Wronsky, Siddy
- Dates of Life
- 1883 – 1947
- Place of birth
- Berlin
- Place of death
- Jerusalem
- Occupation
- Sozialarbeiterin ; Sozialreformerin ; Lehrerin
- Religious Denomination
- jüdisch
- Authority Data
- GND: 129110736 | OGND | VIAF: 202548403
- Alternate Names
-
- Neufeld, Sara Sidonie
- Wronsky, Siddy
- Neufeld, Sara Sidonie
- Wronski, Sidi
- Wronsky, S.
Linked Services
Relations
Genealogical Section (NDB)
Life description (NDB)
- Albert Levy (1862–1922)
- Alice Salomon (1872–1948)
- Arthur Kronfeld (1886–1941)
- Fritz Fraenkel (1892–1944)
- Georg Herlitz (1885–1968)
- Gertrud Bäumer (1873–1954)
- Helene Weber (1881–1962)
- Hilde Lion (1893–1970)
- Hildegard Hetzer (1899–1991)
- Hildegard von Gierke (1880–1966)
- Manés Sperber (1905–1984)
- Marie Baum (1874–1964)
- Oskar Karstedt (1884–1945)
- Theodor Ziehen (1862–1950)
- Walter Fürstenheim (1879–1967)
Places
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Wronsky, Siddy (geborene Sara Sidonie Neufeld)
1883 – 1947
Sozialarbeiterin, Sozialreformerin, Lehrerin
Siddy Wronsky war eine Vertreterin der bürgerlich-gemäßigten, jüdischen Frauenbewegung. Als Sozialarbeiterin und Lehrerin trug sie maßgeblich zur Reform der Wohlfahrtspflege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bei und beteiligte sich führend an der Professionalisierung der Sozialen Arbeit als Frauenberuf.
Dates of Life
Geboren am 20. Juli 1883 in Berlin Gestorben am 8. Dezember 1947 in Jerusalem Grabstätte Ölberg in Jerusalem Konfession jüdisch -
Author
→Kerstin Wolff (Kassel) / Mette Bartels (Kassel) unter Mitarbeit von Tamara Block (Kassel)
-
Citation
Wolff, Kerstin / Bartels, Mette, „Wronsky, Siddy“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/129110736.html#dbocontent
Wronsky wuchs in einem assimilierten, jüdischen Elternhaus in Berlin auf. Nach ihrem Lehrerinnenexamen 1903 absolvierte sie an der Medico-pädagogischen Poliklinik für Kinderforschung, Erziehungsberatung und ärztlicher Behandlung bei Walter Fürstenheim (1879–1967) sowie an der Klinik für Psychische und Nervenkrankheiten der Charité bei Theodor Ziehen (1862–1950) ein zweijähriges Studium der Heil- und Sonderpädagogik. Anschließend arbeitete sie als Lehrerin für geistig behinderte Kinder. Seit 1908 war Wronsky zudem Geschäftsführerin im Archiv für Wohlfahrtspflege – einer Abteilung der Berliner Zentrale für private Fürsorge, deren Leitung sie 1922 als Nachfolgerin von Albert Levy (1862–1922) übernahm. Hierfür qualifizierten sie u. a. ihre Tätigkeiten als Dozentin an der von Alice Salomon (1872–1948) gegründeten Sozialen Frauenschule (seit 1915) und an der Jugendpflegeschule der Sozialen Arbeitsgemeinschaft (seit 1919). Unter Wronsky avancierte das Archiv für Wohlfahrtspflege zu einer Dokumentations- und Auskunftsstelle mit reichsweiter Resonanz.
