Kroner, Richard
- Lebensdaten
- 1884 – 1974
- Geburtsort
- Breslau
- Sterbeort
- Mammern (Thurgau)
- Beruf/Funktion
- Philosoph ; Theologe ; Pädagoge ; Hochschullehrer
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 11890003X | OGND | VIAF: 85170637
- Namensvarianten
-
- Kroner, Richard
- Kroner, R.
- Kroner, Richard Jacob
- Kroner, Richard Jakob
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Kroner, Richard
Philosoph, * 8.3.1884 Breslau, † 2.11.1974 Mammern (Thurgau).
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Genealogie
V →Traugott (1854–99), aus Glatz, Dr. med., Privatdozent, Arzt in B. (s. Fischer);
M Margarete Heymann, aus Kaufm.fam. in B.;
B →Kurt (1885–1929), Bildhauer (DBJ XI, Tl.; ThB);
- ⚭ Breslau 1908 Alice, T d. Textilindustriellen (Salomon ?) Kauffmann in B.;
2 T. -
Biographie
K. studierte Philosophie und Literaturwissenschaft in Breslau, Berlin (Dilthey, G. Simmel), Heidelberg (K. Fischer, W. Windelband) und Freiburg i. Br., wo er bei H. Rickert 1908 mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit „Über logische und ästhetische Allgemeingültigkeit“ promoviert wurde. Es handelt sich hierbei um eine der frühesten Auseinandersetzungen mit der Phänomenologie Husserls. Danach setzte K. seine Studien in Freiburg fort, außer bei Rickert vor allem bei Husserl, der 1917 Rickerts Nachfolger wurde. 1910 gründete er mit deutschen und russ. Freunden die philosophische Zeitschrift „Logos“, deren Herausgabe er bis 1938 leitete. Für den 1. Band schrieb er einen Aufsatz über Henri Bergson, um ihn in Deutschland bekannt zu machen. 1912 habilitierte er sich in Freiburg mit einer naturphilosophischen Arbeit über „Zweck und Gesetz in der Biologie“ (1913), in welcher er nachzuweisen versucht, daß es Darwin nicht gelungen sei, den Standpunkt der Finalursächlichkeit in der Natur zu überwinden. Nach Teilnahme am 1. Weltkrieg wurde er 1919 ao. Professor in Freiburg. Sein Interesse galt in diesen Jahren der Transzendentalphilosophie Kants. K. wurde neben Rickert, Windelband und Lask zum Exponenten der Heidelberg/Freiburger („südwestdeutschen“) Kantschule. Sie war neben der Marburger und Österr. Schule während der 20er Jahre das bedeutendste Zentrum der Kantforschung. Die „Heidelberger“ gingen in ihrem Kant-Verständnis nicht in erster Linie von der „theoretischen“, sondern von der „praktischen Vernunft“ aus. Auf Anregung von J. Ebbinghaus, einem überzeugten Hegelianer, veröffentlichte K. 1921/23 sein erstes philosophiehistorisches Werk „Von Kant bis Hegel“ (2 Bde., ³1977). Es knüpft an „Kants Weltanschauung“ (1914) an und vollzieht die Wende zu Hegel, ohne daß der Verfasser ein uneingeschränkter Hegelianer geworden wäre. K. begreift den „absoluten Idealismus“ Hegels nicht nur als die geschichtliche, sondern als die logische Konsequenz des transzendental-subjektivistischen Idealismus Kants. Kant habe den platonischen Idealismus der Ideen zu dem ihm übergeordneten Idealismus des Ich entwickelt. Der Kantianismus und die von ihm ausgehende Weiterentwicklung erscheinen K. daher als „Ichphilosophie“. Während die von Lotze ausgehende Richtung (Windelband, Rickert, Lask u. a.) am platonischen Geltungsidealismus anknüpft, bezeichnet K. den Idealismus des Ich als tiefsten Sinn des Kantianismus. Das transzendentale Ich, ein ideal synthetisierendes Bewußtsein, ist ihm nicht nur „höchster Punkt“ (Kant) der Transzendentalphilosophie, sondern auch Schlüssel für deren Weiterentwicklung. Wird K.s Werk, sofern es sich mit Kant befaßt, als „opus magnum“ (Skinner) bezeichnet, so bleibt die Hegelinterpretation fragwürdig: Unter dem Einfluß Diltheys wird nicht das Denken, sondern die Jugendgeschichte Hegels zum Thema der Hermeneutik gemacht. K. versucht, den Einfluß des Irrational-Lebendigen auf das Hegelsche Denken zu bestimmen, seine vitalistische Grundkonzeption wird jedoch der Hauptlehre Hegels von der „absoluten Idee“, vom „Denken, das sich selber denkt“, nicht gerecht (Lakebrink).
