Landsberger, Franz
- Lebensdaten
- 1883 – 1964
- Geburtsort
- Kattowitz
- Sterbeort
- Cincinnati (Ohio, USA)
- Beruf/Funktion
- Kunsthistoriker ; Kurator <Museumskunde>
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 116681942 | OGND | VIAF: 59216108
- Namensvarianten
-
- Landsberger, Franz
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Landsberger, Franz
Kunsthistoriker, * 14.6.1883 Kattowitz, † 17.3.1964 Cincinnati (Ohio, USA). (israelitisch)
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Genealogie
V Adolf, Bankier, Stadtrat in K.;
M Ida Sachs aus Glogau;
Ur-Gvv →Abraham Muhr (1781–1844), Schriftsteller;
Groß-Ov →Julius Muhr (1819–65), Genre-, Bildnis- u. Landschaftsmaler, tätig in Berlin u. München, Mitarbeiter v. W. v. Kaulbach b. d. Wandgem. im Neuen Mus. in Berlin (s. ADB 22; ThB);
- ⚭ 1) 1910 Alice Rothmann († 1945), 2) 1946 Dorothy Hertz;
1 T aus 1). -
Biographie
L. studierte seit 1903 Kunstgeschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft in Berlin, Genf, München und Breslau, wo er 1907 bei Richard Muther mit einer Monographie über Wilhelm Tischbein (1908) promoviert wurde. Nach weiteren Studien bei Heinrich Wölfflin in Berlin und ausgedehnten Reisen durch Europa habilitierte er sich 1912 in Breslau. Dort bekleidete er 1918-33 ein Extraordinariat. Zwei Jahre nach seiner Vertreibung aus dem Amt wurde ihm 1935 die Leitung des Jüd. Museums in Berlin übertragen. Nach dessen Schließung im Nov. 1938 wurde L. für einige Wochen ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt, konnte aber alsbald nach Oxford emigrieren. 1939 folgte er einem Ruf an das Hebrew Union College in Cincinnati (Ohio), wo er bis zu seiner Emeritierung (1958) Kunstgeschichte des Judentums lehrte; das zugehörige Museum hat er organisiert und seit 1947 geleitet.
L. war Vorstandsmitglied mehrerer wiss. und künstlerischer Vereinigungen; 1927-33 gab er die „Schles. Monatshefte“ heraus. Er hat auf fast allen Gebieten der Kunstgeschichte gearbeitet; an der Erforschung der jüd. Kunst, der Kunst des deutschen Klassizismus und derjenigen seiner schles. Heimat hat er hervorragenden Anteil. Eine frühe Monographie über die entwicklungsgeschichtliche Stellung des „St. Galler Folchart-Psalters“ (1912) erweist ihn als Meister der Formanalyse. In der Folgezeit galt sein Interesse vorwiegend der Interpretation von Epochen, wie sie für eine nach geistesgeschichtlichen Zusammenhängen fragende Richtung der deutschen Kunstwissenschaft bis in die 50er Jahre charakteristisch ist. Als Ergänzung zu Jacob Burckhardts Geschichte der ital. Renaissancearchitektur ist sein Werk „Die künstlerischen Probleme der Renaissance“ (1922) konzipiert. In dieser systematischen Darstellung der Bildkünste des Quattro- und Cinquecento hat L. die Gliederung nach Realien und Gattungen durch eine von den Formen der Naturdarstellung ausgehende problemgeschichtliche ersetzt. – Die Bedeutung der um 1770 einsetzenden, dem christlichen Mittelalter zugewandten Strömung hat er als erster herausgestellt, wobei er die „Kunst der Goethezeit“ (1931) neu zu periodisieren und – nicht unwidersprochen – als Antithese von Klassizismus und „Gotizismus“ zu erklären suchte. An eine breite Leserschaft richteten sich seine kunstkritischen und theoretischen Arbeiten, wie der vielgelesene Essay „Impressionismus und Expressionismus“ (1919, ⁶1922), die Würdigung Wölfflins (1924) und der kunstpädagogische Versuch „Vom Wesen der Plastik“ (1924), worin L. die Überzeugung ausspricht, das Verständnis der bildenden Kunst werde weniger durch die historische als durch die systematische Betrachtung gefördert.
Die letzten 30 Jahre seines Lebens hat L. ausschließlich der Erforschung der jüd. Kunst und damit zugleich der Grundlegung eines selbständigen Zweiges der Wissenschaft vom Judentum gewidmet. In Berlin hat er u. a. „Jüd. Plakatmaler“ und „Jüd. Ahnenbilder“ ausgestellt und eine „Einführung in die jüd. Kunst“ (1935) veröffentlicht. Seine „History of Jewish Art“ (1946) und ca. 100 Beiträge zu Einzelproblemen, meist der Zeremonialkunst, machten ihn auf diesem Felde zur unbestrittenen Autorität. In seiner letzten großen Arbeit, „Rembrandt, the Jews and the Bible“ (1946, ²1961), hat er Rembrandts sehr persönliches Verhältnis zum Judentum und zum Alten Testament geschildert, um so – wie er selbst sagt – eine Dankesschuld der Juden gegenüber dem großen Holländer abzutragen. Der Radius von L.s Wirken reicht weit über die Fachgrenzen hinaus; Leo Baeck, Emil Ludwig, →Mechtilde Lichnowsky war er freundschaftlich verbunden. Viele Künstler hat er gefördert, den ihm besonders nahestehenden →Max Liebermann 1936 durch eine erste Gedächtnisausstellung geehrt und seine Briefe in Auswahl herausgegeben (1937).|
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Auszeichnungen
Dr. h. c. (Hebrew Union College – Jewish Inst. of Rel., Cincinnati).
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Werke
Weitere W Breslau, 1926;
Kat. Ausst. →Max Liebermann, Berlin, 1936;
7 Btrr. in d. Sammelbd. Beauty in Holiness, hrsg. v. J. Gutmann, 1970. L E. Scheyer, in: Schlesien 9, 1964, S. 126;
E. Wiese, F. L., in: Die Weltkunst 34, 1964, S. 308;
J. Gutmann, F. L., in: Studies in Bibliogr. and|Booklore 8, 1966-68, S. 3-9 (W);
ders., Introduction, in: ders. (Hrsg.), Beauty in Holiness, 1970, S. VII-XXVI;
I. Wirth, in: Berlin. Notizen, 1973, H. 3/4, S. 9;
I. Landmann (Hrsg.), The Universal Jewish Enc. VI, 1948, S. 530;
Enc. Jud. -
Porträts
Phot. in: Israel, Life and Letters, Mai/Juni 1953, S. 83.
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Autor/in
Thomas Lersch -
Zitierweise
Lersch, Thomas, "Landsberger, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 517-518 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681942.html#ndbcontent