Henne am Rhyn, Otto
- Lebensdaten
- 1828 – 1914
- Geburtsort
- Sankt Gallen
- Sterbeort
- Weiz (Steiermark)
- Beruf/Funktion
- Publizist ; Kulturhistoriker ; Historiker ; Archivar ; Freimaurer
- Konfession
- reformiert
- Normdaten
- GND: 120474808 | OGND | VIAF: 95146543
- Namensvarianten
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- Henne, Otto
- Am Rhyn, Otto
- Henne am Rhyn, Otto
- Henne, Otto
- Am Rhyn, Otto
- Am Rhyn, Otto H.
- Am Rhyn, Otto Henne
- AmRhyn, Otto H.
- AmRhyn, Otto Henne
- Amrhyn, Otto Henne-
- Henne VanRhyn, Otto
- Henne am Rhin, Otto
- Henne am Rhyn, O.
- Henne- am Rhyn, Otto
- Henne-AmRhyn, Otto
- Henne-am-Rhyn, Otto
- Rhyn, Otto H. am
- Rhyn, Otto Henne am
- VanRhyn, Otto
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Henne am Rhyn, Otto
Publizist, Kulturhistoriker, * 26.8.1828 Sankt Gallen, † 1.5.1914 Weiz (Steiermark). (reformiert)
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Genealogie
V →Anton Henne (1798–1870), Prof. in Bern, dann Bibliothekar in St. G., Politiker, Publizist, Historiker (s. ADB XI; HBLS, P), Schneider-S;
M Friederike Stehle († 1877);
B Hugo H. (1833-91), Dir. v. Irrenheilanstalten;
- ⚭ 1858 Elisabeth (* 1837), T d. Peter Am Rhyn (1779–1838), aus Luzern, franz. Oberst, u. d. Katharina Ronca;
Ov d. Ehefrau →Jos. Karl Am Rhyn († 1848), schweizer. Staatsmann (s. ADB I);
Vt d. Ehefrau →Jos. Karl Franz Am Rhyn († 1849), schweizer. Staatsmann (s. ADB I);
2 S, 2 T, u. a. →Renward (1860–1910), Journalist. -
Biographie
Nach Studien an den Universitäten Bern und Genf unterrichtete H. 1857-59 an der neuen Kantonsschule Sankt Gallen Deutsch, Geographie und Geschichte. 1859-72 und wieder 1885-1912 amtete er als Staatsarchivar des Kantons Sankt Gallen. Als Redaktor betreute er Ritters Geographisch-statistisches Lexikon, die Freimaurerzeitung in Leipzig (1872–77), den „Boten aus dem Riesengebirge“ in Hirschberg (1877–79) und den außenpolitischen Teil der „Neuen Zürcher Zeitung“ (1879-82).
H. hatte weder die feurige Beredsamkeit noch die politische Begabung seines Vaters geerbt. Hingegen übertraf er ihn als Historiker. Gleich ihm erfaßte er die Geschichte von den Ursprüngen bis zur Gegenwart, legte aber das Schwergewicht nicht auf die Staats- und Kriegsgeschichte, sondern definierte die Kulturgeschichte als „die Geschichte schlechtweg, von welcher die politische Geschichte ebenso einen Zweig bildet wie die Religions-, Rechts-, Kunst-, Literatur-, Sitten- und Trachtengeschichte und so weiter“. Er selbst nennt sich als Historiker einen reinen Autodidakten.
Zur Zeit der kritischen Schule, welche die historische Wissenschaft mit zuverlässigen|Quellenwerken versah, sie aber zugleich dem Volke entfremdete, schrieb H. volkstümliche Kulturgeschichte. Sein Standpunkt war betont liberal. Gegenüber historischen Erscheinungen, welche seinem Freisinn und Fortschrittsglauben nicht entsprachen, zeigte er wenig Einfühlung und Ehrfurcht. „Er geht von einer allgemeinen germanischen Volksfreiheit aus, die im Mittelalter verloren ging und in der modernen Demokratie wiedererstand. Damit werden große Epochen als eine Verirrung hingestellt, die erst vom 19. Jahrhundert korrigiert wurde. Die Geschichte bekommt die Zweckleitung, dieses Jahrhundert zu bestätigen“ (R. Feller). Seiner Zeit aber entsprachen Haltung, Stoffauswahl und Stil in solchem Maße, daß H.s Werke, die er in erstaunlicher Fülle hervorbrachte, weitverbreitet wurden. Sie gewannen der Geschichte viele Freunde, so daß man in H.s Schaffen einen Brückenschlag zwischen der strengen Forschung und der breiten Leserschaft der Zeit des Historismus sehen darf. In seiner großangelegten „Kulturgeschichte des deutschen Volkes“ (2 Bände, 1886), die er als das gelungenste seiner Werke schätzte, warf er Ranke die einseitig „diplomatische Richtung“ vor, die ihn „verleitete, nur Fürsten und Staatsmänner zu berücksichtigen und die Völker mit Stillschweigen zu übergehen“. H. selbst erreichte als Kulturhistoriker nicht die Tiefe und den Gedankenreichtum seines Zeitgenossen und Landsmannes Burckhardt. Gegen Nietzsche schrieb er einen Antizarathustra und die Erzählung „Übermenschen und Edelmenschen“. Die Werke H.s hatten ihre volksbildnerische Wirkung. Sie boten „Kulturgeschichte im Lichte des Fortschritts“. Das Ziel, dem alle Geschichte, die „Biographie der Menschheit“, entgegenführt, sah H. in der „Vervollkommnung, im allgemeinen Wohlsein, Glück und Frieden“.|
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Auszeichnungen
Dr. phil. (Leipzig 1872).
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Werke
Weitere W u. a. Gesch. d. Kt. St. Gallen v. s. Entstehung b. z. Gegenwart, 1863;
Forts.: Gesch. d. Kt. St. Gallen seit Annahme d. Vfg. v. 1861, 1896;
Gesch. d. Schweizervolkes u. s. Kultur v. d. ältesten Zeiten b. z. Gegenwart, 3 Bde., 1865 f., ³1878;
Allg. Kulturgesch., 6 Bde., 1876–78, 7. Bd. 1897, 8. Bd. 1908;
Die Kultur d. Vergangenheit, Gegenwart u. Zukunft in vgl. Darst., 1890, ³1892. - Autobiogr. in: Dt. Denker u. ihre Geistesschöpfungen, hrsg. v. O. Wilda, H. 8, 1890 (P). -
Literatur
H. Brassel, in: Reclams Universum, 27.8.1908 (P);
R. Feller, Die schweizer. Gesch.schreibung d. 19. Jh., 1938, S. 140 ff. (krit. Darst.);
HBLS;
DBJ I (Tl. 1914, W, L). -
Autor/in
Georg Thürer -
Zitierweise
Thürer, Georg, "Henne am Rhyn, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 535-536 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120474808.html#ndbcontent