Heinrich von St. Gallen
- Lebensdaten
- erwähnt Ende 14. Jahrhundert
- Geburtsort
- Sankt Gallen
- Beruf/Funktion
- theologischer Schriftsteller ; Theologe ; Autor
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118709879 | OGND | VIAF: 95186270
- Namensvarianten
-
- Heinrich von St. Gallen
- Heinrich, von Sankt Gallen
- Heinrich, von St. Gallen
- Henri, de Saint-Gall
- Henricus, de Sancto Gallo
- Sankt Gallen, Heinrich von
Vernetzte Angebote
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Thesaurus des Consortium of European Research Libraries (CERL)
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Manuscripta Mediaevalia
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Regesta Imperii
- Alcuin - Infothek der Scholastik
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Verknüpfungen
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Heinrich von Sankt Gallen
volkstheologischer Schriftsteller, Ende 14. Jahrhundert.
-
Biographie
Zwischen 1371 und 1397 sind zwei Mitglieder der Prager Artistenfakultät mit Namen Henricus de s. Gallo bezeugt. Einer davon ist ausdrücklich Magister genannt, und eine Episode aus dem Jahre 1397 testiert ihm das Charakteristicum eines schwierigen Herrn. Welche der beiden Persönlichkeiten als der Verfasser asketischer deutschsprachiger Schriften (H., meister ze Prag) zu gelten hat, läßt sich nicht bestimmen. Die Identität mit Henricus Herisove de s. Gallo, der am 1.9.1405 als Dominikaner in Sankt Gallen gestorben ist, ist wenig wahrscheinlich, aber auch nicht stringent auszuschließen.
H. ist, wenn auch keineswegs zweifelsfrei, der Autor der erfolgreichsten und bestüberlieferten deutschen Passionshistorie des Miltelalters „Extendit manum“: etwa 160 erhaltene Handschriften und eine Reihe von Frühdrucken (der älteste Augsburg 1475). Sämtliche deutsche Sprachlandschaften, mit Einschluß der niederländischen, haben an der Überlieferung teil; als Quelle dient die Passionshistorie zahlreichen späteren Passionstraktaten (unter anderem Heimelike Passie, ediert Stracke in: Ons Geestelijk Erf 11, Antwerpen 1937, S. 136-88), Passionsspielen (denjenigen von Eger und Brixen) und Passionsgedichten (W. Bäumker, Ein deutsches geistliches Liederbuch, 1895, S. 16-38). Im 16. Jahrhundert wird sie von polnischen asketischen Schriftstellern ausgeschöpft.|Der Verfasser hat verschiedene lateinische Passionstraktate bernhardischer und franziskanischer Tradition als Quellen herangezogen; der 1. Teil (Bethanienszene) geht auf eine, mutmaßlich zu Unrecht, Jakob von Vitry zugeschriebene Passio Christi zurück.
Im Dienste des sensus literalis steht die figurale Exegese. Das scholastische Element, das sich im Disputationscharakter der Gespräche und in der klaren, systematischen Gliederung kundtut, verbindet sich geschickt mit volkstümlich-drastischer, aber doch (im Vergleich zu anderen Passionsgeschichten) maßvoller Bildhaftigkeit. Der Stil verrät die Nähe Johannes' von Neumarkt. Alles in allem darf der Extendit-manum-Passionstraktat als unerreichtes Muster der deutschen Passionshistorie gewertet werden.
Die Auslegung des Magnificat (14 Handschriften, Ausgabe in Vorbereitung) steht stilistisch und darstellerisch in einer anderen Tradition. Hauptgewährsmann ist Simon von Cassia, nächstverwandt ein verbreitetes Marienleben (Inc. Da got der vater schuof Adam und Evam).
Die „Acht Seligkeiten“ (11 Handschriften, ungedruckt) scheinen aus einem Predigtzyklus hervorgegangen zu sein. Schon Linsenmayer (Geschichte der deutschen Predigt, 1886, S. 454 ff.), der sie fälschlich Heinrich von Friemar zuschreibt, hat sie mit Recht wegen der „Innigkeit und Herzlichkeit der Sprache“ gerühmt. Bemerkenswert ist die Orientierung nach der Bibel, zumal den paulinischen Briefen; von kirchlichen Lehrern kommt nur Augustin häufiger zu Wort. – Jede der 3 H. zugeschriebenen Schriften ist Muster ihrer Art, aber sie zeigen kaum, und am wenigsten stilistisch, gemeinsame Züge. Der Zweifel ist so gerechtfertigt, ob die (ohnehin dürftige) handschriftliche Bezeugung der Autorschaft H.s bei allen zu Recht besteht.
-
Literatur
Mon. hist. Universitatis Pragensis, 1830/34;
Wieland Schmidt, in: Zs. f. dt. Philol. 57, 1932, S. 233-43;
K. Ruh, Der Passionstraktat d. H. v. St. G., 1940 (Textausg.);
ders., in: Zs. f. schweizer. KG 47, 1953, S. 210-30, 241-78;
T. Dobrzeniecki, in: Pamiętnika Literackiego 55, Warschau 1964, S. 319-39;
Vf.-Lex. d. MA II. V. -
Autor/in
Kurt Ruh -
Zitierweise
Ruh, Kurt, "Heinrich von St. Gallen" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 422-423 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118709879.html#ndbcontent