Karasek, Alfred
- Dates of Life
- 1902 – 1970
- Place of birth
- Brünn (heute Brno, Tschechien)
- Place of death
- Bischofswiesen bei Berchtesgaden
- Occupation
- Volkskundler ; Ingenieur
- Religious Denomination
- römisch-katholisch, seit 1941 konfessionslos
- Authority Data
- GND: 116067187 | OGND | VIAF: 2486775
- Alternate Names
-
- Karasek-Langer, Alfred
- Karasek, Alfred
- Karasek-Langer, Alfred
- Karaseck, Alfr.
- Karasek Langer, Alfred
- Kasarek-Langer, Alfred
- Langer, Alfred Karasek-
- Carasek, Alfred
- Carasek-Langer, Alfred
- Caraseck, Alfr.
- Carasek Langer, Alfred
- Casarek-Langer, Alfred
- Langer, Alfred Carasek-
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Relations
Genealogical Section (NDB)
Life description (NDB)
- Alfred Cammann (1909–2008)
- Arthur Haberlandt (1889–1964)
- Eberhard von Künsberg (1909–1945)
- Edit Féls (1910–1988)
- Eugen von Bonomis (1908–1979)
- Georg R. Schroubek (1922–2008)
- Georg von Schönerers (1842–1921)
- Heinke M. Kalinke (geb. 1965)
- Hugo Hassinger (1877–1952)
- Josef Hanika (1900–1963)
- Josef Lanz (1902–1982)
- Karl Horak (1908–1992)
- Viktor Kauder (1899–1984)
- Walter Kuhn (1903–1983)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
Places
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Karasek, Alfred (auch Alfred Karasek-Langer)
1902 – 1970
Volkskundler
Alfred Karasek war ein führender Vertreter der deutschen Sprachinselforschung der 1930er und 1940er Jahre. Völkisch-antislawisch orientiert, stellte er seine Forschung in den Dienst des „Dritten Reichs“ und beteiligte sich am nationalsozialistischen Kulturgutraub im besetzten Osteuropa. Nach dem Zweiten Weltkrieg prägte er die Volkskunde der Heimatvertriebenen und fand auch mit seiner Forschung zu Weihnachtskrippen fachliche Anerkennung.
Dates of Life
-
Author
→Michael Prosser-Schell (Freiburg im Breisgau)
-
Citation
Prosser-Schell, Michael, „Karasek, Alfred“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116067187.html#dbocontent
Karasek wuchs seit 1904 in Bielitz (Schlesien, heute Bielsko-Biała, Polen) auf und legte hier 1919 die Matura ab. Seit 1919 studierte er an der TH Brünn (heute Brno, Tschechien) Bauingenieurwesen und unternahm mit Viktor Kauder (1899–1984), Walter Kuhn (1903–1983) und Josef Lanz (1902–1982) Fahrten zu deutschen Sprachinseln in Polen, u. a. 1926 eine vom deutschen Auswärtigen Amt unterstützte Fahrt nach Wolhynien (heute Westukraine). Nach seinem Militärdienst in der tschechoslowakischen Armee 1926/27 studierte Karasek seit 1928 Volkskunde an der Universität Wien, wo er v. a. bei Arthur Haberlandt (1889–1964), Hugo Hassinger (1877–1952) und Josef Strzygowski (1862–1941) hörte. 1928 gab er mit der Germanistin Elfriede Strzygowski (gest. 1949) einen Band mit Sagen aus deutschsprachigen Ostgebieten heraus. 1932 erhielt er ein Stipendium der an der Universität Wien angesiedelten Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft, für die er seit 1938 als wissenschaftlicher Referent tätig war.
