Frey, Gerhard
- Lebensdaten
- 1933 – 2013
- Geburtsort
- Cham (Oberpfalz)
- Sterbeort
- Gräfelfing bei München
- Beruf/Funktion
- Publizist ; Verleger ; Politiker ; Jurist ; Fernsehredakteur
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 11922075X | OGND | VIAF: 30341977
- Namensvarianten
-
- Frey, Gerhard Michael
- Frey, Gerhard
- Frey, Gerhard Michael
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Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
- David Irving (geb. 1938)
- Egon Bahrs (1922–2015)
- Ernst Benda (1925–2009)
- Erwin Melichar (1913–2000)
- Franz Schönhuber (1923–2005)
- Hans-Ulrich Rudel (1916–1982)
- Harald Neubauer (1951–2021)
- Helmut Kohl (1930–2017)
- Jean-Marie Le Pen (geb. 1928)
- Jörg Haider (1950–2008)
- Karl-Heinz Hoffmann (geb. 1937)
- Theodor Maunz (1901–1993)
- Willy Brandts (1913–1992)
- Wladimir Schirinowski (geb. 1946)
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Frey, Gerhard Michael
1933 – 2013
Publizist, Verleger, Politiker
Als Verleger und Politiker nahm Gerhard Frey großen Einfluss auf die Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Mit der Deutschen National-Zeitung hielt er seit 1963 das zeitweise auflagenstärkste Wochenblatt der rechten Szene in seiner Hand. Über die von ihm gegründete Deutsche Volksunion (DVU), deren Vorsitzender er bis 2009 blieb, bemühte sich Frey um parlamentarischen Einfluss. In den 1990er Jahren erzielte die Partei einige Achtungserfolge.
Lebensdaten
Geboren am 18. Februar 1933 in Cham (Oberpfalz) Gestorben am 19. Februar 2013 in Gräfelfing bei München Grabstätte Waldfriedhof in München Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→André Postert (Dresden)
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Zitierweise
Postert, André, „Frey, Gerhard“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11922075X.html#dbocontent
Nach dem Abitur in Cham (Oberpfalz) studierte Frey seit November 1951 Rechts- und Staatswissenschaften in München und wechselte im Sommer 1956 nach Graz, wo er 1960 bei dem späteren Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Erwin Melichar (1913–2000), zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Von Haus aus wohlhabend, nutzte Frey 1958 seinen Anteil am Familienerbe zum Aufbau des Deutschen Allgemeinen Verlags (seit 1968 Druckschriften- und Zeitungsverlags GmbH, DSZ-Verlag).
1958 übernahm Frey die wirtschaftlich angeschlagene „Deutsche Soldaten-Zeitung“ zur Hälfte, 1960 vollständig. Unter dem Namen „Deutsche National-Zeitung“ (DNZ) baute er das Blatt seit 1963 zum rechtsradikalen Leitorgan der Bundesrepublik mit einer Auflage von über 100 000 Exemplaren bis Anfang der 1980er Jahre aus. Viele Artikel schrieb er selbst, meist ohne seinen Namen zu nennen. Frey erwarb mehrere Zeitungen, darunter die „Deutsche Wochen-Zeitung“, die 1999 mit der DNZ zur „National-Zeitung“ (NZ) verschmolz. Die Zeitungen propagierten eine Politik der nationalen Größe, polemisierten scharf gegen etablierte Parteien und positionierten sich geschichtsrevisionistisch. Ende der 1990er Jahre betrug die Auflage noch rund 50 000 Exemplare. 2019 wurde die NZ eingestellt und im Herbst 2020 der DSZ-Verlag liquidiert.
Zur Bundestagswahl 1969 bemühte sich Frey erfolglos um eine Kandidatur für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Als sich nach seinem Parteieintritt 1975 seine Hoffnung zerschlug, Teil des Bundesvorstands zu werden, verließ er 1979 die NPD und konzentrierte sein politisches Engagement auf den 1971 von ihm gegründeten Verein Deutsche Volksunion (DVU). Dieser avancierte zu einem überparteilichen Sammelbecken der radikalen Rechten in Konkurrenz zur NPD, was strategische Bündnisse jedoch nicht ausschloss.
