Josel von Rosheim
- Lebensdaten
- wahrscheinlich 1478 – 1554
- Geburtsort
- Hagenau
- Sterbeort
- Rosheim (Elsaß)
- Beruf/Funktion
- Befehlshaber der deutschen Judenschaft ; Rabbiner
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 118713094 | OGND | VIAF: 46739842
- Namensvarianten
-
- Josel
- Joseph von Rosheim
- Joseph
- Rosheim, Josel von
- Rosheim, Joseph von
- Josel von Rosheim
- Josel
- Joseph von Rosheim
- Joseph
- Rosheim, Josel von
- Rosheim, Joseph von
- Josel, von Rosheim
- Gerschon, Josef ben
- Jesel, von Rosheim
- Joselin, of Rosheim
- Joselmann Ben-Gershon of Rosheim
- Joselmann ben Gerschon
- Joselmann, von Rosheim
- Joseph Ben-Gershon of Rosheim
- Joseph ben Gershon, of Rosheim
- Joseph ben Gershon, von Rosheim
- Joseph, of Rosheim
- Jossel, von Rosheim
- Rosheim, Joseph ben Gershon of
- Rosheim, Joseph ben Gershon von
- Rosheim, Joseph of
- Rôshaim, Yôsēf îš
- Yosel ben Geršon, von Rosheim
- Yoselmann ben Gerschon
- Yôsēf Ben-Gēršōm Κ-Rôshaym
- Yôsēf, îš Rôshaim
- Josef
- Rosheim, Joseph ben Gershon oph
- Rosheim, Joseph oph
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-
Josel (Joseph) von Rosheim
Befehlshaber der deutschen Judenschaft, * wahrscheinlich 1478, † vor 6.4.1554 Rosheim (Elsaß).
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Genealogie
Die Fam. stammt wohl aus Louhans in Frankreich;
V Gerson;
M Reislin aus Hagenau; Verwandter →Jacob Jehiel Loans, Leibarzt Kaiser Friedrichs III.; 3 Brüder d. Vaters wurden 1470 In Endingen wegen angebl. Ritualmordes hingerichtet („Endinger Judenspiel“);
- ⚭ N. N.;
E →Eliahu Baal Schem († 1636), Rabbiner in Worms. -
Biographie
Über J.s Jugend, Schulbesuch usw. besitzen wir keine Nachricht. Darüber berichtet er ebensowenig wie über seine Familie in seinen Memoiren, den ersten eines deutschen Juden. Sie sind in annalistischer Form gehalten und enden 1547. Er bediente sich in seinen Briefen an die Behörden und Aufzeichnungen der deutschen und hebräischen Sprache. – J. war Geldhändler in Mittelbergheim bei Straßburg, aber wohl niemals Rabbiner. Er übersiedelte später in die elsäß. Reichsstadt Rosheim. 1507 verteidigte er erfolgreich die aus Oberehnheim vertriebenen Juden, daher wurde er 1510 zum Vorsteher der Landjudenschaft im Unterelsaß (Landvogtei Hagenau) gewählt, einer Organisation der aus den Städten auf das Land verdrängten Juden, die sich damals bildete. In Streitigkeiten, in Prozessen unter den Juden mußte er Recht sprechen. Ihm standen dabei Rabbiner und Richter zur Seite. Als Vertreter der Interessen der Judenschaft trug J. 1515 Maximilian I. in Koblenz, 1519 Karl V. in Aachen, 1522 dem Reichsregiment in Nürnberg und 1528 Ferdinand I. in Prag deren Wünsche vor. Mit Erfolg verhandelte er 1525 mit den aufständischen elsäß. Bauern.
War J. bis zur Versammlung der Juden in Günzburg 1529 nur Vertreter der Juden des|Unterelsaß gewesen, so änderte sich damals seine Stellung. Es unterstellten sich ihm die Juden des ganzen Reiches. Er wurde ihr anerkanntes Oberhaupt, als „Befehlshaber“ und „Regierer“, ohne daß jemals eine Ernennung dazu vom Kaiser ausgesprochen worden war. J. entrichtete für dieses Amt keine Abgaben und wurde auch nicht, wie etwa der Reichsrabbiner, mit der Eintreibung der Judenabgaben betraut. Er verteidigte u. a. die Juden Mährens (1529), Schlesiens (Jägerndorf 1535), Hessens und Brandenburgs (1539), Prags (1542), Würzburgs (1544) und vertrat die Interessen aller Juden des Reiches auf dem Frankfurter Anstand 1539, auf den Reichstagen zu Regensburg 1541, 1546, Speyer 1542, 1544, Worms 1545 und Augsburg 1547. Er war Karl V. treu ergeben und erreichte von ihm die Bestätigung der früheren kaiserl. Privilegien (1544), den Schutz vor fürstl. und städt. Übergriffen (Colmar 1551) und Milderung harter Bestimmungen gegen die Juden. Zu diesem Zwecke erließ J. nach Beratung mit Vertretern der Gemeinden während des Augsburger Reichstages 1530 die „Ordnung der Juden“ (abgedr. b. Feilchenfeld). In 10 Artikeln versuchte er darin, die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen Juden und Christen von jüd. Seite zu regeln und die Frage des kanonischen Zinsverbots zu klären. Diese Ordnung ist nicht ohne Einfluß auf die Gesetzgebung des Reiches in der Folgezeit geblieben. Vergeblich versuchte er 1537, mit Luther ein Gespräch zu führen und die Belange der Juden darzulegen (Brief Luthers v. 11.6.1537).
Besaß J. gegenüber der Landjudenschaft des Unterelsaß die Banngewalt, so wirkte er im Reich den Juden gegenüber ausschließlich durch die Kraft der Überzeugung als Befehlshaber der Judenschaft. Er vertrat ihre Interessen mit hinreißender Beredsamkeit und war mit der Gabe ausgestattet, auf Menschen aller Stände in seinem Sinne einzuwirken. Er war sein ganzes Leben hindurch immer wieder auf Reisen zum Wohl derer, die sich ihm anvertraut hatten. Er bemühte sich, die wirtschaftliche und soziale Lage der Juden des Reiches den geänderten Verhältnissen des Frühkapitalismus anzupassen. Gleichzeitig war er bestrebt, die religiösen und wirtschaftlichen Spannungen zwischen Juden und Christen zu verringern, auch auf Kosten der Juden, wenn es sein mußte.
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Werke
Memoiren (hebr., Hs., Oxford, Bodleian Library);
Trostschrr. an s. Brüder;
Sefer Hamikneh (Buch d. Erwerbs), hrsg. v. H. Fraenkel-Goldschmidt, 1970. -
Literatur
L. Feilchenfeld, Rabbi J. v. R., Diss. Straßburg, 1898 (mit Abdr. zahlr. Qu.);
S. Stern, J. v. R., 1959 (L). -
Autor/in
Hans Jürgen Rieckenberg -
Zitierweise
Rieckenberg, Hans Jürgen, "Josel von Rosheim" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 609-610 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118713094.html#ndbcontent