Auf seinen Forschungsreisen zu Gemeinden mit deutschem Sprachgebrauch bzw. Sprachrelikten in Polen, Jugoslawien, der Slowakei und v. a. Ungarn widmete sich Karasek primär der Erhebung von Sagen. Wie andere Forschende seiner Zeit nahm er an, dass in ihnen aufgrund einer generationsübergreifenden Abgrenzung zu der ethnisch differenten Umgebung wesentliche Charakterzüge des deutschen Volkes erhalten geblieben seien; v. a. das Sagenmotiv des „Wilden Heeres“ bzw. der „Wilden Jagd“ interpretierte er als Sinnbild eines vermeintlich rastlosen germanischen „Volksgeistes“. Karasek sah in den von ihm gesammelten Sagen rassenbiologische Ausdrucksformen des Deutschen. Im Gegensatz zum interethnischen Sprachinsel-Forschungskonzept Eugen von Bonomis (1908–1979) und Edit Féls (1910–1988) folgte Karasek einem alldeutsch-antislawisch und sozialdarwinistisch geprägten Denken, das deutliche Parallelen zu den Ideen Georg von Schönerers (1842–1921) aufwies.
1933 trat Karasek der österreichischen NSDAP bei und nannte sich – den Geburtsnamen seiner Mutter aufgreifend – in der Folgezeit Karasek-Langer, um seine deutsche Abstammung zu betonen. Seit 1941 Mitglied der SS, wirkte er im Zweiten Weltkrieg bereits 1940 an der Umsiedlung der Bessarabien-Deutschen in Gebiete des besetzten Polens mit und war an den Plänen zur Umsiedlung der „Volksdeutschen“ aus der Bukowina und aus Wolhynien in das Deutsche Reich beteiligt. 1941 zu einem von Eberhard von Künsberg (1909–1945) geleiteten SS-Sonderkommando abkommandiert, wirkte Karasek in den besetzten Ostgebieten an der Beschlagnahme von politischen Akten, landeskundlichen Daten und militärisch-geografischen Karten mit, die u. a. zu endgültigen Grenzziehungen im Osten und zur Um- bzw. Rücksiedlung sog. Volksdeutscher aus der Wolga- und Schwarzmeerregion beitragen sollten. Im Mai 1944 beteiligte sich Karasek als Mitglied eines Sonderkommandos des Reichssicherheitshauptamts an der Plünderung jüdischer Buchhandlungen in Budapest.
Nach Kriegsende floh Karasek nach Tirol, dann nach Berchtesgaden und war u. a. als Landarbeiter, Betonarbeiter und Arbeiter in einer Kunstmarmorfabrik beschäftigt. Seit 1949 betätigte er sich publizistisch sowie durch Befragungen deutscher Flüchtlinge wieder freiberuflich als Volkskundler. Im selben Jahr gehörte er zu den Initiatoren der Kommission für Volkskunde der Heimatvertriebenen im Verband der Vereine für Volkskunde (seit 1963 Deutsche Gesellschaft für Volkskunde). Karasek analysierte die Etablierung traditioneller Feste und Brauchtumsformen aus den Herkunftsgebieten in der frühen Bundesrepublik, die Etablierung neuer (Industrie-)Gewerbe v. a. aus dem Sudetenland und Schlesien in Bayern sowie die Entstehung von Vertriebenensiedlungen, u. a. in Geretsried, Neugablonz, Waldkraiburg und Traunreut, wobei er – im Gegensatz zu vielen anderen Autoren – die Konflikte zwischen Vertriebenen und Einheimischen nicht verschwieg. An seinen Publikationen zur Thematik der Heimatvertriebenen werden heute z. T. unzulässig verallgemeinerte bzw. nicht nachprüfbare Datenangaben sowie Anleihen an den stammeskundlichen Schreibstil der NS-Zeit bemängelt.
Karasek legte seit 1949 eine Sammlung von ca. 52 000 Notaten zur Vertriebenenkultur an, die eine hohe Zahl von Schriftbelegen aus den westlichen Besatzungszonen und der Bundesrepublik sowie Aufzeichnungen aus dem östlichen Mitteleuropa vor 1945 umfasst. Karaseks Sammlung der sagenhaften Erzählungen aus den Flüchtlingslagern der Nachkriegszeit, die heute am Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa in Freiburg im Breisgau aufbewahrt wird, wurden in der volkskundlichen Forschung über Jahrzehnte intensiv bearbeitet, u. a. durch Alfred Cammann (1909–2008), Karl Horak (1908–1992), Heinke M. Kalinke (geb. 1965) und Georg R. Schroubek (1922–2008). 1950 gehörte Karasek zu den Mitgründern des Instituts für Kultur- und Sozialforschung in München und übernahm das Amt des zweiten Vorsitzenden hinter Josef Hanika (1900–1963). Nach Hanikas Tod leitete Karasek das Institut für drei Jahre.
