Daluege, Kurt
- Dates of Life
- 1897 – 1946
- Place of birth
- Kreuzburg (Schlesien, heute Kluczbork, Polen)
- Place of death
- Prag
- Occupation
- SA-Führer ; Chef der Ordnungspolizei ; SS-Oberst-Gruppenführer ; Bauingenieur ; Politiker ; Polizeibeamter
- Religious Denomination
- evangelisch, seit November 1936 „gottgläubig“
- Authority Data
- GND: 119510324 | OGND | VIAF: 67277686
- Alternate Names
-
- Daluege, Kurt Max Franz
- Daluege, Kurt
- Daluege, Kurt Max Franz
- Daluge, Kurt
- Daluege, Curt
- Daluege, Curt Max Franz
- Daluge, Curt
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Daluege, Kurt Max Franz
1897 – 1946
SA-Führer, Chef der Ordnungspolizei, SS-Oberst-Gruppenführer
Kurt Daluege, ein früher Vertrauter Adolf Hitlers (1889-1945), führte seit 1926 die Berliner SA und wechselte 1930 zur SS. Seit 1936 Chef der Ordnungspolizei, stieg er im Zweiten Weltkrieg als SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei zu einem der einflussreichsten Männer des NS-Staats auf, ehe er sich 1943 aus allen Ämtern zurückzog. Verantwortlich für zahlreiche Kriegsverbrechen, wurde Daluege 1946 zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Dates of Life
Geboren am 15. September 1897 in Kreuzburg (Schlesien, heute Kluczbork, Polen) Gestorben am 23. Oktober 1946 (hingerichtet) in Prag Konfession evangelisch, seit November 1936 „gottgläubig“ -
Author
→Bernhard Sauer (Berlin)
-
Citation
Sauer, Bernhard, „Daluege, Kurt“ in: NDB-online, veröffentlicht am 24.03.2022, zuletzt geändert am 23.05.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119510324.html#dbocontent
Im Anschluss an sein Notabitur leistete Daluege seit Dezember 1916 Kriegsdienst als Freiwilliger. Nach schwerer Verwundung im April 1918 als Vizefeldwebel und Offiziersanwärter aus dem Dienst entlassen, beteiligte er sich von 1918 bis 1921 als Führer des Selbstschutzes Oberschlesien an Kämpfen gegen polnische Aufständische (Teilnahme an der „Schlacht am Annaberg“ im Mai 1921). Sein im November 1921 in Berlin begonnenes Studium des Fachs Tiefbau schloss er 1924 als Diplom-Ingenieur ab.
1922 Abteilungskommandant des Berliner Ablegers des Freikorps Roßbach, trat Daluege im Frühjahr 1923 der NSDAP bei. Beim Hitler-Putsch vom 8./9. November 1923 versuchte er als Kommandant eines Freiwilligen-Kontingents und Berliner Vertrauensmann Adolf Hitlers (1889-1945) dessen Regierungsübernahme zu unterstützen. Seit November 1923 einer der Führer des Wehrverbands Frontbann in Berlin (Auflösung Oktober 1925), schloss sich Daluege im März 1926 erneut der wiedergegründeten NSDAP an und gründete mit Waldemar Geyer (1882–1947) die Berliner SA.
Im November 1926 ernannte der Gauleiter von Berlin-Brandenburg Joseph Goebbels (1897–1945) Daluege zu seinem Stellvertreter. Von 1927 bis 1933 als Abteilungsleiter einer Städtischen Baugesellschaft und Ingenieur bei der Berliner Müllabfuhr tätig, legte Daluege am 21. Juli 1928 sein Amt als Berliner SA-Chef nieder. Auf Wunsch Hitlers verließ er im Juli 1930 die SA und trat am 25. Juli 1930 der SS bei. Indem es ihm gelang, seinen Vertrauten Herbert Packebusch (geb. 1902) in den Stab um SA-Führer Walther Stennes (1895–1983) einzuschleusen, war Daluege am Scheitern von dessen parteiinterner Revolte am 1. April 1931 maßgeblich beteiligt. 1931/32 leitete Daluege den SS-Abschnitt III Ost in Berlin und wurde 1932 zum SS-Gruppenführer befördert.
