts der Alpen“ (1902) in der Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Museums. Auf zahlreichen Forschungsreisen gewann er einen umfassenden Überblick über die europ. Vorgeschichte und komplettierte seine Materialsammlung. Die nationalistische Forschungsrichtung Gustav Kossinas (1858–1931) lehnte er kategorisch ab.
Seit 1903 beteiligte R. sich maßgeblich an der „Inventarisierung der urgeschichtlichen Denkmale des Kgr. Bayern“. Als 1908 ein selbständiges „Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns“ (heute Landesamt f. Denkmalpflege) eingerichet wurde, übernahm R. als Konservator (später Hauptkonservator, Prof.) in München das Referat für Vorgeschichte der vier südbayer. Regierungsbezirke (Pensionierung 1937). Die Wahl zum Direktor des Mainzer Zentralmuseums 1927 nahm er nicht an. Viele Bodendenkmäler wie die kelt. Oppida und Viereckschanzen sowie die Befestigungen aus der Zeit der Ungarneinfälle ordnete R. erstmals historisch zutreffend ein. Seine Studien zur Topographie und Geschichte der Römerorte und -kastelle und zum Römerstraßennetz bestimmen bis heute unser Bild von der röm. Provinz Raetien. Wichtige Denkmälergruppen, wie z. B. im Neolithikum die Münchshöfener und die Altheimer Kultur,|deutete R. als erster richtig und stellte sie in größeren Zusammenhang. Bei allen Arbeiten zur Landesforschung behielt er immer die gesamteurop. Prähistorie im Blick. Nationalsozialistischen Auffassungen stand R. ablehnend gegenüber und wahrte so das Ansehen seines Fachs auch im Ausland.|
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Auszeichnungen
Ehrenmitgl. zahlr. gel. Ges.;
Goethe-Medaille f. Kunst u. Wiss. (1942);
Gr. BVK (1953). -
Werke
etwa 350 Aufss. u. Mitt., etwa 80 Rezensionen; vollst. W-Werz. v. F. Wagner in: P. R., Mainzer Aufss. z. Chronol d. Bronze- u. Eisenzeit, 1965, S. 145-56 (P);|
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Quellen
Qu Personalakten im Bayer. HStA, München; Briefe an A. Furtwängler u. J. Déchelette im Archiv d. Dt. Archäol. Inst., Berlin, u. im Musée Joseph-Déchelette, Roanne (Frankreich); |
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Nachlass
Nachlaß: Röm.-German. Zentralmus., Mainz.
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Literatur
F. Wagner, in: Nachrr.bl. f. dt. Vorzeit 18, 1942, S. 127-29 (P);
ders., in: Bayer. Vorgesch.bll. 25, 1958, S. V-VIII (P);
W. Krämer, in: Archäol. in Dtld., H. 4, 1985 (P). -
Porträts
Ölgem. v. R. Lischka, um 1932, Abb. in: W. Krämer (s. L);
Bronzebüste v. dems., um 1932, Abb. in: F. Wagner (s. L) u. in: P. R., Mainzer Aufss. (s. W) Foto, um 1947, Abb. in: Reinecke-FS, hg. v. G. Behrens u. J. Werner, 1950, u. in: Bayer. Vorgesch.bll. (s. L). -
Autor/in
Werner Krämer -
Zitierweise
Krämer, Werner, "Reinecke, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 348-349 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118788221.html#ndbcontent