Holzapfel, Rudolf Maria
- Lebensdaten
- 1874 – 1930
- Geburtsort
- Krakau
- Sterbeort
- Muri bei Bern
- Beruf/Funktion
- psychologisch-philosophischer Schriftsteller ; Psychologe ; Kulturphilosoph ; Schriftsteller
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118553259 | OGND | VIAF: 27333546
- Namensvarianten
-
- Holzapfel, Rudolf Maria
- Holzapfel, Rudolf
- Holzapfel, Rudolf M.
- Holzapfel, Rudolph
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Holzapfel, Rudolf Maria
psychologisch-philosophischer Schriftsteller, * 26.4.1874 Krakau, † 8.2.1930 Muri bei Bern. (evangelisch Augsburger Bekenntnisses)
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Genealogie
V David (1840–86), Dr. med., Arzt im Kohlenrevier v. Dombrowa, S d. Kaufm. Jakob u. d. Debora N. N.;
M Pauline (ca. 1838-ca. 1900), T d. Isaak Kampler u. d. Esther N. N.;
⚭ Wien 1903 Bettina, T d. →Theodor Gomperz († 1912), Prof. d. klass. Philol. (s. NDB VI), u. d. Elise v. Sichrowsky;
2 T, u. a. →Monika Meyer-Holzapfel (* 1907), Prof., Dr., Zoologin, Dir. d. Tierparks Bern u. Dozentin f. Vgl. Verhaltensforschung a. d. Univ. Bern. -
Biographie
Wegen einer schweren Krankheit des Vaters wuchs H. in drückenden sozialen Verhältnissen auf. Mit 16 Jahren mußte er das Gymnasium in Krakau verlassen und erlebte – von romantischer Abenteuersehnsucht und der Suche nach sich selbst getrieben – Armut und Enttäuschung bei dem Versuch, sich in Südafrika als Kaufmann eine Existenz zu sichern. Auch ein Studium der Philosophie in Zürich bei →R. Avenarius und →E. Mach mußte er aus finanziellen Gründen abbrechen. Nach einem Aufenthalt in London, wo er als Setzer in einer Missionsdruckerei Arbeit fand, lebte er für drei Jahre bis 1901 in Südrußland. Er verwirklichte hier seine Jugendsehnsucht, Dichter zu werden, die ihn und die Zeit bedrängenden weltanschaulichen Probleme zu lösen und zugleich die Schwere seiner Jugend zu bewältigen, mit der Arbeit an seinem dichterisch inspirierten, philosophisch-psychologischen Werk „Panideal, Psychologie der sozialen Gefühle“ (1901, mit Vorwort von E. Mach, ²1923, 2 Bände, Untertitel: „Das Seelenleben und seine soziale Neugestaltung“). Nach längeren Aufenthalten und Studienreisen in Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz lebte H. zuletzt als Privatgelehrter in Lausanne und dann in Bern, wo er eine aktive Jüngerschar um sich sammelte.
Im „Panideal“ gibt H. eine differenzierende Beschreibung komplexer Seelenvorgänge wie Einsamkeit, Sehnsucht, Hoffnung, Kampf, Gewissen, Schaffen, Idealerleben. Die deskriptive Analyse, basierend auf Introspektion in Verbindung mit kulturgeschichtlicher und biographischer Reflexion, dient ihm als Grundlage für das Aufzeigen von Wegen erzieherischer Neugestaltung und Vervollkommnung der seelischen Kräfte sowie für weitreichende sozialreformerische Forderungen. Gegenüber Gruppenegoismus und christlicher Nächstenliebe fordert H. eine unterscheidende Menschenliebe nach bewußt bewerteten geistig-seelischen Qualitätsstufen. Sein soziales und ästhetisches Erziehungsideal gipfelt in der Konzeption einer „Menschheitskunst“, in der die Menschheit in der Vielfalt ihrer Völker und Rassen zum Stoff ethisch-künstlerischer Gestaltung wird, um zum höchsten Ziel, dem „Panideal“ einer umfassenden Synthese aller seelischen und sozialen Impulse, zu gelangen. Diese Konzeption findet ihre religiöse Steigerung und Entfaltung in einem neuen „Welterlebnis“ und in einer „kosmischen Seelenkunde“. Im Fragment einer religiösen Dichtung „Heilige Ewigkeit“ (1932) gab H. Bilder einer neuen religiösen Kultur, wie sie aus seinen psychologischen und philosophischen Maximen hervorgeht.
H. hat auf manche seiner Zeitgenossen eine starke Wirkung ausgeübt, wenn auch die Fachforschung und Schulphilosophie an seinen Werken größtenteils vorbeiging. Neben dem Erkenntnistheoretiker und Physiker E. Mach zeigten sich vor allem sozial-ethisch, dichterisch und pädagogisch orientierte Menschen wie Romain Rolland, A. Portmann, Christian Sénéchal, der polnische Schriftsteller Stanislav Vincenz und, etwas ferner stehend, H. Bahr, A. Schnitzler und H. Federer durch H.s ethische, psychologische und weltanschauliche Lehren beeindruckt. Der oft etwas umständliche sprachliche Ausdruck und eine teilweise allzu exklusiv sich auf ihn berufende Jüngerschar haben eine weitere und dauernde Wirkung seiner Gedanken erschwert.
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Werke
Weitere W u. a. Welterlebnis, Das rel. Leben u. s. Neugestaltung, 1928;
Nachgelassene Schrr., 1939. -
Internat, panidealist. Vereinigung, Bern (seit 1930);
Zs.: Wandlung, Bll. f. „panidealist. Aufbau“, 1934-39. -
Literatur
W. Astrow, Das Leben R. M. H.s, 1928 (Vorwort v. R. Rolland, P);
Versch. Autoren, Ein Künder neuer Lebenswege, 1923;
H. Zbinden u. a., Ein Gestalter d. Zukunft, 1932;
Lex. d. Päd. III, Bern 1952 (W, L). -
Autor/in
Hans Zbinden -
Zitierweise
Zbinden, Hans, "Holzapfel, Rudolf Maria" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 569-570 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553259.html#ndbcontent