Jeckeln, Friedrich
Jeckeln, Friedrich August
1895 – 1946
SS-Offizier, Höherer SS- und Polizeiführer
- Lebensdaten
- 1895 – 1946
- Geburtsort
- Hornberg im Schwarzwald
- Sterbeort
- Riga
- Beruf/Funktion
- SS-Offizier ; Höherer SS- und Polizeiführer ; General
- Konfession
- evangelisch, nach 1933 „gottgläubig“
- Normdaten
- GND: 120640910 | OGND | VIAF: 3307100
- Namensvarianten
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- Jeckeln, Friedrich August
- Jeckeln, Friedrich
- Jeckeln, Friedrich August
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Friedrich Jeckeln war als Höherer SS- und Polizeiführer von 1941 bis 1944 zentral für die deutschen Massenverbrechen während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten sowjetischen Gebieten verantwortlich. Er trieb die Ausweitung der Massenerschießungen von Juden wesentlich voran und verantwortete mehrere große Massaker, u. a. in Babyn Jar und im Rumbula-Wald bei Riga.
Lebensdaten
Geboren am 2. Februar 1895 in Hornberg im Schwarzwald Gestorben am 3. Februar 1946 (hingerichtet) in Riga Grabstätte keine Konfession evangelisch, nach 1933 „gottgläubig“ -
Lebenslauf
2. Februar 1895 - Hornberg im Schwarzwald -
Genealogie
Vater Friedrich Heinrich Theodor Jeckeln 1852–1899 Textilunternehmer, Fabrikbesitzer in Hornberg Großvater väterlicherseits August Jeckeln Pfarrer, Dekan (Herzogtum Nassau) Großmutter väterlicherseits Franziska Jeckeln, geb. Seebold Mutter Emma Rosine Jeckeln, geb. Trautwein geb. 1874 Großvater mütterlicherseits N. N. Gastwirt Schwester Julie Jeckeln geb. 1882 Schwester Emma Jeckeln geb. 1884 Schwester Getrud Jeckeln geb. 1896 Bruder Theodor Jeckeln geb. 1898 1. Heirat 13.5.1918 Ehefrau Anna Hulda Charlotte Hirsch geb. 1895 Schwiegervater N. N. Gutsbesitzer Sohn Friedrich Jeckeln 1920–1944 Soldat, gefallen im Zweiten Weltkrieg Tochter Ilse Jeckeln geb. 1923 Sohn Klaus Jeckeln 1924–1944 Soldat, gefallen im Zweiten Weltkrieg Scheidung 1927 2. Heirat 4.7.1928 Ehefrau Annemarie Jeckeln, geb. Wienß 1907–1993 aus Danzig Sohn Reinhard Jeckeln 1929–2001 Sohn Dieter Jeckeln 1941–1944 Kinder ein weiterer Sohn, drei weitere Töchter Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Jeckeln, Friedrich (1895 – 1946)
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Vater
Friedrich Heinrich Theodor Jeckeln
1852–1899
Textilunternehmer, Fabrikbesitzer in Hornberg
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Großvater väterlicherseits
August Jeckeln
Pfarrer, Dekan (Herzogtum Nassau)
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Großmutter väterlicherseits
Franziska Jeckeln
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Mutter
Emma Rosine Jeckeln
geb. 1874
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Großvater mütterlicherseits
Gastwirt
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Großmutter mütterlicherseits
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Schwester
Julie Jeckeln
geb. 1882
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Schwester
Emma Jeckeln
geb. 1884
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Schwester
Getrud Jeckeln
geb. 1896
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Bruder
Theodor Jeckeln
geb. 1898
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1.·Heirat
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Ehefrau
Anna Hulda Charlotte Hirsch
geb. 1895
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2.·Heirat
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Ehefrau
Anna Hulda Charlotte Hirsch
geb. 1895
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Biografie
Jeckeln wuchs als Sohn eines Textilfabrikanten in Hornberg im Schwarzwald und in Freiburg im Breisgau auf, wo er 1911 die Oberrealschule abschloss. 1913 als Einjährig-Freiwilliger zum Militärdienst einberufen, diente er im Ersten Weltkrieg an der Westfront und nach einer schweren Verwundung 1916 in einer Flieger-Ersatzabteilung. Nach seiner Entlassung aus der Reichswehr im Januar 1919 verwaltete Jeckeln den Gutsbetrieb seines Schwiegervaters in der Nähe von Danzig. Unter anderem beeinflusst von dem Roman „Die Sünde wider das Blut“ des völkischen Schriftstellers und Politikers Artur Dinter (1876–1948) entwickelte sich Jeckeln nach 1918 zu einem radikalen Antisemiten. Nach der Scheidung seiner ersten Ehe 1927 ging er in Braunschweig und Hannover wechselnden Tätigkeiten nach und war zeitweise arbeitslos.