Ab Ende der 1960er Jahre trat Frey als scharfer Kritiker der neuen Ostpolitik Willy Brandts (1913–1992) und Egon Bahrs (1922–2015) hervor. Kampagnen zur Rehabilitierung deutscher „Kriegshelden“, bei denen u. a. mit dem Kampfpiloten Hans-Ulrich Rudel (1916–1982) geworben wurde, verschafften ihm und der DVU zusätzlich Aufmerksamkeit. Wiederholte Ausfälle gegen die westdeutsche Erinnerungskultur und Repräsentanten der Bundesrepublik brachten Frey mehrere hundert Strafanträge ein. Rechtskräftig verurteilt wurde er nicht. Den 1969 vom Bundesminister des Innern, Ernst Benda (1925–2009), unternommenen Versuch, Frey die Grundrechte zu entziehen, wies das Bundesverfassungsgericht 1974 mit der Begründung zurück, es sei nicht ausreichend deutlich gemacht geworden, warum Frey eine reale Gefahr für die Bundesrepublik darstelle.
1987 gründete Frey die DVU als Partei und war bis 2009 deren Bundesvorsitzender. Diesen Schritt begründete er damit, dass die von Bundeskanzler Helmut Kohl (1930–2017) angekündigte „geistig-moralische Wende“ in der Bundesrepublik ausgeblieben sei. Frey trat 1989 als Spitzenkandidat der DVU zur Europawahl an, erreichte aber nur 1,6 % der Stimmen. Seit Beginn der 1990er Jahre gelangen der DVU mit ausländerfeindlichen, nationalistischen und EU-feindlichen Positionen Achtungserfolge, etwa bei der Bürgerschaftswahl in Bremen (1991) und der Landtagswahl in Schleswig-Holstein (1992). Zwar büßte die DVU in Norddeutschland rasch an Zustimmung ein, erzielte in Ostdeutschland jedoch beachtliche Erfolge. Ihr bestes Ergebnis erzielte sie 1998 bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt mit 12,9 %.
Frey führte die DVU mit autoritärer Hand. Kritikern galt sie als Phantompartei, da sie vor Ort kaum Aktivität entfaltete. Die von ihm im Zuge des Partei-Niedergangs befürwortete Fusion der DVU und NPD wurde im Juli 2010 per Urabstimmung bestätigt. Obwohl in der Szene aufgrund seines geschäftlichen Hintergrunds umstritten, war Frey ein zentraler Protagonist der bundesdeutschen Rechten nach 1945. Öffentliches Aufsehen erregte die 1993 von ihm enthüllte Kooperation der DVU mit dem Staatsrechtler und CSU-Politiker Theodor Maunz (1901–1993), der anonym für die DNZ geschrieben und die DVU juristisch beraten hatte.
Frey knüpfte internationale Kontakte u. a. zu dem britischen Historiker und Holocaust-Leugner David Irving (geb. 1938), dem Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei in Russland, Wladimir Schirinowski (geb. 1946), und zu Jean-Marie Le Pen (geb. 1928) vom französischen Front National. Gleichwohl entfaltete er im eigenen Lager keine integrierende Wirkung. Einer seiner prominenten Kritiker aus dem rechten Lager war der Vorsitzende der Freiheitlichen Partei Österreichs, Jörg Haider (1950–2008), der ihm im April 1994 öffentlich politischen Egoismus vorwarf. Freundschaftliche Beziehungen entwickelten sich hingegen zu Freys ehemaligen Konkurrenten Franz Schönhuber (1923–2005), dem Vorsitzenden der Republikaner. Ein an die Presse durchgegebener „Meinungsaustausch“ über die Zusammenarbeit von DVU und REP trug 1994 zum Sturz Schönhubers bei.
Zu den von Frey zeitweise protegierten Akteuren der radikalen Rechten zählen der Publizist und Politiker Harald Neubauer (1951–2021) sowie Karl-Heinz Hoffmann (geb. 1937), 1973 Gründer einer nach ihm benannten Wehrsportgruppe.
Nachlass:
Privatbesitz.
Weitere Archivmaterialien:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Nachlass Theodor Maunz (Verfassungsbeschwerde des Bundesjustizministers. Schreiben an das Bundesverfassungsgericht in Sachen Gerhard Frey 1969); Nachlass Franz Schönhuber (Korrespondenz mit Frey in verschiedenen Akten, u. a. 56, 57, 171, 178, 284).
