Heylandt, Paul
- Dates of Life
- 1884 – 1947
- Place of birth
- Bad Sulza (Thüringen)
- Place of death
- Moskau
- Occupation
- Erfinder ; Fabrikant ; Hersteller von Industriegasen ; Unternehmer
- Religious Denomination
- lutherisch
- Authority Data
- GND: 139899200 | OGND | VIAF: 102732996
- Alternate Names
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- Heylandt, Paul
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Heylandt, Paul
Erfinder und Fabrikant, * 6.2.1884 Bad Sulza (Thüringen), † 24.6.1947 Moskau. (lutherisch)
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Genealogy
V Frdr. Ernst, Beamter d. Saline in Bad S.;
M Joh. Frieder. Auguste Heyne;
⚭ 1) 1907 Maria Clara (1886–1937), T d. Getreidegroßhändlers Ernst Benj. Schneider u. d. Mathilde Cordine Hochkeppel, 2) 1938 Charlotte Wachter (* 1893);
2 S, 3 T aus 1). -
Biography
H. beschäftigte sich schon früh mit chemischen und physikalischen Versuchen. Der 14jährige Schüler begeisterte sich, durch Zeitungsnotizen angeregt, für das Phänomen der flüssigen Luft, die in technischem Maßstab zu gewinnen C. Linde 1895 gelungen war, und widmete sich fortan fast ausschließlich diesem Problemkreis. In der Maschinenfabrik Schwade in Erfurt erwarb er technische und handwerkliche Erfahrungen, als Autodidakt mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse. 1903 erhielt er sein 1. Patent auf ein „Transport- und Aufbewahrungsgefäß für flüssige Luft oder desgleichen“, das er 1910 noch vervollkommnete. Im Gegensatz zu den gläsernen, offenen Dewar-Gefäßen handelte es sich um konzentrisch ineinander gelagerte Metallkugeln mit einem durch bestimmte Adsorptionsmittel luftleer gehaltenen Zwischenraum. Die engen Hälse der beiden Kugeln waren so miteinander verbunden, daß die innere in der äußeren frei schwebte, wodurch die notwendige Isolation und eine günstige Flüssigkeitsentnahme erreicht wurden. Sie fanden weite Verbreitung, wurden zum Ausgangspunkt für Flüssigsauerstoff-Atmungsapparate, die schon im 1. Weltkrieg bei Höhenflügen in Gebrauch kamen, und trugen zur Verbreitung und Verbesserung des Flüssigsauerstoff-|Sprengverfahrens bei. 1917 konstruierte H. Transport- und Aufbewahrungstanks von mehreren Kubikmetern Fassungsvermögen. Da ihnen durch zusätzliche Warm- und Kaltvergaser Gas von beliebigem Druck unmittelbar an der Verbraucherstelle entnommen werden konnte, erleichterten sie wesentlich die Verwertung flüssiger Gase in der Industrie. Der Transport flüssiger Gase in diesen Behältern konnte in vielen Fällen die wegen des hohen Leergewichts unwirtschaftliche Beförderung komprimierter Gase in Stahlflaschen ablösen.
H.s Hauptziel war eine Gasverflüssigung nach eigenen Plänen. 1908 wurde ihm ein Verfahren patentiert, das einen beachtenswerten Fortschritt auf dem Gebiet der Gasverflüssigung bedeutete. Die notwendige Abkühlung, bei allen Methoden durch Entspannung verdichteter Luft auf niederen Druck bewerkstelligt, wird beim H.schen Verfahren – in Anlehnung an eine Methode von Claude (1902) – durch Expansion des Gases unter der Leistung äußerer Arbeit erwirkt, im Gegensatz zum Linde-Verfahren, das auf einer Abdrosselung in einem Ventil beruht (Joule-Thomson-Effekt). Die Besonderheit lag in den (im Vergleich zu Claude) hohen Anfangsdrücken (150–270 Atm.), die es ermöglichten, in einer einzigen Stufe die Temperatursenkung von der Umgebungstemperatur bis zur erforderlichen Tieftemperatur zu erreichen. In Bezug auf Arbeitsaufwand anderen gleichwertig, hatte H.s Verfahren den wesentlichen Vorzug, infolge der relativ hohen mittleren Arbeitstemperatur (Kühlwassertemperatur) die Anwendung normaler Schmiermittel zu erlauben. In Verbindung mit einer von H. konstruierten Rektifikationsanlage zur unmittelbaren Gewinnung von flüssigem Sauerstoff hat es sich seinen Platz für spezielle Verwendungszwecke erobert, ohne das gegen Betriebsstörungen weniger anfällige Linde-Verfahren zu verdrängen.
H. verwirklichte seine Erfindungen und Pläne in eigenen Unternehmungen. Die ersten Versuchsgelder beschaffte er sich durch Experimentalvorträge über flüssige Luft in Schulen und Vereinen. Verwandte und Freunde halfen ihm. Nach Unternehmungen in Hannover, dann in Hamburg-Schulau, ließ er sich 1912 mit der Heylandt-Gesellschaft für Apparatebau in Berlin-Mariendorf nieder. 1921 wurde die AG für Industriegasverwertung (AFI) in Berlin-Britz gegründet. 1923 kam ein Vertrag zwischen der Heylandt-Gesellschaft und der Linde AG zustande. Die AFI wurde 1941 der Linde AG angegliedert. Sitz der Heylandt-Gesellschaft ist seit 1946 Höllriegelskreuth bei München.
Während der 30er Jahre beschäftigte sich H. zusammen mit einigen Mitarbeitern vorübergehend mit der Verbesserung von Raketendüsen, nachdem er schon Anfang 1930 Pläne über Raketenantrieb mit flüssigem Sauerstoff von Max Valier († 17.5.1930) durch Geldmittel und durch die Erlaubnis, Versuchslaboratorien und Werkgelände der Firma für Experimente und Probefahrten zu benutzen, unterstützt hatte. Im Juli 1945 wurde er von Königswusterhausen aus nach Rußland geholt, wo er bis zu seinem Tode, 1947, in Industrie und Forschung tätig war.
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Works
u. a. Die Verwertung d. Luft, in: Chemiker-Ztg. v. 2.1.1937 (L);
mehrere 100 dt. u. ausländ. Patente. -
Literature
Luft, flüssige, in: F. Ullmann, Enz. d. techn. Chemie VII, ²1928, S. 386 ff.;
Sauerstoff aus flüssiger Luft, ebd. IX, ²1931, S. 81 ff.;
R. Linde, Luftverflüssigung u. Lufttrennung, in: VDI-Zs. 65, 1921, S. 1356-60;
H. Ostwald u. I. Sagert, in: Croße Erfinder u. Entdecker, 1934, S. 164-73;
I. Essers, Max Valier, e. Vorkämpfer d. Weltraumfahrt, 1968 (P);
Rhdb. (P). -
Author
Erik Jaeger -
Citation
Jaeger, Erik, "Heylandt, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 84-85 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139899200.html#ndbcontent