Nußbaum, Johann Ritter von
- Lebensdaten
- 1829 – 1890
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- München
- Beruf/Funktion
- Chirurg ; Arzt
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 117071862 | OGND | VIAF: 27839037
- Namensvarianten
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- Nußbaum, Johann (bis 1868)
- Nußbaum, Johann Nepomuk (bis 1868)
- Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter von
- Nußbaum, Johann Ritter von
- Nußbaum, Johann (bis 1868)
- nußbaum, johann
- Nußbaum, Johann Nepomuk (bis 1868)
- nußbaum, johann nepomuk
- Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter von
- Nussbaum, Johann Nepomuk von
- Nussbaum
- Nussbaum, J.
- Nussbaum, J. N. von
- Nussbaum, Joh. N. von
- Nussbaum, Joh. Nep. von
- Nussbaum, Joh. Nepomuck von
- Nussbaum, Johann N. von
- Ritter von Nussbaum, J. N.
- Nußbaum, Johann Ritther von
- Nußbaum, Johann Nepomuk Ritther von
- Ritther von Nussbaum, J. N.
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Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter von (bayerischer Personaladel 1868)
Chirurg, * 2.9.1829 München, † 31.10.1890 München. (katholisch)
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Genealogie
V →Franz Paul N. († 1836), Ministerialsekr. im bayer. Justizministerium;
M Anna Mair († 1863);
B N. N., Bischof in Amerika; ledig. -
Biographie
N.s naturwissenschaftliche Begabung, vor allem sein mathematisches Talent, wurde bereits während seiner Schulzeit am Münchener Wilhelms-Gymnasium deutlich. Körperlich eher gebrechlich, besaß er dennoch einen unermüdlichen Arbeitswillen. Er studierte in München Medizin; seine Lehrer waren die Chirurgen →Karl Thiersch (1822–95) und →Franz Christoph Rothmund (1801–90). Nach seiner Promotion 1853 unternahm er eine Studienreise nach Paris, wo er u. a. bei →Auguste Nélaton (1807–73), →Charles-Marie-Édouard Chassaignac (1805–79) und →Jacques-Gilles Maisonneuve (1809–97) chirurgisch arbeitete. Weitere Studienreisen führten ihn nach Berlin zu dem Chirurgen →Bernhard v. Langenbeck (1810–87) und nach Würzburg. 1857 habilitierte sich N. in München für Chirurgie. Eine Professur in Zürich lehnte er ab und wurde 1860 als Ordinarius für Chirurgie an die neugeschaffene 2. Chirurgische Abteilung der Universitätsklinik München berufen, wo er bis zu seinem Tod blieb. Seit 1862 litt N. an schweren Kopfschmerzen als Spätfolge einer Hirnhautentzündung, die er regelmäßig mit Morphium bekämpfte, das er für völlig unschädlich hielt. Der Morphinismus schwächte ihn jedoch zunehmend und führte im letzten Lebensjahrzehnt zu Schwerhörigkeit und einer sehr belastenden abnormen Knochenbrüchigkeit.
