Doles, Johann Friedrich
- Lebensdaten
- 1715 – 1797
- Geburtsort
- Steinbach-Hallenberg (Thüringen)
- Sterbeort
- Leipzig
- Beruf/Funktion
- Komponist ; Kirchenmusiker ; Kantor ; Selbstverleger
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 123906970 | OGND | VIAF: 275683
- Namensvarianten
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- Doles, Johann Friedrich
- Doles, Johann F.
- Doles, Johann Friedrich, der Ältere
- Doles, Johannes Friedrich
- Doles, Johann Friedrich, der Älthere
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Doles, Johann Friedrich
Komponist, * 23.4.1715 Steinbach-Hallenberg (Thüringen), † 8.2.1797 Leipzig. (evangelisch)
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Genealogie
Aus fränkisch-thür. Fam.;
V Joh. Andr. († 1720), Kantor in Steinbach-Hallenberg;
M Anna Maria Lange;
⚭ 1) Freiberg (Sachsen) 1745 Maria Sus. Scheibenpflug, verw. Zillig (1721–57) aus Freiberg, 2) Leipzig 1762 Pfarrerstochter Joh. Carolina Scheuchler (1737–71) aus Köstritz;
6 K aus 1), u. a. →Joh. Frdr. (1746–96), Jur. u. Musikliebhaber, 1 S aus 2) (früh †). -
Biographie
Nach Unterricht durch den ältesten Bruder Johann Heinrich (Kantorats-Nachfolger des früh verstorbenen Vaters) und Schulbesuch in Schmalkalden (1727–33) bezog D. das Gymnasium in Schleusingen, wo er als Chorpräfekt „Wöchentliche Concerte“ einrichtete. 1739 an der Universität Leipzig immatrikuliert, wurde er Schüler J. S. Bachs im Kontrapunkt, über dem er die „sanfte und rührende Melodie“ J. A. Hasses und J. G. Grauns jedoch nicht vergaß. Seit 1743 trat er als Cembalist und Komponist im Leipziger „Großen Concert“ (dem späteren „Gewandhauskonzert“) hervor, in dessen Leitung er Vorgänger J. A. Hillers war. – Bach empfahl ihn 1744 als Kantor nach Salzwedel, doch nahm D. stattdessen im gleichen Jahr eine Berufung als Gymnasial-Kantor und Musikdirektor nach Freiberg (Sachsen) an. Hier begann unter D. das Musikleben in Schule und Stadt emporzublühen, wofür besonders eine prunkvolle Schuloper zur Hundertjahrfeier des Westfälischen Friedens (1748) zeugt, deren verschollene Musik Lessing lobte (Beyträge zur Historie … des Theaters, 1750, IV, S. 596 folgende). Doch wurde die zweite Hälfte der 12jährigen Freiberger Tätigkeit völlig überschattet durch einen Kompetenzstreit zwischen dem Kantor D. und dem Gymnasialdirektor J. G. Bidermann, der für die deutsche schulmusikalische Situation der Zeit bezeichnend ist: Die Musikübung, als unwissenschaftlich angesehen, wurde zugunsten der humanistischen Fächer gegen den Widerstand der Kantoren mehr und mehr an den Rand des Unterrichts gedrängt. – 1755 wurde D. als Nachfolger J. G. Harrers zum Thomaskantor und Musikdirektor der beiden Hauptkirchen zu Leipzig gewählt, 1770-78 kam auch das Amt des Universitätsmusikdirektors hinzu. Starres Festhalten der Behörde an den alten Dienstformen und die zunehmende Interesselosigkeit an der Musica sacra brachten auch in Leipzig für D. berufliche Enttäuschungen, weshalb er 1789 um seine Emeritierung als Thomaskantor bat. Herzliche Freundschaft hatte ihn mit dem wesensverwandten Chr. F. Gellert verbunden, dessen Oden D. vertonte (gedruckt 1758). Den 74jährigen besuchte W. A. Mozart zweimal (April und Mai 1789), der auch den unter D. blühenden Thomanerchor hörte und durch den Vortrag von J. S. Bachs Motette „Singet dem Herrn“ stark beeindruckt wurde. – „Zweck wahrer Kirchenmusik“ wie der Musik überhaupt ist für D. „Rührung des Herzens“, zu erreichen durch „schönen fließenden Gesang …, deutliche, faßliche Harmonie …, leichten und verständlichen Rhythmus“ (Kantate „Ich komme vor dein Angesicht“, 1790, Vorwort), womit die Musik in der Kirche dem Geschmack des ungelehrten Musikliebhabers Rechnung tragen soll. Dieses Regulativ der musikalischen Empfindsamkeit, die gemeinverständliche, sentimentale Simplizität („kunstvolle Kunstlosigkeit“, F. Blume), ist der Grund für die zeitbedingte Geltung des D.’schen Werkes zwischen Bach und Haydn, Barock und Klassizismus. Von den rund 160 Kirchenkantaten, 35 zum Teil achtstimmigen Motetten, 7 Passionsoratorien, 5 Kurzmessen, von den Orgel-Choralvorspielen und -harmonisierungen sowie von den Liedvertonungen nach Gellert, Hölty und Gottlieb Fuchs ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nichts mehr lebendig geblieben.