Von Hermann Göring (1893–1946) zum Kommissar zur besonderen Verwendung im Preußischen Innenministerium ernannt, arbeitete Daluege seit Februar 1933 als Leiter einer eigenen Sonderabteilung daran, die sozialdemokratisch geprägte preußische Polizei gleichzuschalten. Im Mai 1933 wurde er zum Leiter der Polizeiabteilung, im September 1933 zum General der preußischen Landespolizei befördert. Nach der Niederschlagung des „Röhm-Putsches“ beauftragte Göring Daluege 1934 damit, die SA-Gruppen Berlin-Brandenburg, Pommern, Grenzmark, Schlesien und Mitte neu zu organisieren und personell zu „säubern“. Seit November 1934 Leiter der Polizeiabteilung im Reichs- und Preußischen Ministerium des Inneren unter Wilhelm Frick (1877–1946), wurde Daluege im April 1935 zum Generalleutnant der Polizei ernannt. Als stellvertretender Chef der Deutschen Polizei und Chef der Ordnungspolizei unterstand ihm seit Juni 1936 die gesamte uniformierte Polizei des Deutschen Reichs, sein Einflussbereich war jedoch durch die von Reinhard Heydrich (1904–1942) geleitete Sicherheitspolizei begrenzt.
Im Zweiten Weltkrieg war Daluege für den Schutz Hitlers und anderer hoher Parteifunktionäre zuständig. Als Chef der Ordnungspolizei verantwortete er zahlreiche Kriegsverbrechen deutscher Polizeieinheiten, etwa die Ermordung von über 1000 jüdischen Männern, Frauen und Kinder in Białystok am 27. Juni 1941 durch Angehörige des Polizeibataillons 309. Im Juni 1941 Augenzeuge der Ermordung von 4435 Juden bei Brest-Litowsk und Ende 1941 von der Erschießung von 2278 Menschen bei Berditschew, unterzeichnete Daluege am 14. Oktober 1941 den ersten Befehl zur Deportation deutscher Juden nach Lodz in Polen.
Im April 1942 wurde Daluege von Hitler zum SS-Oberst-Gruppenführer und Generaloberst der Polizei befördert und im Juni 1942 nach der Ermordung Heydrichs zu dessen Nachfolger als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren ernannt. Hier verantwortete und koordinierte Daluege zusammen mit dem Höheren SS- und Polizeiführer Karl Hermann Frank (1898–1946) das Massaker an den Einwohnern der Ortschaften Lidice und Ležáky.
Gesundheitlich angeschlagen, wurde Daluege im Juli 1943 von Hitler von seinem Amt als Reichsprotektor entbunden. Im August 1943 beantragte er seine Beurlaubung als Chef der Ordnungspolizei und zog sich auf sein Rittergut Ilsenau (Reichsgau „Wartheland“), eine Dotation Hitlers, zurück. Im Mai 1945 von britischen Streitkräften in Lübeck verhaftet und im Mai 1946 an die Tschechoslowakei ausgeliefert, verurteilte das außerordentliche Volksgericht Prag Daluege am 23. Oktober 1946 zum Tode. Das Urteil wurde am selben Tag vollstreckt. Zuvor hatte Daluege einen Selbstmordversuch unternommen.
1933 | Totenkopfring der SS |
1934 | Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP |
1935 | Degen der SS |
1938 | Großkreuz des Ordens der Krone von Italien |
1940 | Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern |
1941 | Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern |
1942 | Deutsches Kreuz in Silber |
1943 | Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern |
Nachlass:
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Bestand VI. HA, Nl Daluege, K. (Findbuch).
