Benda, Oskar
- Lebensdaten
- 1886 – 1954
- Geburtsort
- Rakacza (Ungarn)
- Sterbeort
- Mödling (Österreich)
- Beruf/Funktion
- Pädagoge ; Literaturwissenschaftler ; Hochschullehrer ; Pädagoge ; Schriftsteller ; Gymnasiallehrer
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 130100021 | OGND | VIAF: 112520857
- Namensvarianten
-
- Benda, Oskar
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Benda, Oskar
1886 – 1954
Pädagoge, Literaturwissenschaftler
Der österreichische Pädagoge und Literaturwissenschaftler Oskar Benda wirkte in der Ersten Republik als Landesschulinspektor in Wien. 1938 von den Nationalsozialisten entlassen, übernahm er 1945 die ordentliche Professur für Österreichische Literaturgeschichte und allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Wien, wo er sich Verdienste um die Neuorientierung der noch nationalsozialistisch geprägten Germanistik erwarb.
Lebensdaten
Geboren am 24. Mai 1886 in Rakacza (Ungarn) Gestorben am 2. Januar 1954 in Mödling (Österreich) Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Wynfrid Kriegleder (Wien)
-
Zitierweise
Kriegleder, Wynfrid, „Benda, Oskar“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/130100021.html#dbocontent
Nach dem Besuch der Volksschule im böhmischen Kolleschowitz bei Saaz und des Gymnasiums in der Prager Vorstadt Smichow legte Benda 1905 die Matura am Obergymnasium Brüx in Nordböhmen ab. Im Anschluss daran studierte er Deutsch und Englisch an der Universität Wien und wechselte 1907 an die Deutsche Universität Prag. 1909 wurde er hier mit der Dissertation „Theorie, Technik und Geschichte des Entwicklungsromans“ bei August Sauer (1855–1926) und Adolf Hauffen (1863–1930) zum Dr. phil. promoviert. 1909/10 führten Studienaufenthalte Benda an die Universitäten Berlin, Leipzig und München. Im Februar 1910 legte er in Prag die Lehramtsprüfung für Deutsch ab und verbrachte kurze Auslandsaufenthalte in London, Oxford und Paris, bevor er im Oktober 1910 die Lehramtsprüfung für Englisch absolvierte.
1910 absolvierte Benda das Probejahr an der Ersten Staatsrealschule Prag, war 1911/12 „provisorischer Lehrer“ an der Staatsrealschule Triest und 1911/12 „wirklicher Lehrer“ an der Staatsrealschule Aussig. 1913 wurde er zum Professor an der Staatsrealschule Wien XIII, Astgasse ernannt. Im Januar 1915 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst, aus dem er am 14. August 1915 wegen „Neurasthenie“ als „invalid“ entlassen wurde.
Nach 1918 stand Benda dem Kreis der sozialdemokratischen Volkshochschulen nahe und gehörte 1919 zu den Gründern des Verbands deutsch-österreichischer Mittelschullehrer. 1924 zum Landesschulinspektor für Wien ernannt, fungierte er als Vertreter Österreichs beim Kulturausschuss des Völkerbundes.
Als germanistischer Literaturwissenschaftler vertrat Benda in seinen Publikationen, v. a. in „Der gegenwärtige Stand der deutschen Literaturwissenschaft“ (1928), eine sozialgeschichtlich argumentierende Methode und wandte sich sowohl gegen die geistesgeschichtliche Schule als auch gegen Josef Nadlers (1884–1963) „Stammeskunde“. Als Gegner der nationalsozialistischen Ideologie sprach er sich in seinen Schriften der 1930er Jahre für die österreichische Unabhängigkeit aus. Bendas Behauptung, Nadler vertrete eine (nationalsozialistische) Rassentheorie, gegen die dieser sich verwahrte, führte 1935 zu einer Ehrenbeleidigungsklage. Der Gerichtsprozess endete mit einem außergerichtlichen Vergleich.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde Benda am 14. März 1938 beurlaubt und am 30. Juni 1938 in den Ruhestand versetzt, bis Mitte März 1940 ohne Bezüge, danach mit um die Hälfte gekürzten Ruhebezügen. Während der NS-Zeit lebte er in Judendorf-Straßengel bei Graz, war wiederholten Schikanen wie Hausdurchsuchungen und Inhaftierungen ausgesetzt und entging nach eigenen Angaben nur durch kurzfristige Flucht einer Einlieferung in das Konzentrationslager Dachau. Eine in dieser Zeit geschriebene „Deutsche Geistesgeschichte (mit besonderer Berücksichtigung Österreichs)“ blieb unveröffentlicht.
Am 17. Dezember 1945 wurde Benda zum ordentlichen Professor für Österreichische Literaturgeschichte und allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Wien ernannt, wo er sich bemühte, die nationalsozialistisch kontaminierte Wiener Germanistik neu aufzubauen. 1953 sprach er sich gegen die Wiederanstellung des schwer belasteten Theaterwissenschaftlers Heinz Kindermann (1894–1985) aus. Benda bildete keine akademische Schule im engeren Sinne. Sein wichtigster Schüler war der später in den USA tätige Joseph Peter Strelka (1927–2022).
