Erhardt, Franz
- Lebensdaten
- 1864 – 1930
- Geburtsort
- Niederstrebra bei Apolda (Thüringen)
- Sterbeort
- Rostock
- Beruf/Funktion
- Philosoph ; Professor für Philosophie
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 142466824 | OGND | VIAF: 66838590
- Namensvarianten
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- Erhardt, Franz Bruno
- Erhardt, Franz
- Erhardt, Franz Bruno
- Erhard, Franz
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Erhardt, Franz Bruno
Philosoph, * 4.11.1864 Niederstrebra bei Apolda (Thüringen), † 6.4.1930 Rostock. (evangelisch)
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Genealogie
V Franz Jul. (1811–90), Pfarrer, S des Tischlermeisters Christoph Benjamin in Schleiz;
M Clara (1840–1919), T des Pfarrers Carl Küchler, aus Pfarrersfamilie;
⚭ 1900 Margarethe (1876–1958), T des Landgerichtsdirektors Albert Sohm (B des Theol. →Rudolph Sohm, † 1917);
5 S. -
Biographie
E. studierte zunächst Theologie, dann Philosophie in Heidelberg, Berlin und Jena, wo er 1888 zum Dr. phil. promovierte und sich 1891 unter O. Liebmann habilitierte. Er war seit 1899 ordentlicher Professor für Philosophie in Rostock. – E., dessen Schriften eine profunde Kenntnis der Kantischen Philosophie erkennen lassen, hat sich immer wieder von neuem mit ihr auseinandergesetzt. Bei aller Bewunderung für die Tiefe des Kantischen Philosophierens setzt seine Kritik schon in seiner Dissertation ein. Während er die transzendentale Ästhetik für eine unvergängliche, bleibende Leistung hält, „eine der glänzendsten … der Philosophie aller Zeiten“, tritt er in der Kategorienlehre in scharfen Gegensatz zu Kant und wendet sich dann vor allem gegen Kants Thesen von der Unmöglichkeit einer wissenschaftlichen Metaphysik, der Unerkennbarkeit des Dinges an sich, gegen die Beurteilung der überlieferten Metaphysik und gegen die Moral- und Religionsphilosophie. Diese Kritik sollte die Vorarbeit zu einem eigenen großen philosophischen System sein. E. erstrebt eine wissenschaftlich berechtigte, selbständige und positive Metaphysik, in deren Wiederbelebung er die „dringendste philosophische Aufgabe der Gegenwart“ sieht, da er einer Philosophie ohne Metaphysik jegliche Daseinsberechtigung abspricht. Dadurch tritt er in scharfen Gegensatz zu den damals weitverbreiteten Lehren der Marburger Schule, der er vorwirft, sie lähme durch die einseitige Interpretation Kants das metaphysische Interesse. Die metaphysisch reale Welt, die sich aus der Erscheinungswelt kausal erschließen läßt, ist nach E. dynamisch, ein System von immateriellen Kräften, die von den einfachsten mechanischen bis zu planvoll arbeitenden organischen reichen, und unter denen auch die Seele einzureihen ist. – E., der sich|zu keinerlei Konzessionen an zeitbedingte Geistesrichtungen bereitfand, konnte sein philosophisches System nicht vollenden. Der erste Teil (Erkenntnistheorie) erschien 1894, bei seinem Tode war der zweite (Naturphilosophie) druckfertig, der dritte (Psychologie) nicht abgeschlossen (Manuskripte in Universitätsbibliothek Rostock). Sein Anliegen war in einer metaphysikfeindlichen, empiristisch und methodologisch orientierten Zeit zum Scheitern verurteilt, zumal sich, obwohl E.s Lehrtätigkeit von großer Wirkung war, kein Schüler fand, der sein Werk vollendet oder wenigstens lebendig erhalten hätte.
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Werke
u. a. Kritik d. Kant. Antinomienlehre, Diss. Jena 1888; Mechanismus u. Teleologie, 1890;
Der Satz v. Grunde als Prinzip d. Schließens, 1891;
Die Wechselwirkung zw. Leib u. Seele, 1897;
Psychophys. Parallelismus u. erkenntnistheor. Idealismus, 1901;
Die Philos. d. →Spinoza im Lichte d. Kritik, 1908;
Tatsachen, Gesetze, Ursachen, 1912;
Die Grundgedanken d. Kritik d. reinen Vernunft, 1924; Bleibendes u. Vergängliches i. d. Philos. Kants, 1926. -
Literatur
W. Burkamp, in: Kant-Stud. 35, 1930, H. 2/3;
M. Goldmund, Die Philos. F. E.s, 1937 (W-Verz., Biogr.). -
Autor/in
Edith Selow -
Zitierweise
Selow, Edith, "Erhardt, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 581-582 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd142466824.html#ndbcontent