Bernstein, Julius
Bernstein, Julius
1839 – 1917
Physiologe
- Dates of Life
- 1839 – 1917
- Place of birth
- Berlin
- Place of death
- Halle an der Saale
- Occupation
- Physiologe ; Arzt ; Hochschullehrer
- Religious Denomination
- jüdisch
- Authority Data
- GND: 11865652X | OGND | VIAF: 24718521
- Alternate Names
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- Bernstein, Julius
- Bernstein, J.
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- Isis Bibliography of the History of Science [1975-]
- Personen der wissenschaftsgeschichtlichen Sammlung des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
- Biodiversity Heritage Library (BHL)
- Nomination Database - Nobelprize.org [2014-]
- * Rektoratsreden im 19. und 20. Jahrhundert
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
Relations
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Julius Bernstein zählt zu den Begründern der modernen experimentellen Physiologie. Seine herausragenden Leistungen und bis heute gültigen Erkenntnisse betreffen die erste quantitative Bestimmung des Aktionspotenzials in Muskel-Nerven-Gewebe (1868) und die Formulierung der Membrantheorie, die die Funktion sowie die chemische und strukturelle Komposition von Membranen lebender Zellen beschreibt (1902).
Dates of Life
Geboren am 18. Dezember 1839 in Berlin Gestorben am 6. Februar 1917 in Halle an der Saale Grabstätte Gertraudenfriedhof (1947 Nutzungsrecht beendet) in Halle an der Saale Konfession jüdisch -
Curriculum Vitae
18. Dezember 1839 - Berlin -
Genealogy
Vater Aaron David Bernstein 6.4.1812–12.2.1884 aus Danzig (Pommern, heute Gdańsk, Polen); Publizist, Verleger, Privatforscher; Mitbegründer der Berliner Jüdischen Reformgemeinde; Pseudonym: A. Rebenstein Großvater väterlicherseits Aaron David Bernstein Großmutter väterlicherseits N. N. Bernstein, geb. Rosenthal Mutter Caroline Bernstein 1812–1854 Schwester Fanny Sklarek, geb. Bernstein 1838–1865 verh. mit Wilhelm Sklarek (1836–1915), Arzt in Berlin, Herausgeber der Zeitschriften „Der Naturforscher“ (1868–1885) und „Naturwissenschaftliche Rundschau“ (1886–1912) Geschwister mindestens weitere fünf Geschwister Ehefrau Sophie Bernstein, geb. Levy 23.3.1854–3.6.1923 aus Waren (Mecklenburg); Musikerin Schwiegervater Heinrich von Levy Dr. med.; russischer Militärarzt Schwiegermutter Helene Levy, geb. Meyer verst. 1879 Tochter Martha Neuhaus , geb. Bernstein 17.5.1874–1955 Malerin; emigrierte 1933 in die Schweiz, kehrte 1955 in die Bundesrepublik zurück Sohn Heinrich Bernstein 16.12.1876–11.6.1882 Sohn Felix Bernstein 24.2.1878–3.12.1956 aus Halle an der Saale; Mathematiker, 1903–1907 Privatdozent an den Universitäten Halle-Wittenberg und Göttingen; 1919 stellvertretender Vorsitzender der DDP in Göttingen; 1921–1933 Professor in Göttingen; emigrierte in die USA; 1936–1943 Professor für Biometrie in New York City; 1944 Fulbright-Professor am Institut für Statistik in Rom; 1949 Professor emeritus der Universität Göttingen Sohn Rudolf Bernstein 3.1.1880–1971 Dipl.-Ing.; 1909 Dr. phil.; 1911 Habilitation für Maschinenlehre an der Universität Halle-Wittenberg; emigrierte 1939 in die Schweiz Cousin/Vetter Eduard Bernstein 1850–1932 Theoretiker und Politiker der SPD und USPD Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Bernstein, Julius (1839 – 1917)
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Vater
6.4.1812–12.2.1884
aus Danzig (Pommern, heute Gdańsk, Polen); Publizist, Verleger, Privatforscher; Mitbegründer der Berliner Jüdischen Reformgemeinde; Pseudonym: A. Rebenstein
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Großvater väterlicherseits
Aaron David Bernstein
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Großmutter väterlicherseits
Bernstein
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Mutter
Caroline Bernstein
1812–1854
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Schwester
Fanny Sklarek
1838–1865
verh. mit Wilhelm Sklarek (1836–1915), Arzt in Berlin, Herausgeber der Zeitschriften „Der Naturforscher“ (1868–1885) und „Naturwissenschaftliche Rundschau“ (1886–1912)
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Biografie
Bernstein wuchs in einem liberalen familiären Umfeld auf. Während seiner Gymnasialzeit in Berlin-Neukölln hatte er Zugang zu den Laboren des Elektrophysiologen Emil du Bois-Reymond (1818–1896), der dem Physiologischen Institut an der Universität Berlin vorstand. Nach dem Abitur 1858 studierte er Medizin an der Universität Breslau (Schlesien, heute Wrocław, Polen) und in Berlin, wo er 1862 bei du Bois-Reymond mit einer Studie zur Muskelphysiologie der Wirbellosen zum Dr. med. promoviert wurde. Seit 1864 arbeitete er als Assistent des Physiologen Hermann von Helmholtz (1821–1894) an der Universität Heidelberg, habilitierte sich 1865 für Physiologie, wurde hier 1869 zum außerordentlichen Professor für Physiologie ernannt und führte seit 1871 das Institut, nachdem Helmholtz den Lehrstuhl für Physik an der Universität Berlin übernommen hatte.
