Gradenwitz, Otto
- Lebensdaten
- 1860 – 1935
- Geburtsort
- Breslau
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Rechtshistoriker ; Papyrologe ; Lexikograph ; Jurist
- Konfession
- mehrkonfessionell
- Normdaten
- GND: 116807229 | OGND | VIAF: 40139316
- Namensvarianten
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- Gradenwitz, Otto
- Gradenwitz, Ottone
Vernetzte Angebote
- * Antragsstellende der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft/Deutschen Forschungsgemeinschaft (GEPRIS Historisch – Forschungsförderung von 1920 bis 1945) [2021]
- * Neue Deutsche Biographie (NDB) [1964] Autor/in: Kaser, Max (1964)
- * Biographien aus den biographischen Sammelwerken der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg [1875-1935, 2011-]
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- Mitglieder der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (HAW) [2003-]
- Personendaten-Repositorium der BBAW [2007-2014]
- Briefwechsel zwischen Eduard Spranger und Käthe Hadlich
- * Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW)
- Personenliste "Simplicissimus" 1896 bis 1944 (Online-Edition)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Landeskunde Entdecken Online - Baden-Württemberg (LEO-BW) [2015-]
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
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Gradenwitz, Otto
Rechtshistoriker, Lexikograph, * 16.5.1860 Breslau, † 7.7.1935 Berlin. (israelitisch, dann evangelisch)
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Genealogie
V Bankier.
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Biographie
G. bestand das Abitur 1876 in Breslau, studierte die Rechte in Breslau, Berlin, Heidelberg und Leipzig, legte die Referendarprüfung 1879 in Berlin ab (dort Promotion 1880). Auf Empfehlung E. I. Bekkers (Heidelberg) habilitierte er sich 1885 bei A. Pernice in Berlin und zog dort das Interesse Th. Mommsens auf sich, der ihn für die Vorarbeiten und den Beginn des Vocabularium Iurisprudentiae Romanae (des vollständigen Wortverzeichnisses der römischen Rechtsquellen) gewann (bis 1896). 1890 wurde G. zum außerordentlichen Professor in Berlin ernannt, 1895 als etatmäßiger außerordentlicher Professor nach Königsberg berufen (was er als Verbannung nach dem Osten empfand), 1896 ebenda zum Ordinarius ernannt. 1907 folgte er einem Ruf nach Straßburg, 1909 nach Heidelberg. Nach der Emeritierung (1928) zog er wieder nach Berlin.
G. hat die Methode und die Technik, deren sich die Erforschung des römischen Rechts und die juristische Papyrologie noch heute bedienen, teils schöpferisch entwickelt, teils durch bedeutende Arbeitsbehelfe gefördert. In der Bearbeitung der römischen Rechtsquellen steht seit den 80er Jahren die Interpolationenkritik im Vordergrund, das heißt die Aufdeckung der Schichten, die den Juristenschriften und Kaisererlassen der „klassischen“ Periode (also der ersten 2½ Jahrhunderte nach Christus) in der Folgezeit aufgelagert worden waren, namentlich bei der Herstellung des Corpus iuris civilis (um 530). Für die Erkenntnis dieser Textveränderungen, die äußerlich nicht sichtbar gemacht sind, aber zur Anpassung an den gewandelten Rechtszustand zuweilen tief in die klassischen Originale eingreifen, hat G. die wichtigsten philologischen und juristischen Kriterien gefunden. Er hat damit diesen Forschungszweig zwar nicht begründet, aber doch methodisch durchdrungen, wenn er auch die Auswertung vielfach anderen überließ. Diese textkritische Methode hat er dann auch auf andere Quellen angewandt, auf römische Gesetze, einzelne Kirchenväter, die Regel des heiligen Benedikt, ja auf Briefe und Berichte →Bismarcks. – Daneben gehen bedeutende lexikographische Werke auf G. zurück. Den „Heidelberger Index zum (Codex) Theodosianus“ (1925) hat er selbst herausgegeben, ebenso ein „Wortverzeichnis zum BGB“ (1902) sowie die „Laterculi vocum Latinarum“ (1904, mit A. Brinkmann), ein nach den Endbuchstaben aufgebautes Wörterverzeichnis, das sich besonders für Textergänzungen in der Epigraphik bewährt hat. Ein griechisches Seitenstück bildet der „Heidelberger Konträrindex der griechischen Papyrusurkunden“ (1931). Die juristische Papyrologie hat G. durch eine „Einführung in die Papyruskunde“ (1900) und durch die Mitwirkung bei mehreren Editionen gefördert. Vor allem aber werden 3 unentbehrliche Hilfswerke seiner (1905 erteilten) Anregung verdankt: die Berichtigungsliste (Sammlung der Vorbesserungsvorschläge gegenüber den Ersteditionen), das Sammelbuch (der oft schwer zugänglichen verstreut publizierten Papyri) und das umfassende, von F. Preisigke ausgearbeitete Papyruswörterbuch (seit 1922). G. hat ferner die Photographie von Palimpsesten ins Leben gerufen, also von Pergamentkodizes, die abgewaschen und neu beschrieben worden waren, so daß die (meist wichtigere) Erstschrift nur mit technischen Kunstgriffen wieder lesbar gemacht werden kann. – W. Kunkel schildert G. als eine aufrechte Persönlichkeit, die sich vom eigenen Judentum zutiefst bedrückt fühlte und deren innere Zerrissenheit sich in einem verstiegenen, bisweilen dämonischen Humor Luft machte.
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Werke
Weitere W u. a. Interpolationen in d. Pandekten, 1887;
Die Ungültigkeit obligator. Rechtsgeschäfte, 1887;
Natur u. Sklave b. d. naturalis obligatio, in: Festgabe J. Th. Schirmer, 1900;
Volksspruch u. Kunstregel b. d. Konsumption, in: Aus röm. u. bürgerl. Recht, Festgabe E. I. Bekker, 1907;
Die Stadtrechte v. Urso-Salpensa-Malaca, in Urtext u. Beischr. aufgelöst, in: SB d. Heidelberger Ak. d. Wiss., 17. Abh., 1920;
Akten üb. Bismarcks großdt. Rundfahrt 1892, ebd., 6. Abh., 1921;
Die Regula Sancti Benedicti nach d. Grundsätzen d. Pandektenkritik, 1929;
Staatsmann, Kirchenvater u. Interpolationen, in: Studi P. Bonfante II, Mailand 1929;
Autobiogr. in: Die Rechtswiss. d. Gegenwart in Selbstdarst. III, 1929, S. 41-88 (W, P);
Bismarck am Schreibtisch, 1932. - Zahlr. Btrr. in: ZSRGR seit 1885. -
Literatur
P. Koschaker u. E. Kießling, in ZSRGR56, 1936 (vollst. W-Verz. S. 422 ff.);
W. Kunkel, in: Ruperto-Carola, Mitt. d. Vereinigung d. Freunde d. Studentenschaft d. Univ. Heidelberg 12, Bd. 28, Dez. 1960, S. 9 ff., (P). -
Autor/in
Max Kaser -
Zitierweise
Kaser, Max, "Gradenwitz, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 702-703 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116807229.html#ndbcontent