Laurentius von Schnüffis
- Lebensdaten
- 1633 – 1702
- Geburtsort
- Schnifis (Vorarlberg)
- Sterbeort
- Konstanz
- Beruf/Funktion
- Kapuziner ; Dichter ; Schauspieler ; Komponist ; Priester ; Lyriker
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118726765 | OGND | VIAF: 70091978
- Namensvarianten
-
- Johann, Martin (eigentlich)
- Martin, Johannes
- Laurentius von Schnifis
- Schnifis, Laurentius von
- Schnüffis, Laurentius von
- Mirant, Johann (Mirant ist Anagramm des Names Martin)
- Laurentius von Schnüffis
- Johann, Martin (eigentlich)
- johann, martin
- Martin, Johannes
- Laurentius von Schnifis
- Schnifis, Laurentius von
- Schnüffis, Laurentius von
- Mirant, Johann (Mirant ist Anagramm des Names Martin)
- mirant, johann
- Laurentius, von Schnüffis
- Laurentius, F.
- Laurentius, P. F.
- Laurentius, of Schnüffis
- Laurentius, von Schniffis
- Laurentius, von Schnifis
- Laurentius, von Schnüfis
- Lorentz, F.
- Lorentz, von Schnüffis
- Martin, Johann
- Martin, Johann, Wirklicher Name
- Mirant
- Mirantus, Laurentius
- Mirtill
- Schniffis, Laurentius von
- Schniffis, Laurenz von
- Schnüffis, Laurentius von
- Schnüfis, Laurentius von
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Laurentius von Schnüffis (eigentlich Martin, Johann)
Kapuziner, Schauspieler, Dichter und Komponist, * 24.8.1633 Schnifis (Vorarlberg), † 7.1.1702 Konstanz.
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Genealogie
V Caspar Martin († 1643), Bauer u. Geschworener in Sch.;
M Maria Gom († 1648) aus Düns b. Sch. -
Biographie
Früh verwaist, erhielt L., wohl durch Vermittlung des Dorfpfarrers, seines Paten, vermutlich in Feldkirch eine gelehrte lat.-deutsche und musikalische Ausbildung. Er lief 1649 aus der Schule, schloß sich 1653 den Englischen, 1656 den Hochdeutschen Komödianten an und erhielt mit dieser Wanderbühne 1658 ein festes Engagement am Innsbrucker Hoftheater, der Bezahlung nach in untergeordneter Stellung. Bereits am Durlacher Hof war er als Poet und Komponist eines Singspiels hervorgetreten; in Innsbruck erhielt er 1659 den Auftrag zu einer politisch wichtigen Gelegenheitsdichtung. Mehrfache Bewerbungen um eine Sekretärsstelle in der Tiroler Verwaltung schlugen fehl. Dies und eine schwere Erkrankung bewirkten 1662 seine Wendung zum geistlichen Leben und den Abschied von der höfischen Welt, bevor der kunstsinnige Fürst, Erzhzg. Ferdinand Karl, Ende dieses Jahres starb, der Nachfolger die Komödianten entließ und Kaiser Leopold I., nach Erlöschen der tirol. Linie des Erzhauses 1665, der kurzen kostspieligen Blüte italienisch orientierter, absolutistischer Hofkultur in Tirol ein Ende machte. Leben und Denken L.s standen fortan unter dem Eindruck der selbsterfahrenen Wahrheit der zeittypischen Metapher von der „betrieglichen Schau-Bühne“ des Hofes und der Welt. Nach der Priesterweihe (1663 in Konstanz)|fand er Aufnahme beim Grafen von Hohenems. Hier schrieb er einen Roman, in dem er die Bekehrung des Höflings „Mirant“ (ein Anagramm des Namens Martin) zum geistlichen Stand darstellte. Er widmete ihn dem Grafenehepaar, auf dessen Kosten er 1665 u. d. T. „Philotheus, oder des Miranten … wunderlicher Weeg“ anonym erschien: ein poetisches Experiment, das der Autor noch in der stark überarbeiteten Fassung von 1689 (ed. E. Thurnher, 1960, L) mit dem Hinweis auf Augustins „Bekenntnisse“ rechtfertigen mußte. Im selben Jahr war er in den Kapuzinerorden eingetreten (Noviziat in Zug) und hatte nach dem Tagesheiligen und dem Geburtsort seinen Namen erhalten. Enthielt der Roman bereits Lieder mit Melodien für Singstimme und Begleitinstrument, so standen die