Moses, Julius
- Lebensdaten
- 1868 – 1942
- Geburtsort
- Posen
- Sterbeort
- Konzentrationslager Theresienstadt
- Beruf/Funktion
- Sozialpolitiker ; Verleger ; Arzt
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 118761501 | OGND | VIAF: 22288670
- Namensvarianten
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- Moses, Julius
- Moses, J.
Vernetzte Angebote
- * Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik online [2006-2007]
- * Neue Deutsche Biographie (NDB) [1997] Autor/in: Feldmann-Marth, Holger (1997)
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- Eugenio Pacelli - Nuntiaturberichte von 1917-1929
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Moses, Julius
Sozialpolitiker, * 2.7.1868 Posen, † 24.9.1942 KZ Theresienstadt. (israelitisch)
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Genealogie
V Isidor (1837–92) aus Schubin b. Bromberg, Schneider in P.;
M Pauline (1843–1907) aus Obersitzko (Prov. Posen);
⚭ 1896 Gertrud Moritz (1874–1942, KZ Theresienstadt); Lebensgefährtin →Elfriede (1893–1979), T d. N. N. Nemitz u. d. →Anna Voigt (1873–1962) aus Bromberg, Schneiderin, 1922-33 Reichstagsabg. (USPD, dann SPD; s. Schumacher; L);
3 S →Erwin (1897–1976), Prokurist in Tel Aviv, →Rudi (1898–1979), Dr. med., Arzt in Brisbane (Australien), →Kurt Nemitz (* 1925), Dr. rer. pol., Prof., 1965-76 Senatsdir. in Bremen, 1976-92 Präs. d. dortigen Landeszentralbank (s. Wi. 1990; L), 1 T Wera (1899–1942, KZ Theresienstadt). -
Biographie
Nach dem Besuch des Gymnasiums und der Univ. Greifswald ließ sich M. 1893 als praktischer Arzt in Berlin nieder. Zunächst bei den Freisinnigen politisch aktiv, entfaltete er eine rege Tätigkeit als Teilnehmer an Veranstaltungen und politischen Diskussionszirkeln. Dabei standen für rund ein Jahrzehnt jüd. Angelegenheiten, die Frage nach der kulturellen und nationalen Identität des Judentums und die Auseinandersetzung mit dem Zionismus und dem Antisemitismus im Vordergrund. Daneben erschloß sich dem Arbeiterarzt bald die Einsicht in den engen Zusammenhang zwischen Gesundheit und sozialen Lebensbedingungen. Die hieraus resultierende zunehmende Schwerpunktverlagerung seines Engangements auf das Feld der Gesundheitspolitik führte zu Konsequenzen: M. verließ 1910 die von ihm seit 1902 herausgegebene Zeitschrift „Generalanzeiger für die gesamten Interessen des Judentums“, um sich der Herausgabe medizinischer Fachzeitschriften – u. a. „Der Hausarzt“ und „Der Kassenarzt“ (1924-33) – zu widmen, und schloß sich der Sozialdemokratie an.
Einen ersten Höhepunkt in der politischen Karriere M.s stellte die „Gebärstreikdebatte“ 1912/13 dar, in der M. den Zusammenhang von Kinderreichtum und sozialer Not der Arbeiterschaft und – gegen die eigene Parteiführung – die Forderung nach Geburtenbeschränkung propagierte und sich so einer breiten Öffentlichkeit als fachkundiger und überzeugungsstarker Redner bekanntmachte. 1919 wurde M. Vorstandsmitglied der USPD, dann der SPD, gehörte 1920-32 dem Reichstag an (u. a. als gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion) und war Mitglied des Reichsgesundheitsrates. Nicht zuletzt dank seiner Vorliebe für Witz und Ironie zählte er zu den profiliertesten Abgeordneten. Seine Beiträge und Initiativen – etwa zur Rolle der Sozialversicherung, zur vorbeugenden Gesundheitspflege, zur Bekämpfung von Berufskrankheiten, Alkoholismus und Geschlechtskrankheiten, zum § 218, zur Auswirkung von Arbeitslosigkeit auf die Gesundheit oder seine Forderung nach Schaffung eines Reichsgesundheitsministeriums (1921) – waren prägend für die gesundheitspolitischen Debatten in der Weimarer Republik. Nach seiner Definition (1931) war Sozialhygiene alles, „was sich in volksgesundheitlicher Beziehung auswirkt. Zur Sozialhygiene gehört nicht nur die Sozialpolitik als solche, sondern auch die Lohn-, Wohn- und Finanzpolitik und selbst die Kulturpolitik“. – 1933 blieb M. trotz seiner doppelten Gefährdung als Jude und Sozialdemokrat in Berlin. 1938 verlor er seine Zulassung als Arzt. Im Juli 1942 wurde er, 74jährig, nach Theresienstadt deportiert, wo er bald darauf starb.
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Werke
u. a. Das Handwerk unter d. Juden, 1902;
Die Lösung d. Judenfrage, 1907;
Gesundheitspflege d. arbeitenden Jugend, 1922;
Der Kampf um d. Kurierfreiheit, 1930;
Der Totentanz v. Lübeck, 1930;
Arbeitslosigkeit – e. Problem d. Volksgesundheit, 1931. – W-Verz.: K. Nemitz, J. M. – Nachlaß u. Bibliogr., in: Internat. wiss. Korr. z. Gesch. d. dt. Arbeiterbewegung 10, 1974, S. 219-41. | -
Nachlass
Nachlaß: Prof. Dr. Kurt Nemitz, Bremen.
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Literatur
K. Nemitz, J. M. u. d. Gebärstreik-Debatte 1913, in: Jb. d. Inst. f. Dt. Gesch. d. Univ. Tel Aviv II,|1973, S. 321-35;
ders., J. M.s Weg z. Sozialdemokratie, ebd. Beiheft 2, 1977, S. 165-83;
ders., Die Bemühungen z. Schaffung e. Reichsgesundheitsministeriums in d. ersten Phase d. Weimarer Republik 1918–22, in: Medizinhist. Journal 16, H. 4, 1981, S. 424-45 (P);
ders., J. M., in: Bulletin d. Leo Baeck Institute 71, 1985, S. 21-33;
ders., Anna Nemitz, Bll. d. Erinnerung, 1988 (P);
ders., Ein Pionier fortschrittl. Gesundheitspol., J. M. z. Gedenken, in: Soz. Sicherheit 37, H. 8/9, 1988, S. 246 f.;
ders., in: Das Parlament v. 16.12.1988 (P);
ders., Weimarer Profile – J. M., in: Die Neue Ges./Frankfurter Hh. 38, H. 5, 1991, S. 451-56 (P);
D. S. Nadav, J. M. – seine „jüd. Epoche“, in: Arbeiterbewegung u. Gesch., 1983, S. 82-100;
ders., J. M. u. d. Pol. d. Sozialhygiene in Dtld., 1985 (P, vgl. dazu d. Rez. v. Th. Möller in: Das Parlament v. 29.11.1986);
S. Hahn, Rev. d. Heilkunst, in: Der Wert d. Menschen, 1989, S. 71-85;
D. Fricke, Jüd. Leben in Berlin u. Tel Aviv 1933–39, Der Briefwechsel d. ehem. Reichstagsabg. Dr. J. M., Diss. Bremen 1994;
Ärztelex., hrsg. v. W. U. Eckart u. Ch. Gradmann, 1995. -
Porträts
Phot. im Archiv d. soz. Demokratie, Bonn;
Juden in Preußen, Ausst.kat. Berlin 1981, S. 215 u. 298 f. -
Autor/in
Holger Feldmann-Marth -
Zitierweise
Feldmann-Marth, Holger, "Moses, Julius" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 205-206 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118761501.html#ndbcontent