Plieningen, Dietrich von
- Lebensdaten
- um 1453 oder 1454 – 1520
- Sterbeort
- vermutlich Augsburg
- Beruf/Funktion
- Humanist ; bayerischer Rat ; Gelehrter ; Politiker
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118595067 | OGND | VIAF: 49330145
- Namensvarianten
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- Dietrich von Plieningen
- Plieningen zu Eisenhofen, Dietrich von
- Dietrich von Plieningen zu Eisenhofen
- Plenningen, Dietrich von
- Pleningen, Dietrich von
- Plyninger, Dietrich von
- Plinius, Dietrich
- Plieningen, Dietrich von
- Dietrich von Plieningen
- Plieningen zu Eisenhofen, Dietrich von
- Dietrich von Plieningen zu Eisenhofen
- Plenningen, Dietrich von
- Pleningen, Dietrich von
- Plyninger, Dietrich von
- Plinius, Dietrich
- Plieningen zu Schaubeck, Dietrich von
- Plinius, Theodoricus
- Schaubeck, Dietrich von Plieningen zu
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Plieningen (Plen[n]ingen, Plyninger, Plinius), Dietrich von (Ritter 1507)
Humanist, bayerischer Rat, * um 1453/54, † 26.2.1520 vermutlich Augsburg.
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Genealogie
Aus edelfreier niederadliger Fam., d. ursprüngl. in Plieningen auf den Fildern (Stuttgart) ansässig war, u. a. in Diensten d. Gf. v. Werdenberg-Heiligenberg-Trochtelfingen u. Sargans u. d. Gf. v. Zollern;
V →Dietrich († 1485), Vogt d. Gf. v. Werdenberg auf Burg Aislingen b. Dillingen/Donau, erwarb um 1480 d. Burg Schaubeck in Kleinbottwar (Kr. Ludwigsburg);
M Margarete v. Venningen († 1466 ?);
B Johannes (wohl 1454/55-1506), studierte mit P. in Freiburg (Br.), Pavia u. Ferrara, war in Rom Familiare d. Kard. Rodrigo Borgia (später Papst Alexander VI.) u. d. Kard. Giuliano della Rovere (später Papst Julius II.), Propst zu Mosbach, Domherr in Worms;
Stief-B Eitelhans (1486 ?-1534), studierte mit P. in Freiburg (Br.);
– ⚭ 1) vor Sommer 1479 Anna v. Memmersweiler (1450–1510), 2) 1511/14 Felicitas (* wohl 1493, ⚭ 3] →Leonhard v. Eck, 1480–1550, bayer. Kanzler, s. NDB IV), Wwe d. Hans v. Treswitz, T d. Ambrosius v. Freyberg u. d. Maria v. Schöndorf;
1 T aus 2) Kunigunde (⚭ 1] Johann Michael v. Tanneck, 2] Wilhelm Friedrich Gf. v. Lichtenstein auf Castelcron); S d. 2. Ehefrau Oswald v. Eck (* spätestens 1523), Erbe v. Hofmark u. Schloß Eisenhofen (Kr. Dachau). -
Biographie
P. studierte mit seinen Brüdern 1471-79 in Freiburg (Br.), Pavia und Ferrara. In Pavia befreundete er sich mit Rudolf Agricola (1443/44-85), den er dazu veranlaßte, an den Hof des Augsburger Bischofs Johann v. Werdenberg zu gehen und „De inventione dialectica“ niederzuschreiben. Nach Agricolas Tod wurde dessen schriftlicher Nachlaß von P. und seinem Bruder Johannes gesammelt. Kf. Philipp I. von der Pfalz berief P. 1482 als gelehrten Rat an seinen Hof, der sich mit dem Kanzler und späteren Wormser Bischof Johann v. Dalberg, →Konrad Celtis, Jacob Wimpheling, Sebastian Brandt und Rudolf Agricola zum|Zentrum des frühen Humanismus in Deutschland entwickelte.
1494 holte Kg. Maximilian I. P. an das kgl. Kammergericht. Seit 1495 einer der Assessoren des Reichskammergerichts, nahm er an den Reichstagen in Lindau 1496 und Worms 1497 teil und war an der Reichsreform beteiligt. Seit 1499 stand er als gelehrter Rat in Diensten Hzg. Albrechts IV. von Bayern und führte die Verhandlungen, die den bayer.-pfälz. Erbfolgekrieg (1504/05) beendeten. Durch den Erwerb von Hofmark und Schloß Eisenhofen wurde P. 1506 bayer. Landsasse.
P.s literarische Tätigkeit ist seit 1510 nachweisbar. Besonders seine prachtvoll illustrierten Erstübersetzungen lat. und griech. Autoren (u. a. Seneca, Sallust, Cicero, Juvenal, Horaz, Lukian) sind wichtige Dokumente für die Rezeption der klassischen Antike in Deutschland. 1515 erschienen zwei Ausgaben von Plinius' d. J. „Traiani Panegyricus“ (unautorisierter Nachdr. 1520), wofür P. eigene Interpunktionsregeln entwickelte.