Benda war ein Außenseiter im Fach der Germanistik. Seine von William M. Johnston (geb. 1936) als zukunftsweisend attestierten Versuche, die österreichische Kulturgeschichte soziologisch zu fundieren, beschränkten sich auf wenige Publikationen in den 1930er Jahren, die kaum Widerhall fanden. Als Professor an der Universität Wien konnte er nach 1945 seinen literatursoziologischen Ansatz nicht weiter ausbauen.
1964 | Bendagasse, Wien |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Österreichisches Staatsarchiv. Archiv der Republik – Unterricht, Wien, Personalakt Benda.
Österreichisches Staatsarchiv. Kriegsarchiv, Wien, Militärische Grundbuchblatt Wien, Kt. 1076.
Generalkommando Graz, Abteilung MA, 1917, Zl 2-42/46.
Archiv der Universität Wien, Personalakt Benda.
Monografien:
Die Lyrik der Gegenwart. Von der Wirklichkeits- zur Ausdruckskunst. Eine Einführung, 1926.
Die Lebensformen der höheren Schule, 1926.
Der gegenwärtige Stand der deutschen Literaturwissenschaft. Eine erste Einführung in ihre Problemlage, 1928, Nachdr. 1980.
Das deutsche Kulturproblem, 1929.
Die Bildung des Dritten Reiches. Randbemerkungen zum gesellschaftsgeschichtlichen Sinnwandel des deutschen Humanismus, 1931, 21945.
Die österreichische Kulturidee in Staat und Erziehung, 1936, zuerst als „Kulturkundliche Einleitung“, in: Robert Lohan/Walther Maria Neuwirth/Viktor Trautzl (Hg.), Das Herz Europas. Ein österreichisches Vortragsbuch, o. J. [1935], S. 11–74.
Erziehung und Bildung im österreichischen Geist, 1936.
Aufsätze:
Wilhelm Waiblinger. Ein Charakterbild (Ein Vortrag im Seminar des Herrn Prof. Dr. A. Sauer), in: 58. Bericht der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten in Prag 1906 (1907), S. 5–20.
Die Kunstform des Erziehungsromans, in: 42. Jahresbericht der deutschen Staats- und Oberrealschule in Triest (1912), S. 1–53.
Das Grundgesetz des epischen Gestaltausdrucks, in: Achter Jahresbericht der k.k. Staatsrealschule in Wien, XIII. Bezirk, Astgasse Nr. 3 (1914), S. 1–27.
Sebastian Meissl, Wiener Ostmark-Germanistik, in: Gernot Heiß/Siegfried Mattl/Sebastian Meissl/Edith Saurer/Karl Stuhlpfarrer (Hg.), Willfährige Wissenschaft. Die Universität Wien 1938–1945, 1989, S. 133–154.
Wendelin Schmidt-Dengler, Nadler und die Folgen. Germanistik in Wien 1945–1957, in: Wilfried Barner/Christoph König (Hg.), Zeitenwechsel. Germanistische Literaturwissenschaft vor und nach 1945, 1996, S. 35–46.
Werner Michler/Wendelin Schmidt-Dengler, Germanistik in Österreich: Neuere deutsche und österreichische Literatur, in: Karl Acham (Hg.), Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften. Bd. 5, 2003, S. 193–228.
Irene Ranzmaier, Stamm und Landschaft. Josef Nadlers Konzeption der deutschen Literaturgeschichte, 2008.
William M. Johnston: Oskars Bendas soziologischer Entwurf des Österreichertums, in: ders., Der österreichische Mensch. Kulturgeschichte der Eigenart Österreichs, 2010, S. 224–241.
Elisabeth Grabenweger, Germanistik an der Universität Wien. Zur wissenschaftlichen und politischen Geschichte des Faches von 1848 bis in die 1960er Jahre, in: Karl Anton Fröschl/Gerd B. Müller/Thomas Olechowski/Brigitta Schmidt-Lauber (Hg.), Reflexive Innensichten aus der Universität. Disziplinengeschichten zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik, 2015, S. 297–310.
Lexikonartikel:
Wynfrid Kriegleder, Art. „Benda, Oskar“, in: Christoph König (Hg.),Internationales Germanistenlexikon 1800–1950, Bd. 1, 2003, S. 130 f.
Nachrufe:
N. N., Hofrat Dr. Ο. B. gestorben, in: Neues Österreich v. 10.1.1954, S. 8.
Str. [das ist Joseph P. Strelka], Oskar Benda zum Gedenken, in: Wiener Kurier v. 10.1.1954.
Hans Rupprich, [Nekrolog], in: Die Feierliche Inauguration des Rektors der Wiener Universität für das Studienjahr 1954/55, 1955, S. 41 f.