folgenden Jahrzehnte des Ordenslebens im Konstanzer Kloster, nach 17jähriger Publikationspause, fast ganz im Zeichen der Lieddichtung und (monodischen) Liedkomposition, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Komponisten P. Romanus Vötter: geistliche Liederzyklen für die häusliche Andacht, die seinen Nachruhm begründeten. Alle seine Bücher sind hohen und höchsten Standespersonen gewidmet. Die Lieder, vielgestaltige geistliche Kontrafakturen vor allem moderner höfischer Kunstformen, vermitteln Impulse aktueller mystischer (Seuse, spanische Mystik) wie salesianischer Frömmigkeit. Hatte sich der junge, weitgereiste Poet noch an der Sprach- und Versreform der Fruchtbringenden Gesellschaft orientiert, so band er sich im Orden wieder mehr an Sprache und Poetik des kath. Oberdeutschland. Die Übernahme seiner Hohelied-Bearbeitung im bukolischen Stil „Marantisches Flötlein Oder Geistliche Schäfferey“ (1682, erweiterte Fassung 1711, ed. A. Daiger, 1968) durch einen Frankfurter Verlag (1694–1739) zeigt, daß er in individualistischer Frömmigkeitshaltung wie in den barocken, die Sinne affizierenden Kunstmitteln den Bedürfnissen des gebildeten Publikums entgegenkam. Das Schlußlied „Sonnenschön prächtige“ aus seinem Marienlob-Zyklus „Mirantische Mayen-Pfeiff“ (1691) ist sogar, in leicht veränderter Fassung, bis heute als kath. Kirchenlied in Gebrauch. Mit all dem überschreitet L. nicht die schon 1665 im „Philotheus“ erprobten Möglichkeiten neuer geistlicher Dichtung. Auch die moralsatirische Wendung, die in seinen letzten Zyklen immer stärker hervortritt und ihn in die Nähe der „Teutschen Bewegung“ führt, ist in der Hofkritik des Romans bereits angelegt. Hatte er die Moralsatire (in Prosatraktat und Lied) zunächst noch in die allegorische Rahmenhandlung der vertriebenen und in der frommen Einsiedelei wiederaufgefundenen „Teutschen Wahrheit und Redlichkeit“ gekleidet („Mirantische Wald-Schallmey Oder Schul wahrer Weisheit“, 1688), so verwendete er in den späteren Versuchen nur noch die wirksameren Formen der emblematischen „Elegia“ mit Motto, Kupferstich, Melodie und meist 20strophigem Text. Über der Arbeit am lat.-dt. Zyklus „Lusus mirabiles orbis ludentis, Mirantische Wunder-Spiel der Welt“ starb der Dichter; ein Ordensbruder, Electus von Konstanz, führte das Werk zu Ende und edierte es 1703. Wie Electus haben auch einige andere Ordensbrüder von L. gelernt. Doch ist die „spätbarocke Kapuzinerdichtung“ nur ein Teilbereich der Wirkung dieses größten Lyrikers kath. Provenienz in der Ära Kaiser Leopolds I.
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Werke
Weitere W u. a. Tragico-Comoedia Genant Liebes Verzweiffelung, Abdr. b. R. Gstach;
Ehrengedicht f. Erzhzg. Sigismund Franz 1659, Abdr. b. Thurnher, L.s Frühzeit, s. L;
Mirant. Maul-Trummel, 1695;
Futer üb. d. Mirantische Maul-Trummel, 1698; W-Audw.:
„Nur zeige mir Dein Angesicht“, hrsg. v. E. Thurnher, 1961;
Gedichte, hrsg. v. U. Herzog, 1972. -
Literatur
ADB 18 u. 32;
W. Vetter, Das frühdt. Lied I, 1928, S. 285-325;
H. D. Groß, L., Ein Btr. z. Gesch. d. süddt. Barocklit., Diss. Wien 1943;
E. Thurnher, L.s Frühzeit, in: Montfort 4, 1949, S. 106-20;
ders., Die Romane d. L., in: Festschr. Enzinger, 1953, S. 185-99;
N. Tschulik, L., Ein Btr. z. Gesch. d. dt. Sololiedes im 17. Jh., Diss. Wien 1949 (ungedr.);
K. Menze, Stud. z. spätbarocken Kapuzinerdichtung, Diss. Köln 1953;
D. Breuer, Der „Philotheus“ d. L., Zum Typus d. geistl. Romans im 17. Jh., 1969;
ders., Die Auseinandersetzung mit d. oberdt. Lit.progr., in: Archiv f. Kulturgesch. 53, 1971, S. 53-92;
