Moholy, Lucia
- Lebensdaten
- 1894 – 1989
- Geburtsort
- Karolinenthal bei Prag
- Sterbeort
- Zollikon bei Zürich
- Beruf/Funktion
- Photographin ; Dokumentaristin ; Publizistin ; Fotografin ; Dozentin ; Redakteurin
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 119024225 | OGND | VIAF: 95733967
- Namensvarianten
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- Schulz, Lucia (geborene)
- Moholy, Lucia
- Schulz, Lucia (geborene)
- schulz, lucia
- Moholy-Nagy, Lucia
- Nagy, Lucia Moholy-
- Steffen, Ulrich
- Ulrich Steffen
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Moholy, Lucia|, geborene Schulz
Photographin, Dokumentaristin, Publizistin, * 18.1.1894 Karolinenthal bei Prag, † 17.5.1989 Zollikon bei Zürich. (israelitisch)
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Genealogie
V Gottlieb Schulz, Dr. iur., Rechtsanwalt in Prag, S d. Markus u. d. Therese Silberstern († 1907);
M Valeska Barsach, Musikerin;
B →Franz Schulz (Ps. Franz Spencer, Francis George Spencer) (1897–1971), Schriftst., Drehbuchautor („Die Drei v. d. Tankstelle“, „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“);
– ⚭ 1921 (⚮ 1929) →László Moholy-Nagy (s. 1); kinderlos. -
Biographie
M. wuchs in einem liberalen jüd. Elternhaus in Prag auf. Nach dem Schulabschluß und der Lehramtsprüfung für Englisch (1912) arbeitete sie als Lehrerin und Übersetzerin. An der Prager Universität hörte sie Vorlesungen zur Philosophie und Kunstgeschichte, wobei sie entscheidend durch die Wiener Schule der Kunstwissenschaften beeinflußt wurde. 1915-21 war sie als Redakteurin und Journalistin sowie als Lektorin für die Verlage Kurt Wolff, Hyperion und Rowohlt tätig. Zu dieser Zeit erwachte ihr Interesse an der Photographie. 1920 ließ sich M. in Berlin nieder, wo sie die Bekanntschaft des ungar. Avantgarde-Künstlers →László Moholy-Nagy machte und ihn 1921 heiratete. Gemeinsam entwickelten die beiden eine moderne Theorie und Praxis der Photographie, die sich in von M. redigierten Abhandlungen László Moholy-Nagys und in gemeinsamen Photogramm-Experimenten manifestierte. 1923 folgte sie Moholy-Nagy nach Weimar, als dieser einen Ruf an das Bauhaus erhielt. Hier absolvierte sie 1923/24 eine Lehre im Photo-Atelier Eckner, was ihr eine professionellere photographische Reproduktion von Werkstatt- und Meisterarbeiten am Bauhaus ermöglichte. Ihre Sach- und Porträtphotographien jener Jahre sind visuelle Analysen der abzubildenden Objekte, umgesetzt in schnörkellose, funktionale, technisch perfekte Aufnahmen. 1924 lektorierte sie Lászlós Buch „Malerei Photographie Film“ und danach alle weiteren Bauhausbücher. Ihre phototechnischen Kenntnisse vertiefte sie 1925/26 an der Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. Mit dem Umzug des Bauhauses nach Dessau (1926) begann M. mit der photographischen Dokumentation der von Walter Gropius entworfenen Schulgebäude und Meisterhäuser. Ihre Aufnahmen bestimmen bis heute Sicht und Rezeption des Bauhauses. Gegen Ende der 20er Jahre beteiligte sich M. an großen Bilderschauen wie „Neue Wege der Photographie“ (Jena 1928) und „Film und Foto“ (Stuttgart 1929) und machte sich nach der Trennung von László mit selbständigen Publikationen einen Namen. 1930-33 leitete sie als Nachfolgerin Otto Umbehrs die Photographie-Abteilung der Itten-Schule in Berlin. Über Prag, Wien und Paris emigrierte sie 1933/34 nach London, wo sie bis 1958 lebte. Das umfangreiche Negativarchiv ging durch die Flucht verloren. Ihre Forschungen und Materialien zur Photogeschichte verarbeitete M. in Vorlesungen an Londoner Kunstschulen und 1939 in der ersten brit. Publikation einer Photogeschichte, „A Hundred Years of Photography“, das gleichzeitig den Endpunkt ihrer praktischen Tätigkeit als Photographin markiert. Nach Gründung der UNESCO 1946 war M. deren Beauftragte zur wissenschaftlichen Dokumentation des Kulturgutes im Mittleren Osten. Seit 1959 lebte sie als freie Publizistin in der Schweiz.
M.s Arbeiten gehören in der Konzeption von objektorientierter Komposition und Lichtführung zu den Wegbereitern neusachlicher Photographie in ihrer klassischen Periode. Ihr Werk ist formal-stilistisch sowie in der Wahl der Sujets neben dem anderer Protagonisten der Neuen Sachlichkeit wie Hans Finsler oder →Hugo Schmölz anzusiedeln. Eine Besonderheit bilden die Porträtserien, die direkt und nahezu graphisch-präzis Gesichter, Profile und Hände wiedergeben, daneben aber auch eine sehr intime Komponente aufweisen.
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Werke
Zweck u. Sinn d. Mikrodokumentation, in: Agfa Mitt. 1954;
Die Rolle d. Phot. in d. Ges., Radiovortrag Südfunk Stuttgart v. 10.12.1957;
Zu Photogrammen v. Moholy-Nagy, in: Ungegenständl. Phot., Ausst.kat. Gewerbemus. Basel 1960;
Marginalien zu Moholy-Nagy, Dokumentar. Ungereimtheiten …, 1972;
Fragen d. Interpretation, in: E. Neumann (Hrsg.), Bauhaus u. Bauhäusler, 1985, S. 289-301;
L. M., Frühe Photographien, 1989. – Slg. v. Phot. u. Negativen: Berlin, Bauhaus-Archiv;
Cambridge (Mass.), Busch-Reisinger-Mus. -
Literatur
A. Porter, L. M., in: Camera 57, 1978, H. 2, S. 4-13;
R. Sachsse, L. M., 1985 (W, L, P);
ders., Anmerkungen zu L. M., in: J. Fiedler (Hrsg.), Fotografie am Bauhaus, 1990, S. 24-33 (P);
I. Bondi, L. M., in: Contemporary Photographers, 1982, S. 525-27;
BHdE II. -
Porträts
Phot. (Selbstporträt), 1931, Abb. b. J. Fiedler (s. L);
Phot. v. László Moholy-Nagy, um 1925, in: A. Haus, Moholy-Nagy, Fotos u. Fotogramme, 1978, Tafeln 58, 60, 61, 66;
Phot., um 1986, in: V. Isler, Rollenwechsel – Fotografen vor d. Kamera, 1992. -
Autor/in
Jeannine Fiedler -
Zitierweise
Fiedler, Jeannine, "Moholy, Lucia" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 701 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119024225.html#ndbcontent