1929 wurde Jeckeln Mitglied der NSDAP, für die er im Juli 1932 in den Reichstag gewählt wurde. 1930 trat er der SS bei, in der er rasch in führende Positionen aufstieg. Nach der NS-Machtübernahme übertrug ihm Dietrich Klagges (1891–1971) im Juni 1933 die Leitung des Landespolizeiamts Braunschweig, womit die auf Reichsebene erst 1936 realisierte Verbindung von SS und Polizei vorweggenommen wurde. Im Juni 1938 von Heinrich Himmler (1900–1945) zum Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) befördert, leitete Jeckeln den SS-Oberabschnitt Mitte mit Sitz in Braunschweig und von Juli 1940 bis Juni 1941 den SS-Oberabschnitt West in Düsseldorf. Während des Novemberpogroms 1938 und durch die Einführung von „Arbeitserziehungslagern“ für Zwangsarbeiter in Düsseldorf 1940 zeigte er ein besonders brutales und radikales Vorgehen.
Nach Beginn des Feldzugs gegen die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurde Jeckeln zu einem Haupttäter der NS-Verbrechen in den besetzten sowjetischen Gebieten. Im Juni 1941 berief Himmler ihn zum HSSPF Russland-Süd für das Gebiet der Heeresgruppe Süd. Als daraus zum 1. September 1941 das Reichskommissariat Ukraine herausgelöst wurde, blieb dieses Gebiet im Zuständigkeitsbereich Jeckelns, der als HSSPF über alle Einheiten von SS und Polizei in seinem Territorium verfügte. Mithilfe ihm direkt unterstellter Einheiten der Ordnungspolizei und in enger Verbindung mit der Einsatzgruppe C der Sicherheitspolizei und des SD unter SS-Brigadeführer Otto Rasch (1891–1948) war er in den ersten Kriegsmonaten für die schnelle Ausweitung des Massenmords an den Juden mitverantwortlich.
Am 30. Juni 1941 ließ Jeckeln in der westukrainischen Kleinstadt Dobromyl 132 Juden durch das Einsatzkommando 6 erschießen. Ende Juli und Anfang August 1941 gingen ihm zeitweise unterstellte Einheiten der Waffen-SS im nördliche Podolien dazu über, in großem Umfang auch jüdische Frauen zu ermorden, nachdem zuvor vorwiegend Männer erschossen worden waren. Dem Massaker von Kamjanez-Podilskyj Ende August 1941, als Jeckeln innerhalb von drei Tagen 23 600 Juden erschießen ließ, folgten weitere große Massaker im September 1941 in Berdytschiw, in Winnyzja und Dnipropetrowsk (heute Dnipro) sowie am 29./30. September 1941 in Babyn Jar bei Kiew. In Abstimmung zwischen Jeckeln, Otto Rasch und dem Stadtkommandanten der Wehrmacht in Kiew, Kurt Eberhard (1874–1947), wurden hier nach einem Bericht der Einsatzgruppe C 33 771 Juden ermordet. Insgesamt dürften den von Jeckeln verantworteten Kriegsverbrechen in der Ukraine weit mehr als 170 000 Menschen zum Opfer gefallen sein.
