Ostendorf, Friedrich
- Lebensdaten
- 1871 – 1915
- Geburtsort
- Lippstadt (Westfalen)
- Sterbeort
- Lorettohöhe bei Arras (Frankreich)
- Beruf/Funktion
- Architekt ; Architekturtheoretiker ; Hochschullehrer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 12172218X | OGND | VIAF: 3335027
- Namensvarianten
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- Ostendorf, Friedrich
- Ostendorf, Fr.
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Ostendorf, Friedrich
Architekt, Architekturtheoretiker, * 17.10.1871 Lippstadt (Westfalen), ⚔ 16./17.3.1915 Lorettohöhe bei Arras (Frankreich). (evangelisch)
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Genealogie
V →Julius Ostendorff (1823–77), aus Soest, 1856 Dir. d. Realschule in Lippstadt, 1872 in Düsseldorf, 1848 Mitgl. d. Frankfurter NV, 1874 d. preuß. Abg.-hauses (nat.liberal) (s. L), S d. →Anton († 1830), Pfarrer, u. d. N. N. Rochel;
M N. N. Hilbeck, T e. Arztes in Lippstadt. -
Biographie
O. absolvierte seine Studien an den Technischen Hochschulen in Stuttgart, Hannover und Berlin (bei →Carl Schäfer, 1844–1908). 1895 arbeitete er in Karlsruhe als Regierungsbauführer unter Josef Durm und wurde nach weiterer Tätigkeit auf Kreisbauinspektionen mit einem Lehrauftrag zur mittelalterlichen Baukunst an die TH Danzig berufen. 1907 folgte er Schäfer auf dessen Lehrstuhl in Karlsruhe. Als Kriegsfreiwilliger fiel er während der Kämpfe um die Lorettohöhen.
Seine frühen Erfolge sind insbesondere an die beiden Wettbewerbe für das Dresdener Rathaus (1901/03) geknüpft. Als Architekt gilt O. – auch wegen seines Anschlusses an die Weinbrennersche Architektur in Karlsruhe (Staatsschuldenverwaltung am Schloßplatz, 1912/13) – als „Klassizist“. Diese Position hat noch in den 20er Jahren in der Architekturdebatte, so u. a. in der Auseinandersetzung „Ostendorfschule“ versus „Fischerschule“ (→Peter Meyer, 1925) eine Rolle gespielt. Damals (Rösiger, 1926) ist die Loslösung O.s von seinem Lehrer →Schäfer und damit von der „romantischen Position“ über Gebühr betont worden. In jüngerer Zeit (Posener, 1979) wurde er gar als Vorläufer der Naziarchitektur in Verruf gebracht.
O.s Ruhm gründet sich insbesondere in seinem theoretischen Hauptwerk, der nicht zu Ende geführten „Sechs Bücher vorn Bauen“. →Hans Bernoulli (1915) attestierte ihm, er habe die „Regeneration der deutschen Architektur von Grund auf“ angestrebt. Richtig ist, daß ihm in der Synthese von „romantischdeutschen“ und „klassizistischen“ Vorstellungen die Bautradition im Sinne einer „allgemein gültigen Tradition“ insgesamt von entscheidender Bedeutung war. Diese vermittelt „ganz von selbst die für den Architekten wesentlichsten Anschauungen“. „Baugeschichtliche Tatsachen“ und „Gesetze“ sind lapidare Gegebenheiten und garantieren letztlich den „einheitlichen“ Charakter der Architektur. Bei deren Zielsetzung (der Festlegung des „richtigen Weges“) nimmt O. Forderungen der Moderne der 20er Jahre, „Objektivität“ sowie die Definition des Entwurfszieles im Erreichen der „einfachsten Erscheinungsform“, vorweg. Eigentliches „Ziel der Baukunst“ sei es, „Räume zu schaffen“; das daran gekoppelte Entwerfen ist demnach|das, „was erst den wirklichen Architekten ausmacht“. Nach Maßgabe dieser selbständigen Entwurfstheorie steht O. außerhalb von Tendenzen und Vereinigungen wie dem Deutschen Werkbund. Seine Klassizismus-Auffassung unterscheidet sich auch von den üblichen „um 1800“-Positionen durch ihre wesentliche Gründung auf Systematik. O. wurde – sicherlich gegen seine Intentionen einer praxisorientierten Entwurfstheorie – in die Ecke einer „akademisch-gelehrten Arbeitsweise“ (Behrendt, 1914) gerückt und zudem in Gegensatz zu den damals erfolgreichen „Malerarchitekten“ gesetzt. Sein früher Tod hat es nicht zugelassen, die Umwandlung seiner Auffassungen in die Praxis zusätzlich unter Beweis zu stellen. Trotzdem war O.s Einfluß auch außerhalb seiner schulbildenden Tätigkeiten in Karlsruhe dank der „Sechs Bücher“, die als beliebte Lehrbücher an Architekturschulen Verbreitung fanden, erheblich.