Bundesarchiv, Koblenz, 12-1/E (Kopien aus Polizeiakten); B 122/13277, Aktenzeichen 7001; B 136/4402, Bd. 1–2, Aktenzeichen 10215; B 106/101959, Bd. 1–10, Aktenzeichen 601 029/01 (Verfahren der Bundesregierung gegen Verleger Gerhard Frey wegen Verwirkung von Grundrechten; B 136/59027, Aktenzeichen 26000 (19) Ze 1 (VS) (Materialbeschaffung gegen den Herausgeber Gerhard Frey in der DDR durch Rechtsanwalt Winterfeld); MfS ZAIG/28733 (Informationen des Ministeriums für Staatssicherheit und Presseinformation über den rechtsextremen Druckschriften- und Zeitungsverlag GmbH und dessen Inhaber Gerhard Frey).
Stadtarchiv München, Nachlass Theodor Maunz, DE-1992-NL-MAU-192 u. 193.
Monografien:
Die Handelsverflechtung Österreichs mit Deutschland, 1960. (ungedr. Diss. rer. pol., Universität Graz)
Polens verschwiegene Schuld. Das ungesühnte Unrecht am deutschen Volk, 1990.
Deutsche Einheit, deutsche Freiheit, 2010.
Herausgeberschaften:
Prominente ohne Maske. 1000 Lebensläufe bekannter Zeitgenossen, 1984.
Prominente ohne Maske international. 1000 Lebensläufe einflussreicher Zeitgenossen aus 100 Staaten, 1989.
Prominente ohne Maske DDR. 1000 Lebensläufe einflussreicher Zeitgenossen aus Mitteldeutschland, 1991.
Vorsicht Fälschung. 1000 antideutsche Lügen in Bild und Text, 1991, 21992.
Deutschlands Ausplünderung. Das deutsche Volk als Melk-Kuh der Welt, 1993.
Deutschland wie es wirklich war. 1000 Bilder, die das Fernsehen nicht zeigt, 1994.
Befreiung? Die Wahrheit über den 8. Mai 1945, 2004.
Die Erpressung: Wie Deutschlands Milliarden über den Jordan gehen, 2005.
Wer? Wann? Was? Zitate entlarven Prominente, 2008.
Monografien:
Hermann Bott, Die Volksfeind-Ideologie. Zur Kritik rechtsradikaler Propaganda, 1969.
Peter Dudek/Hans-Gerd Jaschke, Die Deutsche National-Zeitung. Inhalt, Geschichte, Aktionen, 1981.
Annette Linke, Der Multimillionär Frey und die DVU. Daten, Fakten, Hintergründe, 1994.
Uwe Backes/Patrick Morau, Die extreme Rechte in Deutschland, 1994.
G. Hertel, Die DVU. Gefahr von Rechtsaußen, 1998.
Cas Mudde, The Ideology of the Extreme Right, 2000, bes. S. 60–79. (Onlineressource)
Everhard Holtmann, Die angepassten Provokateure. Aufstieg und Niedergang der rechtsextremen DVU als Protestpartei im polarisierten Parteiensystem Sachsen-Anhalts, 2002.
Thomas Grumke/Bernd Wagner (Hg.), Handbuch Rechtsradikalismus. Personen – Organisationen – Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, 2002.
Aufsätze und Artikel:
Michael Stolleis, Theodor Maunz. Ein Staatsrechtslehrerleben, in: Kritische Justiz 26 (1993), 4, S. 393–396.
Rainer Fromm, Art. „Deutsche Volksunion (DVU)“, in: ders., Am rechten Rand. Lexikon des Rechtsradikalismus, 21994, S. 47–53.
Stefan Mayer, Biographisches Porträt: Gerhard Michael Frey, in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie 14 (2002), S. 169–181.
Stefan Mayer, Aufstieg und Fall einer rechtsextremistischen Partei. Die Mitgliederentwicklung der Deutschen Volksunion, in: Eckhard Jesse/Hans-Peter Niedermeier (Hg.), Politischer Extremismus und Parteien, 2007, S. 255–277.
Barbara Distel, Art. „Frey, Gerhard“, in: Wolfgang Benz (Hg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2/1, 2009, S. 252–253.
Lars Normann, Vorstandswechsel, Fusion und Ende der „Phantompartei“ DVU, in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie 23 (2011), S. 165–184.