Neumeyer, Karl
- Lebensdaten
- 1869 – 1941
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- München
- Beruf/Funktion
- Jurist
- Konfession
- jüdisch?
- Normdaten
- GND: 116984074 | OGND | VIAF: 214474365
- Namensvarianten
-
- Neumeyer, Karl Alexander
- Neumeyer, Karl
- Neumeyer, Karl Alexander
- Neumeyer, Carl
- Neumeyer, Carl Alexander
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Neumeyer, Karl
Rechtswissenschaftler, * 19.9.1869 München, † (Freitod) 17.7.1941 München⚰ München, Neuer Israelitischer Friedhof. (israelitisch)
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Genealogie
B →Alfred (s. 1);
– ⚭ Mannheim 1900 Anna (1879–1941, s. L), T d. →Fritz Hirschhorn (1845–1908), Tabakfabr. u. -großhändler, Mitbegr. d. Dt. Tabakver., Stadtrat in Mannheim, u. d. Betty Tuchmann (1850–1912);
2 S →Alfred (s. 3), →Fritz (1905–75), Ing., Patentanwalt, emigrierte nach Schweden. -
Biographie
Nach einem rechtswissenschaftlichen Studium 1887-91 in München, Berlin und Genf wurde N. mit einer strafrechtlichen Preisschrift in München promoviert. Hier absolvierte er 1894 auch die Zweite Juristische Staatsprüfung und habilitierte sich 1901 mit (dem ersten Teil) einer Arbeit über die geschichtlichen Grundlagen des internationalen Privat- und Strafrechts für die Fächer „Internationales Privat-, Straf-, Prozeß- und Verwaltungsrecht“. 1901/02 war N. Privatdozent, 1902 wurde seine Lehrbefugnis auf das Strafrecht erweitert. 1908 wurde er zum ao. Professor in München ernannt, 1926 zum o. Professor (etatmäßig 1929), 1931 war er Dekan. 1913 hatte er einen Ruf nach Zürich abgelehnt. N. wurde während seiner Laufbahn in mehrere leitende Funktionen deutscher und internationaler Organisationen und Verbände berufen, die sich mit völker- oder internationalrechtlichen Fragen befaßten. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten führte nach anfänglicher Behinderung seiner wissenschaftlichen Arbeit zum Lehrverbot. N. wurde zwangspensioniert und durfte nicht mehr in Deutschland publizieren. Seine Söhne und sein Bruder emigrierten, N. lehnte eine Auswanderung ab. 1941 schieden N. und seine Frau unter dem Eindruck zunehmender Verfolgung freiwillig aus dem Leben.
Ausgehend von dem in seiner Habilitationsschrift behandelten Internationalen Privatrecht untersuchte N. fast alle Rechtsgebiete unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsberührung. Im Zentrum seiner Überlegungen stand das Internationale Verwaltungsrecht, das er dogmatisch erschließen und als Teilrechtsgebiet begründen wollte. Parallel zu dem eine lange Tradition aufweisenden Internationalen Privatrecht wollte N. ein kollisionsrechtliches System aus verwaltungsrechtlichen Normen entwickeln. In induktiver Vorgehensweise analysierte er zahlreiche Gebiete des besonderen Verwaltungsrechts auf der Suche nach „Grenznormen“, die, im Gegensatz zu international-privatrechtlichen Kollisionsnormen, nur im Falle ausnahmsweise bestehender „Überwirkungen“ zur Geltung ausländischen Verwaltungsrechts führen, im Normalfall jedoch Anwendungsregeln für den räumlichen Geltungsbereich der nationalen Verwaltungsrechtsätze enthalten. Oft existieren keine ausdrücklichen „Grenznormen“; diese sind dann nach N. als Teil der Sachnormen im Verwaltungsrecht aufzudecken. Die Summe dieser Grenznormen bildet zusammen mit Verweisungen auf das Verwaltungsrecht anderer Staaten, den Regeln über die Anerkennung ausländischer Amtshandlungen und über die grenzüberschreitende Rechts- und Amtshilfe und zusammen mit den Vorschriften, die „Rücksichtnahme“ auf fremde Staaten fordern, das von N. herausgearbeitete Rechtsgebiet. Diese Idee konnte sich jedoch nicht durchsetzen. N.s Verdienst liegt vorrangig darin, für vielfältige Rechtsfragen, die mit der grenzüberschreitenden Anwendung von Rechtsnormen zusammenhängen, wichtige Anregungen gegeben zu haben.|
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Auszeichnungen
Associé (1923) u. Vollmitgl. (1926) d. Inst. de Droit Internat.; Vorstandsmitgl. d. Dt. Ges. f. Völkerrecht (1928); Geh. Justizrat (1928); Vertreter Dtld.s in d. ständigen Komm. f. Internat. Kaufrecht (seit 1928).
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Werke
Hist. u. dogmat. Entwicklung d. strafbaren Bankerotts unter bes. eingehender Unters. d. Schuldfrage, 1891;
Die gemeinrechtl. Entwicklung d. internat. Privat- u. Strafrechts bis Bartolus, 2 Bde., 1901/16;
Internat. Verw.recht, 4 Bde., 1910-36;
Vom Recht d. auswärtigen Verw. u. verwandten Rechtsbegriffen, in: Archiv f. öff. Recht 31, 1913, S. 99-130;
Internat. Finanzrecht, in: Zs. f. Internat. Recht 24, II. 1914, S. 186-220;
Staatsangehörigkeit d. jur. Personen, in: Mitt. d. dt. Ges. f. Völkerrecht 2, 1918, S. 149-65;
Staatsangehörigkeit als Anknüpfungspunkt im internat. Verw.recht, ebd. 4, 1924, S. 54-69;
Internat. Privatrecht, 1923, ²1930. -
Literatur
Alfred Neumeyer (B), Erinnerungen, 1941-1944 (ungedr., Hss.abt. d. Bayer. Staatsbibl. München);
M. Gutzwiller, in: Rabels Zs. f. ausländ, u. internat.|Privatrecht 27, 1962/63, S. 402-10 (P);
Alfred Neumeyer (S), Lichter u. Schatten, Eine Jugend in Dtld., 1967 (P);
K. Vogel, Der räuml. Anwendungsbereich d. Verw.rechtsnorm, 1965, S. 176-93 (W-Verz., L);
ders., in: Archiv f. öff. Recht 95, 1970, S. 138-40;
ders., K. N. (1869-1941), Ein Lebenswerk, das „Internat. Verw.recht“, in: H. Heinrichs (Hg.), Dt. Juristen jüd. Herkunft, 1993, S. 531-41;
A. Werner, Jüd. Juristen in München, in: Vergangene Tage, Jüd. Kultur in München, hg. v. H. Lamm, 1982 (P);
Kürschner, Gel.-Kal.;
Wininger. - Zu Anna:
Marianne Weber, Lebenserinnerungen, 1948, S. 409-46. -
Autor/in
Christian Waldhoff -
Zitierweise
Waldhoff, Christian, "Neumeyer, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 172-173 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116984074.html#ndbcontent