Dryander, Ernst von
- Lebensdaten
- 1843 – 1922
- Geburtsort
- Halle/Saale
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- lutherischer Theologe ; Evangelischer Theologe ; Pfarrer ; Prediger ; Politiker
- Konfession
- lutherisch
- Normdaten
- GND: 119059436 | OGND | VIAF: 59885835
- Namensvarianten
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- Dryander, Ernst Hermann von
- Dryander, Ernst (bis 1918)
- Dryander, Ernst Hermann (bis 1918)
- Dryander, Ernst von
- Dryander, Ernst Hermann von
- Dryander, Ernst (bis 1918)
- dryander, ernst
- Dryander, Ernst Hermann (bis 1918)
- dryander, ernst hermann
- Dryander, E.
- Drynader, Ernst
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Dryander, Ernst Hermann von (seit 1918)
evangelischer Theologe, * 18.4.1843 Halle/Saale, † 4.9.1922 Berlin.
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Genealogie
Aus alter Hallenser Fam.;
V →Hermann (1809–80), D.theol., Konsistorialrat u. Sup. in Halle, S des →Frdr. Aug. (1782–1854), Dr. iur. h. c., Univ.richter u. Syndikus der Pfännerschaft in Halle, u. der Bankierstochter Wilhelmine Bassenge;
M Franziska (1813–49), T des Gottlieb Delbrück (1777–1842), Geh. OberReg.-|rat u. Univ.kurator in Halle (s. NDB III*);
⚭ Halle 1876 Magdalene (1852–1900), T des →Rudolf Roedenbeck (1822–91), D., Dr. iur. h. c., Univ.kurator in Halle, dann Konsistorialpräsident in Magdeburg, u. der Hedwig Freiin v. Eberstein;
1 S, 4 T, u. a. Gottfried (* 1876), Geh. Oberregierungsrat, Mitgl. des Reichstags u. des preußischen Landtags 1921-30, Katharina (⚭ Johannes Steinbeck, * 1873, Prof. der praktischen Theol.), Hildegard (⚭ →Walther Kähler, 1877–1955, Gen.Sup. in Stettin);
N →Eduard Grüneisen, † 1949, Physiker. -
Biographie
Glauben und Bildung, Idealismus und Christentum vereinigen sich in D. mit preußischem Traditionsbewußtsein und persönlichem Charme. Weitreichende Familienbeziehungen und früh sichtbare Begabung als Kanzelredner und Seelsorger führen D. von Torgau (1872–74) nach Bonn (1874–82), wo ihn Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser, kennenlernt, nach Berlin auf Schleiermachers Kanzel in der Dreifaltigkeitskirche (1882–90) und schließlich in die Domgemeinde und in das höchste geistliche Amt der preußischen Landeskirche. Die Vermittlungstheologie seines halleschen Lehrers W. Beyschlag, aber auch der Biblizismus F. A. G. Tholucks (Halle) und Johann Tob. Becks (Tübingen) prägen ihn. Die christlich-konservative und zugleich doch für alle modernen Fragen aufgeschlossene Haltung befähigt ihn, als Generalsuperintendent der Kurmark (1890–1900), als Ephorus des Domkandidatenstiftes (seit 1897), dann als Mitglied, 1906-18 als geistlicher Vizepräsident des Evangelischen Oberkirchenrates in Berlin in einer durch den theologischen Liberalismus erregten, wie durch kirchliche Parteibildungen zerklüfteten preußischen Landeskirche einen stark ausgleichenden und kirchlich sammelnden Einfluß auszuüben. Die im wilhelminischen Zeitalter heranwachsende neue Pfarrergeneration formt er im Domkandidatenstift durch seine irenische Persönlichkeit, durch das mit innerer Elastizität zäh festgehaltene bewährte biblisch-kirchliche Erbe und durch sein biblisch-seelsorgerliches Predigtvorbild. Als letzter Oberhofprediger der preußischen Hohenzollern (Schloßprediger seit 1890) bleibt er bis zu seinem Tode in naher, treu ergebener und rein seelsorgerlicher Beziehung zu Wilhelm II., vor allem zur Kaiserin. Unter D. wird die ehrfürchtig-dynastische Bindung des preußischen Kirchenregimentes an den Summepiskopus, den obersten Landesbischof, in einer Kundgebung nach dem Zusammenbruch noch einmal sichtbar und bestärkt in belastender Weise eine kirchlich und politisch konservative Haltung, die in der Zeit der Weimarer Republik das Verhältnis zur Arbeiterschaft nicht erleichtert. Doch hat D. und der von ihm maßgeblich beeinflußte preußische Oberkirchenrat, oft von den kirchlichen Fraktionen in der Generalsynode gedrängt, die bisher eingeschlagene Richtung auf größere Freiheit und Unabhängigkeit der Landeskirche gegenüber der Staatsaufsicht eingehalten. Dadurch wurden auch die anderen kleineren deutschen Landeskirchen auf diesem Weg weitergeführt und vor allem ohne Erschütterung für die Kirchen die Loslösung aus der staatlichen Bindung 1918 ermöglicht. Die Sammlung und Einung der deutschen evangelischen Kirchen hat D. unermüdlich gefördert und die deutschen Auslandsgemeinden kirchlich betreut. Sein Wahlspruch verdeutlicht vieles: „Ich will mich lieber zu Tode hoffen, als im Unglauben verlorengehen.“ – Ritter des Schwarzen Adler-Ordens; Mitglied des Herrenhauses.
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Werke
u. a. Erinnerungen aus meinem Leben, 1921, ⁴1926 (P); Unser Weg zu Gott, hrsg. v. M. Thom, 1924;
Gott u. Mensch, Predigten u. Reden, hrsg. v. C. Grüneisen, 1926 (mit Verz. d. hauptsächlichsten Predigten); Flugschrr.:
Wollte d. Kaiser d. Krieg?, 1919;
Aufgaben d. Kirche, 1919;
Doorn-Potsdam, 1921;
Bewährt u. verklärt, Der letzte Gruß d. dankbaren Domgemeinde an ihre Kaiserin, 1921. -
Literatur
D. Doehring, E. v. D. z. Gedächtnis, 1922;
Kirchl. Jb. 1923, S. 474 ff.;
W. Kähler, E. v. D., 1923 (P, mit Briefen an d. dt. Kaiserin);
E. v. d. Goltz, in: Christentum u. Leben V, 1926;
O. Söhngen, Hundert J. Ev. Oberkirchenrat d. altpreuß. Union 1850-1950, 1950;
F. Fischer, Der dt. Protestantismus u. d. Pol. im 19. Jh., in: HZ 171, 1951 (zum preuß. Reichsnationalismus);
F. Mahling, in: DBJ IV, S. 48-55 (W, L, u. Tl. 1922. W, L). -
Autor/in
Erich Beyreuther -
Zitierweise
Beyreuther, Erich, "Dryander, Ernst von" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 141-142 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119059436.html#ndbcontent