Auf seine außerordentliche chirurgische Begabung weisen schon N.s frühe Arbeiten zur Augenheilkunde hin. Im Laufe seines Lebens führte er fast 25 000 Operationen durch, davon mehr als 600 Ovariotomien (Inzision oder Spaltung der Eierstöcke) – eine Operationsmethode, die er in London bei Spencer Wells erlernt hatte. Weitere operative Schwerpunkte umfaßten die Orthopädie sowie die Bauch- und Nervenchirurgie. N. veröffentlichte etwa 100 größere Originalarbeiten, hauptsächlich Beschreibungen seiner chirurgischen Operationen sowie Ratschläge zur Wundbehandlung, Verbands- und Nahttechnik (schmerzlose unblutige Sekundärnaht). Weitere Arbeitsfelder waren Knochentransplantationen, Knieresektionen, Krebsoperationen, Hernien-Radikaloperationen, Bluttransfusionen und plastisch-chirurgische Operationen. N.s größtes Verdienst war die definitive Einführung der antiseptischen Wundbehandlung 1874, die er bei →Joseph Lister (1827–1912) in Edinburgh kennengelernt hatte. Beeinflußt vor allem durch die deprimierenden Erfahrungen mit verletzungsbedingtem Wundbrand, die er 1866 und 1870/71 als Kriegschirurg gemacht hatte, wurde er zu einem der bedeutendsten Befürworter der Antisepsis in Deutschland. Sein „Leitfaden zur antiseptischen Wundbehandlung“ (1878, ⁵1887) wurde in mehrere Fremdsprachen übersetzt. N. verbesserte nach Listers Vorgaben erfolgreich die operative Hygiene und benutzte zunächst Karbol, später Jodoformgaze als Desinfektionsmittel.|
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Auszeichnungen
Päpstl. Orden v. Hl. Gregor d. Gr. (1862);
sizilian. Orden Franz I. (1862);
bayer Verdienstorden v. Hl. Michael (1864, Komturkreuz 1880, II. Kl. mit Stern 1890);
österr. Orden d. eisernen Krone 3. Kl. (1867);
Verdienstorden d. bayer. Krone (1868);
Eisernes Kreuz 2. Kl. (1870);
span. Orden Carl III. (1872);
Komturkreuz mit Stern d. österr. Franz-Joseph-Ordens (1876);
preuß. Roter Adler-Orden II. Kl. mit Stern (1889);
bayer. Geh. Rat (1882);
Ehrenbürger v. München (1885). -
Werke
Weitere W u. a. De Cornea artificialis, Diss. München 1853;
Behandlung d. Hornhauttrübungen mit bes. Berücksichtigung d. Einsetzung e. künstl. Hornhaut, Habil.schr. 1857;
Die Pathol. u. Therapie d. Ankylosen, 1862;
Sonst u. jetzt in d. Wundbehandlung, 1878. -
Literatur
ADB 52;
f. Lindpaintner, in: Münchner med. Wschr. 37, 1890, S. 816-18;
J. Fessler, in: Zbl. f. Chirurgie 56, 1929, S. 2178-83;
H. Kerschensteiner, Gesch. d. Münchener Krankenanstalten, 1939, S. 248-51 (P);
W. Deubner, Der Münchner Chirurg J. N. v. N., Diss. München 1956;
R. Toellner, Ill. Gesch. d. Medizin VI, 1986, S. 3288 f. (P);
Pagel;
BLÄ. -
Autor/in
Eberhard J. Wormer -
Zitierweise
Wormer, Eberhard J., "Nußbaum, Johann Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 379-380 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117071862.html#ndbcontent
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Nußbaum, Johann Nepomuk von
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Biographie
Nußbaum: Johann Nepomuk von N., der weltberühmte Münchener Chirurg, wurde in München am 2. September 1829 als der Sohn eines kgl. Ministerialsecretärs geboren. Während der Schulzeit kränkelte er beständig, zeichnete sich aber durch seinen willensstarken Eifer aus. Er besuchte das alte Wilhelms-Gymnasium und zeigte hier besondere Liebe und Talent für mathematische Studien, sowie frühzeitig bereits eine bei Gymnasiasten sehr seltene manuelle Geschicklichkeit. Sein Biograph, Geh. Ober-Medicinalrath Dr. v. Kerschensteiner, berichtete in der Allgemeinen Zeitung vom 6. November 1890, daß N. schon als Gymnasiast bei seinen Mitschülern kleine chirurgische Affectionen, wie böse Finger, Zahngeschwüre, Abscesse, mit Erfolg behandelt habe. Seine medicinischen und naturwissenschaftlichen Studien machte N. ebenfalls in seiner Vaterstadt, besonders als Schüler von Thiersch und später als klinischer Assistent von v. Rothmund. Trotz der körperlichen Gebrechlichkeit, die N. von