Wronskys Arbeit war durch die Verbindung zur bürgerlich-liberalen Frauenbewegung geprägt. 1925 gründete sie mit Salomon, Gertrud Bäumer (1873–1954), Marie Baum (1874–1964), Hildegard von Gierke (1880–1966), Hilde Lion (1893–1970) und Helene Weber (1881–1962) die Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit, die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Frauen im Bereich der Sozialen Arbeit anbot und in der sie sich als Dozentin und Vorstandsmitglied engagierte. In dieser Zeit wandte sich Wronsky vermehrt sozialpädagogischen Methodenfragen zu und adaptierte den in den USA entwickelten Social-Case-Work-Ansatz, der auch als „soziale Fallarbeit“ bezeichnet wird. Diese Medizin, Psychologie und Sozialarbeit vereinende Methode brachte Wronsky in Kontakt mit Ärzten, Psychotherapeuten und Psychiatern, darunter Fritz Fraenkel (1892–1944), Arthur Kronfeld (1886–1941), Manés Sperber (1905–1984) und die Entwicklungspsychologin Hildegard Hetzer (1899–1991). Die Individualpsychologie als Anwendungskonzept fand durch Wronsky Eingang in die Soziale Arbeit; 1929 gründete sie in Berlin die Sozialpsychologische Gesellschaft, deren Vorsitzende sie bis 1933 war.
In ihrer seit 1910 andauernden publizistischen Arbeit, in der Fallanalysen einen großen Stellenwert einnahmen, veröffentlichte Wronsky über 60 Artikel für Zeitschriften aus dem Bereich der Sozialen Arbeit sowie mehrere Lehr- und Fachbücher, in denen sie u. a. Schuldzuweisungen an für ihr Elend selbstverantwortliche Hilfebedürftige widersprach und Unterscheidungen in würdige und unwürdige Arme ablehnte. Zudem vertrat Wronsky die These, dass der bestmögliche Therapieerfolg erreicht werden könne, wenn sich der Klient durch Erziehung und Therapie den Umweltbedingungen anpasse, während die Änderung der Umwelteinflüsse nicht angedacht war. Ihr 1921 mit Salomon herausgegebener „Leitfaden der Wohlfahrtspflege“ etablierte sich rasch als Standardwerk und erfuhr mehrere Neuauflagen. Auch das 1925 von Wronsky herausgegebene „Quellenbuch zur Geschichte der Wohlfahrtspflege“ wurde v. a. an Berufsschulen und Universitäten stark rezipiert. Zwischen 1925 und 1933 war sie – bis 1928 mit dem Ministerialbeamten im Reichsarbeitsministerium, Oskar Karstedt (1884–1945) – Herausgeberin der „Deutschen Zeitschrift für Wohlfahrtspflege“.
In weiteren Schriften setzte sich Wronsky mit der Rolle jüdischer Frauen auseinander und engagierte sich in jüdischen Organisationen und Institutionen: Von 1916 bis 1919 war sie Vorsitzende des Jüdischen Frauenbunds, von 1920 bis 1923 leitete sie den deutschen Landesverband der Womenʼs International Zionist Organization, seit 1921 gehörte sie dem Verwaltungsrat der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden an, 1928 wurde sie Mitglied des geschäftsführenden Vorstands. Im Preußischen Landesverband jüdischer Gemeinden, dem sie seit 1925 angehörte, übernahm Wronsky 1927 den Vorsitz des Sozial- und Wohlfahrtsausschusses. Darüber hinaus wirkte sie von 1927 bis 1930 als Autorin und Mitarbeiterin an dem von Georg Herlitz (1885–1968) herausgegebenen „Jüdischen Lexikon“ mit.
Nach dem Verlust sämtlicher Ämter und Funktionen infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme emigrierte Wronsky Ende 1933 nach Palästina und schuf hier mit anderen Emigrantinnen, die in der deutschen Wohlfahrtspflege tätig gewesen waren, ein System der Sozialen Arbeit. Trotz Sprachproblemen und bürokratischer Hürden wurden soziale Einrichtungen erfolgreich gegründet, Ausbildungslehrgänge konzipiert, eine thematische Bibliothek eröffnet sowie der Verband palästinensischer Fürsorgerinnen ins Leben gerufen. 1968 wurde Wronsky durch den Staat Israel als Gründerin der Sozialarbeit des Landes geehrt.