1924 wurde K. o. Professor für Philosophie an der TH Dresden. Hier beschäftigte er sich vornehmlich mit der philosophischen Pädagogik (Comenius, Rousseau) sowie mit ästhetischen Problemen. Bedeutsam wurde die Bekanntschaft mit P. Tillich, der K.s religionsphilosophisches Interesse weckte. 1928 erschien „Die Selbstverwirklichung des Geistes, Prolegomena zur Kulturphilosophie“. Es geht K. in diesem Werk um die wechselseitige Durchformung der Sinnphilosophie der Gegenwart und der dialektischen Philosophie des Geistes in Gestalt von Hegels absolutem Idealismus, schließlich um eine Synthese zwischen Hegel und dem deutschen Idealismus einerseits und den Sinnproblemen der Gegenwart andererseits. Er unterscheidet vier Schichten der Kultur: Die vitale (Wirtschaft und Technik), die rationale (Wissenschaft und Politik), die reflexive (Historie und Philosophie) und als höchsten Ausdruck der Kultur die intuitive Schicht (Kunst und Religion). Unter Kultur versteht K. die Leistung des Geistes, Gegensätze zu vereinen. – 1929 wurde K. Professor in Kiel, wo sich eine fruchtbare Zusammenarbeit mit J. Stenzel entwickelte. Sein Hauptaugenmerk lag nun auf der antiken Philosophie (vor allem Platon und →Aristoteles). Seine „Kulturphilosophische Grundlegung der Politik“ (1931) fußt auf denselben Intentionen wie „Die Selbstverwirklichung des Geistes“ (1928). 1930 gründete K. im Haag die „Internationale Hegelgesellschaft“, deren erster Präsident er bis 1934 war. 1934 wurde er zwar noch zum Professor in Frankfurt a. M. ernannt, aber bald wurde ihm das Vorlesungsrecht entzogen, seine Bücher wurden öffentlich verbrannt. Im Okt. 1938 emigrierte K. mit seiner Familie nach England. Auf Einladung seines Schülers M. B. Foster ließ er sich in Oxford nieder und las an der Universität. Bischof Boutflower machte ihn auf R. Niebuhrs Werk „Beyond Tragedy“ aufmerksam, das ihn auf existentialphilosophische und -theologische Fragen hinlenkte. Kierkegaard und Karl Barth, mit dem K. früher zusammengearbeitet hatte, Tillich und Heidegger standen nun im Zentrum seiner philosophischen Auseinandersetzung. Als Folge hiervon arbeitete er seine „Prolegomena zur Kulturphilosophie“ von 1928 vollständig um in „Culture and Faith“ (1951). „The Religious Function of Imagination“ (1941), der Versuch, Philosophie und Religion miteinander zu verbinden, gehört zu seinen bedeutendsten religionsphilosophischen Werken es dokumentiert zugleich die existential-ontologische Wende im Denken K.s Ende der 30er Jahre. – Im Frühjahr 1940 siedelte K. in die USA über und ließ sich nach Aufenthalten in New Haven und Gambier (Ohio) in New York nieder. Hier lehrte er bis zu seiner Emeritierung 1952 am prot. Union Theological Seminary und an der Temple University. Seinen Lebensabend verbrachte er in Elkins Park (Pennsylvania).
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Werke
Weitere W u. a. The Primacy of Faith, 1943;
How Do We Know God? 1943;
Speculation and Revelation in the Hist. of Philos., 3 Bde., 1957-61;
Selbstbesinnung, 1958;
Between Faith and Thought, 1966;
Freiheit u. Gnade, 1969. -
Literatur
H. Levy, Die Hegel-Renaissance in d. Dt. Philos., 1927;
S. Marck, Die Dialektik in d. Philos. d. Gegenwart, 1929;
W. Flach, Negation u. Andersheit, 1959;
J. E. Skinner, Self and World, The Religious Philosophy of R. K., 1962 (vollst. W-Verz.);
B. Lakebrink, Die europ. Idee d. Freiheit, 1. T.: Hegels Logik u. d. Tradition d. Selbstbestimmung, 1968;
Ziegenfuß;
Enc. Jud. -
Autor/in
Friedbert Holz -
Zitierweise
Holz, Friedbert, "Kroner, Richard" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 84-86 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11890003X.html#ndbcontent