Alexander, Gertrud
- Dates of Life
- 1882–1967
- Place of birth
- Ruhla (Thüringen)
- Place of death
- Moskau
- Occupation
- Journalistin ; kommunistische Funktionärin ; Schriftstellerin
- Religious Denomination
- evangelisch
- Authority Data
- GND: 11775319X | OGND | VIAF: 47547898
- Alternate Names
-
- Alexander, Gertrud Mathilde Bertha
- Gaudin, Gertrud
- Alexander, Gertrud
- Alexander, Gertrud Mathilde Bertha
- Gaudin, Gertrud
- Aleksander, G.
- Aleksander, Gertruda
- Alexander, Gertrud G. L.
- Alexander, Gertrude
- Gaudin, Mathilde Bertha Gertrud
- L., G. G.
- Ludwig, G. G.
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Alexander, Gertrud Mathilde Bertha (geborene Gertrud Gaudin)
Pseudonyme: GGL; Ludwig
1882 – 1967
Journalistin, kommunistische Funktionärin
Gertrud Alexander engagierte sich während des Ersten Weltkriegs im Spartakusbund und schloss sich 1919 der KPD an. Sie war bis 1925 für das Feuilleton der Parteizeitung „Die Rote Fahne“ verantwortlich und trat 1923 als Mitverfasserin des „Kulturpolitischen Notprogramms“ der KPD hervor. Im Dezember 1925 übersiedelte sie nach Moskau, wo sie in die KPdSU eintrat und u. a. im Internationalen Frauensekretariat der Komintern arbeitete.
Dates of Life
Geboren am 7. Januar 1882 in Ruhla (Thüringen) Gestorben am 22. März 1967 in Moskau Konfession evangelisch -
Author
→Andreas Herbst (Berlin)
-
Citation
Herbst, Andreas, „Alexander, Gertrud“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11775319X.html#dbocontent
Aus einer Ärztefamilie stammend, die väterlicherseits hugenottische Wurzeln besaß, besuchte Alexander das Lyzeum in Jena und begann 1898 ein Studium der Literatur und Philosophie an der Universität Jena, das sie 1900/01 durch eine Ausbildung an der Großherzoglich Sächsischen Kunsthochschule in Eisenach unterbrach. Von 1901 bis 1903 studierte Alexander Kunstgeschichte und Malerei an der Königlichen Kunsthochschule in Berlin, wo sie anschließend bis 1908 als Zeichenlehrerin tätig war. Seit 1906 Mitglied der SPD, lernte sie 1907 Clara Zetkin (1857–1933) kennen, von der sie politisch-ideologisch geprägt und gefördert wurde. Alexander trat seit dieser Zeit mit Arbeiten zu v. a. kunst- und literaturhistorischen Themen für die sozialdemokratische Presse hervor, u. a. für Zetkins Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ und für Karl Kautskys (1854–1938) Wochenschrift „Die Neue Zeit“.
Im August 1914 schloss sich Alexander mit ihrem Ehemann der Gruppe Internationale an, aus der 1916 die von Karl Liebknecht (1871–1919) und Rosa Luxemburg (1871–1919) angeführte Spartakusgruppe hervorging, die sie organisatorisch und journalistisch (u. a. Artikel in der „Göppinger Volkszeitung“ und der „Freien Jugend“) unterstützte. Anfang 1919 gehörte Alexander zu den Gründungsmitgliedern der KPD, übernahm innerhalb der Agitpropabteilung die Leitung der Kulturarbeit und wurde unter Chefredakteur Ernst Meyer (1887 –1930) verantwortliche Redakteurin des Feuilletons der Parteizeitung „Die Rote Fahne“, für die sie bis 1925 rund 160 Beiträge verfasste. In ihrer feuilletonistischen Arbeit votierte Alexander, die bald als bedeutendste Kunst- und Kulturkritikerin ihrer Partei galt, für eine dezidiert politische Kunst, deren Hauptaufgabe darin bestehe, die Arbeiterschaft zum Kommunismus zu erziehen. Sie bewunderte die kulturellen Leistungen der jungen Sowjetunion und lehnte moderne Kunstrichtungen wie Expressionismus, Konstruktivismus und Kubismus ab; auch im Dadaismus, den sie 1920 des Vandalismus und der Perversität bezichtigte, sah sie eine mit kommunistischem Denken unvereinbare, rein bürgerliche Kunstform.
