Brauchitsch, Eberhard von
- Lebensdaten
- 1926 – 2010
- Geburtsort
- Berlin
- Sterbeort
- Zürich
- Beruf/Funktion
- Manager ; Unternehmer
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118823345 | OGND | VIAF: 37713073
- Namensvarianten
-
- Brauchitsch, Joachim Albrecht Eberhard Kurt Konrad Ferdinand von
- Brauchitsch, Eberhard von
- Brauchitsch, Joachim Albrecht Eberhard Kurt Konrad Ferdinand von
- Brauchitsch, Joachim Albrecht Eberhard Curt Conrad Ferdinand von
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Personen im NDB Artikel
- Axel Springer (1912–1985)
- Friedrich Christian Flick (geb. 1944)
- Friedrich Flicks (1883–1972)
- Friedrich Karl Flick (1927–2006)
- Gert-Rudolf Flick (geb. 1943)
- Hanns Martin Schleyer (1915–1977)
- Helmut Kohl (1930–2017)
- Josef Neckermann (1912–1992)
- Konrad Kaletsch (1898–1978)
- Kurt Biedenkopf (1930–2021)
- Wolfgang Pohle (1903–1971)
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Brauchitsch, Joachim Albrecht Eberhard Kurt Konrad Ferdinand von
1926 – 2010
Manager
Eberhard von Brauchitsch zählte gegen Ende der 1970er Jahre zu den einflussreichsten Managern der Bundesrepublik und zu den bestvernetzten Akteuren in Privatwirtschaft und Politik. Seine steile Karriere wurde 1982 jäh beendet durch die Parteispendenaffäre. Sein Name ist seitdem verbunden mit der euphemistisch als „Pflege der Bonner Landschaft“ beschriebenen Korruptionspraxis des Flick-Konzerns.
Lebensdaten
Geboren am 28. November 1926 in Berlin Gestorben am 7. September 2010 (Suizid) in Zürich Grabstätte Friedhof Steglitz in Berlin Konfession evangelisch-lutherisch -
Autor/in
→Kim Christian Priemel (Oslo)
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Zitierweise
Priemel, Kim Christian, „Brauchitsch, Eberhard von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118823345.html#dbocontent
Brauchitsch besuchte in Berlin die Oberschule. In der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs von seinen Eltern nach Süddeutschland gesandt, diente er 1943 als Flakhelfer in München und im letzten Kriegsjahr in der Panzergrenadier-Division „Großdeutschland“ an der Ostfront. Nach dem Abitur 1946 studierte er Rechtswissenschaften in Mainz und legte 1949 das Erste Staatsexamen ab. Auf ein einjähriges Stipendium an der Vrije Universiteit Amsterdam, wo er Politische Wissenschaften ohne Abschluss studierte, folgten das Referendariat am Amtsgericht Edenkoben (Kreis Südliche Weinstraße, Rheinland-Pfalz) und das Zweite Staatsexamen am Kammergericht Berlin-West 1954.
1955 wechselte Brauchitsch als Vorstandsassistent in die Rechtsabteilung der zwei Jahre zuvor gegründeten Deutsche Lufthansa AG, die in Zusammenarbeit mit politischen Stellen die Aufnahme des Linienflugbetriebs vorbereitete. 1957 wurde Brauchitsch Geschäftsführer der Lufthansa-Tochter Charterfluggesellschaft Deutsche Flugdienst GmbH und bereitete die Übernahme der Condor Luftreederei vor.
Brauchitschs unternehmerische Karriere nahm eine entscheidende Wende, als er 1960 einem Angebot seines Jugendfreundes Friedrich Karl Flick (1927–2006) folgte und als Prokurist in die Düsseldorfer Konzernholding Friedrich Flick KG eintrat. Ohne klar umrissene Zuständigkeiten zählte Brauchitsch in der Konzernverwaltung zur Führungsreserve in den 1960er Jahren. Bereits 1965 wurde er als Komplementär ohne Eigentumsanteil zum Persönlich Haftenden Gesellschafter bestellt und war damit auf der höchsten Leitungsebene angekommen. Dort ersetzte Brauchitsch den in den Bundestag wechselnden Wolfgang Pohle (1903–1971) und übernahm damit einen erheblichen Teil der Lobbyarbeit. Im Gefüge des überalterten Spitzenmanagements erschien Brauchitsch zunehmend als künftiger Konzernlenker, doch nach Unstimmigkeiten mit Flick über die Außendarstellung sowie Personalentscheidungen bei der Daimler-Benz AG, einer zentralen Beteiligung Flicks, verließ Brauchitsch zum Jahresende 1970 die Gruppe.
Nach einem Intermezzo als Generalbevollmächtigter des Verlegers Axel Springer (1912–1985) und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender in dessen Dachgesellschaft, während dessen er zur Reorganisation des Medienkonzerns beitrug, kehrte Brauchitsch aufgrund einer testamentarischen Verfügung Friedrich Flicks (1883–1972) 1973 nach Düsseldorf zurück. Dort wurde er neben Konrad Kaletsch (1898–1978) erneut zur Führungsfigur und verhandelte im Auftrag Friedrich Karl Flicks mit dessen Neffen Friedrich Christian Flick (geb. 1944) und Gert-Rudolf Flick (geb. 1943) deren Abfindung, um die Konzernleitung in einer Hand zu konzentrieren. Im folgenden Jahrzehnt war Brauchitsch an allen zentralen Entscheidungen maßgeblich beteiligt, darunter insbesondere an dem Verkauf der Daimler-Benz-Beteiligung 1975 an die Deutsche Bank AG. Aufsichtsratsmandate nahm er u. a. bei Flick-Beteiligungen, bei British Petroleum, der Henkel AG & Co. KGaA und der Fried. Krupp AG wahr. Brauchitsch galt in diesen Jahren als einer der bestvernetzten Manager der Bundesrepublik, der sowohl in Industrie- und anderen Verbänden als auch in der Bonner Politik erheblichen Einfluss hatte. Entschieden konservativ, zählten zu seinem Netzwerk u. a. Kurt Biedenkopf (1930–2021), Helmut Kohl (1930–2017), Josef Neckermann (1912–1992) und Hanns Martin Schleyer (1915–1977). Bereits seit 1981 als Stellvertreter aktiv, hätte Brauchitsch 1983 die Präsidentschaft des Bundesverbandes der deutschen Industrie übernehmen sollen.