Rechtshistorisch wichtig ist Ps. Sammlung der sog. „Landesfreiheitserklärungen“ in Bayern und eine zweibändige, mit Vorwort und Registern versehene Edition (1514) der verstreuten kaiserl. und fürstl. Privilegien für bayer. Stände und Orte. Diese Sammlung bildete fortan die Grundlage, welche die bayer. Herzöge zu beschwören hatten. P. arbeitete mit an der 1516 in Ingolstadt beschlossenen neuen Gerichtsordnung (1520 neu bearb.) und an der Reform der bayer. Landrechte (1518). In den ständischen Auseinandersetzungen 1514 vertrat P., selbst Landsasse, die Position der Stände gegenüber dem bayer. Herzog, wobei er sich auf das aus der Naturrechtslehre übernommene Prinzip des Widerstandsrechts der Untertanen gegenüber der Obrigkeit in Notsituationen bezog.
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Werke
u. a. Stundenbuch, u. 1470-74 (Ms. in d. Württ. Landesbibl. Stuttgart).
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Literatur
ADB 26 u. 53;
F. J. Worstbrock, Dt. Antikerezeption 1450-1550, 1976 (W-Verz.): W. Irtenkauf, Das Stundenbuch der Herren v. P., in: Ludwigsburger Gesch.bll. 28, 1976, S. 141-49;
F. Gfn. Adelmann, ebd. S. 5-139 (P);
dies., D. v. P., Humanist u. Staatsmann, 1981 (W-Verz., L, P);
Ch. Bührlen-Grabinger, Die Herren v. P., 1986;
Schottenloher;
Killy. -
Porträts
Stifterbild auf Glasgem. aus d. St. Georgskirche in Kleinbottwar (Nürnberg, German. Nat.mus.);
Kupf. auf Bl. 1v d. Sallust-Übers. „Des hochberompten latin. Historien schreiber Sallusti (…) Historien (…)“ (Göttingen, Niedersächs. Staats- u. Univ.bibl. 4° Auct. lat. II, 6285), Abb. in: F. Gfn. Adelmann, 1976 u. 1981 (s. L). -
Autor/in
Franziska Gräfin von Adelmann -
Zitierweise
Adelmann, Franziska Gräfin von, "Plieningen, Dietrich von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 542-543 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118595067.html#ndbcontent
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Plieningen, Dietrich von
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Biographie
Plieningen: Dietrich v. P. (auch Pleningen und Plenningen, latinisirt Plinius), geb. ca. 1450, † 1520, entstammte dem alten, schon 1142 erwähnten ritterlichen Geschlechte v. P., welches in dem gleichnamigen Dorfe (zwei Stunden von Stuttgart entfernt) seine Heimath hatte. Sein Vater, Diether v. P., wurde 1480 mit der bei Kleinbottwar (Dorf O.-Amts Marbach) gelegenen Burg Schaubeck belehnt, das Familienbegräbniß war seitdem in Kleinbottmar, dessen Kirche zahlreiche Grabsteine des 1641 ausgestorbenen Geschlechts beherbergt; 1471 verlor Dietrich seine Mutter Margarethe v. Venningen. Die überaus dürftigen Nachrichten über seinen Lebensgang lassen uns auch darüber im Stiche, wann und wo er Rechtswissenschaft studirte. 1475 finden wir ihn in Gesellschaft seines jüngeren Bruders Johannes in Pavia, dort soll er Doctor der Rechte geworden sein. Neben seinem Berufsfache zogen den begabten und wohlhabenden Edelmann, der sich, den Briefen seiner Freunde nach zu schließen, durch Liebenswürdigkeit und treue Freundschaft auszeichnete, humanistische Studien an; aufs mächtigste wurde er von den Schätzen des Alterthums angeregt, mit den bedeutendsten Vertretern des Humanismus, der damals seinen Eroberungszug über die Alpen begann, trat er in Freundschaft und Correspondenz, er selbst gehörte zu den eifrigsten Beförderern desselben. Mit Johann v. Dalberg ((s. A. D. B. IV. 701 ff.), mit Rudolf Agricola (s. A. D. B. I. 151 ff.) schloß er die innigste Freundschaft, es war ein gegenseitiges sich Fördern und Unterstützen, und wenn P. den vielseitigen, glänzend begabten Agricola als seinem Lehrer unendlich vieles verdankte (Agricola corrigirte für ihn eine Handschrift der Briefe von Plinius), so suchte P. seinerseits die Thätigkeit des etwas unstäten Freundes festen, seiner Kenntnisse würdigen Aufgaben zuzuwenden. Am 29. Nov. 1475 folgten die Brüder einer Einladung Agricolas nach Ferrara. Mitte 1476 (Juli?) verließ P., dem Rufe seines Vaters folgend, Pavia, wo er sich zuletzt aufgehalten, sein