Meyer, Stefan
- Lebensdaten
- 1872 – 1949
- Geburtsort
- Wien
- Sterbeort
- Bad Ischl
- Beruf/Funktion
- Physiker ; Hochschullehrer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 117569380 | OGND | VIAF: 62330070
- Namensvarianten
-
- Meyer, Stefan
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- * Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 [2003-]
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Meyer, Stefan
Physiker, * 27.4.1872 Wien, † 29.12.1949 Bad Ischl. (evangelisch)
-
Genealogie
B →Hans (s. 1);
- ⚭ Berlin 1910 Emilie (1884–1953), T d. Dr. →Felix Maahs (Maass) (1852–1920), Justizrat in Berlin, Ehrenbürger v. Ischl, u. d. →Fanny v. Portheim (1860–1949);
1 S, 1 T. -
Biographie
M. studierte seit 1893 an der Univ. Wien Physik und Chemie, promovierte 1896 bei →Franz Exner und wurde dann Assistent Ludwig Boltzmanns. 1899 habilitierte er sich für Physik und wechselte 1907 ins II. Physikalische Institut der Univ. Wien. Exner betraute ihn 1908 mit der Planung des neuen Wiener Radiuminstituts, dessen faktische Leitung ihm von Anfang an zufiel; seit 1920 leitete er das Institut auch offiziell und war zugleich Professor an der Univ. Wien. M. verlor 1938 seine Professur sowie die Leitung des Radiuminstituts; letztere übernahm er nach dem 2. Weltkrieg wieder (1946/47). 1938-46 und seit 1947 lebte er in Bad Ischl.
M. zählt zu den wichtigen Pionieren der Erforschung der Radioaktivität. Im Laufe systematischer, quantitativer Untersuchungen der magnetischen Eigenschaften chemischer Elemente (teilweise mit Gustav Jäger) erhielt er im Herbst 1899 von Friedrich Giesel (Braunschweig) und Pierre Curie (Paris) Radium- und Poloniumpräparate, deren Suszeptibilität er mit Egon v. Schweidler vermaß (Physikal. Zs. 1, 1899, S. 90). Diese Arbeit setzte den Beginn einer zehnjährigen engen und freundschaftlichen Zusammenarbeit, die reiche Früchte trug. Dazu gehören Untersuchungen der magnetischen Ablenkung und Absorption der von radioaktiven Substanzen|emittierten Strahlen (Physikal. Zs. 1, 1899, S. 113; 1, 1900, S. 209), die mit gleichzeitigen Ergebnissen anderer Forscher (E. Rutherford, P. u. M. Curie, H. Becquerel, J. Elster u. H. Geitel, F. Giesel) zum Verständnis der α-, β- und γ-Emission führten, das Studium der Natur der Zerfallsprodukte und deren Eigenschaften (u. a. der Nachweis der Identität des Radium F aus den Radium- und Poloniumzerfällen, 1906; Zerfallskonstanten der Folgeprodukte Radium D und E, 1906-07) und die systematische Erfassung der natürlichen Radioaktivität im alten Österreich, vor allem der Quellen (1905 mit H. Mache). Besonderes Verdienst erwarb sich M. um die einwandfreie Bestimmung der α-, β- und γ-Aktivitäten verschiedener Substanzen.
Die umfangreichen Arbeiten bei Planung, Bau und Leitung des Radiuminstituts schränkten M.s eigene Publikationstätigkeit mehrere fahre lang bis 1911 ein. Unterstützt von fähigen Assistenten (V. F. Hess, F. Paneth, R. W. Lawson), befaßte er sich dann mit Präzisionsmessungen radioaktiver Präparate (u. a. Wiener Radiumstandard). Daneben verfaßte er mit E. v. Schweidler das Standardwerk „Radioaktivität“ (1916, ²1927). M. wurde bereits 1910 zum Sekretär der internationalen Radiumstandardkommission gewählt, 1937 folgte er hier Lord Rutherford als Präsident nach. Zu den wichtigsten späteren Ergebnissen M.s zählen die Vorhersage der „isomeren Atomarten“ und der erste Hinweis auf die Periodizität im Anfang der Massendefektkurve der Atomkerne sowie Schlüsse auf das Alter der chemischen Elemente.
M. führte sein Radiuminstitut zu höchster Blüte durch die Auswahl hervorragender Mitarbeiter (neben den späteren Nobelpreisträgern V. F. Hess und G. v. Hevesy etwa K. F. Herzfeld, O. Hönigschmid, G. Kirsch, H. Mache, F. Paneth, H. Petterson, K. Przibram, G. Stetter). Große Erfolge gelangen besonders vor 1920, aber noch in den 30er Jahren kamen wichtige Beiträge (wie die photographischen Untersuchungen von Prozessen mit kosmischer Strahlung durch M. Blau und H. Wambacher) zustande. Menschenkenntnis, Güte und unermüdliche Arbeitskraft zeichneten M. aus, der zu allererst auf die Förderung der reinen Erkenntnis – unter Verzicht auf jegliche Prioritätsansprüche oder gar Geheimhaltung – bedacht war. Das freundschaftliche Verhältnis zu Schülern und Mitarbeitern wie zu Kollegen im In- und Ausland (H. Becquerel, P. und M. Curie, W. Ramsay, E. Rutherford, O. Hahn, L. Meitner) bewährte sich besonders in den schweren Zeiten des 1. Weltkrieges und der NS-Herrschaft.
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Werke
u. a. Richtig schauen, 1947;
Grundlage d. Instrumentenkde. f. Musikanten u. Dilettanten, 1950 (mit A. Wunderer);
Die radioaktiven Stoffe, in: Hdb. d. Physik 22/1, ²1933, S. 245;
Radioaktive Elemente, in: Landolt-Börnstein, Physikal.-chem. Tabellen 3/1, 1935, S. 15;
Über 100 weitere Arbeiten in dt. u. österr. wiss. Zss. -
Hrsg.: Lechers Lehrb. d. Physik, 1933 (mit E. v. Schweidler). -
Literatur
O. Hahn, in: Zs. f. Naturforschung 2 a, 1947, S. 364;
F. A. Paneth u. R. W. Lawson, in: Nature 165, 1950, S. 548 f.;
K. Przibram, in: Alm. d. Ak. d. Wiss. Wien 100, 1950, S. 340-52 (P);
H. Benndorf, in: Acta Physica Austriaca 5, 1952, S. 152-68 (P);
J. Mehra u. H. Rechenberg, in: The Historical Development of Quantum Theory V/1, 1987, S. 87;
Pogg. IV-VIIa (W-Verz.);
Teichl, S. 379;
ÖBL. -
Autor/in
Helmut Rechenberg -
Zitierweise
Rechenberg, Helmut, "Meyer, Stefan" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 321-322 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117569380.html#ndbcontent