Bewer, Max

Lebensdaten
1861 – 1921
Geburtsort
Düsseldorf
Sterbeort
Meißen
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Publizist ; Librettist
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 116158999 | OGND | VIAF: 15512709
Namensvarianten

  • Bewer, Max
  • Bewer, Max F. X.
  • Bewer, Maximilian Franz Xaver

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Zitierweise

Bewer, Max, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116158999.html [31.01.2025].

CC0

  • Bewer, Max

    1861 – 1921

    Schriftsteller, Publizist

    Max Bewer war ein Dichter und politischer Schriftsteller des wilhelminischen Kaiserreichs. Neben seinen antisemitischen Texten, die in der völkischen Bewegung und der Jugendbewegung Resonanz fanden, erzielte er v. a. mit verehrenden Schriften über Otto von Bismarck (1815–1898) Erfolge. Seine Idee, Katholizismus und Judenfeindlichkeit im Rahmen der völkischen Bewegung zu versöhnen, wurde von Teilen der frühen NSDAP aufgegriffen.

    Lebensdaten

    Geboren am 19. Januar 1861 in Düsseldorf
    Gestorben am 13. Oktober 1921 in Meißen
    Grabstätte Johannisfriedhof in Dresden-Tolkewitz
    Konfession römisch-katholisch
    Max Bewer (InC)
    Max Bewer (InC)
  • 19. Januar 1861 - Düsseldorf

    ca. 1871 - 1880 - Düsseldorf; Neuss; Koblenz

    Schulbesuch

    Gymnasium

    1883

    Abitur als Externer

    1883 - 1890 - Hamburg; Kopenhagen

    Korrespondent

    Frankfurter Journal; Kölnische Zeitung; Hamburgischer Korrespondent

    1890 - Laubegast bei Dresden

    Übersiedlung

    1890 - 1921

    freier Schriftsteller; freier Mitarbeiter; Vortragsredner

    u. a. Antisemitische Correspondenz (Zeitschrift); Hammer. Blätter für deutschen Sinn (Zeitschrift)

    13. Oktober 1921 - Meißen

    Aus einer angesehenen rheinischen Künstlerfamilie stammend, versuchte sich Bewer 1880 erfolglos als Dramatiker und Literaturkritiker, ehe er 1883 das Abitur nachholte und als Korrespondent für den „Hamburgischen Korrespondenten“, das „Frankfurter Journal“ und die „Kölnische Zeitung“ in Hamburg und Kopenhagen tätig wurde. Infolge eines Streits über Elogen auf Johann Wolfang von Goethe (1749–1832) mit dem Literaturkritiker Georg Brandes (1842–1927) und der „Frankfurter Zeitung“ beendete Bewer 1890 seine journalistische Karriere, ließ sich als freier Schriftsteller nahe Dresden nieder und wandte sich der völkischen Bewegung zu.

    Gefördert von dem Dresdner Verleger und Stadtratsabgeordneten Ferdinand Woldemar Glöß (geb. 1859), der ihn u. a. mit dem antisemitischen Agitator Hermann Ahlwardt (1846–1914) und dem Kulturphilosophen Julius Langbehn (1851–1907) bekannt machte, trat Bewer in der Folgezeit mit Gedichtbänden, Flugschriften und zeithistorischen Büchern hervor. Reichsweite Beachtung erzielten seine auflagenstarken Schriften über Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898), in denen er dessen Entlassung 1890 kritisierte und der Politik des „Neuen Kurses“ unter Leo von Caprivi (1831–1899) Nachgiebigkeit gegenüber innen- und außenpolitischen „Reichsfeinden“ vorwarf. Ideologisch prägend für Bewer war v. a. Langbehns Bestseller „Rembrandt als Erzieher“ (1890), den er 1892 in einer anonym veröffentlichten Schrift gegen die Kritik liberaler Journalisten und Wissenschaftler verteidigte.