Zum 1. November 1941 ernannte Himmler Jeckeln zum HSSPF Russland-Nord und Ostland mit Sitz in Riga, während der bisherige Amtsinhaber Hans-Adolf Prützmann (1901–1945) Jeckelns Position in der Ukraine übernahm. Kurz nach seiner Ankunft organisierte Jeckeln ein weiteres großes Massaker, als am 30. November und 8./9. Dezember 1941 im Wald von Rumbula 27 500 Insassen des Rigaer Ghettos erschossen wurden. In den folgenden Jahren leitete er zwei große deutsche Operationen zur Partisanenbekämpfung in Weißrussland, die Unternehmen „Sumpffieber“ (August/September 1942) und „Winterzauber“ (Februar/März 1943), bei denen ganze Gebiete durch das Niederbrennen von Dörfern und die Ermordung oder Verschleppung ihrer Bewohner entvölkert wurden.
Nach der Rückeroberung und Besetzung des Baltikums durch die Rote Armee in der zweiten Jahreshälfte 1944 hatte Jeckeln verschiedene Funktionen in der Waffen-SS inne, u. a. kommandierte er Anfang 1945 Einheiten der Waffen-SS in Schlesien. Ende April 1945 geriet er bei Halbe in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach einem Prozess vor einem sowjetischen Militärtribunal in Riga wurde er am 3. Februar 1946 zum Tode verurteilt und am selben Tag öffentlich gehenkt.
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Auszeichnungen
1914 Eisernes Kreuz II. Klasse 1918 Verwundetenabzeichen in Schwarz 1922 Mitglied im Jungdeutschen Orden (bis 1924) 1936 SS Totenkopfring und Ehrendegen des Reichsführers SS 1939 Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP 1942 Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern 1943 Deutsches Kreuz in Gold 1944 Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz 1945 Ritterkreuz mit Eichenlaub -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, VBS 286 SSO/SS-Führerpersonalakten.
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 456 E Nr. 5395. (Personalakte)
Gedruckte Quellen:
SS-Obergruppenführer Friedrich Jeckeln, verantwortlich für die Ermordung der Juden in Litauen, Lettland und Estland 1941–1944. Dokumentensammlung, bearb. v. Tuviah Friedman, hg. v. Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crimes (Haifa), 1997. (unsystematisch)
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I, bearb. v. Bert Hoppe/Hildrun Glass, 2011.
Wassili Stepanowitsch Christoforow/Wladimir Gennadjewitsch Makarow/Matthias Uhl (Hg.), Verhört. Die Befragungen deutscher Generale und Offiziere durch die sowjetischen Geheimdienste 1945–1952, 2015, S. 233–270 u. 347–369.
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Literatur
N. N., Art. „Jeckeln, Friedrich“, in: Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, hg. v. Israel Gutman/Eberhard Jäckel/Peter Longerich/Julius H. Schoeps, Bd. 2, 1995, S. 667.
Frank Flechtmann, November 1944. „Und nun erst recht!“ Ein Hornberger läßt schießen, in: Die Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden 76 (1996), S. 471–492. (P)
Richard Breitman, Friedrich Jeckeln – Spezialist für die Endlösung im Osten, in: Ronald Smelser/Enrico Syring (Hg.), Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, 2000, S. 267–275. (P)
Andreas Schulz/Günter Wegmann/Dieter Zinke, Die Generale der Waffen-SS und der Polizei. Die militärischen Werdegänge der Generale, sowie der Intendanten, Richter und Ministerialbeamten im Generalsrang, Bd. 2: Hachtel – Kutschera, 2005, S. 343–357.
G. H. Bennett, Exploring the World of the Second and Third Tier Men in the Holocaust: The Interrogation of Friedrich Jeckeln: Engineer and Executioner, in: Liverpool Law Review 32 (2011), Nr. 1, S. 1–18.
Bernhard Kiekenap, Hitlers und Himmlers Henker. Der SS-General aus Braunschweig. Biografische Notizen über Friedrich Jeckeln (1895–1946), 2013. (P)
Gerhard Wenzl, Friedrich Jeckeln. Ein Mann fürs Grobe, in: Wolfgang Proske (Hg.), Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Baden-Württemberg, Bd. 9: NS-Belastete aus dem Süden des heutigen Baden-Württemberg, 2018, S. 207–221.
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografie, ca. 1930, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. VI. Wahlperiode 1932, hg. v. Büro des Reichstags, 1932, S. 287. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 421. (Onlineressource)
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Autor/in
→Kai Struve (Halle an der Saale)
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Zitierweise
Struve, Kai Struve, „Jeckeln, Friedrich“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/120640910.html#dbocontent