Landolt, Hans Heinrich
- Lebensdaten
- 1831 – 1910
- Geburtsort
- Zürich
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Chemiker
- Konfession
- reformiert
- Normdaten
- GND: 116678070 | OGND | VIAF: 30293921
- Namensvarianten
-
- Landolt, Hans
- Landolt, Hans Heinrich
- Landolt, Hans
- Landolt, H.
- Landolt, Hans H.
- Landolt, Heinrich
- Landolt, Johann Heinrich
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Landolt, Hans
Chemiker, * 5.12.1831 Zürich, † 15.3.1910 Berlin. (reformiert)
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Genealogie
Aus Zürcher Patrizierfam.;
V →Joh. Heinrich (1792–1847), Stadtsäckelmeister, S d. →Joh. Heinrich (1763–1850), Stadtrat u. Stadtpräs. in Z., u. d. Anna Barbara Füssli;
M Henriette (1807–51), T d. Oberstlt. →Hans Heinr. Rahn (1768–1807) u. d. Anna Schin;
Ur-Gvv →Joh. Heinrich (1721–80), Bgm. v. Z.;
- ⚭ 1859 Emilie (1839–1914), T d. Joh. Georg Schallenberg u. d. Agathe Elise Kaiser;
1 S, 1 T, →Robert (1865–1932), Augenarzt, Prof. d. Med. in Straßburg u. Z., Maria (⚭ →Oskar Liebreich, 1839–1908, Prof. d. Pharmakol. in B.). -
Biographie
L. begann 1850 ein Chemiestudium an der Univ. Zürich. Sein dortiger Lehrer, →K. J. Loewig, erhielt 1853 einen Ruf nach Breslau, wohin ihm L. folgte. Ende 1853 wurde er dort mit einer Arbeit über Arsenäthyle zum|Dr. phil. promoviert; schon vorher (1852) war er mit Arbeiten über Zinnmethyle hervorgetreten. Anschließend ging er nach Berlin, wo Mitscherlich und Rose lehrten, und kurze Zeit später, einer Einladung Bunsens folgend, nach Heidelberg. 1856 kehrte er auf Ersuchen Loewigs zurück nach Breslau und habilitierte sich mit der Arbeit „Über die chemischen Vorgänge in der Flamme des Leuchtgases“. 1858 erhielt er einen Ruf als ao. Professor an die Univ. Bonn. Anfangs arbeitete er hier unter sehr ungünstigen Umständen, doch nachdem der bisherige Ordinarius und Institutsleiter, K. G. Bischof, 1863 emeritiert worden war, entstand ein neues, 1868 eröffnetes Laborgebäude, und L. wurde zusammen mit Kekulé zum Direktor bestellt. Neben kleineren Untersuchungen entstand in Bonn eine Reihe von wichtigen Arbeiten über Molekular- und Atomrefraktion. 1870 übernahm L. die Professur für Anorganische und Organische Chemie am neuen Aachener Polytechnikum. Dort erhielt er ein gut eingerichtetes Laboratorium, das 1874 noch wesentlich erweitert wurde. – L. war nicht nur ein außerordentlich begabter Experimentator, sondern auch ein hervorragender akademischer Lehrer, der es verstand, seine Vorlesungen mit klug konzipierten und instruktiven Versuchen auszustatten. Ein Ergebnis seiner Bemühungen war die Entwicklung eines neuartigen und praktischen Verfahrens zur Bestimmung von Molekulargewichten mittels Dampfdichtemessungen. 1873 begann er mit Untersuchungen über das Verhalten von Lösungen optisch aktiver Substanzen, wie Weinsäuren und bestimmten Zuckerarten, gegenüber dem polarisierten Licht, die er in seinem bekannten Werk „Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen und die praktischen Anwendungen desselben“ (1879, ²1898; engl. 1900, ²1902) zusammenfaßte. – 1880 verließ L. Aachen und trat eine Professur an der 1881 neugegründeten Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin an, wo er bis zu seinem Tode blieb; 1887 lehnte er einen Ruf an die Univ. Leipzig ab, 1891 wurde ihm (als Nachfolger Rammeisbergs) auch die Leitung des II. Chem. Instituts der Berliner Universität übertragen (1891 Professor f. Physikal. Chemie); hier wurde Nernst sein Nachfolger. – Von L.s vielen, durchweg physikalisch-chemisch orientierten Arbeiten sollen nur noch seine umfangreichen und mit höchsten experimentellen Anforderungen verbundenen Untersuchungen über die Frage nach der Gültigkeit des Gesetzes von der Erhaltung der Masse bei chemischen Reaktionen hervorgehoben werden. Die grundlegende Bedeutung dieser Arbeiten zeigte sich, als L. mit ihnen die vor allem auf W. Prouts Hypothese (Annals of Philosophy 6, 1815; 7, 1816) zurückgehende Annahme vom Aufbau aller Elemente aus Wasserstoff als der Urmaterie mit dem Atomgewicht = 1 überprüfte und widerlegte. Dazu unternahm L. seit 1890 sehr genaue Wägungen chemischer Reaktionspartner vor und nach ihrer Umsetzung, mit denen das Massenerhaltungsgesetz voll bestätigt werden konnte (Über die Erhaltung der Masse bei chem. Umsetzungen, 1905). 1905 legte L. seine Professur nieder, arbeitete aber in einem für ihn reservierten Labor der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt bis zuletzt weiter. – GHR; Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1881), d. Ak. d. Wiss. in St. Petersburg; Goldene Staatsmedaille f. Kunst u. Wiss. (1905).
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Werke
Als Bearb. u. Hrsg. e. bis heute immer wieder neu bearb., unentbehrl. Physikal.-Chem. Tabellenwerkes, d. „Landolt-Börnstein“, ist s. Name jedem Chemiker u. Physiker geläufig: Physikal.-chem. Tabellen, 1883, ³1905 (m. R. Börnstein), später u. d. T. Zahlenwerte u. Funktionen aus Physik, Chemie, Astronomie, Geophysik u. Technik, 4 Bde. (27 T.), ⁶1950 f. (hrsg. v. H. Borchers, H. Hausen, K. Hellwege, K. Schäfer, E. Schmidt) u. „Zahlenwerte u. Funktionen aus Naturwiss. u. Technik“, Neue Serie (dt./engl.), 1961 ff. (hrsg. v. K. H. Hellwege, angelegt auf 42 Bde.).
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Literatur
H. Kopp, Die Entwicklung d. Chemie in d. neueren Zeit, 1873, S. 379 f.;
W. Marckwaldt, in: Chemiker-Ztg. 34, 1910 (P);
Naturwiss. Rdsch. 25, 1910, S. 194 f.;
R. Pribram, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges. 44, 1910 (W, P);
van't Hoff, in: Abhh. d. Ak. d. Wiss. Berlin, Physikal. Kl., 1910;
O. Schönrock, in: Zs. f. Instrumentenkde. 30, 1910, S. 93 f.;
Schenk, in: Jber. d. schles. Ges. f. vaterländ. Kultur, 1910, S. 27 f.;
A. Benrath, Der chem. Unterricht in Bonn vor Kekulé, in: Archiv f. Gesch. d. Naturwiss. u. Technik, 1910, S. 65 f.;
K. Mendelssohn, Walther Nernst u. s. Zeit, 1970;
BJ 15 (Tl. 1910);
Pogg. I, III-V. -
Autor/in
Claus Priesner -
Zitierweise
Priesner, Claus, "Landolt, Hans Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 508-509 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116678070.html#ndbcontent