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Werke
Weitere W Bauten: Haus Krehle, Heidelberg, 1910-12;
Haus Ostendorf, Karlsruhe, 1912/13;
Physikal. Inst. d. Univ. Heidelberg. – Schrr.: Die Gesch. d. Dachwerks, erl. an e. gr. Anzahl mustergültiger alter Konstruktionen, 1908;
Sechs Bücher vom Bauen, enthaltend e. Theorie d. Architekton. Entwerfens, I: Einf., 1913, ⁴1922, II: Die äußere Erscheinung d. einräumigen Bauten, 1914, ³1922, III: Die äußere Erscheinung d. mehrräumigen Bauten (bearb. v. Sackur), 1920, ²1922;
Haus u. Garten, 1914, ²1918 (Erster Suppl.bd. zu d. Sechs Büchern v. Bauen);
Die dt. Baukunst im MA, I (Aufnahme u. Differenzierung d. Bautypen), aus d. Nachlaß hg. v. seinen Schülern H. Alker, O. Gruber, H. Hauser, H. Detlev Rosiger, 1922. -
Literatur
C. Gurlitt, O.s „Theorie d. architekton. Entwerfens“, in: Dt. Bauztg, 1913, S. 522-26;
Albert Hofmann, ebd., 1915, S. 166-71;
Otto Schulze, Nochmals: F. O.s „Sechs Bücher v. Bauen“, ebd., S. 568 u. 572;
W. C. Behrendt, Über d. dt. Baukunst d. Gegenwart, in: Kunst u. Künstler, 1914, II, S. 328 ff.;
H. Bernoulli, in: Schweizer. Bauztg., 1915, S. 192-94;
Peter Meyer, Über Achse u. Symmetrie, Ein Btr. zu d. neuen Polemik d. „Ostendorfschule“ gegen d. „Fischerschule“, ebd., 18.4.1925, S. 207;
H. D. Rösiger, in: Wasmuths Mhh. f. Baukunst, 1926, S. 281-91;
E. Wedepohl, Aufgaben u. Grenzen architekton. Theorie, ebd., S. 291 f.;
G. A. Platz, Die Baukunst d. neuesten Zeit, 1927, S. 40 (²1930, S. 47);
J. Posener, Berlin auf d. Wege zu e. neuen Architektur, 1979, S. 175-90;
E. Steingräber, Dt. Kunst d. 20er u. 30er J., 1979;
V. Hammerschmidt, Anspruch u. Ausdruck in d. Architektur d. späten Historismus, 1860–1914, 1985;
W. Oechslin, „Entwerfen heißt, d. einfachste Erscheinungsform zu finden“, Mißverständnisse zum Zeitlosen, Historischen, Modernen u. Klassischen b. F. O., in: Moderne Architektur in Dtld. 1900 bis 1950, Reform u. Tradition, Ausst.kat. Stuttgart, bearb. v. V. M. Lampugnani u. R. Schneider, 1992, S. 29-53;
ders., Hans Schmidts systemat. Weg zur Moderne, O.s „Schule d. Logik“, d. holländ. Erfahrung u. d. „zweite Angriff“ zugunsten v. „Einheit u. Klarheit“, in: Hans Schmidt 1893-1972, Ausst.kat. Zürich, bearb. v. Ursula Suter u. a., 1993, S. 9-26;
J. Hauch, F. O. (1871-1915), Architekton. Werk, architekturgeschichtl. u. theoret. Arbeiten, Diss. Mainz 1996;
Dict. of Art. – Zu Julius: ADB 24;
J. Hengesbach, in: Westfäl. Lb. III, 1934 (W, L, P);
P. Wentzcke, in: Düsseldorfer Jb. 47, 1955, S. 297-317;
ders., Ideale u. Irrtümer d. ersten dt. Parl., 1959;
Westfäl. Köpfe, 1963 (P);
Biogr. Hdb. Frankfurter NV. -
Autor/in
Werner Oechslin -
Zitierweise
Oechslin, Werner, "Ostendorf, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 614-615 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12172218X.html#ndbcontent