Lebensdaten
1891 – 1944
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Journalist ; Publizist ; Schriftsteller ; Pazifist
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118639870 | OGND | VIAF: 8180838
Namensvarianten
  • Salomon, Berthold Jacob
  • Rollin, Marcel
  • Jacob, Berthold
  • mehr

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Zitierweise

Jacob, Berthold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118639870.html [16.07.2024].

CC0

  • Berthold Jacob war ein linkspolitisch orientierter Journalist und Pazifist, der während der Weimarer Republik sowie seit Juli 1932 im französischen Exil die illegale Rüstungspolitik des Deutschen Reiches enthüllte. 1935 wurde er von Gestapo-Agenten von Basel nach Berlin entführt, jedoch aufgrund internationalen Drucks freigelassen. 1939 floh er über Frankreich nach Spanien und Portugal, wurde erneut von der Gestapo gefangen genommen und starb 1944 in Berlin.

    Lebensdaten

    Geboren am 12. Dezember 1898 in Berlin
    Gestorben am 26. Februar 1944 in Berlin
    Grabstätte Jüdischer Friedhof Weißensee in Berlin
    Konfession jüdisch
    Berthold Jacob, DNB (InC)
    Berthold Jacob, DNB (InC)
  • Lebenslauf

    12. Dezember 1898 - Berlin

    - bis 1914 - Berlin

    Schulbesuch (ohne Abschluss)

    Humanistisches Gymnasium

    1914 - 1917 - Berlin

    kaufmännische Lehre bei einem Onkel (ohne Abschluss)

    1917 - 1918 - Westfront

    freiwilliger Kriegsdienst

    Bataillon der Fußartillerie

    1920 - 1932 - Berlin

    Journalist; mehrere Verfahren wegen Verrats militärischer Geheimnisse und Verleumdung der Reichswehr

    u. a. Berliner Volks-Zeitung; Das andere Deutschland; Die Weltbühne; Welt am Montag

    ca. 1920

    Mitglied

    Deutsche Friedensgesellschaft

    ca. 1920

    Mitglied

    Friedensbund der Kriegsteilnehmer

    ca. 1923

    Mitglied

    Deutsche Liga für Menschenrechte

    1924 - Berlin

    Mitgründer

    Republikanische Partei Deutschlands

    1926 - Berlin

    Mitgründer

    Zeit-Notizen (Pressekorrespondenz)

    1928 - Leipzig

    Verurteilung zu acht Monaten Festungshaft wegen „versuchten Landesverrats“

    Reichsgericht

    1928 - 1931

    Mitglied

    SPD

    1931

    Mitglied

    Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands

    1932 - 1935 - Straßburg (Elsass)

    Emigration; Journalist

    u. a. La République; Straßburger Neueste Nachrichten

    1932 - 1939 - Straßburg; Paris

    Herausgeber

    Unabhängiger Zeitungsdienst (Pressekorrespondenz)

    25.8.1933

    Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft

    ca. 1934 - Straßburg

    Gründer; Vorsitzender

    Deutsche Liga für Menschenrechte (Sektion Straßburg)

    9.3.1935 - Basel; Berlin

    Entführung durch Gestapo-Agenten aus Basel nach Berlin; Vernehmungen

    Gestapo-Gefängnis (Prinz-Albrecht-Straße 8, heute Niederkirchnerstraße)

    17.9.1935 - Basel

    Rückführung

    1935 - 1940 - Paris

    Journalist

    Exilpresse, u. a. Pariser Tageblatt (seit 1936 Pariser Tageszeitung); Die Neue Weltbühne; Das Neue Tage-Buch

    31.8.1939 - Paris; Le Vernet (Département Ariège, Frankreich)

    Verhaftung; Inhaftierung

    Oktober 1940 - Marseille; Agen (Département Lot-et-Garonne, Frankreich); Périgueux (Département Dordogne, Frankreich)

    Aufenthalt in Südfrankreich; vergeblicher Versuch, ein Visum für die USA zu erhalten