2019 | Stolperstein, Barstraße 23, Berlin-Wilmersdorf (weiterführende Informationen) |
Nachlass:
The Central Zionist Archives, Jerusalem, CZA A 149. (weiterführende Informationen)
Gedruckte Quellen:
Siddy Wronsky, Tagebuchblätter, in: Blätter des Jüdischen Frauenbundes 9 (1933), H. 12, S. 10 f., 10 (1934), H. 1, S. 5–7, H. 4, S. 5 f. u. H. 7, S. 6.
Siddy Wronsky/Dorothea Bernhard, Hinterbliebenenfürsorge. Mitteilungen aus der Arbeit der Zentrale für private Fürsorge e.V. in Berlin, 1915.
Siddy Wronsky/Edmund Friedeberg, Kriegsfürsorge in Groß-Berlin. Gesetze, Bekanntmachungen, Wohlfahrtseinrichtungen. Ein Führer, 1915.
Siddy Wronsky/Alice Salomon (Hg.), Leitfaden der Wohlfahrtspflege, 1921, 31928.
Die Vereinheitlichung der Wohlfahrtspflege im deutschen Reich. Erläutert an einer Reihe von Beispielen aus der praktischen Arbeit, 1922.
Quellenbuch zur Geschichte der Wohlfahrtspflege zum Gebrauch an Berufsschulen, Seminaren und Universitäten, 1925. (Hg.)
Siddy Wronsky/Margarete Miller, Die Wohlfahrtspflege im deutschen Reiche. Ein Verzeichnis von Reichs-, Landes- und lokalen Zentralstellen der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, hg. v. Archiv für Wohlfahrtspflege, 1925.
Siddy Wronsky/Alice Salomon, Soziale Therapie. Ausgewählte Akten der Fürsorge-Arbeit, 1926.
Methods of Social Case Work in Germany, 1928, dt. u. d. T. Methoden der Fürsorge, 1930.
Sozialtherapie und Psychotherapie in den Methoden der Fürsorge, 1932.
Gertrud Heitz, Siddy Wronsky. Pionierin sozialer Arbeit, in: Bulletin des Leo-Baeck-Instituts 80 (1988), S. 19–36.
Joachim Wieler, Siddy Wronsky, in: Jutta Dick/Marina Sassenberg (Hg.), Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert, 1993, S. 406 f.
Cornelia Wenzel, Siddy Wronsky, in: Maike Eggemann (Hg.), Wegbereiterinnen der modernen Sozialarbeit. Texte und Biographien zur Entwicklung der Wohlfahrtspflege, 1999, S. 254–281.
Manfred Berger, Wer war... Siddy Wronsky?, in: Sozialmagazin (2000), H. 6, S. 6–8. (P)
Franz Michael Konrad, Als Pionierin von Berlin nach Jerusalem. Siddy Wronsky (1883–1947), in: Sabine Hering (Hg.), Jüdische Wohlfahrt im Spiegel von Biographien, 2006, S. 446–459.
Peter Reinicke, Siddy Wronsky. Ein Leben für die Sozialarbeit, in: Soziale Arbeit. Zeitschrift für soziale und sozial verwandte Gebiete 57 (2008), H. 7, S. 242–250.
Franz-Michael Konrad, Siddy Wronsky und Alice Salomon. Soziale Arbeit im Spannungsfeld von jüdischer Ethik und Zionismus, in: Adriane Feustel (Hg.), Die Vertreibung des Sozialen, 2009, S. 71–85.
Cornelia Wenzel, Siddy Wronsky. Sammeln, sichten, schreiben. Wissensmanagement in den ersten Dekaden professioneller Sozialer Arbeit, in: Sozial extra. Zeitschrift für Soziale Arbeit 41 (2017), H. 3, S. 26–29.
Sabine Toppe, Über Siddy (Sidonie) Wronsky, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv. Akteurinnen, 2020. (P) (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1929, Alice-Salomon-Archiv der Alice Salomon Hochschule Berlin, 7-F-1. (Erinnerungsbuch für Alice Salomon)
Fotografie, 1946, Gidal-Bildarchiv/Salomon Ludwig Steinheim-Bildarchiv für deutsch-jüdische Geschichte, Essen.