    Bewer zählte zu den regelmäßigen Mitarbeitern der von Theodor Fritsch (1852–1933) herausgegebenen Zeitschriften „Antisemitische Correspondenz“ und „Hammer“. Von 1892 bis 1901 verfasste er die Begleittexte der in 33 Nummern erschienenen Karikaturenserie „Politische Bilderbogen“, die für den öffentlichen Aushang konzipiert waren und Ereignisse des Zeitgeschehens antisemitisch kommentierten. In Gedicht- und Aphorismenbänden, v. a. „Gedanken“ (1890), geißelte Bewer die angebliche „Verjudung“ des öffentlichen Lebens und bemühte sich in „Der deutsche Christus“ (1892) um den Nachweis einer niederdeutsch-arischen Herkunft Jesu Christi – eine These, die innerhalb der völkischen Bewegung v. a. von Houston Stewart Chamberlain (1855–1927) und Artur Dinter (1876–1948) aufgegriffen und weiter popularisiert wurde.

    Anders als viele Völkische, die eine Umgestaltung des Protestantismus zu einem germanisch-„arteigenen“ Glauben forderten, sah Bewer im Katholizismus den Ausgangspunkt einer völkischen Erneuerung des Christentums und einer Überwindung der Konfessionsspaltung. Diese Außenseiterposition wurde Anfang der 1920er Jahre von der NSDAP aufgegriffen. Führende Ideologen der frühen NS-Bewegung, darunter Dietrich Eckart (1868–1923) und Franz Schrönghamer-Heimdal (1881–1962), lehnten sich in ihren Schriften an Bewer an; Julius Streicher (1885–1946) ließ antisemitische Gedichte und Aphorismen Bewers in „Der Stürmer“ nachdrucken.

    In der bürgerlichen Mitte der deutschen Gesellschaft fanden andere Aspekte von Bewers Werk mehr Anklang. Seine v. a. in „Der deutsche Himmel“ (1912) formulierte Verehrung der Weimarer Klassik rief ein positives Presseecho hervor. Bewers Stadthymnen für Düsseldorf und Köln wurden vertont und werden bis heute bei Festanlässen vorgetragen. Vor allem mit „Künstlerspiegel“ (1904) und dem seit 1896 mehrfach wiederaufgelegten und erweiterten Gedichtband „Lieder aus der kleinsten Hütte“ schloss sich Bewer mit Erfolg der kulturpessimistisch und zivilisationskritisch konnotierten Heimatkunstbewegung an.

    Im Ersten Weltkrieg beteiligte sich Bewer mit patriotischen Vortragsreisen, Liedern und Gedichten an der deutschen Kriegspropaganda. 1917 wurde er im Großen Hauptquartier durch Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) empfangen und traf die Generale Paul von Hindenburg (1847–1934) und Erich Ludendorff (1865–1937). Nach Kriegsende beteiligte sich Bewer mit seinen letzten Publikationen an der rechtsradikalen Agitation gegen die Weimarer Republik. Aufsehen erregte seine anonym veröffentlichte Flugschrift „Jugend und Juden“ (1920), in der er unter Berufung auf Langbehn die Jugendbewegung als Kämpferin gegen die Juden und Grundlage einer deutschen „Wiedergeburt“ pries.

    1889 Goethe-Preis der Frankfurter Zeitung

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar, 134/6,1 (Akten betreffend Bewer, 1905–1921); 57/280 (Briefe Bewers an Friedrich Lienhard, 1906–1913); 147/139 (Briefe Bewers an Adolf Bartels 1910); 147/376 (Verlagsanzeigen) u. 147/1004 (Akten des Ausschusses für die Ehrung Bewers, 1921).

    Stadtarchiv Düsseldorf, XXII, 0-1-22-2.0007. (Stadthymnen, Nachrufe, Aufruf zur Bewer-Ehrung)

    Gedruckte Quellen:

    Rudolf Bewer, Familie Bewer vom Niederrhein, 1930.

    Danton. Drama, 1883.

    Bismarck, Moltke und Goethe. Eine Abrechnung mit Dr. Georg Brandes, 1890.

    Gedanken über Bismarck. Politische Aphorismen, 1890.

    Bei Bismarck, 1891. (Onlineressource)

    Bismarck im Reichstage, 1891. (Onlineressource)

    Bismarck und Rothschild, 1891.

