Stengel, Erwin
- Lebensdaten
- 1903 – 1973
- Geburtsort
- Wien
- Sterbeort
- Little Common Lane, Sheffield (South Yorkshire)
- Beruf/Funktion
- Psychiater ; Neurologe ; Psychotherapeut ; Hochschullehrer
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 1081030755 | OGND | VIAF: 84499579
- Namensvarianten
-
- Stengel, Erwin
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Stengel, Erwin
Psychiater, Neurologe, Psychotherapeut, * 25. 3. 1903 Wien, † 2. 6. 1973 Little Common Lane, Sheffield (South Yorkshire), ⚰ Ecclesfield, Jüdischer Friedhof. (jüdisch)
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Genealogie
V →Abraham Markus (1860–1940, aus Galizien, jüd. Rel.lehrer in W.;
M Franziska Popper († 1934); 1 Zwillings-B;
– ⚭ Wien 1935 Anna († 1978), T d. Vincent Kohl; kinderlos. -
Biographie
S. wuchs in Wien auf, wo er nach der Matura 1920–26 Medizin studierte. Unter dem Eindruck der Vorlesungen Julius Wagners v. Jauregg (1857–1940) entschied er sich für eine akad. Laufbahn an der psychiatrisch-neurologischen Universitätsklinik. Zunächst führte S. bei →Constantin v. Economo (1876–1931) neuropathologische Untersuchungen durch. Seine neurologische Ausbildung erhielt S. durch →Josef Gerstmann (1887–1969), während sein psychiatrisches Denken vorwiegend durch →Paul Schilder (1886–1940) geprägt wurde. Mit diesem führte S. zahlreiche Untersuchungen zu Störungen der Schmerzwahrnehmung und der Sprache bei psychischen Krankenheiten durch, die seiner Habilitation 1937 in Wien zugrundelagen. Parallel zur klinischen Forschung absolvierte S. eine psychoanalytische Ausbildung, u. a. bei →Theodor Reik (1888–1969), →Helene Deutsch (1884–1982) und →Wilhelm Reich (1897–1957). Aufgrund seiner jüd. Herkunft war S. 1938 zur Emigration nach England gezwungen. Nach kurzfristiger Internierung nahm er seit 1939 verschiedene klinische Stellen an, u. a. in Bristol, Exeter, Edinburgh, Dumfries und Chichester. 1949 wurde er Dozent für Psychiatrie an der Univ. London, 1956 o. Professor für Psychiatrie an der Univ. Sheffield. Nach seiner Emeritierung 1967 war er noch einige Jahre als Gefängnispsychiater und in freier Praxis tätig.
Seit den 1940er Jahren interessierte sich S. zunehmend für die Epidemiologie, Psychopathologie und Sozialpsychologie des Suizidversuchs und des Suizids. Er führte seit 1950 umfangreiche Studien an Suizidenten durch, wobei er grundlegende Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen Suizidversuch und vollendetem Suizid, den Suizid als Verhaltensmuster im sozialen Kontext, die Bedeutung psychischer Krankheiten für Suizidhandlungen sowie über die Behandlung von Suizidversuchen gewann. Neben →Erwin Ringel (1921–94) zählt S. zu den international bedeutendsten Repräsentanten der modernen Suizidforschung. Darüber hinaus beschäftigte sich S. mit der psychiatrischen Nosologie, der Reform des klinisch-psychiatrischen Unterrichts und den therapeutischen Möglichkeiten der Psychoanalyse bei psychiatrischen Erkrankungen. Er war Mitbegründer der „International Association for Suicide Prevention“ (1960). Seine Arbeiten zeichnen sich – wie die seines Lehrers P. Schilder – durch die große Breite der konzeptuellen Ansätze aus, die von der Neuropathologie bis zur Psychoanalyse reichen. S. zählt damit zu der Generation von umfassend ausgebildeten deutschsprachigen Psychiatern jüd. Herkunft aus der Zeit zwischen den Weltkriegen, die nach ihrer Emigration aufgrund ihrer klinischen und wissenschaftlichen Erfahrung die international führende Stellung der englischsprachigen Psychiatrie nach 1945 mitbegründeten.
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Auszeichnungen
A Mitgl. d. Royal College of Physicians (1951, Ehrenmitgl. 1971);
Vors. d. Royal Medico-Psychological Association (London 1966/67);
Dr. med. h. c.|(Sheffield 1971); E. S. Research Award d. Internat. Association for Suicide Prevention; E. S. Prize for Academic Excellence in Psychiatry d. Univ. Sheffield (seit 2005). -
Werke
Das Krankheitsbild d. Schmerzasymbolie, in: Zs. f. d. gesamte Neurol. u. Psychiatrie 129, 1930, S. 250–79 (mit P. Schilder);
Zur Kenntnis d. Triebstörungen u. d. Abwehrreaktionen d. Ichs b. Hirnkranken, in: Internat. Zs. f. Psychoanalyse 21, 1935, S. 544–60;
Studien über d. Beziehungen zw. Geistesstörung u. Sprachstörung, Zur Lehre v. d. Wortfindungsstörung u. d. Paraphasie, in: Mschr. f. Psychiatrie u. Neurol. 95, 1937, S. 129–73;
Enquiries into attempted suicide, in: Proceedings of the Royal Soc. of Medicine 45, 1952, S. 613–20;
A re-evalutaion of Freud`s book „On Aphasia“, in: Internat. Journal for Psychoanalysis 35, 1954, S. 85–89;
Reflections on the teaching of psychiatry, in: Journal for mental science 104, 1958, S. 772–78;
Attempted suicide, its social significance and effects, 1958 (mit N. Cook);
Classification of mental disorders, in: Bull. of the World Health Organization 21, 1959, S. 601–03;
Suicide and attempted suicide, 1964;
Progress in Psychiatry, in: British Journal for Psychiatry 113, 1967, S. 1–9 (P);
– Nachlaß: Archiv f. d. Gesch. d. Soziol. in Österr., Graz. -
Literatur
J. McCrie, in: The Univ. of Sheffield Gazette 47, Nov. 1967, S. 123–25;
N. Diether, E. S., Leben u. Werk, Diss. Mainz 1974;
I. Pilowsky, Some recollections of E. S. during his Sheffield years, in: R. Kosky (Hg.), Suicide Prevention, 1998, S. 21 f.;
Enc. Jud. 1971, Suppl.;
Enc. Jud. ²2007;
Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
Oxford DNB. -
Porträts
Porträtbüste v. Rosen (London, Royal College of Psychiatrists).
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Autor/in
Matthias M. Weber -
Zitierweise
Weber, Matthias M., "Stengel, Erwin" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 247-248 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1081030755.html#ndbcontent