Gilly, Friedrich
- Lebensdaten
- 1772 – 1800
- Geburtsort
- Altdamm bei Stettin
- Sterbeort
- Karlsbad
- Beruf/Funktion
- Architekt ; Baumeister ; Bauinspektor
- Konfession
- reformiert?
- Normdaten
- GND: 118539345 | OGND | VIAF: 10637254
- Namensvarianten
-
- Gilly, Friedrich
- Gilly, F.
- Gilly, Friedrich David
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Gilly, Friedrich David
Architekt, * 16.2.1772 Altdamm bei Stettin, † 3.8.1800 Karlsbad. (reformiert)
-
Genealogie
V →David (s. 1);
M Friederike Ziegenspeck;
⚭ Berlin 1799 Ulrike Wilh. Marie (* 1771), T d. Geh. Finanzrats Pierre Jérémie Hainchelin (1727–87) in Berlin u. d. Hedwig Charl. Kühn; Schwager Frdr. Gentz († 1832), Publizist u. Politiker (s. NDB VI);
1 S. -
Biographie
Dem jungen G. wurde eine systematische Ausbildung in allen Zweigen der Baukunst zuteil. In der architektonischen Klasse der|Berliner Akademie waren seine Lehrer Becherer und Langhans, im Zeichnen unterrichteten ihn Rode, Frisch, Meil, Chodowiecki, Schadow, die praktische Unterweisung lag in den Händen von Langhans und Boumann, bis der 20jährige als Hofbauamtskondukteur mit den ersten selbständigen Arbeiten betraut wurde. Reisen vermittelten ihm die Kenntnis des holländischen Wasserbaus, vor allem aber, als Begleiter des Vaters, den Einblick in das Bauwesen der Provinzen. Frühzeitig interessiert an graphischen Arbeiten, ein begnadeter Zeichner, pflegte er seine Eindrücke in brillanten Skizzen festzuhalten. Eine tiefe Wirkung hatten auf ihn die Reste mittelalterlicher Baukunst. So entstanden 1794/95 die großen, von Frick geätzten und 1799 publizierten Ansichten der Marienburg, die, düster-dramatisch gesehen wie die von Steinhöfel, auf der Akademieausstellung von 1795 Bewunderung erregten. An Zeichnungen – Grüften, Grabmonumenten, Torbauten, Häusern in romantischer Parklandschaft, Portiken mit gedrungenen dorischen Säulen, gelegentlich von Notizen, etwa über Stimmung und Licht, begleitet – ist auch das einschneidende Ereignis dieser Jahre abzulesen, nach G.s eigenen Worten seine „architektonische Wiedergeburt“: Begegnung mit der griechischen Antike und Hinwendung zu einfachsten Formen von kantiger Knappheit, sich vollziehend im Studium antiker Bauten nach zeitgenössischen Stichwerken, in der Lektüre klassischer Autoren und unter Anregung durch die gleichzeitige Architektur Frankreichs. Das Ergebnis ist der Entwurf zum Denkmal Friedrichs des Großen; mit diesem Projekt eines dorischen Tempels auf gewaltigem Unterbau, geplant für das Oval des Leipziger Platzes, stellt G. sich, schon zweimal der Öffentlichkeit als Preisträger der Akademie bekannt geworden, der Konkurrenz mit Älteren wie Langhans, Gentz und Weinbrenner. Sein Entwurf wird zur Sensation der Akademieausstellung von 1797.
Im gleichen Jahr tritt der junge Hofbauinspektor das ihm schon 1795 verliehene Reisestipendium an, das ihn nach Frankreich und England, 1798 nach Süddeutschland und Österreich führt. Seine Skizzen und Notizen und die in der „Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten“ abgedruckten Berichte sind aufschlußreiche und reizvolle Dokumente, zumal für das Paris des Directoire. Den Hauptgegenstand seines Studiums bildet, und dies schon im Hinblick auf den geplanten Neubau des Berliner Schauspielhauses, der Theaterbau. So wird G. nach seiner Rückkehr 1799 zu einem später in Posen verwendeten Entwurf für das Königsberger Theater herangezogen. Das eigentliche Resultat jedoch ist die Serie von Entwürfen für das Berliner Schauspielhaus. An ihnen läßt sich das Reifen der Ideen G.s zu einem Gebäude verfolgen, das ein strengstes klassizistisches Vokabular mit rein funktionellen Formen in einmaliger Dynamik verbindet. 1800 wird es dann G.s Aufgabe, die Aufsicht über den Langhans übertragenen Neubau zu führen. Unter den wenigen nach seinem Entwurf ausgeführten, später abgerissenen Bauten sind zu nennen das elegante Palais Behrenstraße 68, das Haus Breite Straße 40 und die Villa Mölter im Tiergarten von 1799. Die kleine Meierei im Tiergarten wurde verändert, der Entwurf zur Hundebrücke von 1800 blieb liegen, dagegen schuf Schadow den Fries für die Neue Münze von Gentz nach G.s Zeichnung. Auch eine Reihe von Entwürfen zu Innenraumdekorationen und Möbeln hat G. hinterlassen.
Die Professur für Optik und Perspektive, die er seit 1799 an der Bauakademie innehatte, erschloß ihm in seinem letzten Lebensjahr ein neues Arbeitsfeld. Aber die Ausstrahlung seiner Persönlichkeit beschränkte sich nicht auf diesen Rahmen und erfaßte nicht nur Jüngere wie Schinkel, der viele Blätter G.s kopierte, reichte überhaupt über die berufliche Sphäre weit hinaus. Auf dem Hintergrund der vielfachen Familienbeziehungen, die die G.s mit der Berliner Französischen Kolonie verbanden, entfalteten sich Freundschaften wie die zu dem Schwager →Friedrich Gentz, knüpften sich Beziehungen zu den bedeutendsten Erscheinungen der geistigen Gesellschaft, zu den Humboldts, zu →Rahel Levin und →Henriette Herz, und wenn Wackenroder zu Tieck von dem verzehrenden Enthusiasmus spricht, der G. erfülle, so gibt er einen allgemeinen Eindruck der Zeitgenossen wieder, der über den frühen Tod hinaus das Bild von G. bestimmt hat.
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Literatur
ADB IX;
K. Levezow, F. G., 1802;
H. Schmitz, Berliner Baumeister, ²1925 (P);
A. Oncken, F. G., 1935 (P);
O. Holtze. in: Pommersche Lb. III, 1939, S. 204-15 (P);
A. Rietdorf, G., Wiedergeburt d. Architektur, 1940 (P);
Die Kunst im Dt. Reich, Aug./Sept. 1942, S. 150 ff. (H. Johannes, Rekonstruktionsmodell d. Denkmals Frdr. d. Gr.);
Die Bau- u. Kunstdenkmäler v. Berlin, hrsg. v. P. O. Rave, 1955, S. 136 f., 140 f.;
ThB. -
Porträts
Marmorbüste v. G. Schadow, 1802 (früher Berlin, Ak. d. Künste), Abb. b. Schmitz, Oncken u. Rietdorf, s. L, u. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937, u. Rave;
Ölgem. v. F. G. Weitsch (früher Berlin, Preuß. Finanzmin.), Abb. b. Rietdorf, s. L. -
Autor/in
Alste Horn-Oncken -
Zitierweise
Horn-Oncken, Alste, "Gilly, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 399-400 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118539345.html#ndbcontent