    Rembrandt und Bismarck, 1891.

    Politische Bilderbogen, 33 Nummern, 1892–1901. (anonym)

    Grabschriften auf Bismarck, 1892.

    Der Rembrandtdeutsche. Von einem Wahrheitsfreund, 1892. (anonym)

    Gedanken, 1892.

    Bismarck und der Hof, 1892.

    Bismarck und der Kaiser, 1895.

    Lieder aus der kleinsten Hütte, 1896, 7. verm. Aufl. 1911.

    Der Papst in Friedrichsruh, 1897.

    Xenien. Sprüche und Gedanken, 1899.

    Künstlerspiegel, 1904.

    Bismarck, 1905.

    Vaterland, 1906.

    Der deutsche Christus. War Christus Jude? War Christus Sozialdemokrat? Wie wird Deutschland glaubenseinig?, 1907.

    Wie man glücklich wird, 1910.

    Der deutsche Himmel. Weihgedichte aus den Werken des Dichters, 1912.

    Deutsches Kriegs-Gebetsbuch. 50 Kraft- und Trostlieder, 1915.

    Der Kaiser im Schützengraben und andere Kriegslieder, 1915.

    Der Kaiser im Feld! 50 Kriegslieder, 1916.

    Flottenkriegslieder, 1916, 2. erw. Aufl. 1918.

    Bei Kaiser und Hindenburg im großen Hauptquartier, 1917.

    Kriegsdichtungen aus dem Sachsenlande 1914/16, H. 9, 1917.

    Trommeln und Posaunen. 70 neue Kriegsgedichte, 1918.

    Trostgedanken für Hinterbliebene, 1919.

    Die Spatzen-Republik. Ein Spiegelbild unserer Zeit, 1920.

    Jugend und Juden. Rembrandt als Erzieher, 1920. (anonym)

    Barbara Suchy, Antisemitismus in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, in: Jutta Bohnke-Kollwitz (Hg.), Köln und das rheinische Judentum, 1984, S. 252–285.

    Rainer Lächle, Germanisierung des Christentums – Heroisierung Christi. Arthur Bonus, Max B., Julius Bode, in: Stefanie von Schnurbein/Justus H. Ulbricht (Hg.), Völkische Religion und Krisen der Moderne, 2001, S. 165–183.

    Anke Hees, Art. „Bewer, Max“, in: Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert, Bd. 2, hg. v. Konrad Feilchenfeldt, 2001, Sp. 561. (W)

    Thomas Gräfe, Antisemitismus in Gesellschaft und Karikatur des Kaiserreichs. Glöß' Politische Bilderbogen 1892–1901, 2005.

    Thomas Gräfe, Art. „Max Bewer“, in: Sächsische Biografie, hg. v. Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., 2008. (Onlineressource)

    Thomas Gräfe, Zwischen katholischem und völkischem Antisemitismus. Die Bücher, Broschüren und Bilderbogen des Schriftstellers Max Bewer (1861–1921), in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 34 (2009), H. 2, S. 121–156.

    Werner Bergmann, Max Bewer, in: Wolfgang Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2/1, 2009, S. 80–83.

    Thomas Gräfe, Politische Bilderbogen (1892–1901), in: Wolfgang Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 6, 2013, S. 543–545.

    Thomas Gräfe, Der deutsche Christus (Buch von Max Bewer, 1907), in: Wolfgang Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, 2015, S. 70 f.

    Thomas Gräfe, Gedanken (Buch von Max Bewer, 1892), in: ebd., S. 135 f.

    Sven Brajer, Am Rande Dresdens? Das völkisch-nationale Spektrum einer „konservativen Kulturstadt“ 1879–1933, 2022, S. 265–270.

    Gemälde (Öl/Leinwand) v. Hans Dahl (1849–1937), 1900.

    Steinbüste v. Romanus Andresen (1874–1926), 1923, Johannisfriedhof, Dresden-Tolkewitz.

  • Autor/in

    Thomas Gräfe (Vlotho)

  • Zitierweise

    Gräfe, Thomas, „Bewer, Max“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116158999.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA