Lotsch, Christian
- Lebensdaten
- 1790 – 1873
- Geburtsort
- Karlsruhe
- Sterbeort
- Rom
- Beruf/Funktion
- Bildhauer ; Zeichner ; Künstler
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118810197 | OGND | VIAF: 52486025
- Namensvarianten
-
- Lotsch, Christian
- Lotsch, Christian Johann
- Lotsch, Johann Christian
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Lotsch, Christian
Bildhauer, Zeichner, * 29.6.1790 Karlsruhe, † 9.6.1873 Rom. (evangelisch)
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Genealogie
V Georg Adam (* 1759), Hausknecht im „Darmstädter Hof“ in K., dann Fuhrmann, S d. Johannes u. d. Maria Susanna verw. Herr;
M Elisabeth Sutter;
⚭ Rom 1854 Francesca Guglielma Ranucci († 1862). -
Biographie
Nach dem ersten Schulunterricht in Karlsruhe besuchte L. die von →Friedrich Weinbrenner geleitete Bauschule und die mit ihr verbundene Malerschule. Der Hofmaler Feodor Iwanowitsch unterwies ihn im Malfach und zog ihn auch 1816-21 als Gehilfen bei der Ausmalung der ev. Stadtkirche in Karlsruhe heran. Erst in dieser Zeit scheint L. sich endgültig der Bildhauerei zugewandt zu haben (frühestes datiertes Werk von 1819). Mit einem durch Weinbrenner vermittelten großherzogl. Stipendium ging er 1822 nach Rom, das er künftig nur noch zu einigen Fahrten nach Deutschland verließ. Demnach kann er nicht mehr – wie mehrfach behauptet– an der Restaurierung der „Ägineten“ in Thorvaldsens Atelier beteiligt gewesen sein. Allerdings waren die handwerkliche Beratung und das stilistische Vorbild Thorvaldsens von großer Bedeutung für L. Entscheidend wurde für ihn die Freundschaft mit dem hannov. Diplomaten →August Kestner, der ihm Aufträge vermittelte und seine Werke in deutschen Zeitungen würdigte. 1858 wurde L. schließlich zum Hofbildhauer ernannt, dennoch verbrachte er auch den Rest seines Lebens in Armut.
L.s frühestes erhaltenes bildhauerisches Werk, das Marmorrelief „Maria mit Christus und Johannes“ (1824, Kunsthalle Karlsruhe), zeigt ihn unter dem Einfluß nazarenischer wie klassizistischer Formen. Einen wesentlichen Fortschritt muß das Marmorrelief „Flucht nach Ägypten“ (1826, ehem. St. Stephan, Karlsruhe) bedeutet haben. Die zahlreichen Marmorbüsten, die L. vornehmlich in den zwanziger Jahren von deutsch-röm. Künstlern schuf, sind verschollen. Seit 1839 war L. mit dem umfangreichsten Auftrag seiner Laufbahn befaßt – der bildhauerischen Ausstattung der von Heinrich Hübsch errichteten Trinkhalle in Baden-Baden. Gesichert sind für L. die durch Putten personifizierten Jahreszeiten über einem Seiteneingang, womit ihm auch die „Tageszeiten“-Reliefs über dem gegenüberliegenden Eingang zugeschrieben werden können. Auch für das Giebelfeld der Trinkhalle, das die heilende Wirkung der Quellen Baden-Badens allegorisiert, fertigte L. das Modell (ausgeführt von Franz Xaver Reich). Neben zunehmend voluminösen und aufwendig drapierten klassizistischen Rundplastiken widmete sich L. weiterhin der Reliefkunst, die er christlichen Sujets vorbehielt. Romantischer Kunsttheorie entsprach die Aufstellung zweier idealisierter Büsten Raffaels und Dürers (1840) im Treppenhaus der Karlsruher Kunsthalle. Für dieses Gebäude entwarf L. auch die Personifikationen der „Bildhauerei“ und „Malerei“, führte sie aber nicht in Marmor aus.
Das späteste Beispiel für seine Grabmäler und überhaupt sein letztes datiertes Werk ist ein sitzender Grabengel (Thanatos) mit gesenkter Fackel für Christiane Allmann, eine Vertraute der Großherzogin von Baden (Marmor, 1871, Stadtgeschichtl. Slgg. Baden-Baden). Dem Klassizismus Thorvaldsens verpflichtet ist die lebensgroße Marmorskulptur einer „Hebe“, die L. 1857 für den Großherzog von Baden vollendete (Orangerie des Neuen Schlosses, Baden-Baden, beschädigt; eine Wiederholung wohl gegen 1859). L.s Neigung zu einer gewissen Massigkeit wird hier und in den vier Skulpturen der „Jahreszeiten“ im Rosengarten der Insel Mainau (1861–66) deutlich. Zur Kenntnis griech. Plastik tritt die Rezeption röm. Gewandstatuen und kaiserzeitlicher Porträtkunst (Statue des „Sommers“). Trotz gewisser eklektizistischer Tendenzen sind L.s späte Skulpturen, die keinerlei Anzeichen eines aufkommenden Realismus verraten, von beachtlicher Qualität. Auch als Zeichner genoß L. einen guten Ruf. Entwürfe zu bildhauerischen Arbeiten haben sich allerdings nicht erhalten. Deutliche Schwerpunkte bilden Genreszenen aus dem ital. Volksleben und wohlwollende Karikaturen auf Künstlerfreunde (vor allem um 1830/40). In mehreren großformatigen Aquarellen und Zeichnungen setzte er sich mit Cervantes' Don Quijote auseinander.
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Werke
Ghzg. Ludwig v. Baden, Alabastermedaillon, 1819 (ehem. Mannheim, Reiss-Mus., wohl Kriegsverlust);
Bacchanal, Relief, 1823 (verschollen);
Büsten: Koch (1824), Reinhart (beg. 1824), F. Flor, S. Amsler, J. v. Hempel (1825 vollendet), Ph. Veit (erw. 1828), P. Cornelius (um 1830?), F. Overbeck, Charlotte Kestner, 1827 (sämtl. verschollen);
Büste Raffaels, 1832 (ehem. Frankfurt/M., Städelsches Kunstinst., Kriegsverlust);
Relief mit Kreuztragung Christi, 1834 ausgestellt;
Sitzendes, in Gedanken versunkenes Mädchen f. A. Kestner, 1834/35;
Kopie d. Ceres im Vatikan f. Ghzgn. Stephanie v. Baden, 1835 (alle verschollen);
Hl. Georg, d. Drachen bekämpfend, Marmorrelief, 1840 (Leningrad, Ermitage);
Relief f. Grabmal Carl Kestners in d. ev. Kirche zu Thann, 1846;
Toter Knabe auf d. Delphin, um 1859 (Leningrad, Chines. Palast);
- Modelle: „Vier Jahreszeiten“, Hirte, Eva, Venus, gegen 1861 (verschollen);
Bildnismedaillon A. Kestners f. dessen, Grabstein auf d. prot. Friedhof an d. Cestius-Pyramide, Rom 1862;
Kopie d. Dornausziehers auf d. Kapitol, Marmor, galvanisiert, 1866 (Insel Mainau/Bodensee);
Aquarelle, Bleistift- u. Federzeichnungen (fast ausschließl. Karikaturen) (Mittelrhein. Landesmus., Mainz, German. Nat.mus. Nürnberg, Staatl. Kunsthalle Karlsruhe, Kunstmus. Basel, Thorvaldsen Mus. Kopenhagen);
zahlr. Zeichnungen ehem. im Kestner-Mus., Hannover (1946 vernichtet). -
Literatur
M. Pfister-Burkhalter, Hieronymus Hess 1799-1850, 1952 (P);
H. Geller, Dt. Künstler in Rom, 1961, S. 32 f., Abb. 23;
A. v. Schneider, J. Ch. L. (1790-1873), Ein bad. Bildhauer u. Zeichner d. Klassizismus, in: ZGORh NF 70, 1961, S. 323-40 (P);
M. Jorns, Aug. Kestner u. s. Zeit, 1964;
M. Fuss, Ein interessantes Grab f. d. Vertraute d. Herzogin v. Hamilton, in: Bad. Tagbl. v. 8.2.1965;
R. I. Pinnau, Joh. Martin v. Rohden 1778-1868, 1965;
R. Theilmann, E. Ammann, Die dt. Zeichnungen d. 19. Jh., Staatl. Kunsthalle Karlsruhe, 1978;
N. Suhr, Karikaturen v. Ch. L., Phil. Veit u. Ed. v. Steinle, 1985;
ders., Eine Hebe d. bad. Bildhauers Ch. L., in: Jb. d. Staatl. Kunstslgg. in Baden-Württemberg 16, 1979, S. 107-16;
Bad. Biogr. II (1875/91);
ThB. -
Eigene Archivstud. -
Autor/in
Norbert Suhr -
Zitierweise
Suhr, Norbert, "Lotsch, Christian" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 242-243 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118810197.html#ndbcontent