    April 1941 - Madrid

    Flucht mit gefälschten Papieren; Internierung

    August 1941 - Lissabon

    Flucht

    25.9.1941 - 1944 - Berlin

    Entführung durch Gestapo-Agenten; Inhaftierung

    Gestapo-Gefängnis

    26. Februar 1944 - Berlin
  • Genealogie

    Vater David Salomon 30.11.1866–1943 aus Nakel an der Netze (Pommern, heute Nakło nad Notecią, Polen); Kaufmann, Seifenfabrikant, Kunsthändler und Antiquar in Berlin; im Konzentrationslager Auschwitz ermordet
    Großvater väterlicherseits Samuel Salomon gest. nach 28.10.1897 Kaufmann in Nakel
    Großmutter väterlicherseits Berta Salomon, geb. Herrmann gest. vor 28.10.1897
    Mutter Minna (Mierdel) Salomon, geb. Rosenau 23.12.1856–15.1.1913 aus Friedeberg (Neumark); zuletzt in Berlin
    Großvater mütterlicherseits Jakob Rosenau gest. vor 15.1.1913 Kaufmann
    Großmutter mütterlicherseits Emilie Rosenau, geb. Salomon gest. nach 15.1.1913 zuletzt in Berlin-Wilmersdorf
    Bruder Hans Roger Madol (eigentlich Gerhard Salomon) 4.4.1903–14.11.1956 Schriftsteller und Autografenhändler in Berlin; emigrierte 1939 nach London
    Bruder Wolfgang Salomon Bankfachmann, seit 1933 in Amsterdam, nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA
    Heirat 1931
    Ehefrau Else Leu 1898–1978 Hausfrau, Schneiderin; seit Juli 1932 in Paris; 1939/40 im französischen Internierungslager Gurs
    Kinder keine
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    Jacob, Berthold (1891 – 1944)

    • Vater

      David Salomon

      30.11.1866–1943

      aus Nakel an der Netze (Pommern, heute Nakło nad Notecią, Polen); Kaufmann, Seifenfabrikant, Kunsthändler und Antiquar in Berlin; im Konzentrationslager Auschwitz ermordet

      • Großvater väterlicherseits

        Samuel Salomon

        gest. nach 28.10.1897

        Kaufmann in Nakel

      • Großmutter väterlicherseits

        Berta Salomon

        gest. vor 28.10.1897

    • Mutter

      Minna Salomon

      23.12.1856–15.1.1913

      aus Friedeberg (Neumark); zuletzt in Berlin

      • Großvater mütterlicherseits

        Jakob Rosenau

        gest. vor 15.1.1913

        Kaufmann

      • Großmutter mütterlicherseits

        Emilie Rosenau

        gest. nach 15.1.1913

        zuletzt in Berlin-Wilmersdorf

    • Bruder

      Hans Roger Madol

      4.4.1903–14.11.1956

      Schriftsteller und Autografenhändler in Berlin; emigrierte 1939 nach London

    • Bruder

      Wolfgang Salomon

      Bankfachmann, seit 1933 in Amsterdam, nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA

    • Heirat

      • Ehefrau

        Else Leu

        1898–1978

        Hausfrau, Schneiderin; seit Juli 1932 in Paris; 1939/40 im französischen Internierungslager Gurs

  • Biografie

    Aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammend, besuchte Jacob bis 1914 ein humanistisches Gymnasium in Berlin und begann anschließend bei einem Onkel eine kaufmännische Lehre. Im Sommer 1917 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und diente bis November 1918 v. a. als Kanonier und Funker an der Westfront. Nach seiner Rückkehr nach Berlin wandte er sich durch seine Bekanntschaft u. a. mit Ludwig Quidde (1858–1941) und Hellmut von Gerlach (1866–1935) der Pazifismus-Bewegung zu und wurde Mitglied des Friedensbunds der Kriegsteilnehmer, der Deutschen Friedensgesellschaft und der Deutschen Liga für Menschenrechte (DLfM). Beruflich fand er nach 1918 im Journalismus sein Metier, wurde als freier Mitarbeiter u. a. der „Berliner Volks-Zeitung“ unter Chefredakteur Otto Nuschke (1883–1957) tätig und lernte hier politisch gleichgesinnte Journalisten wie Carl von Ossietzky (1889–1938) und Kurt Tucholsky (1890–1935) kennen.