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Werke
Neue Lieder nebst ihren Melodien, Leipzig 1750; Melodien zu Gellerts Geistl. Oden u. Liedern, ebd. 1758;
Kantaten üb. Ps. 46 „Gott ist unsere Zuversicht“, ebd. 1758, „Ich komme vor dein Angesicht“ (Text v. Gellert), ebd. 1790;
Motette „Herr wer ich bin“, in: Vierstg. Motetten u. Arien II, hrsg. v. J. A. Hiller, ebd. 1777;
Vierstg. Choralbuch, ebd. 1785;
Fünfzehn kleine Lieder mit leichten Melodien f. Kinder u. Anfänger auf d. Klavier, ebd. 1790 (verschollen);
Singbare u. leichte Choralvorspiele f. Lehrer u. Organisten, 5 Hh., ebd. 1794-97;
Einzelne Lieder u. Klavierkompositionen in Sammelwerken s. MGG III, Sp. 633. – Hss.: Verz. ebd., Sp. 631 ff.;
vollst. Themat. Kat. mit 221 Nummern (auch e. Aufstellung d. verschollenen u. nicht zugängl. W) b. Banning (s. L), S. 183-263;
Über d. hs. Lehrb. „Anfangsgründe z. Singen“, ebd., S. 102 ff., wo auch D.s Schüler aufgeführt werden (S. 106-21); Neuausg. s. MGG III, Sp. 638. -
Literatur
ADB V; Lebensskizze, wohl auf autobiogr. Angaben fußend, aus den Leipziger Gel. Tagebüchern 1797, S. 5 ff., mitget. v. J. G. Eck, in: Mhh. f. Musik-Gesch. 25, 1893, S. 125-29;
H. Banning, J. F. D., Leben u. Werke, Diss. Berlin 1939 (auch f. S Joh. Frdr., L), = Schrr. d. Staatl. Inst. f. Musik-F 5; F. Blume, in: MGG III, Sp. 627-39 (W, L). -
Autor/in
Hans Heinrich Eggebrecht -
Zitierweise
Eggebrecht, Hans Heinrich, "Doles, Johann Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 57 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123906970.html#ndbcontent
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Doles, Johann Friedrich
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Biographie
Doles: Johann Friedrich D., Kirchencomponist und Cantor an der Thomasschule zu Leipzig. Er war geboren 21. April 1715 zu Steinbach-Hallenberg bei Schmalkalden, wo sein Vater Andreas D. Cantor war, studirte auf dem Gymnasium zu Schleusingen und nachher Theologie auf der Universität Leipzig. Unterweisung in der Musik hatte er schon früher empfangen, und nun genoß er während seines Leipziger Aufenthaltes auch Seb. Bach's Unterricht, wiewol er späterhin ganz andere und von der Richtung seines Meisters durchaus|abweichende Wege einschlug und verfolgte. Schon am 13. Oct. 1743 trat er zu Leipzig kurz nach der Gründung des „großen Concertes“ als Clavierspieler mit Erfolg öffentlich auf. Am 15. Juli 1744 wurde er Cantor und Collega IV. am Gymnasium zu Freiberg und stand diesem Amte beinahe 12 Jahre lang vor, bis er November 1755 in Bach's ehemalige Stelle als Cantor an der Thomasschule und Musikdirector an den beiden Hauptkirchen zu Leipzig berufen und am 30. Januar 1756 in das Amt eingeführt wurde. Er bekleidete dasselbe bis 1789, in welchem Jahre er wegen Altersschwäche ehrenvoll in den Ruhestand gesetzt wurde; doch starb er erst 8. October 1797, bis zum Ende seines Lebens unablässig als Componist und Lehrer thätig. Die Verwaltung des Cantorates zu Leipzig führte er als ehrenwerther, fleißiger und treuer Beamter, und der Thomaschor stand unter ihm in hoher Blüthe. Auch als Componist war er ungemein arbeitsam und versah die Kirche reichlich mit Tonstücken aller Art, wovon jedoch nur sehr wenig im Drucke herausgekommen ist. Zu ihrer Zeit waren seine Werke beliebt, doch hat kaum ein einziges sich bis auf die Gegenwart am Leben erhalten, dazu fehlte es ihnen zu sehr an innerer Kraft und Gediegenheit. Von einem geistigen Einflusse Bach's ist nicht viel darin zu spüren, sie sind weder kunstvoll gearbeitet noch rein im Geschmack oder tief in der Empfindung, sondern nur ziemlich oberflächlich und im Durchschnitte weit mehr opernmäßig als kirchlich, indem zugleich das melodische Element durchaus vorwaltet. Die Fuge wollte er ganz aus der Kirchenmusik verbannt wissen. Gedruckt sind von seiner Arbeit fast nur kleinere Sachen: „Neue Lieder von Fuchs", 1750; „Der 46. Psalm", 1758; „Melodien zu Gellert's Oden", 1762; „Choralbuch", 4stimm., 1785; Cantate „Ich komme vor dein Angesicht“, 1790; „Singbare und leichte Choralvorspiele etc.“, 5 Hefte, 1795—97 (seltsames Product). — Im Manuscript hinterlassen hat er Kirchen- und Gelegenheitscantaten, Motetten, diverse Psalmen, einige Passionen etc. In Freiberg hatte er 1749 auch ein Singspiel componirt, welches mit großem Beifall aufgenommen wurde. Daß er ein guter Sänger war, melden Zeitgenossen, und Gerber erwähnt auch ein wahrscheinlich zu eigenem Gebrauche beim Unterricht von ihm abgefaßtes Compendium „Anfangsgründe zum Singen“, dessen Einrichtung auf eine gute Lehrmethode schließen läßt.
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Autor/in
v. Dommer. -
Zitierweise
Dommer, Arrey von, "Doles, Johann Friedrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 312-313 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123906970.html#adbcontent