Nach einem kurzen Intermezzo in Berlin 1871/72 und der Veröffentlichung bahnbrechender Studien zur Elektrophysiologie von Muskeln und Nerven wurde Bernstein 1872 auf den Lehrstuhl für Physiologie der Universität Halle-Wittenberg berufen – als Nachfolger Alfred W. Volkmanns (1801–1877) und entgegen den Statuten der protestantischen Universität als erster Gelehrter jüdischen Glaubens. 1875 erschien sein wiederholt aufgelegtes, populärwissenschaftliches Werk „Die fünf Sinne des Menschen“. Seit 1881 leitete Bernstein das nach seinen Plänen errichtete Institut für Physiologie in Halle an der Saale, lehrte Medizinische Physik bis zur Emeritierung 1911, war neunmal Dekan der Medizinischen Fakultät und 1890/91 Rektor. 1894 verfasste er das auflagenstarke „Lehrbuch der Physiologie des thierischen Organismus, im speciellen des Menschen“.
Bernsteins elektrophysiologische Forschung basierte auf experimentellen Vorbefunden am (ruhenden) Nerven-Muskel-Präparat: Der italienische Physiker Carlo Matteucci (1811–1868) beschrieb 1840 einen „Verletzungsstrom“, du Bois-Reymond eine „negative Variation“ und Helmholtz eine Erregungsleitung. Mit üblichen Galvanometern war die Frage, ob identische Phänomene vorlagen, nicht zu klären. Bernstein löste das Problem mit dem Entwurf eines Instruments, das den zeitlichen Verlauf elektrischer Nerven-Muskel-Aktivität hochaufgelöst registrierte: das Differential-Rheotom, ein „ballistisches Galvanometer“ mit gekoppelter Registrierfunktion nach Stimulation. 1868 legte Bernstein die erste präzise Beschreibung des Aktionspotenzials vor und 1871 fasste er seine Ergebnisse in „Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsysteme“ zusammen einschließlich einer ersten exakten Messung des Nervenaktionspotenzials.
1902 veröffentlichte Bernstein mit der Membrantheorie die erste plausible physikalisch-chemische Erklärung von bioelektrischen Phänomenen, wonach die Zelle von einer für Kaliumionen (K+) selektiv permeablen Membran umgeben ist, und da die intrazelluläre K+-Konzentration höher als die extrazelluläre ist, bewegen sich K+-Ionen in Richtung Extrazellulärraum und erzeugen intrazellulär ein negatives Potenzial. Bernstein wandte die thermodynamische Analyse für Diffusionspotenziale, die von Walther Nernst (1864–1941) stammte, zur Bestimmung elektrischer Potenziale von Konzentrationsgradienten an, verglich sie mit Ruhe- und Aktionspotenzialen von Muskeln und Nerven und gelangte u. a. zu dem Ergebnis, dass die Ionenpermeabilität der Membran bei bioelektrischer Aktivität ansteigt (primär K+-Ionen) und sich das Potenzial verringert (Aktionspotenzial). 1912 legte er dazu die grundlegende Monografie „Elektrobiologie“ vor. Darüber hinaus befasste er sich mit der Physiologie des Kreislaufs, der Atmung und der Sinne sowie mit Fragen des Medizinunterrichts und toxikologischen Studien. Zu Bernsteins Schülern zählen Paul Jensen (1868–1952), Julius Steiner (1844–1918), Armin von Tschermak-Seysenegg (1870–1952), Fritz Verzàr (1886–1979) und Ernst Laqueur (1880–1947).
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Awards
1875 Mitglied der Leopoldina 1898 Geheimer Medizinalrat 1905 u. 1910 Nomination für Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (weiterführende Informationen) 1911 korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences, Paris 1911 korrespondierendes Mitglied der Accademia Toscana di Scienze e Lettere „La Colombaria“, Florenz 1911 preußischer Roter Adlerorden 3. Klasse 1911 preußischer Kronen-Orden 3. Klasse 1981 Julius-Bernstein-Institut für Physiologie, Universität Halle-Wittenberg (weiterführende Informationen) 2004 Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (weiterführende Informationen) 2004 Bernstein Center for Computational Neuroscience des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Berlin, Freiburg im Breisgau, Göttingen und München 2004 Bernstein Preis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung 2015 Julius-Bernstein-Straße, Halle an der Saale -
Primary Sources
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 11, PA 4431 u. Rep. 29 Nr. 173. (Personalakte)
Archiv der Leopoldina Halle/Saale, MNr. 2153. (Matrikelmappe)
Gedruckte Quellen:
Julius Bernstein, Erinnerungen an das elterliche Haus, 1913.