    Jacob verfasste Beiträge für die führende pazifistische Zeitschrift „Das andere Deutschland“ sowie für die „Weltbühne“ und war 1926 mit Paul Dreyfus (1880–1940) und Martin-Christian Sander (geb. 1889) Gründer der kritischen Pressekorrespondenz „Zeit-Notizen“. Zu Jacobs journalistischen Hauptthemen gehörte die Berichterstattung über die geheime und gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags verstoßende deutsche Wiederaufrüstung, die von der radikalen Rechten verübten politischen Attentate und Fememorde sowie das republikfeindliche Justizsystem der Weimarer Republik. Er arbeitete hierbei eng mit Emil Julius Gumbel (1891–1966) zusammen, mit dem er im Rahmen der DLfM Bekanntschaft geschlossen hatte. Aufgrund seiner Publikationen mehrfach angeklagt, wurde Jacob 1928 im sog. Ponton-Prozess von dem Leipziger Reichsgericht wegen „versuchten Landesverrats“ zu acht Monaten Festungshaft verurteilt.

    Nachdem die 1924 von ihm mitgegründete Republikanische Partei Deutschlands politisch bedeutungslos blieb, trat Jacob 1928 der von ihm zuvor wegen der sozialdemokratischen Haltung zur Wehrfrage und der Beteiligung an der Regierungskoalition kritisierten SPD bei, ehe er sich 1931 der weiter links stehenden, von Kurt Rosenfeld (1877–1943) und Max Seydewitz (1892–1987) angeführten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) anschloss. Vor dem Hintergrund des erstarkenden Nationalsozialismus siedelte Jacob mit seiner Ehefrau im Juli 1932 nach Straßburg über, wo er für die „Straßburger Neuesten Nachrichten“ unter dem ihm bereits bekannten Chefredakteur Jean Knittel (1891–1968) sowie für das ebenfalls in Straßburg erscheinende Blatt „La République“ aktuelle Berichte über Deutschland verfasste.

    Zudem war Jacob für zentrale Organe der deutschen Exilpresse als freier Mitarbeiter tätig, u. a. für das „Pariser Tageblatt“ (seit 1936 „Pariser Tageszeitung“), „Die Neue Weltbühne“ und „Das Neue Tage-Buch“. Im August 1932 gründete er mit dem Unabhängigen Zeitungs-Dienst (Service de presse indépendant) eine zweisprachige Pressekorrespondenz, veröffentlichte mehrere kritische Bücher und Broschüren gegen das NS-Regime und beteiligte sich von 1934 bis 1936 an der (erfolglosen) internationalen Kampagne zur Freilassung Ossietzkys aus nationalsozialistischer Haft. Infolge dieses Engagements wurde Jacob mit der ersten Ausbürgerungsliste vom 25. August 1933 durch den NS-Staat die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.

    Im März 1935 wurde Jacob durch Gestapo-Agenten, zu denen er durch das Versprechen eines Passes gelockt worden war, aus Basel entführt und zu Vernehmungen in ein Berliner Polizeigefängnis überstellt. Hierbei konnte er die systematische Auswertung deutscher Publikationen als Quelle der militärischen Nachrichten seines Unabhängigen Zeitungs-Diensts nachweisen. Infolge eines Protests der von dem Juristen Carl Ludwig (1889–1967) vertretenen Schweizer Regierung und einer internationalen Kampagne für seine Freilassung wurde Jacob im September 1935 aus der Gestapo-Haft entlassen, nach Bern gebracht und anschließend nach Frankreich ausgewiesen.

    Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Jacob erneut verhaftet und in Paris sowie in Le Vernet interniert. Im Oktober 1940 gelang ihm und seiner Ehefrau die Flucht über Marseille nach Madrid. Nach erfolglosen Versuchen, Reisepapiere zu erlangen, reisten beide im August 1941 illegal nach Portugal. Am 25. September 1941 wurde Jacob in Lissabon erneut von Gestapo-Agenten aufgegriffen, nach Berlin verbracht und dort interniert; entkräftet starb er am 26. Februar 1944 im Jüdischen Krankenhaus Berlin.

  • Auszeichnungen

    1918 Eisernes Kreuz II. Klasse
    seit 1938 Stipendiat der American Guild für German Cultural Freedom
  • Quellen

    Teilnachlass:

    Universität Oxford, Bodleian Library. (Rudolf Olden Papers)

    Weitere Archivmaterialien:

    Hoover Institution Archives, Grossmann Collection, Box 28. (Kurt Grossmann, Memorandum in der Angelegenheit der Entführung Berthold Jacob/Salomon, undatiert)

    Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt am Main, Deutsches Exilarchiv, EB 75/175. (Rundschreiben zum Fall Berthold Jacob v. Otto Lehmann-Rußbüldt, Juni 1942)

    British Library, London, Add Ms 7 4230. (Wickham Steed Papers)

    Privatbesitz. (Memoiren v. Hans Roger Madol, unveröffentlicht u. undatiert)

    Gedruckte Quellen:

    Charmian Brinson/Marian Malet (Hg.), „Warum schweigt die Welt?“. Die Entführung von Berthold Jacob. Eine Dokumentation, 2014.

  • Werke

    Emil Julius Gumbel/Berthold Jacob, Weißbuch über die Schwarze Reichswehr, hg. v. d. Deutschen Liga für Menschenrechte, 1925.

    Emil Julius Gumbel/Berthold Jacob/Lothar Persius/Otto Lehmann-Russbüldt (Hg.), Deutschlands geheime Rüstungen?, 1925.

    Emil Julius Gumbel/Berthold Jacob/Ernst Falck, „Verräter verfallen der Feme“. Opfer, Mörder, Richter 1919–1929, 1929.

    Die Hindenburg-Legende, [ca. 1934].

    Wer? Aus dem Arsenal der Reichstagsbrandstifter. Eine historische Untersuchung, 1934.

    [Jacob Bernhard/Karl Retzlaw], Die Memoiren des Stabschef Röhm, 1934. (anonym)

    Das neue deutsche Heer und seine Führer. Mit einer Rangliste des deutschen Heeres und Dienstaltersliste nach dem Stande von Mitte August 1936, 1936, tschech. 1937.

    Warum schweigt die Welt?, 1936. (Hg.)

    Weltbürger Ossietzky. Ein Abriss seines Werkes, 1937.

  • Literatur

    Ruth Greuner, Berthold Jacob. Weggefährte Ossietzkys, in: ders., Gegenspieler. Profile linksbürgerlicher Publizisten aus Kaiserreich und Weimarer Republik, 1969, S. 313–343. (P)

    Jost Nikolaus Willi, Der Fall Jacob-Wesemann (1935/1936). Ein Beitrag zur Geschichte der Schweiz in der Zwischenkriegszeit, 1972.

    Werner Berthold/Brita Eckert/Frank Wende, Deutsche Intellektuelle im Exil. Ihre Akademie und die American Guild for German Cultural Freedom. Eine Ausstellung des Deutschen Exilarchivs der Deutschen Bibliothek, 1993, bes. S. 511–522

    Ursula Langkau-Alex, Deutsche Volksfront, 1932–1939, Bde. 1 u. 2, 2004.

    Hermann Wichers, Art. „Berthold Jacob“, in: Historisches Lexikon der Schweiz, 2014. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Charmian Brinson (London)

  • Zitierweise

    Brinson, Charmian, „Jacob, Berthold“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118639870.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA