Trotha, Lothar von
- Lebensdaten
- 1848 – 1920
- Geburtsort
- Magdeburg
- Sterbeort
- Bonn
- Beruf/Funktion
- Offizier ; General
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 117636908 | OGND | VIAF: 5713759
- Namensvarianten
-
- Trotha, Adrian Dietrich Lothar von
- Trotha, Lothar von
- Trotha, Adrian Dietrich Lothar von
- Trotha, L. von
Vernetzte Angebote
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Trotha, Adrian Dietrich Lotharvon
|Offizier, * 3.7.1848 Magdeburg, † 31.3.1920 Bonn, ⚰ Bonn, Waldfriedhof. (evangelisch)
-
Genealogie
V →Thilo Wolf (1809–76), preuß. Oberst, S d. Lebrecht (1772–1813), auf Krosigk u. Wieskau, preuß. Landrat d. Saalkr., Premierlt., u. d. Beate Schönwald (1785–1860);
M Marianne (1812–72), T d. →Ernst v. Boehn, preuß. Kpt., u. d. Magdalena Seiff;
⚭ 1) Mainz 1872 Bertha (1850–1905), T d. N. N. Neumann u. d. Auguste Spaencke, 2) London 1912 Lucy (1881–1958, ⚭ 1] 1881–1911 →Hans Herber, preuß. Oberstlt.), T d. →Heinrich Goldstein-Brinckmann, Bankdir., u. d. Christel Brinckmann;
2 S aus 1) →Thilo (1874–1929), preuß. Major, →Hellmuth (1875–1928), Hptm.; Verwandter Adolf (s. 2). -
Biographie
T. besuchte Schulen in Wittenberg, Koblenz und Köln und trat 1865 in das 2. Garderegiment zu Fuß in Berlin ein. Nach Teilnahme am preuß.-österr. (1866) und am dt.-franz. Krieg (1870/71) sowie Stationen im Dt. Reich wurde er an das Auswärtige Amt abkommandiert und 1894 Kommandeur der Schutztruppe und Stellv. Gouverneur in Dt.-Ostafrika. In seine bis 1897 reichende Dienstzeit fiel u. a. die Endphase des Kriegs gegen die Hehe, deren zunächst erfolgreicher Widerstand mit großer Brutalität gebrochen wurde. 1900/01 nahm T. als Kommandeur der 1. Ostasiat. Infanteriebrigade an der multinationalen Niederschlagung des „Boxeraufstands“ in China teil.
Zur welthistorisch interessanten Figur wurde T., inzwischen Generalleutnant, mit seiner Übernahme des Oberkommandos der Schutztruppe in Dt.-Südwestafrika am 19. 5. 1904 und des Gouverneursamts am 28. 7. 1904 während des Kriegs gegen die Herero. Auf seine Erfahrungen in Dt.-Ostafrika und China bauend, ging er von einem „Rassenkrieg“ aus, der mit der Vernichtung eines der beiden Kriegsgegner enden würde. Frühzeitig initiierte er einen Vernichtungskrieg und befahl im Juni 1904, alle Widerstand leistenden Herero zu erschießen. Nach der gescheiterten Kesselschlacht am Waterberg (11. 8. 1904) ließ er die überlebenden Herero (einschließlich Frauen, Kinder und Greise) in die Omaheke-Halbwüste treiben und den Wüstensaum abriegeln. In seiner berüchtigten Proklamation vom 2. 10. 1904 legitimierte er den Völkermord und kündigte an, alle in Zukunft innerhalb Südwestafrikas angetroffenen Herero erschießen zu lassen. Reichskanzler →Bernhard v. Bülow (1849–1929) hob diesen „Schießbefehl“ am 13. 1. 1905 jedoch auf und ordnete die Einweisung der Überlebenden in „Konzentrationslager“ an. Das hinderte T. nicht daran, im seit Aug. 1904 tobenden Nama-Krieg ebenfalls eine Vernichtungsstrategie zu verfolgen. Da es ihm nicht gelang, das Land zu befrieden, wurde er im Nov. 1905 nach Deutschland zurückbeordert. Hier wurde er zwar mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet, erhielt diesen allerdings nicht vom Kaiser persönlich, weil er durch den erfolglosen Krieg in Südwestafrika in Ungnade gefallen war. 1906 trat T. in den Ruhestand. Im Reichstag wegen seiner brutalen Kriegsführung teils heftig kritisiert, stand Generalstabschef →Alfred v. Schlieffen (1833–1913) ebenso hinter ihm wie die Mehrzahl der unter ihm dienenden Offiziere.
2004 entschuldigte sich die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, →Heidemarie Wieczorek-Zeul, in Namibia für den Genozid an den Herero und bezeichnete T.s Vorgehen als Völkermord. Am 9. 7. 2015 schloß sich Bundestagspräsident →Norbert Lammert dieser Einschätzung an. Das Auswärtige Amt folgte einen Tag später. Die Wiedergutmachungsforderungen der Herero gegen die Bundesrepublik sind bis heute offen. Die Familie v. Trotha versuchte das Erbe aufzuarbeiten, indem Angehörige 2007 zu einer Versöhnungsreise nach Namibia aufbrachen und Nachfahren des Herero Chiefs Samuel Maharero (um 1856–1923) trafen.
-
Werke
W Meine Bereisung v. Dt.-Ostafrika, 1897;
– Nachlaß: Archiv d. Fam. v. T. -
Literatur
L J. Zimmerer u. J. Zeller (Hg.), Völkermord in Dt.Südwestafrika, Der Kolonialkrieg in Namibia (1904–1908) u. d. Folgen, 2003, ²2004;
J. Zimmerer, Von Windhuk n. Auschwitz?, Btrr. z. Verhältnis v. Kolonialismus u. Holocaust, 2011;
H. Schnee (Hg.), Dt. Kolonial-Lex. III;
DBJ II, Tl.; Magdeburger Biogr. Lex. -
Porträts
P Relief (Hamburg-Wandsbek, ehem. Lettow-Vorbeck-Kaserne)
-
Autor/in
Jürgen Zimmerer -
Zitierweise
Zimmerer, Jürgen, "Trotha, Lothar von" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 455-456 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117636908.html#ndbcontent