Dazu kam es jedoch nicht, nachdem Brauchitschs Karriere mit der Flick- bzw. Parteispendenaffäre 1982 einen jähen Bruch erlitt. Nach Medienenthüllungen, dass er als Teil des Konzernmanagements rund 26 Millionen D-Mark an Parteien, parteinahe Stiftungen und einzelne Politiker v. a. von CDU, CSU und FDP, aber auch der SPD, gezahlt hatte, um Flick die steuerfreie Reinvestition der Daimler-Benz-Erlöse zu ermöglichen, trat Brauchitsch vom designierten BDI-Vorsitz und aus seiner Stellung als Persönlich Haftender Gesellschafter bei Flick zurück. 1987 verurteilte ihn das Landgericht Bonn wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer zweijährigen, gegen eine Geldbuße von 550 000 D-Mark auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe. Vom Vorwurf der Bestechung wurde er freigesprochen. Im Nachgang der Affäre wurde das von Brauchitsch geprägte Wort der „Pflege der Bonner Landschaft“ sprichwörtlich.
Brauchitsch konnte an seine frühere Karriere nicht wieder anknüpfen. Neben Beratertätigkeiten und Verwaltungsratsmandaten u. a. bei der Burda-Holding und dem Spediteur Kühne + Nagel International AG wirkte er zwischen 1994 und 2000 im Auftrag der Treuhandanstalt als Aufsichtsratsvorsitzender der Buna-Werke in Schkopau und der Sächsischen Olefinwerke (SOW) Böhlen. Unter Brauchitschs Verantwortung fusionierten die beiden Firmen und Teile der Leuna-Werke zur Buna Sow Leuna Olefinverbund GmbH (BSL) und wurden 1995 von der Dow Chemical Company gekauft. Welchen strategischen Anteil Brauchitsch, dessen 1999 erschienene Autobiografie v. a. seine unternehmerische Lebensleistung betonte, daran hatte, ist unklar. Angesichts des Umstands, dass es ihm schon in seiner Zeit als Flick-Manager nicht gelungen war, den Konzern strategisch neu auszurichten, und ein Großteil seiner Aktivitäten Netzwerkpflege gewesen waren, stellt diese Selbstdarstellung v. a. den Versuch dar, den ihm hartnäckig anhängenden Ruf als hauptamtlicher Lobbyist zurückzuweisen.
1969–1970 | Kuratoriumsmitglied der Stiftung Deutsche Sporthilfe |
1970–1981 | Vorstandsmitglied (als stellvertretender Vorsitzender) der Stiftung Deutsche Sporthilfe |
1977 | Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1978–1982 | Vorsitzender der Hanns Martin Schleyer-Stiftung (ab 1982 Ehrenvorsitzender) |
1978–1985 | Präsidiumsmitglied der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände |
1979 | Ehrensenator der Universität Innsbruck |
1980 | Bayerischer Verdienstorden |
1981 | Mérite Européen d’Or des Freundes- und Förderkreises Deutschland e. V. |
Präsidiumsmitglied des Nationalen Olympischen Komitees |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung, St. Augustin 01-093. (Otto Andreas Friedrich)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 8 122. (Flick-Konzern) (weiterführende Informationen)
Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv, Berlin. (Forschungsarchiv Sammlung Flick)
Die gesellschaftspolitische Verantwortung des Unternehmers. Vortrag anläßlich des 65. Geburtstages von Heinz Schmidt, Mitglied des Vorstandes der Daimler-Benz AG, 1980.
Streik und Aussperrung. Vortrag gehalten vor Mitgliedern des Industrie-Clubs Düsseldorf am 26. Februar 1980, 1980.
Unsere Zukunft. Fortsetzung oder Überwindung der Krise? Vortrag gehalten anläßlich der Jahresveranstaltung der Landesvereinigung der Niedersächsischen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände e. V. am 25. Januar 1982 in Hannover, 1982.
Der Preis des Schweigens. Erfahrungen eines Unternehmers, 1999. (P)
Hans Werner Kilz/Joachim Preuß, Flick. Die gekaufte Republik, 1983, S. 207–220.
Joachim Feyerabend, Der Industrielle. Eberhard von Brauchitsch, eine Karriere in Deutschland, 1987.
Hans-Peter Schwarz, Axel Springer. Die Biografie, 2005, S. 500–503.
Norbert Frei/Ralf Ahrens/Jörg Osterloh/Tim Schanetzky, Flick. Der Konzern, die Familie, die Macht, 2009, S. 637–690. (P)
Jürgen Dunsch, Die Schlüsselfigur der Flick-Affäre, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13.9.2010, S. 16.
Rüdiger Jungbluth, Und manchmal musste es Kaviar sein, in: Die Zeit v. 16.9.2010, S. 23.