Seit 1964 arbeitete Karasek an der Erforschung der Geschichte der Praesepes (Weihnachtskrippen) als szenisch-figürlicher Darstellung der Geburt Christi. Zu einem Standardwerk avancierte seine 1969 fertiggestellte Monografie „Krippenkunst in Böhmen und Mähren vom Frühbarock bis zur Gegenwart“ (1974, 21992). Auch an der 1981 von Lanz vorgelegten Monografie „Krippenkunst in Schlesien“ war Karasek wesentlich beteiligt.
ca. 1940 | Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Volkstumsfragen in der Südosteuropagesellschaft, Wien |
1943 | Copernicus-Preis der Johann-Wolfgang-Goethe-Stiftung der Universität Breslau (aufgrund der Kriegslage nicht verliehen) |
1959 | Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1965 | Agnes-Miegel-Plakette für Verdienste um die ostdeutsche Kultur und die Integration der Heimatvertriebenen |
1966 | Georg-Dehio-Preis für Kultur-, Geistes- und Kunstgeschichte der KünstlerGilde Esslingen (weiterführende Informationen) |
Nachlass:
Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa, Freiburg im Breisgau. (weiterführende Informationen)
Monografien und Herausgeberschaften:
Alfred Karasek/Elfriede Strzygowski (Hg.), Ostschlesische Sagen und Schwänke für die Schule, 1928.
Alfred Karasek/Elfriede Strzygowski (Hg.), Sagen der Beskidendeutschen, 1930.
Alfred Karasek/Kurt Lück, Die deutschen Siedlungen in Wolhynien. Geschichte, Volkskunde, Lebensfragen, 1931.
Alfred Karasek/Elfriede Strzygowski (Hg.), Sagen der Deutschen in Galizien, 1932.
Alfred Karasek/Elfriede Strzygowski (Hg.), Sagen der Deutschen in Wolhynien und Polesien, 1938.
Hans Diplich/Alfred Karasek (Hg.), Donauschwäbische Sagen, Märchen und Legenden, 1952.
Donauschwäbische Volkskunde, 1955.
Neusiedlung in Bayern nach 1945. Einschnitt in unserer Volksgeschichte, 1956.
Volksschauspiel und Volkstheater der Sudetendeutschen. Ein Forschungsbericht, 1960.
Alfred Karasek/Josef Lanz, Das deutsche Volksschauspiel in Galizien. Eine Spiellandschaft zwischen Polen, Slowaken und Ukrainern, 1960.
Alfred Karasek/Josef Lanz, Das deutsche Volksschauspiel in der Bukowina, 1971.
Alfred Karasek/Josef Lanz, Krippenkunst in Böhmen und Mähren vom Frühbarock bis zur Gegenwart, 1974, 21992.
Aufsätze und Artikel:
Sprachinselvolkstum, in: Deutsche Blätter in Polen 3 (1926), S. 569–594.
Sagen und andere volkliche Überlieferungen, in: ebd., S. 595–612.
Vom Sagengute der Vorkarpathendeutschen. Ein Beitrag zur Sagenforschung in den deutschen Sprachinseln des Ostens, in: Volk und Rasse. Illustrierte Vierteljahresschrift für deutsches Volkstum, Rassenkunde, Rassenpflege 5 (1930), S. 96–112.
Das Sagengut der Deutsch-Pilsner Sprachinsel (Nagybörzsöny) im Honter Komitat. Ein Beitrag zur Sagenforschung in den deutschen Siedlungen Rumpfungarns, in: Deutsch-Ungarische Heimatsblätter 4 (1932), S.210–223.
Brauchtumswandel in Bayern durch den Zustrom an Heimatvertriebenen, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 36 (1953), S. 118–128.
Volkskundliche Wandlungen in Deutschland, in: Zeitschrift für Volkskunde 50 (1953), S. 35–48. (Onlineressource)
Volkskundliche Erkenntnisse aus der Vertreibung und Eingliederung der Ostdeutschen, in: Jahrbuch für Volkskunde der Heimatvertriebenen 1 (1955), S. 11–65.