Yiddish Scientific Institut New York, New York City. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Koblenz, R 19 (Hauptamt Ordnungspolizei); R 20 (Truppen und Schulen der Ordnungspolizei / Chef der Bandenkampfverbände).
Gedruckte Quellen:
Joseph Goebbels, Die Tagebücher, hg. v. Elke Fröhlich u. a., 32 Bde., 1993–2008.
SS-Obergruppenführer und General der Polizei Kurt Daluege. Der Chef der Ordnungspolizei. Dokumentensammlung, bearb. v. Ṭoviyah Fridman, hg. v. Institute of Documentation in Israel for the Investigation of Nazi War Crimes (Haifa), 1997. (unsystematisch)
Tag der deutschen Polizei 1934, [1935].
Die Zusammenarbeit der Polizei in der Welt. Interview mit Generalleutnant Daluege aus Anlaß der 11. Jahresversammlung der internationalen kriminalpolizeilichen Kommission in Kopenhagen, in: Der Deutsche Polizeibeamte. Amtliches Organ des Kameradschaftsbundes Deutscher Polizeibeamten 3 (1935), S. 489 f.
Stellung und Aufgaben der Polizei im Dritten Reich, 1935.
Nationalsozialistischer Kampf gegen das Verbrechertum. Unter Mitarbeit v. Erich Liebermann von Sonnenberg, 1936.
Geleitwort, in: Fritz Stelzner, Schicksal SA. Die Deutung eines großen Geschehens von einem, der es selbst erlebte, 1936.
10 Jahre RFSS, in: Das Schwarze Korps v. 5.1.1939, S. 2 f. (Laudatio anlässlich des zehnjährigen Dienstjubiläums von Heinrich Himmler als Reichsführer-SS)
Martin Broszat, Die Anfänge der Berliner NSDAP 1926/27, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 8 (1960), H. 1, S. 85–118. (Onlineressource)
Caron Cadle, My Honor is Loyalty. The Biography of S.S. General Kurt Daluege, 1979. (ungedr. Bachelorarbeit, Princeton University)
Caron Cadle, Kurt Daluege. Der Prototyp des loyalen Nationalsozialisten, in: Ronald Smelser/Enrico Syring/Rainer Zitelmann (Hg.), Die braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen, 1993, S. 66–79. (P)
Bernhard Sauer, Goebbels' „Rabauken“. Zur Geschichte der SA in Berlin-Brandenburg, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2006, S. 107–164. (Onlineressource)
Peter Longerich, Heinrich Himmler. Biographie, 2008.
Stefan Klemp, „Rücksichtslos ausgemerzt“. Die Ordnungspolizei und das Massaker von Lidice, 2012.
Bastian Hein, Elite für Volk und Führer? Die allgemeine SS und ihre Mitglieder 1925–1945, 2012.
Bernhard Sauer, Alte Kämpfer und feste Bande. Kurt Daluege und Herbert Packebusch, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 62 (2014), S. 977–996. (Onlineressource)
Jonathan Dunnage/Nadine Rossol, Building Ideological Bridges and Inventing Institutional Traditions. Festivities and Commemorative Rituals in the Fascist and Nazi Police, in: Crime, Histoire & Sociétés 19 (2015), S. 67–88. (Onlineressource)
Bernhard Sauer, Othmar Toifl (1898–1934). Kurt Dalueges geheimnisvoller Nachrichtenmann, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 64 (2016), S. 833–853. (Onlineressource)
Hans-Christian Harten, Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus, 2018, bes. S. 165–256.
Sascha Steger, Kurt Daluege, die Stennes-Revolten 1930/31 und der Aufstieg der SS, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 69 (2021), H. 4, S. 607–632.
zahlreiche Fotografien in: Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.
Fotografie, ca. 1935, Abbildung in: Der Großdeutsche Reichstag 1938, IV. Wahlperiode (nach dem 30. Januar 1933). Mit Zustimmung des Herrn Reichstagspräsidenten hg. v. E. Kienast, 1938, S. 477. (Onlineressource)