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Works
De animalium evertebratorum musculis nonulla, 1862. (Diss. med.)
Ueber den zeitlichen Verlauf der negativen Schwankung des Nervenstroms, in: Pflügers Archiv 1 (1868), S. 173–207.
Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsysteme, 1871. (Onlineressource)
Die fünf Sinne des Menschen, 1875, 2. verbess. Aufl. 1889, Nachdr. 2017, franz. 1876, engl. 1896.
Die mechanische Theorie des Lebens, ihre Grundlagen und ihre Erfolge, 1890.
Lehrbuch der Physiologie des thierischen Organismus, im speciellen des Menschen, 1894, 2. umgearb. Aufl. 1900, 3. verm. u. verbess. Aufl. 1910, Nachdr. 2017.
Untersuchungen zur Thermodynamik der bioelektrischen Ströme, in: Pflügers Archiv 92 (1902), S. 521–562.
Elektrobiologie. Die Lehre von den elektrischen Vorgängen im Organismus auf moderner Grundlage dargestellt, 1912, Nachdr. 2013. (Onlineressource)
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Literature
Aufsätze:
Harry Grundfest, Julius Bernstein, Ludimar Hermann and the Discovery of the Overshoot of the Axon Spike, in: Archives italiennes de Biologie 103 (1965), S. 483–490.
Leo Zett, Julius Bernstein. Leben, Persönlichkeit und wissenschaftliches Werk, in: ders./Bernd Nilius (Hg.), Bernstein-Symposium anläßlich des 100jährigen Bestehens des Physiologischen Instituts der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 1983, S. 7–22.
Stephen M. Schuetze, The Discovery of the Action Potential, in: Trends in Neurosciences 6 (1983), S. 164–168.
Ernst-August Seyfarth/Leo Peichl, Vor 100 Jahren. Julius Bernstein (1839–1917) formuliert seine „Membrantheorie“, in: Neuroforum 4 (2002), S. 274–276. (Onlineressource)
Ernst-August Seyfarth, Julius Bernstein (1839–1917). Pioneer Neurobiologist and Biophysicist, in: Biological Cybernetics 94 (2006), S. 2–8
Armando De Palma/Germana Pareti, Bernstein’s Long Path to Membrane Theory. Radical Change and Conservation in Nineteenth-Century German Electrophysiology, in: Journal of the History of the Neurosciences 20 (2011), H. 4, S. 306–337.
Edward Carmeliet, From Bernstein’s Rheotome to Neher-Sakmann’s Patch Electrode. The Action Potential, in: Physiological Reports 7 (2019), H. 1, e13 861. (Onlineressource)
Lexikonartikel und Nachrufe:
J. C. Poggendorffs biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 3, 1808, S. 114, Bd. 4, 1904, S. 103 u. Bd. 6, 1936, S. 195.
Emil Abderhalden, Dem Andenken von Julius Bernstein gewidmet, in: Medizinische Klinik 13 (1917), H. 9, S. 260 f.
Armin Tschermak von Seysenegg, Julius Bernsteins Lebensarbeit. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der neueren Biophysik, in: Pflügers Archiv 174 (1919), S. 1–89.
Isidor Fischer, Art. „Bernstein, Julius“, in: ders. (Hg.), Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten 50 Jahre, Bd. 1, 1962, S. 104 f.
Gerhard Rudolph, Art. „Bernstein, Julius“, in: Charles C. Gillispie (Hg.), Dictionary of Scientific Biography. Bd. 15, 1978, S. 20–22.
Marta Fischer, Akteure und Agentien. Bibliographisches Lexikon der Pharmakologen zwischen Deutschland und Russland im 19. Jahrhundert, 2014, S. 15–17. (Onlineressource)
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Onlineressourcen
Julius-Bernstein-Institut für Physiologie.
Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience.
Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin.
Bernstein Center for Computational Neuroscience Freiburg im Breisgau.
Bernstein Center for Computational Neuroscience Göttingen.
Dieter Schwartze, Der Physiologe Julius Bernstein, in: Ärzteblatt Sachsen-Anhalt, 2017. (P)
Henrik Eberle, Julius Bernstein, in: Catalogus Professorum Halensis, 2022. (P)
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Portraits
Fotografie, ca. 1875, Archiv Humboldt-Universität Berlin.
Fotografie, ca. 1890, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg.
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Author
→Eberhard J. Wormer (München)
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Citation
Wormer, Eberhard J., „Bernstein, Julius“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11865652X.html#dbocontent