Bruder blieb noch längere Zeit, 1482 war er noch oder wieder in Rom. Nach seiner Rückkehr trat Dietrich in die Dienste des Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen von der Pfalz (1486—1508), der ihn 1482 zu seinem Rath ernannte, mit wichtigen Missionen (1490 nach München) betraute, zu Reichstagen z. A. 1487 in Nürnberg mitnahm, eine Zeitlang auch zum Reichskammergericht deputirte. Dem hochgebildeten und kunstsinnigen, für die Hebung seiner Universität Heidelberg eifrig besorgten Fürsten stand P. aufs treueste bei; Heidelberg wurde ein hervorragender Mittelpunkt des deutschen Humanismus, besonders seitdem Joh. v. Dalberg als Bischof von Worms Kanzler der Universität geworden war (1482), mit ihm bewohnte er den Münzhof. Von den italienischen Freunden war es namentlich Agricola, welchen Plieningen's Bemühungen für Heidelberg gewannen; Celtes, Wimpheling, Reuchlin und andere bildeten den schönen bedeutenden Kreis, welcher in Heidelberg eine Blüthezeit wissenschaftlichen Lebens hervorrief. Der angesehene, vielerfahrene schwäbische Edelmann gehörte als ebenbürtiger Genosse demselben an, er stand mit den bedeutendsten Trägern des Humanismus in Correspondenz, war auch eifriges Mitglied der von Celtes gegründeten sodalitas litteraria Rhenania. Sein Bruder →Johann, der Canonicus in Worms und Propst in Mosbach geworden war, veranstaltete auf seine Aufforderung eine Sammlung der Werke des früh Verstorbenen viel betrauerten Freundes Agricola, derselbe schrieb auch, da Dietrich zu beschäftigt war, eine kurze lateinische Biographie des Freundes und Lehrers. 1493 war er Vciarius von Dalberg als Bischof von Worms, 1495 Reichskammergerichtsassessor|in Frankfurt, 1501 nahm er als Vertreter des Herzogs Albrecht von Baiern, in dessen Dienste er (wann?) getreten war, Theil am Reichsregimentstag in Nürnberg, 1512 war er dessen Gesandter beim schwäbischen Bunde; 1513 finden wir ihn beim Reichstag in Worms, dort vollendete er die Uebersetzung des Sallust. In bedauerlichster Weise schwinden die Nachrichten über ihn zusammen, wir wissen nur, daß er meistens in Landshut sich aufhielt, wo auch seine Schriften erschienen. Sein Bruder Johann starb 1506, seine erste Hausfrau Anna von Memerßwiler 1510, er selbst 1526; sie alle sind in Kleinbottwar begraben.
P. gehörte zu den deutschen Humanisten, welche in der Beschäftigung mit den alten Classikern ihre liebste Erholung fanden und durch die Kenntniß der Alten moralisch auf ihre Landsleute einwirken wollten, dazu sollten die Uebersetzungen und Auszüge aus ihren Werken dienen, durch welche P. sich auch litterarisch bekannt gemacht hat: „Gaij Pliny des andern Lobsagung“, Landßhut 1515; „Des hochberomten Latinischen historischreibers Salustii zwo schone historien: von des Catilinen u. Jugurthen kriegen“. ibid. eod.; „ain kurtzer außzuge vom Seneca, wye man die Kinder auftziechen soll“. ibid. eod.; „Von Klaffern, zway püechlein: das ein Lucianus, das ander Poggius“. ibid. eod. „Anntwort auff zwo Fragen“. ibid. 1516. Die Uebersetzungen sind etwas ungelenk, reich an Provinzialismen, ihrem praktischen Zwecke entsprechend. Aus seiner Bibliothek kamen einige schöne Handschriften und Incunabeln in die Stiftsbibliothek Comburg und von dort in die königl. öffentliche Bibliothek (Stuttgart, cod. poet. et philos. 36 4° und 77 4°).
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Literatur
Eine würdige Biographie fehlt noch; vgl. über ihn: Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens etc. III, 348. — Geiger, J. Reuchlin, S. 42 f. —
Beschreibung d. OA. Marbach, S. 228; besonders Hartfelder, Unedirte Briefe v. R. Agricola und dess. deutsche Uebersetzungen classischer Schriftsteller a. d. Heidelb. Humanistenkreis. Heidelberg 1884. — Morneweg, Johann von Dalberg. Heidelberg 1887. -
Autor/in
Theodor Schott. -
Zitierweise
Schott, Theodor; Riezler, Sigmund Ritter von, "Plieningen, Dietrich von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 297-298 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118595067.html#adbcontent