Flüchtlinge wandeln die Wirtschaft Bayerns, in: Österreichisches Forschungsinstitut für Wirtschaft und Politik. Berichte und Informationen 420 (1954), S. 9–11.
Neusiedlung nach Bayern nach 1945. Einschnitt in unsere Volksgeschichte, in: Jahrbuch für Volkskunde der Heimatvertriebenen 2 (1956), S. 24–102.
Die donauschwäbische Volkserzählung in der Gegenwart. Ein Beitrag zur Stammeskunde, in: Jahrbuch für Volkskunde der Heimatvertriebenen 3 (1957), S. 56–122.
Volkstum im Umbruch, in: Eugen Lemberg/Friedrich Edding (Hg.), Die Vertriebenen in Westdeutschland. Ihre Eingliederung und ihr Einfluss auf Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Geistesleben, Bd. 1, 1959, S. 606–694.
Stand und Aufgaben historischer Krippenforschung am Niederrhein. Ein Nachweis ungenutzter barocker Archivquellen, in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde 14 (1967), S. 8–41.
Bibliografie:
Alfons Perlick, Alfred Karasek. Eine Biographie und Bibliographie, in: Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 9 (1965), S. 213–238.
Walter Kuhn, Sprachinselforschung und Volkskunde der Heimatvertriebenen. Bericht über die „Sammlung Karasek“, in: Jahrbuch für Volkskunde der Heimatvertriebenen 3 (1957), S. 260–269.
Alfons Perlick, Alfred Karasek. Eine Biographie und Bibliographie, in: Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 9 (1965), S. 194–238. (W, P)
Walter Kuhn, Das Lebenswerk Alfred Karaseks (1902–1970), in: Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 13 (1970), S. 326–345.
Werner Vetter, Alfred Karasek. Ein Nachruf, in: Theodor Veiter (Hg.), Volkstum zwischen Moldau, Etsch und Donau, 1971, S. 149–152.
Anton Tafferner, Alfred Karasek-Langer (1902–1970) und die Donauschwaben, in: Manfred Schneider (Hg), Festschrift für Karl Horak, 1980, S. 215–224.
Walter Kuhn, Eine Jugend für die Sprachinselforschung. Erinnerungen, in: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 23 (1982), S. 225–278.
Alfred Cammann, Art. „Karasek(-Langer), Alfred“, in: Rolf Wilhelm Brednich (Hg.), Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, Bd. 7, 1993, Sp. 958–960.
Heinke Kalinke, „Teamwork“. Zur volkskundlichen Feldforschung in Ost- und Südosteuropa in den 1920er und 1930er Jahren. Alfred Karasek und der Bielitzer Kreis, in: Jahrbuch für deutsche und osteuropäische Volkskunde 42 (1999), S. 20–43.
Wilhelm Fielitz, Alfred Karasek, in: ders., Das Stereotyp des wolhyniendeutschen Umsiedlers. Popularisierungen zwischen Sprachinselforschung und nationalsozialistischer Propaganda, 2000, S. 376 f.
Michael Prosser, Zum Wandel der Funktion und des Traditionswertes von Sagen-Texten. Ein exemplarischer Problemaufriss aus der „Sammlung Karasek“, in: Jahrbuch für Europäische Ethnologie 2 (2007), S. 45–62.
Michael Prosser, Ritualforschung und Erzählforschung. Ein methodisches Beispiel mit Texten aus dem Bestand „Ungarn“ der „Sagen-Sammlung Karasek“, in: Csilla Schell/Michael Prosser (Hg.), Fest, Brauch, Identität / Ünnep, szokás, identitás. Ungarisch-deutsche Kontaktfelder, 2008, S. 235–284.
Julia Manowska-Cebula, Hertha Karasek-Strzygowski. Ein Leben im Spannungsfeld der Nationalismen, in: Annales Universitatis Paedagogicae Cracoviensis 22 (2022), S. 111–128, bes. S. 116–121. (Onlineressource)
Julian Wilhelm Gruber, Alfred Karasek (1902–1970). Volkskundler und Nationalsozialist, 2023. (ungedr. Masterarbeit, Universität Salzburg)