1923 verfasste Alexander mit Hermann Duncker (1874–1960) und Karl-August Wittfogel (1896–1988) das „Kulturpolitische Notprogramm“ der KPD, das dazu dienen sollte, die Parteiführung und die Komintern bei der Vorbereitung des geplanten Umsturzversuchs („Deutscher Oktober“) unterstützen sollte. Es wurden Bündnispartner aus Kreisen der Intelligenz (v. a. Künstler, Ärzte und Lehrer) angesprochen und erste Maßnahmen nach Ergreifung der politischen Macht diskutiert. So sollten u. a. sämtliche Schulen, Universitäten, Akademien, Bibliotheken, Museen und Forschungsinstitute in staatliche Hände übergehen. Seit 1924 war Alexander als Redakteurin und Lektorin beim Zentralkomitee der Internationalen Arbeiterhilfe sowie in Willi Münzenbergs (1889–1940) Neuem Deutschen Verlag tätig.
Ende 1925 übersiedelte Alexander auf Einladung von Zetkin mit ihren Kindern nach Moskau, trat im Februar 1926 der KPdSU bei und begann im selben Jahr als Referentin im Internationalen Frauensekretariat des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale zu arbeiten. Von 1931 bis 1939 verdiente sie ihren Lebensunterhalt als Mitarbeiterin des Hauptamts für Literatur und Verlagswesen (Gawlit), der zentralen sowjetischen Zensurbehörde, sowie als Redakteurin an der Leninbibliothek und der Moskauer Staatlichen Zentralbibliothek. Während der Stalinschen Säuberungen 1937 kurzzeitig inhaftiert, wurde Alexander 1939 in den Oblast Omsk evakuiert. Seit 1944 zurück in Moskau, wo sie bis zu ihrem Tod lebte, arbeitete sie bis 1949 als freiberufliche Übersetzerin sowie als Redakteurin des Sowjetischen Informationsbüros (Sowinformbüro) und der Zeitschrift „Sowjetliteratur“, dem Organ des Sowjetischen Schriftstellerverbands. Ein anschließend begonnenes Buchmanuskript zur russischen und sowjetischen Kultur blieb unvollendet.
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, NY 4225. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Russisches Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte (RGASPI), Moskau, 495/205/6 465. (Kaderakte)
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, RZ 214_099 795_028-033. (Ausbürgerungsakten)
Gedruckte Quellen:
Gertrud Alexander, Erinnerungen. An der Kulturfront, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 23 (1981), Nr. 5, S. 714–721.
Der Wiederaufbau Rußlands muß durch das internationale Proletariat gefördert werden, 1922.
Kämpfende Frauen, 1924.
Aus Clara Zetkins Leben und Werk, 1927.
Mobilisierung der Frauen. Die imperialistische Kriegsgefahr und die Frauen, 1928.
Gertrud Alexander/Fanny Njurina, Women in the Soviet Union. Two Impressions of the All-Russian Congress of Worker&Peasent Women with an Account of the Conference of Women Members of the Delegations to Russia at the Celebration of the 10th Anniversay of the Revolution, 1929.
Ugroza vojny i rabotnicy zapada [Die Kriegsgefahr und die westlichen Arbeiterinnen], 1929.
Monografien und Artikel:
Walter Fähnders/Martin Rector, Linksradikalismus und Literatur. Untersuchungen zur Geschichte der sozialistischen Literatur in der Weimarer Republik, 2 Bde., 1974, bes. Bd. 1, S. 99–130 u. 309–330.
Michael Struss, Der Beitrag der Kunstkritik und -propaganda Gertrud Alexanders zu den ästhetischen und kulturpolitischen Verständigungsprozessen der revolutionären deutschen Arbeiterklasse, 1989.
Brunhild Endler, „Ich stehe im politischen Tageskampf“. Gertrud Alexander, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 24 (1982), Nr. 4, S. 588–594.
N. N., Art. „Alexander, Gertrud“, in: Silvia Schlenstedt (Hg.), Lexikon sozialistischer deutscher Literatur von den Anfängen bis 1945, 1964, S. 53–55.
Hermann Weber/Andreas Herbst, Art. „Alexander, Gertrud“, in: dies., Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, 22008. (Onlineressource)
Uwe Wieben, Eduard Alexander. Biographische Skizze eines nahezu vergessenen Politikers der Weimarer Republik, 2008, bes. S. 17–38. (P)
Würdigungen und Nachrufe:
Glückwunsch zum 80. Geburtstag durch das Zentralkomitee der SED, in: Neues Deutschland. Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands v. 7.1.1962, S. 2.
Nachruf, in: Neues Deutschland. Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands v. 25.3.1967, S. 2.
Ursula Eichelberger, Denkimpulse für unsere Kunstkritik. Zum 100. Geburtstag von Gertrud Alexander, in: Neues Deutschland. Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands v. 9.1.1982, S. 13. (P)
Fotografie, ca. 1910, Abbildung in: Uwe Wieben, Eduard Alexander. Biographische Skizze eines nahezu vergessenen Politikers der Weimarer Republik, 2008, S. 19.
Fotografie, 1920er Jahre, Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Bild Y 10–2446/80.