Kind an anhaftete, arbeitete er buchstäblich Tag und Nacht; er schlief während seiner Studienzeit auf einer harten Holzunterlage, um ja nicht zu lange zu ruhen, und hatte auf einem Tischchen neben sich Papier und Bleistift, worauf er in schlaflosen Nächten etwaige Gedanken niederschrieb, um sie nicht zu vergessen. Mit besonderer Vorliebe widmete er sich der Chirurgie und Augenheilkunde. Aus dem letztgenannten Gebiete stammt auch die lateinisch geschriebene Abhandlung (über künstlich gebildete Hornhaut), mit welcher er 1853 die Doctorwürde erlangte. Hierauf machte er eine größere wissenschaftliche Reise, um sich in Paris bei Civiale, Nélaton, Chassaignac, Jobert und Maisonneuve, in Berlin bei v. Langenbeck, in Würzburg bei v. Textor chirurgisch weiter auszubilden. Nach München zurückgekehrt habilitirte er sich 1857 als Privatdocent für Chirurgie mit der Schrift: „Behandlung der Hornhauttrübungen mit besonderer Berücksichtigung der Einsetzung einer künstlichen Hornhaut, erhielt 1859 einen Ruf als ordentlicher Professor der Chirurgie nach Zürich, den er jedoch ablehnte, um fortab in seiner Vaterstadt seit 1860 in gleicher Eigenschaft bis zu seinem am 31. October 1890 erfolgten Tode in segensreichster Weise zu wirken. N. war einer der beliebtesten und gefeiertsten Lehrer der Münchener Hochschule. Von hinreißender Beredsamkeit, war er, wie Angerer in seinem Nachruf in der Deutschen Medicinischen Wochenschrift (1891) bemerkte, klar und kräftig im Ausdruck und|ein Meister in der Kunst, einen an sich trockenen Stoff durch praktische Bemerkungen fesselnd darzustellen. Er war ein kühner und genialer Operateur. Die Zahl der von ihm gemachten Operationen zählt nach vielen Tausenden, darunter etwa allein 600 Ovariotomien, worin er sich besonders bei Spencer Wells ausgebildet hatte. Im Kriege von 1870/71 war er als consultirender Generalarzt in geradezu aufopfernder Weise thätig. Trotz aufreibender praktischer Thätigkeit entwickelte N. auch schriftstellerisch eine große Fruchtbarkeit. Die Zahl seiner Publikationen beträgt fast 100, darunter ist eine der bekanntesten der „Leitfaden zur antiseptischen Wundbehandlung“, der in rascher Folge von 1877—89 fünf Auflagen erlebte, auch in fremde Sprachen übersetzt ist. N. hat sich, nachdem er die Antisepsis bei Lister in Edinburgh persönlich kennen gelernt hatte, um Einführung derselben große Verdienste erworben. Weitere Publikationen Nußbaum's bestehen, abgesehen von seinen Beiträgen zu dem Billroth-Lücke’schen Werke, in Monographien und Journalabhandlungen über Krebs und dessen Operation, Nervendehnung, Ovariotomie, Knochentransplantationen, Knieresection, Radicaloperation der Hernien, Transfusion, Umwandlung bösartiger Geschwülste in gutartige, ersten Verband bei verschiedenen Verwundungen, Unglücke in der Chirurgie, schmerzlose und unblutige Secundärnaht u. a. m. Gerühmt wird der überaus große Wohlthätigkeitssinn und die Humanität Nußbaum's. 1885 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt München ernannt. In seinen letzten Lebensjahren war seine Thätigkeit durch ein Rückenmarksleiden beeinträchtigt, so daß er ein Jahr vor seinem Tode theilweise seine Aemter niederlegen mußte. — N. war nie verheirathet. Seinen Vater verlor er in den Jahren, als er sich den Vorbereitungsstudien zuwendete. Seine Mutter lebte bei ihrem Sohne bis zu ihrem 1862 erfolgten Tode. N. war ein glaubensstarkes Kind seiner Kirche, dabei jedoch durchaus duldsam gegen die Angehörigen anderer Bekenntnisse. Ein echt deutscher Mann, bewies er seine Liebe zum großen Vaterlande in allen Lebensverhältnissen. Dabei war er seinem angestammten bairischen Herrscherhause in unverbrüchlicher Treue zugethan.
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Autor/in
Pagel. -
Zitierweise
Pagel, Julius Leopold, "Nußbaum, Johann Ritter von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 52 (1906), S. 667-668 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117071862.html#adbcontent