U. Herzog, Imitatio Mariae, Aspekte z. Marienlyrik d. L., in: Zuger Neuj.bl. 1970, S. 5-22;
R. Gstach, Joh. Martin: Die Liebes Verzweiffelung, Neue Qu. zu Leben u. Werk d. Barockdichters L., Diss. Innsbruck 1972 (ungedr.);
dies., L. -
erster dt. Bearbeiter d. Shakespeareschen Hamlet-Stoffes? in: Montfort 30, 1978, S. 7-19;
Goedeke III;
Kosch, Lit.-Lex.;
Th. Houbers, L., Bibliogr., Univ. Nijmegen 1970;
Kindlers Lit.-Lex. XII, 10804;
G. Dünnhaupt, Bibliogr. Hdb. d. Barocklit., T. 2, 1981. -
Autor/in
Dieter Breuer -
Zitierweise
Breuer, Dieter, "Laurentius von Schnüffis" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 723-724 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118726765.html#ndbcontent
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Laurentius von Schnifis
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Biographie
Laurentius von Schnifis, geistlicher Dichter, mit seinem eigentlichen Namen Johann Martin geheißen, welchen er späterhin anagrammatisch in „Mirant“ verkehrte, war geboren zu Schnifis in Vorarlberg am 24. August 1633. Mit Glücksgütern nicht gesegnet, verließ er früh die Heimath, besuchte als fahrender Schüler mehrere deutsche Städte, mit Musik und Reimkunst seinen Unterhalt suchend, verdingte sich in Wien an einen Theaterunternehmer und kam endlich, von einem glücklichen Stern geführt, nach Innsbruck, wo er am Hoftheater des Erzherzogs Ferdinand Karl ein Engagement fand. In dieser Stellung schwang er sich binnen Kurzem zu Besitz und Ehren empor, allein der frühe Tod des genannten Fürsten (1662) brachte seinem Lebensgange eine unerwartete Wendung. Von tiefer Schwermuth erfaßt, wie Laurentius selbst in einer seiner Dichtungen schildert, entsagte er der Bühne, studirte Theologie und wurde Priester. In der Folge begab er sich in das Noviziat des Kapuzinerklosters in Zug¶, woselbst er am 10. August 1665 das Ordenskleid empfing. Fortan wirkte er in mehreren Klöstern der vorderösterreichischen Ordensprovinz als Seelsorger und Prediger, oblag jedoch nebenbei mit Eifer der Poesie und Musik, wie seine zahlreichen gedruckten Dichtungen und Compositionen genugsam beweisen. Die gelehrten Pegnizschäfer, zumal Sigmund von Birken und Georg Phil. Harsdörffer schwebten ihm als Muster vor; doch übertraf er sie an Phantasie und Gefühlstiefe bedeutend. Kaiser Leopold I., der eines seiner Werklein (Mirantische Mayenpfeiff) selbst zu lesen sich herabließ, begabte ihn mit dem Ehrentitel eines poeta laureatus. An seinem Todestage ließ er sich noch eines seiner Lieder von den Freuden des Himmels unter Saitenspiel vortragen; am Claviere sitzend, starb er zu Constanz am 7. Januar 1702. Sein erstes und zugleich sein Hauptwerk: „Mirantisches Flötlein, Oder Geistliche Schäfferey, in welcher Christus unter dem Namen Daphnis die in den Sündenschlaff vertiesste Seel Clorinda zu einem besseren Leben aufferwecket“, Constanz, bei David Hauff, 1682, ist dem Bischof Emerich Sinelli von Wien gewidmet. Die weiteren Dichtungen des Autors sind bei Goedeke I, 476 aufgezählt; doch fehlt dort das Gebetbuch „Viel-färbige Himmels-Tulipan“, 5. Aufl., Einsiedeln 1753, das großentheils in Reimen geschrieben ist.
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Literatur
Romualdus Stockacensis, hist. Prov. Ant. Austriae Fr. M. Capuccinorum Campod. 1747, p. 324—25. Vorarlberger Volksblatt, Jahrgang 1873. Nr. 78—97.
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Autor/in
Georg Westermayer. -
Zitierweise
Westermayer, Georg, "Laurentius von Schnüffis" in: Allgemeine Deutsche Biographie (), S. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118726765.html#adbcontent