Nicolas, Ernst Gottwalt
- Lebensdaten
- 1901 – 1943
- Geburtsort
- Zippnow (Westpreußen)
- Sterbeort
- Kuloi-Lag bei Archangelsk (Sibirien)
- Beruf/Funktion
- Schriftsteller ; Drehbuchautor
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 11859091X | OGND | VIAF: 52481961
- Namensvarianten
-
- Ottwalt, Ernst (Pseudonym)
- Nicolas, Ernst Gottwalt
- Ottwalt, Ernst (Pseudonym)
- ottwalt, ernst
- Nicolas, Ernst
- Nicolas, Ernst Gottwald
- Nicolas, Ernst Ottwald
- Ottwald, Ernst
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Ottwalt, Ernst (eigentlich Ernst Gottwalt Nicolas)
Schriftsteller, * 15.11.1901 Zippnow (Westpreußen), † 24.8.1943 Kuloi-Lag bei Archangelsk (Sibirien). (evangelisch)
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Genealogie
V →Heinrich Nicolas († 1934), ev. Pfarrer in Wildam b. Dahme (Mark Brandenburg);
M Martha Moehr († 1935);
⚭ 1929 →Waltraut Bartels (1897–1962, Ps. Irene Cordes), Schriftst. (s. NDB 19 unter „Waltraut Nicolas“; L); kinderlos. -
Biographie
O. ließ sich als Oberschüler von rechtsradikalen Militärs zu Spitzeldiensten gegen die Linke anwerben; 1919 trat er einem Freikorps bei und beteiligte sich 1920 am Kapp-Putsch gegen die Republik. Nach dem Abitur in Halle/Saale begann er ein Jurastudium, das er 1922 abbrach. Seit 1925 betätigte er sich literarisch, zeitweilig als Lektor im Grieben-Verlag. Sein Kontakt zum Malik-Verlag, in dem seine beiden Romane erschienen, führte zum Bruch mit seiner politischen Vergangenheit und zur Annahme des neuen Namens. O. trat im September 1931 der KPD bei, in der er auch literaturpolitische Funktionen übernahm. 1933 emigrierte er über Dänemark nach Moskau, wo er 1936 mit seiner Frau verhaftet und 1939 zu fünf Jahren Lager verurteilt wurde.
O. zählt zu jenen proletarisch-revolutionären Autoren der Weimarer Republik, die die Literatur zwar als Waffe im Klassenkampf nutzen wollten, für die aber die Entwicklung neuer Gestaltungsweisen unabdingbare Voraussetzung jeder parteilichen Literatur war. Bereits sein erster Roman „Ruhe und Ordnung“ (1929), in dem er autobiographisch Erlebnisse „aus dem Leben der nationalgesinnten Jugend“ (Untertitel) verarbeitete, bediente sich neuartiger dokumentarisch-protokollhafter Erzählweisen. Sein Justiz-Roman „Denn sie wissen, was sie tun“ (1932) bot als „Tatsachen-Roman“ den Zusammenschnitt fiktionaler Passagen und authentischer Materialien, um unter Auflösung traditioneller Erzählweisen zeitgemäße operative Wirkungen zu erzielen. Derartige avantgardistische Konzepte, die auch von Autoren wie Brecht und Tretjakow, mit denen O. kooperierte, geteilt wurden, stießen innerhalb der kommunistischen Literaturbewegung auf heftige Kritik traditionalistischer Theoretiker wie Georg Lukács und lösten folgenreiche Grundsatzdebatten über Reportage, Dokumentaristik, Faktographie und „offene Formen“ auf der einen, „Gestaltung“ und „geschlossenes Kunstwerk“ auf der anderen Seite aus. O.s Verdienste liegen in der theoretischen Begründung und der Erprobung derart innovativer Formprinzipien, was sich auch in seiner Mitarbeit am Drehbuch des Films „Kuhle Wampe“ (1932) von Brecht und Slatan Dudow niederschlug.
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Werke
Weitere W u. a. Dtld. erwache! Gesch. d. NS, 1932;
Die letzten Dinge, 1936. – Aufss. u. a. in: Die Linkskurve (Berlin), Neue Dt. Bll. (Prag), Die neue Weltbühne (Prag), Internat. Lit. (Moskau). – Ausg.: Schrr., hg. v. A. W. Mytze, 1976. -
Literatur
Waltraut Nicolas (Ehefrau), Die Kraft, das Ärgste zu ertragen, Frauenschicksale in Sowjetgefängnissen, 1958;
A. W. Mytze, O., Leben u. Werk d. vergessenen dt. Schriftst., 1977 (W-Verz., P);
K. Jarmatz u. a., Exil in d. UdSSR, 1979, S. 71-87;
K. J. Verding, Fiction u. Nonfiction – Probleme ihrer Motivation, G. Lukács u. E. O., 1986;
S. Barck, Achtung vor d. Material, Zur dokumentar. Schreibweise b. E. O., in: Wer schreibt, handelt, Strategien u. Verfahren lit. Arbeit vor u. nach 1933, hg. v. S. Schlenstedt, 1986, S. 84-118;
Die Säuberung: Moskau 1936, hg. v. Reinhard Müller, 1991;
R. Cohen, Die gefährl. Ästhetik E. O.s, in: The German Quarterly 61, 1988 (Spring), S. 229-48;
A. Lagny, Zeitroman et reportage: Le cas d'E. O., in: Germanica 10, 1992, S. 97-110;
S. Barck, in: Lex. sozialist. Lit. (P);
Kosch, Lit.-Lex³;
Killy. -
Porträts
Foto v. Sergeij Tretjakow, ca. 1936, Abb. in: Mytze, 1977 (s. L).
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Autor/in
Walter Fähnders -
Zitierweise
Fähnders, Walter, "Nicolas, Ernst Gottwalt" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 717 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11859091X.html#ndbcontent